Postersession 2015

Politik, Gesellschaft

Anja Akhoondi (Humboldt-Universität zu Berlin, Graduiertenkolleg Inklusion Bildung Schule):Kommunikationsprozesse als eine bedeutende Determinante in Transformationsprozessen von Schulsystemen?Keywords: Einzelfallstudie, Dokumente, lokale Tageszeitungsberichte, Expert_inneninterviews, Qualitative Inhaltsanalyse, Netzwerkanalyse, Prozessanalyse

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Barbara Büttner, Jörn Lamla, Carsten Ochs, Fabian Pittroff (Universität Kassel, BMBF-Projekt „Kartografie und Analyse der Privacy-Arena“): Privatheit und der Ansatz des nationalen Routings – Soziologische Kartografie einer Debatte
Keywords: Explorationsstudie, Dokumente, Grounded-Theory-Kodierung, Situationsanalyse

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Michael Flohr (Universität Erfurt): Governance, Netzwerke und institutionelle Faktoren in der regionalen Kulturpolitik in Thüringen und Sachsen – Der integrative Einsatz von quantitativ-qualitativer Netzwerkanalyse und Experteninterviews in einer vergleichenden Politikfeldanalyse
Keywords: Mixed Methods, Dokumente, quantitative Netzwerk-Erhebung, Online-Befragung, Problemzentrierte Interviews, Expert_inneninterviews, rekonstruktive Sozialforschung

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Bettina Haasen (School of International and Intercultural Communication; Ruhr Universität Bochum): Journalismus in politischen Transformationsprozessen: Burundis gefährdete Demokratie
Keywords: Mixed Methods, Interview, Life History, Audioproduktionen, Ethnografie, Offenes Kodieren, Habitus-Hermeneutik

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Lena Sterzer (Technische Universität München, mobil.LAB): Wohnlage und Mobilität von Einkommensschwachen: Konzeption und methodische Herausforderungen
Keywords: Querschnitt, Interviews, Narrative Karten, Qualitative Inhaltsanalyse

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Gitte Wehming (Universität Hamburg, Institut für Soziologie): Grenzverletzung – Ein Ereignis, seine Sekretäre und deren Poetiken. Poststrukturalistische Perspektiven auf einen DDR-Fluchtversuch und die Darstellung des Ereignisses
Keywords: Einzelfallstudie, Originaldokumente, Akten, Pressespiegel, Poststrukturalistische Methode zur Textanalyse

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Bildung

Annika Breternitz (Universität Paderborn, Institut für Erziehungswissenschaft, Schulpädagogik): Gibt es national geprägte Fehlerkulturen? Eine qualitativ empirische Studie zur Fehlereinstellung deutscher und finnischer Lehrkräfte
Keywords: Länder- und kulturvergleichende Studie, Episodische Interviews, Dokumentenanalyse, Qualitative Inhaltsanalyse

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Manuel Freis (Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes, Fakultät für Sozialwissenschaften): Responsive ethnografische Forschung – eine partizipative Strategie der Verknüpfung von Theorie und Praxis über das studienintegrierte Praktikum
KeywordsMixed Methods, partizipative Evaluation, ethnografisches Vorgehen (Protokolle), Gruppendiskussion, Expert_inneninterview, partizipative Elemente (Zukunftswerkstätten), Fragebogen, Dokumentarische Methode

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Daja Preuße (Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Lehrstuhl für Wirtschaftspädagogik): Berufsbiografisch relevante Einflussfaktoren für die Bewältigung des Berufseinstiegs von Junglehrer_innen
Keywords: Einzelfallstudie, Narrative Interviews, Dokumentarische Methode

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Michael Penzold (Ludwig-Maximilian-Universität München, Abteilung für Didaktik der deutschen Sprache und Literatur und des Deutschen als Zweitsprache): Holocaust und die Didaktik des Aushandelns: Lehrerinnen und Lehrer im Brennpunkt von Schule, Gedenkstätte und öffentlichem Diskurs
Keywords:  Mixed Methods, Ethnografie, Gruppendiskussion, Grounded-Theory-Methodologie, Gesprächsanalyse

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Luisella Tizzi (University of Bolzano-Bozen): Education and Social Justice: the U.S. Critical Pedagogy movement in the contemporary educational debate
Keywords: case study, literature analysis, interview

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Public Health

Eleonore Heil (Justus-Liebig-Universität Gießen, Institut für Ernährungswissenschaften): Ernährungsbildung im ländlichen Malawi
Keywords: Mixed Methods, Wissenstest, Fokusgruppendiskussion, Teilnehmende Beobachtungen, Leitfadengestützte Interviews, ANOVA, Qualitative Inhaltsanalyse

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Holger von der Lippe (Medical School Berlin), Ulrike Röttger (Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg), Jeanette Schadow (Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg), Josefine Radloff (Hochschule Magdeburg-Stendal), Christoph Kramm (Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg), Hans-Henning Flechtner (Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg): Coming full circle: Die retrospektive Rekonstruktion des subjektiven Therapieprozesses als Beitrag zur formativen Therapieevaluation am Beispiel begleitender Mütter in einem kinder- und jugendpsychiatrischen Setting.
Keywords: Mixed Methods, Interviews, Grounded-Theory-Methodologie

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Ana Mazur (Hochschule Fulda): Shared decision-making in der Versorgung von Typ-2-Diabetikern: Ein Beitrag der Situationsanalyse zur Versorgungsforschung
Keywords: Fokussierte Ethnografie, Problemzentrierte Interviews, Grounded-Theory-Methodologie, Situationsanalyse

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Nadine Schumann (Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Institut für Medizinische Soziologie): Kinder- und Jugendrehabilitation – Stellenwert und Zugangsbarrieren aus der Perspektive niedergelassener Pädiater_innen: Studiendesign und erste Analyseschritte
Keywords: Triangulation, leitfadengestützte Expert_inneninterviews, Fokusgruppen, Qualitative Inhaltsanalyse

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Jugendkulturforschung

Maren Behnert (Technische Universität Dresden, Stipendiatin der Friedrich-Ebert-Stiftung): loci defendi: Darstellung konstruierter Räume als Kontext verbalisierter Selbstbehauptung von Straßenbewohner_innen
Keywords: Ethnografie, narrative/themenzentrierte Leitfadeninterviews, Grounded-Theory-Methodologie

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Marc Dietrich & Günter Mey (Hochschule Magdeburg-Stendal, Fachbereich Angewandte Humanwissenschaften, BMBF-Projektverbund JuBri, TP II): Inszenierung von Jugend(lichkeit) und Generation(alität) – Ergebnisse einer (Visual) Grounded-Theory-Studie von Punk-Fanzines
Keywords: Visual Grounded-Theory-Methodologie, Dokumente, Artefakte

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Eric Müller (HAWK – Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim, Holzminden, Göttingen, Forschungsschwerpunkt DIALOG): Jugend, digitale Medien, ländliche Räume: lokale und mediale Strukturen konjunktiver Erfahrungsräume
Keywords: Interpretatives Paradigma, Theoretical Sampling, Gruppendiskussionen, Dokumentarische Methode

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Jennifer Scholl (Technische Universität Braunschweig, Institut für Sozialwissenschaften): Desisting from what? Deliktspezifische Herausforderungen in frühen Phasen von desistance männlicher Jugendlicher am Beispiel von Diebstahl und Körperverletzung
Keywords: Längsschnitt, Leitfadeninterviews, Grounded-Theory-Methodologie

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Abstracts

Kommunikationsprozesse als eine bedeutende Determinante in Transformationsprozessen von Schulsystemen?

Anja Akhoondi, Humboldt-Universität zu Berlin, Graduiertenkolleg Inklusion Bildung Schule

Ausgangspunkt: Die Transformation des deutschen Bildungswesens hin zu einem inklusiven Schulsystem stößt auf vielfältige Hindernisse, wie die komplexe Akteurskonstellation, die geprägt ist von divergierenden Meinungen, Interessen und Interdependenzen (Rürup 2011). Zudem resultieren aus historisch gewachsenen Strukturen und Selbstverständnissen Barrieren zur Steuerung und Umsetzung tiefgreifender Reformen (Blanck Edelstein & Powell 2013).

Forschungskontext: Das Vorhaben analysiert die institutionelle Stabilität sowie Triebkräfte des Wandels in diesem Transformationsprozess. Neo-Institutionalistische Ansätze bilden dabei das theoretische Fundament (Edelstein & Nikolai 2013).

Forschungsfrage: Untersucht wird, inwiefern Kommunikationsprozesse zwischen schulpolitischen Akteuren förderlich oder hinderlich auf den Transformationsprozess einwirken.

Methodik: Die Studie wird in Hamburg durchgeführt und fokussiert Entscheidungsprozesse auf der Landesebene im Zeitraum seit Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland (03/2009 bis heute). Für die Untersuchung wird theoriegeleitet herausgearbeitet, in welchen Dimensionen Kommunikationsprozesse als inklusionsförderlich bzw. -hinderlich betrachtet werden. Entlang dieser Dimensionen wird eine Prozessanalyse (Starke 2015) relevanter Kommunikationsprozesse durchgeführt. Zur Rekonstruktion werden die Perspektiven von schulpolitischen Entscheidungsträgern, Verbänden und Medienvertretern berücksichtigt, die den Umwälzungsprozess mitgestalten. Die Prozessanalyse wird auf Grundlage von Dokumenten, Interviews und lokalen Tageszeitungsberichten sowie deren deduktiven Analyse mittels der qualitativen Inhaltsanalyse (Mayring 2003) durchgeführt. Zudem sollen Bestandteile der qualitativen und sozialen Netzwerkanalyse (Jansen 2003, Hollstein 2006) integriert werden, um Kommunikationsstrukturen nachzuzeichnen, Akteure im Kommunikationsnetzwerk zu positionieren und dessen immaterielle Verbindungen zu erfassen.

Ergebnisse: Das Dissertationsprojekt steht noch am Anfang. Es wird „work in progress“ präsentiert.

Diskussion/Anliegen der Posterpräsentation: 
Qualitative Inhaltsanalyse: Wie gestaltet sich die Spezifizierung relevanter Merkmale bei der deduktiv-induktiven Erfassung und Kategorisierung von Einflussfaktoren und was ist bei der Auswertung unterschiedlicher Daten (Interviews, Medienberichte, Dokumente wie Handreichungen, Berichte, Broschüren, Rechtsgrundlagen) zu beachten?

Netzwerkanalyse: Überlegungen inwiefern Fragmente unterschiedlicher Ansätze qualitativer und sozialer Netzwerkanalysen genutzt und kombiniert werden können, sind noch im Entstehen. Konkret stellen sich folgende Fragen:

  • Eignet sich die Netzwerkanalyse für Arbeiten, die Entscheidungsprozesse zu Schulstrukturentwicklungen (wie etwa die Abschaffung der Sonderschule) fokussieren?
  • Ist es sinnvoll, Bestandteile der qualitativen und sozialen Netzwerkanalyse innerhalb des bestehenden methodischen Designs einzubeziehen?

Kontakt: anja.akhoondi@gmail.com

Literatur

  • Blanck, Jonna Milena; Edelstein, Benjamin & Powell, Justin J.W. (2013). Persistente schulische Segregation oder Wandel zur inklusiven Bildung? Die UN-Behindertenrechtskonvention und Reformmechanismen in den deutschen Bundesländern. Schweizerische Zeitschrift für Soziologie, 5, 267-292.
  • Edelstein, Benjamin & Nikolai, Rita (2013). Strukturwandel im Sekundarbereich. Determinanten schulpolitischer Reformprozesse in Sachsen und Hamburg. Zeitschrift für Pädagogik 59, 482-494.
  • Hollstein, Betina & Straus, Florian (Hrsg.) (2006). Qualitative Netzwerkanalyse. Konzepte, Methoden, Anwendungen. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
  • Jansen, Dorothea (2003). Einführung in die Netzwerkanalyse. (2. Aufl.). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
  • Mayring, Philipp (2003). Qualitative Inhaltsanalyse – Grundlagen und Techniken. (8. Aufl.). Weinheim: Beltz Verlag.
  • Schmidt, Vivian (2010). Taking ideas and discourse seriously: explaining change through discursive institutionalism as the fourth ’new institutionalism‘. European Political Science Review, 2(1), 1-25.
  • Starke, Peter (2015). Prozessanalyse. In Georg Wenzelburger & Reimut Zohlnhöfer (Hrsg.), Handbuch Policy-Forschung (S.453-482). Wiesbaden: Springer Fachmedien.
  • Rürup, Matthias (2011). Inklusive Bildung  als Reformherausforderung. Zur Perspektive der Educational Governance Forschung. Zeitschrift für Inklusion, 4, 1-10.

Privatheit und der Ansatz des nationalen Routings – Soziologische Kartografie einer Debatte

Barbara Büttner, Jörn Lamla, Carsten Ochs, Fabian Pittroff (Universität Kassel, BMBF-Projekt „Kartografie und Analyse der Privacy-Arena“)

Forschungskontext/Ausgangspunkt: Spätestens mit den Geheimdienst-Enthüllungen ist Privatheit zu einem der unsichersten und umstrittensten Konzepte der digitalen Welt geworden. Als Reaktion auf diese neue Unsicherheit erscheinen in der öffentlichen Diskussion vermehrt Ansätze zur Einführung eines nationalen Routings, um die verzweigten Datenströme des Internets so umzuleiten, dass sie bestimmte regionale Räume möglichst nicht verlassen. In der ersten Phase unseres laufenden Forschungsprojekts haben wir am exemplarischen Fall des Deutschland- oder Schengen-Routings einen Ausschnitt der Privacy-Arena untersucht, in der sich relevante Instanzen und Akteur_innen einer Neuverhandlung der digitalen Welt versammeln und in vielfältigen Koalitionen und Konflikten aufeinandertreffen. Um diese Pluralität von Perspektiven, Werten und Rechtfertigungsordnungen angemessen einfangen und repräsentieren zu können, konzeptualisiert das Projekt die Arena ihrer Aushandlungen mittels der Theorie Sozialer Welten und Arenen von Anselm Strauss (1978, 1982).

Forschungsfragen: Welche Privatheits-Konzeptionen treffen in der Arena aufeinander? Welche Reaktionsmuster finden in diesem Zusammenhang Resonanz im bundesdeutschen Kontext? Eignet und bewährt sich die Kartografie-Methode zur Untersuchung der genannten Fragestellungen?

Methodik: Ausgehend von der Theorie Sozialer Welten und Arenen orientiert sich die Untersuchung methodisch an der von Adele Clarke entwickelten Situationsanalyse (2008). Die Annäherung an die Situation erfolgte mit der Durchsicht „sprachförmiger ’natürliche[r]‘ Dokumente“, wie Reden, Pressemitteilungen, Gesetzestexte, etc., sowie der Analyse des massenmedialen Diskurses (Keller 2013, S.87). In unserer Auswahl und Auswertung des Materials haben wir uns am Prinzip der Fallkontrastierung sowie dem Kodierverfahren der Grounded-Theory-Methodologie orientiert (Strauss & Corbin 1996). Im Fokus unserer methodischen Vorgehensweise stand die Anfertigung verschiedener Karten sozialer Welten und Arenen, um die komplexe Aushandlungssituation aufzuschlüsseln und in ihrer Dynamik zu erfassen. Die sozialwissenschaftliche Kartografie diente uns dabei sowohl als Arbeits- als auch als Darstellungswerkzeug.

Ergebnisse: Feststellen konnten wir in unseren Untersuchungen vor allem ein Verharren in etablierten Routinen nationalstaatlicher und großindustrieller Reaktions- und Lösungsmuster. Die Analyse der Auseinandersetzungen mündete zudem in der Entwicklung einer Typologie der diskursiven Zugriffsweisen auf Privatheit in der Arena.

Anliegen der Posterpräsentation/ Diskussion: Das Anliegen der Posterpräsentation ist, die Explorationsphase des Projekts vorzustellen und zum Austausch über die beschriebene Problemstellung und Vorgehensweise der Methode anzuregen. Insbesondere soll diskutiert werden,wie geeignet sozialwissenschaftliche Kartografien als Methode zur Untersuchung der digitalen Welt sind und welche alternativen Mappingverfahren zum Einsatz kommen könnten.

Kontakt: barbara.buettner@uni-kassel.de

Webseite: http://www.uni-kassel.de/fb05/fachgruppen/soziologie/soziologische-theorie/forschung.html

Literatur

  • Clarke, Adele (2012). Situationsanalyse. Grounded Theory nach dem Postmodern Turn. Wiesbaden: Springer VS.
  • Keller, Reiner (2011). Diskursforschung. Wiesbaden: Springer VS.
  • Strauss, Anselm L. (1978). A Social World Perspective. Studies in Symbolic Interaction, 1, 119-128.
  • Strauss, Anselm L. (1982). Social Worlds and Legitimation Processes. Studies in Symbolic Interaction, 4, 171-190.
  • Strauss, Anselm L. & Corbin, Juliet (1996). Grounded Theory: Grundlagen Qualitativer Sozialforschung. Weinheim: Beltz.

Governance, Netzwerke und institutionelle Faktoren in der regionalen Kulturpolitik in Thüringen und Sachsen – Der integrative Einsatz von quantitativ-qualitativer Netzwerkanalyse und Experteninterviews in einer vergleichenden Politikfeldanalyse

Michael Flohr, Universität Erfurt

Forschungskontext:Im kooperativ-föderalistisch organisierten deutschen Bundesstaat üben die Länder die Kulturhoheit aus, d.h. sie übernehmen formal die Hauptverantwortung über das kulturelle Leben sowie den Erhalt und die Gestaltung der bestehenden Kulturinfrastruktur. Daher hat die Dissertation die Kulturpolitik der Bundesländer Thüringen und Sachsen zum Gegenstand. Beide Länder weisen ähnliche strukturelle Kennzahlen und die höchsten Pro-Kopf-Kulturausgaben der deutschen Flächenländer auf.

Theoretischer Ansatz und Forschungsfragen: Die komparativ angelegte Politikfeldanalyse zielt darauf ab, die inhaltliche Gestaltung des Politikfelds (policy) in einer Zwei-Regionenstudie zu analysieren sowie die Abweichungen von den intendierten Effekten der policy aufzudecken, um darauf aufbauend praktische kulturpolitische Handlungsempfehlungen einer Kulturpolitik der „reduktiven Moderne“ (Welzer & Sommer 2014) formulieren zu können. Ursächlich für die kulturpolitische policy gelten gemäß der Annahmen der Politikfeldanalyse die polity und die politics, die im analytischen Rahmen des akteurzentrierten Institutionalismus (Mayntz & Scharpf1995; Scharpf 2006) konzeptualisiert werden. Dieser Ansatz beschreibt Handlungsweisen und politische Entscheidungen von Akteuren als Resultat ermöglichender und zugleich beschränkender institutioneller Bedingungen, situativer Kontexte, Akteurspräferenzen und Akteurskonstellationen. Angesichts dieser Anlage eignet er sich für den Vergleich von Governance, Institutionen und Netzwerken. Forschungsfragen legen den Fokus auf die bedingenden Faktoren der Kulturpolitik-policy in Thüringen und Sachsen: Welche Akteure sind mit welchen Handlungsorientierungen im politischen Entscheidungsprozess (politics) und in die Implementierung der policy integriert? Wie versuchen sie, ihre Interessen durchzusetzen und Einfluss auszuüben? Wie interagieren die Akteure? Welche institutionellen Faktoren (polity) beeinflussen die policy? Folglich sind insbesondere das Akteurshandeln (Netzwerke der Kulturpolitik, Handlungssituationen, Handlungsorientierungen, Interaktionsformen) und die institutionellen Faktoren zentral für die Arbeit.

Methodisches Vorgehen: Zuerst werden quantitative Netzwerkdaten von kulturpolitischen Akteuren in Thüringen und in Sachsen [n pro Bundesland = 50 bis 100] mithilfe eines Online-Fragebogens erhoben. Dabei interessiert die persönliche Wahrnehmung und Einschätzung der Akteure, die die Fragen als Repräsentant_in einer Einrichtung bzw. einer Organisation beantworten sollen. Darauf aufbauend werden Schlüsselakteure ausfindig gemacht, mit denen Expert_inneninterviews [n pro Bundesland = 6 bis 15] durchgeführt werden. Der Leitfaden dieser Interviews ist so gestaltet, dass wesentliche Konzepte des akteurzentrierten Institutionalismus (Handlungsorientierung; Interaktionsformen/Governance-Formen) abgefragt werden und die quantitativen Ergebnisse der Netzwerkanalyse (Informationsaustausch; Kooperationsintensität; Übereinstimmung mit eigenen kulturpolitischen Zielen; Vertrauen zu Akteuren; Zusprechung von politischem Einfluss; Interaktionsorientierung [Individualismus, Solidarität; Wettbewerb; Altruismus; Feindschaft]) qualitativ präzisiert und erklärt werden können. Die Auswertung der Interviews erfolgt nach Meuser & Nagel (2013) in Anlehnung an die rekonstruktive Sozialforschung.

Arbeitsstand: Online-Fragebogen und Interviewleitfaden sind fertiggestellt. Die Online-Erhebung läuft seit Mitte Mai 2015 und endet je nach Rücklaufquote Ende Juli 2015. Ab Juli/August können bereits mittelfristige Termine mit Schlüsselakteuren vereinbart werden. Die Interviews werden voraussichtlich ab September/Oktober durchgeführt.

Anliegen der Posterpräsentation und Diskussionsfragen: Diskutiert werden sollen die gesammelten Erfahrungen anderer Forscher_innen und die Angemessenheit des Forschungsdesigns, insbesondere hinsichtlich der gewählten Kombination von quantitativer und qualitativer Netzwerkanalyse. Zudem stellt sich die Frage, welcher Kompromiss zwischen Anonymisierung und Nachvollziehbarkeit der quantitativen und qualitativen Ergebnisse empfehlenswert ist.

Kontakt: michael.flohr@uni-erfurt.de

Webseite: https://www.uni-erfurt.de/politische-bildung/doktoranden/michael-flohr/

Literatur

  • Mayntz, Renate & Scharpf, Fritz W. (1995). Der Ansatz des akteurzentrierten Institutionalismus. In Renate Mayntz & Fritz W. Scharpf (Hrsg.), Gesellschaftliche Selbstregelung und politische Steuerung (S.39-72). Frankfurt/Main: Campus.
  • Meuser, Michael & Nagel, Ulrike (2013). Experteninterviews – wissenssoziologische Voraussetzungen und methodische Durchführung. In Barbara Friebertshäuser & Heike Boller (Hrsg.), Handbuch qualitative Forschungsmethoden in der Erziehungswissenschaft (4. Auflage, S.457-471). Weinheim: Beltz Juventa.
  • Scharpf, Fritz W. (2006). Interaktionsformen. Akteurzentrierter Institutionalismus in der Politikforschung. Opladen: Leske + Budrich.
  • Schindler, Delia (2006). Qualitative Netzwerkanalyse. In Joachim Behnke, Thomas Gschwend, Delia Schindler & Kai-Uwe Schnapp (Hrsg.), Methoden der Politikwissenschaft. Neuere qualitative und quantitative Analyseverfahren (S.287-296). Baden-Baden: Nomos.
  • Straus, Florian (2006). Entwicklungslabor qualitative Netzwerkforschung: In Betina Hollstein & Florian Straus (Hrsg.), Qualitative Netzwerkanalyse. Konzepte, Methoden, Anwendungen (S.481-494). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
  • Welzer, Harald & Sommer, Bernd (2014). Transformationsdesign. Wege in eine zukunftsfähige Moderne. München: Oekom.
  • Witzel, Andreas (2000). Das problemzentrierte Interview [25 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research1(1), Art. 22, http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0114-fqs0001228.

Journalismus in politischen Transformations-prozessen: Burundis gefährdete Demokratie

Bettina, Haasen, School of International and Intercultural Communication; Ruhr Universität Bochum

Forschungskontext: Medien und insbesondere Radio spielen im Demokratisierungsprozess des ostafrikanischen Landes Burundi seit dem Ende des 12-jährigen Bürgerkriegs eine zentrale Rolle. Sie dienten während der Kriegsjahre sowohl zur Aufheizung als auch im Zuge der Gründung von sogenannten Friedensmedien zur Deeskalation des ethnisch geprägten Konflikts. Journalist_innen werden heute zunehmend mehr in ihrer Rolle als soziale Akteure auch in internationalen Kommunikationsstudien wahrgenommen. Mit der umstrittenen Kandidatur des Präsidenten Pierre Nkurunziza um eine 3. Amtszeit und einem vereitelten Militärputsch am 14.5.2015 steht Burundi heute nach 15 Jahren Demokratisierungsaufbau erneut am Rande eines Bürgerkriegs. 100.000 Menschen sind bereits auf der Flucht. 70 Personen sind während der Demonstrationen gestorben. Fünf private Radiostationen wurden in der Nacht des 14.5.2015 zerstört. Kritische Beobachter_innen befürchten einen erneuten Genozid, der die Region der Großen Seen destabilisieren könnte. Die Forschungsarbeiten fanden in der Zeit vom 13.5.2015 bis Mitte Juni 2015 sowohl in Burundi als auch im benachbarten Ruanda statt und befassten sich in diesem Spannungsfeld mit der Analyse und den Perspektiven verschiedener Akteure und dem Versuch der Rekonstruktion einer beruflichen Identität von Journalist_innen.

Ausgangspunkt: Vor diesem Hintergrund ist eine politisch extrem angespannte Situation im Wahlklima 2015 zu verzeichnen. Die Wahlen einer derzeit unvollständigen und umstrittenen Wahlkommission wurden zum 2. Mal verschoben. Seit 22 Jahren wird die Bevölkerung wieder nur noch über einen Informationskanal, nämlich dem staatlichen Fernseh- und Radiosender RTNB informiert, was ein erheblicher Rückschlag ist für die in der Region besondere und als pluralistische bekannte Medienlandschaft. Journalist_innen, die als Opposition und Regimekritiker_innen gesehen werden, stehen unter enormen Druck.

Forschungsfragen: In dem Dissertationsvorhaben wird der Habitus von Journalist_innen in dem ostafrikanischen Staat Burundi untersucht. Der französische Soziologe Pierre Bourdieu beschreibt den biografisch erworbenen Habitus als inkorporierte Strukturen und Dispositionen eines Akteurs/einer Akteurin, die sich in „jedem Organismus in Gestalt von Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsschemata niederschlagen“ (Bourdieu 1987). Leitfragen dieser qualitativ empirischen Untersuchung sind: Wer sind diese Journalist_innen, die in diesen sensiblen Kontexten arbeiten? Wie sind sie sozialisiert und was kennzeichnet ihr journalistisches Handeln? Welche politischen Einstellungen haben sie, und wie wirken sich diese auf journalistische Selektionsentscheidungen aus? Wie wirkt sich der Habitus auf ihre professionelle Praxis aus während dieses Zeitabschnitts? Welche Rolle spielen sie in fragilen Demokratisierungsprozessen?

Methodik: Aufgrund der politischen Eskalation während des Feldforschungsaufenthaltes musste das methodische Forschungsdesign kurzfristig an den politischen Kontext angepasst werden. Die medialen Infrastrukturen waren im Zuge des misslungenen Staatsstreichs zerstört, Journalist_innen sind bis heute auf der Flucht. Teilnehmende Beobachtung in Redaktionskonferenzen und Fokusgruppen konnten nicht mehr stattfinden.

Aus diesem Grund wurde im Forschungszeitraum der Fokus gelegt auf:

  • Durchführung von semi-strukturierten Interviews mit 35 Journalist_innen aus fünf Medienorganen in Burundi und Ruanda unter Berücksichtigung von Lebensverlaufsperspektiven,
  • Expert_inneninterviews mit politischen Akteuren und Akteurinnen der Zivilgesellschaft, um den fragilen und durch tägliche Ereignisse sich stark verändernden Kontext besser einschätzen zu können,
  • Datensammlung (Aufzeichnung der Mittagsnachrichtensendungen der fünf Radios im politisch angespannten Zeitraum um das 3. Mandat und Nachrichten der sozialen Medien FacebookTwitterWhatsApp),
  • Detailliertes Feldtagebuch.

Ergebnisse: Ziel der Arbeit ist es, Habitustypen aufzuzeigen bzw. den gemeinsamen Code in den Handlungen der burundischen Journalist_innen explizit zu machen und zu überprüfen, inwieweit dieses Konzept nutzbar gemacht werden kann, um Handeln in politischen Transformationskontexten besser zu verstehen.

Diskussion: Wie kann Bourdieus Habituskonzept, das dazu dient, soziales Handeln zu verstehen, für die Analyse in diesem spezifischen kulturellen und politischen Transformationskontext fruchtbar gemacht werden? Die Interviews fanden in einem äußerst angespannten Kontext statt, in dem die persönliche Freiheit sowohl der Forscherin als auch der Forschungssubjekte eingeschränkt war. Inwieweit ist der hierbei gewonnene Korpus an Daten (Lebensäußerungen, Sichtweisen, Interpretationen etc.) repräsentativ und weiterführend? Insofern ist es wichtig, bei der Auswertung und Analyse des Materials einen ethisch verantwortlichen Ansatz zu finden. Mithilfe der Habitus-Hermeneutik sollen Habitustypen ausfindig gemacht werden. Es geht darum, die „subjektive Perspektive“ zu rekonstruieren, die die sozialen Akteur_innen prägt (Bremer & Teiwes-Krüger 2013, S.99). Die dieses Forschungsvorhaben übergreifende Bemühung besteht darin, implizites im Habitus verankertes Wissen bzw. implizite Erfahrungen, explizit zu machen und darauf auch das Methodendesign abzustimmen.

Anliegen der Posterpräsentation: Diese Präsentation findet unmittelbar nach der Feldforschung (Mai/Juni 2015) statt. Entsprechend geht es um eine kritische Erörterung des bisherigen Ansatzes/Vorgehens sowie um Anregungen zur Auswertung und Interpretation der Ergebnisse im Sinne der Habitus-Hermeneutik.

Kontakt: Bettinahaasen@gmail.com

Literatur

  • Bourdieu, Pierre (1987). Sozialer Sinn. Frankfurt/Main: Suhrkamp.
  • Bremer, Helmut & Teiwes-Krüger, Christel (2013). Zur Theorie und Praxis der „Habitus-Hermeneutik“. In Anna Brake, Helmut Bremer & Andrea Lange-Vester (Hrsg.), Empirisch arbeiten mit Bourdieu. Theoretische und methodische Überlegungen, Konzeptionen und Erfahrungen. Weinheim: Beltz Juventa.

Wohnlage und Mobilität von Einkommensschwachen: Konzeption und methodische Herausforderungen

Lena Sterzer, Technische Universität München, mobil.LAB

Thema und Ausgangspunkt: Zusammenhänge von Wohnstandort und Mobilitätshandeln von Einkommensschwachen, Hintergrund ist deren prekäre Situation auf dem Münchner Wohnungsmarkt. Folgende Grundannahmen liegen der Arbeit (u.a.) zugrunde:

  • Das Mobilitätshandeln hängt in hohem Maße vom Wohnstandort ab. Gleichzeitig gibt es aber Effekte der self-selection, das heißt Menschen suchen sich gezielt Wohnstandorte, an denen sie ihre Mobilitätspräferenzen verwirklichen können (vgl. z.B. Handy et al. 2005; Scheiner 2009; Jarass 2012).
  • Einkommensschwache haben durch ihre finanzielle Lage in Kombination mit der extrem geringen Verfügbarkeit von bezahlbarem Wohnraum in München kaum Handlungsmöglichkeiten auf dem Wohnungsmarkt.
  • Räumliche Mobilität ist Voraussetzung, um Aktivitäten nachzugehen und am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen (vgl. z.B. Runge 2005;  Lucas & Jones 2012).

Forschungsfragen: Ziel ist ein tiefergehendes Verständnis über die Herausforderungen, denen Einkommensschwache in ihrem Alltag im Zusammenhang mit räumlicher Mobilität begegnen, als es bisherige quantitative Befragungen leisten konnten. Hierzu soll auch der individuelle Kontext, in welchem das Mobilitätshandeln stattfindet, mit in die Analyse einbezogen werden, um Kausalitäten und Zusammenhänge nachzuvollziehen. Auf folgende Fragen sollen im Rahmen der Arbeit Antworten gefunden werden:

  • Wie lässt sich das Mobilitätshandeln Einkommensschwacher in München beschreiben?
  • Welche Rolle spielen verschiedene Aspekte der Erreichbarkeit ihres Wohnstandortes für Einkommensschwache?
  • Gibt es unter den Befragten Menschen, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind? Wenn ja, was sind die Gründe hierfür und besteht einen Zusammenhang zur Wohnlage?
  • Welchen Herausforderungen und Chancen begegnen Einkommensschwache nach einem Wohnortwechsel in ihrem Alltag im Zusammenhang mit räumlicher Mobilität? Welche Rolle spielt die externe Vermittlung und die damit nicht erfolgte bewusste Auswahl einer Wohnung?

Methodik: Problemzentrierte Interviews (Witzel 2000) mit Einkommensschwachen (Referenz: Armutsrisikoschwelle nach BMAS 2013), die ihren Wohnort innerhalb der letzten drei Jahre gewechselt haben, und Erfassung ihrer regelmäßigen Ziele über narrative Karten; Auswertung mittels qualitativer Inhaltsanalyse (Mayring 2008).

Ergebnisse und Diskussion: Es geht primär um die Vorstellung der Konzeption, auch die bisherigen Erkenntnisse (Stand der bisherigen, vorläufigen Auswertung) beziehen sich vor allem darauf:

  • die Teilnehmenden hatten keine Wahl bzgl. ihrer neuen Wohnung (diese wurde durch das Wohnungsamt vermittelt), eine ursprünglich geplante Analyse von Entscheidungskriterien und Trade-offs bei der Wohnstandortwahl ist daher nicht möglich
  • den befragten Personen fällt es häufig schwer, ihre Wohngegend und ihr Mobilitätshandeln zu beschreiben oder zu bewerten (z.B. aus Mangel an Vergleichen); die meisten sind in erster Linie froh, dass sie „irgendwie untergekommen“ sind
  • die bisher Befragten leben von Arbeitslosengeld II und sind damit im Netz der öffentlichen Absicherung; zu fragen ist: wie lassen sich die Menschen erreichen, die knapp darüber sind und daher keine öffentliche Unterstützung erfahren?

Anliegen der Posterpräsentation: Austausch und Vernetzung mit Teilnehmenden, die zu ähnlichen Themen oder aber mit einer ähnlichen Untersuchungsgruppe arbeiten, da die Interviews mit Einkommensschwachen eine Herausforderung sind; methodisches Feedback.

Kontakt: lena.sterzer@tum.de

Webseite: http://www.sv.bgu.tum.de/mobillab/kollegiaten/kollegiaten/lena-sterzer

Literatur

  • Handy, Susan; Cao, Xinyu & Mokhtarian, Patricia (2005). Correlation or causality between the built environment and travel behavior? Evidence from Northern California. Transportation research Part D (10), 427–444.
  • Jarass, Julia (2012). Wohnstandortpräferenzen und Mobilitätsverhalten. Verkehrsmittelwahl im Raum Köln. Wiesbaden: Springer VS.
  • Lucas, Karen & Jones, Peter (2012). The social consequences of transport decision-making: clarifying concepts, synthesising knowledge and assessing implications. Journal of Transport Geography 21 (0), 4–16.
  • Mayring, Philipp (2008). Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken. Weinheim: Beltz.
  • Runge, Diana (2005). Mobilitätsarmut in Deutschland? Hg. v. Fachgebiet Integrierte Verkehrsplanung der Technischen Universität Berlin. Berlin.
  • Scheiner, Joachim (2009). Sozialer Wandel, Raum und Mobilität. Empirische Untersuchungen zur Subjektivierung der Verkehrsnachfrage. Wiesbaden: Springer VS.
  • Witzel, Andreas (2000). Das problemzentrierte Interview [25 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 1, Artikel 22, http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0114-fqs0001228.

Grenzverletzung – Ein Ereignis, seine Sekretäre und deren Poetiken. Poststrukturalistische Perspektiven auf einen DDR-Fluchtversuch und die Darstellung des Ereignisses.

Gitte Wehming, Universität Hamburg, Institut für Soziologie

Forschungskontext: Das Dissertationsprojekt zum Thema „Grenzverletzung“ eröffnet poststrukturalistische Perspektiven auf einen DDR-Fluchtversuch und die sich darum gruppierenden Ereignisdarstellungen. Die Studie geht von der Mikroanalyse eines Grenzdurchburches aus, um an ihm eine Idee der Sekretärspoetik zu entwickeln. Ereignisdarstellungen wurden als Instrumente der Gourvernementalität gesehen, die aus Sekretären hegemoniale Kompositfiguren machen, die nicht nur verwalten, sondern mit ihren Poetiken auch Gedächtnispolitik betreiben. Die Dissertation greift aktuelle Theroriedebatten auf, zum Beispiel um die Biopolitik, um sie auf einen konkreten Fall anzuwenden und weiterzuentwickeln. Die Ereignisdarstellung des Grenzdurchbruches respektive Fluchtversuches soll als regierungstechnologisches Instrument der ehemaligen DDR modellhaft analysiert und ins Allgemeine gewendet werden. Die wissenschaftliche Relevanz ergibt sich aus der Offenlegung von Machtsemantiken und der Hinterfragung der „mystischen Autorität“ – ergo die Arbeitsweisen des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR und die Gemachtheit ihrer Texte werden fundiert hinterfragt. Gerade in „Aufarbeitungsfragen“ wird diese „Autorität“ immer wieder unreflektiert übernommen.

Ausgangspunkt: „Meine Stasiakte“ ist in der deutschen Erinnerungskultur mittlerweile zu einem Topos geworden. Im Jahr 2014 beantragten circa 60.000 Menschen Akteneinsicht – doch wessen Akte halten diese Menschen tatsächlich in ihren Händen und was offenbaren jene Texte, die vorgeben, so habe es sich wirklich ereignet?

Forschungsfragen: Jeder Fluchtversuch respektive jede Verletzung der Grenze zwischen der DDR und der BRD, stellte die deutsch-deutschen Beziehungen auf eine ernsthafte Probe. Im Rahmen der sich anschließenden geheimdienstlichen Ermittlung (Untersuchung) waren sowohl die Vernichtung von Spuren als auch die Kontextualisierung von Spuren zentrale Momente eines Operativen Vorgangs (Stasiakte). Wie über die geheimdienstliche Arbeit Erinnerungs- und Gedächtnispolitik betrieben wurde und wie sehr dabei die Interessen des Ministeriums für Staatssicherheit mit denen der westdeutschen Medienvertreter konfligieren, sind die zentralen Fragen dieser Studie.

Forschungsmaterial: Grundlage der Untersuchung bildet ein Korpus von Texten, die seit dem Ereignis zu diesem entstanden sind (Akten des Ministeriums für Staatssicherheit – „Stasiakten“, Befehle und Richtlinien des MfS, Medienspiegel etc.).

Methodologie/Methode: Das Modell des Palimpsest wird im Sinne einer epistemologischen Folie für die Untersuchung entwickelt. Unter Palimpsest ist ein Pergament zu verstehen, dessen ursprünglicher Text zuvor abgeschabt bzw. abgekratzt wurde, um es dann mit einem neuen Text zu versehen. Der Status des Konzepts „Palimpsest“, das Gérard Genette (1993) zur Analyse von Intertextualität einsetzt, ist der eines Untersuchungsmodells, welches thematische und kategoriale Zusammenhänge zwischen Autor_innenschaft und Autorität verdeutlicht.

Mit der Strategie der Dekonstruktion – eine Methode des Gegen-den-Strich-Lesens (entwickelt von Jacques Derrida [1998] in seiner „Grammatologie“) lässt sich zeigen, dass ein Text kein in sich geschlossenes Ganzes mehr ist, sondern ein Ort von intertextuellen Einflüssen und Interferenzen. Der Text bildet daher auch keine kohärente Struktur, sondern zeigt ein heterogenes Feld von Spannungen und Widersprüchen. Gleichzeitig verweist der Text immer auf die ihm zugeschriebenen Bedeutungen. Die herkömmliche Trennung von Autor_in, Text und Leser_in ist nicht mehr haltbar. Die Schrift trägt die Differenzen in sich und das bedeutet, dass Interpretationen kein einheitliches Verstehen von Texten befördern. Dekonstruktive Lektüre wirkt als erkenntnistheoretisches Korrektiv für scheinbar ungebrochene Wahrheits- und Deutungsansprüche.

Ergebnisse: Mit Hilfe der dekonstruktivistischen Lektüre lässt sich nachweisen, dass:

  • die Ereignisdarstellungen der „Grenzverletzung“, wie sie in den Akten des MfS als sogenannte „Operative Vorgänge“ und in den Presseberichten (BRD) vorliegen respektive ausgelassen werden (DDR), polymorphen Formungen und Intentionen unterliegen;
  • die Quellen sich zugleich als gourvernementale Dynamiken und Technologien der Macht offenbaren, wie sie Michel Foucault in seiner „Archäologie des Wissens“ (1981) herausgearbeitet hat;
  • die Ereignisdarstellungen als hegemoniale Instrumente von konfligierenden Erinnerungs- und Deutungspolitiken fungieren.

Anliegen der Posterpräsentation: Bezogen auf den handlungs- und produktorientierten Textbegriff präsentiert das Poster eine Eweiterung der traditionellen analytischen Verfahren – in Bezug auf die poststrukturalistische Perspektive. Texte sind hier dynamische Gebilde, die von verschiedenen Bedeutungssträngen durchzogen sind. Texte sind kein geschlossenes intentionales Ganzes, transportieren keinen objektivierbaren Sinn. Der Sinn eines Textes wird vom Lesenden mitgeschaffen. Leser_innen sind immer auch Koproduzent_innen einer Erinnerungs- und Gedächtniskultur, bedingt durch individuelle und gesellschaftlich geprägte Sinnsysteme und durch dessen intellektuelle und emotionale Disposition und Imagination. In den Stasiakten sind es insbesondere die verborgenen Sub- und Paratexte, die die intendierten Deutungshoheiten im Sinne einer hegemonialen Erinnerungs- und Gedächtnispolitik, offenbaren.

Kontakt: gittewehming@live.de

Literatur

  • Bourdieu, Pierre (1998). Die feinen Unterschiede. Frankfurt/Main: Suhrkamp.
  • Derrida, Jacques (1983). Grammatologie. Frankfurt/Main: Suhrkamp.
  • Foucault, Michel (1981). Archäologie des Wissens. Frankfurt/Main: Suhrkamp.
  • Genette, Gérard (1993). Palimpseste. Die Literatur auf zweiter Stufe. Frankfurt/Main: Suhrkamp.

Gibt es national geprägte Fehlerkulturen? Eine qualitativ empirische Studie zur Fehlereinstellung deutscher und finnischer Lehrkräfte

Annika Breternitz; Universität Paderborn, Institut für Erziehungswissenschaft, Schulpädagogik

Ausgangspunkt: Fehler von Schüler_innen gehören nach Helmke (2014) zum Lernprozess im Unterricht und können ein wichtiges Diagnoseobjekt für die Lehrkraft sein, z.B. als Einblick in Denkweisen der Schüler_innen oder fehlgeschlagene Vermittlungsprozesse. Bei der Leistungsbewertung werden die Fehler dagegen meist negativ bewertet (Weingardt 2004). Durch die Bewertung „sonstiger Leistungen“ im Unterricht, bekannt auch als „mündliche Mitarbeit“, kann es zu einer problematischen Vermischung der Lern- und Leistungssituation kommen (Meyer et al. 2006). Blanck (2012) stellt die Problematik der Auswirkung der Dominanz der Lern- und Leistungssituation auf die Einstellung zu Fehlern dar, wobei die Frage offenbleibt, inwieweit das Verständnis von Fehlern als Mangel und Defizit auf der einen Seite und Fehlern als fruchtbare Momente für erfolgreiches Lernen auf der anderen Seite zu vereinbaren sein können. Mir ist bis jetzt keine Studie bekannt, die die Fehlereinstellung von Lehrkräften bzgl. des Spannungsfeldes zwischen Lern- und Leistungssituation untersucht hat. Interessant ist es für mich, u.a. auch auf Grund einer anderen Funktionalität der Leistungsbewertung in Finnland, die Fehlereinstellung deutscher und finnischer Lehrkräfte zu untersuchen und zu vergleichen. Auch wenn Finnland sich u.a. durch das eingliedrige Schulsystem, sehr niedrige Klassenwiederholungsquoten auszeichnet, also eher auf Förderung als Selektion fokussiert ist, erfolgt eine rigorose Auswahl der Lehramtsanwärter_innen nach Zeugnisnoten, bei der nur ca. 10 Prozent der Bewerber_innen angenommen werden. Neben den oben genannten Aspekten könnten auch individuelle Faktoren wie Erfahrungen entscheidend sein.

Forschungsfrage: Welche Fehlereinstellungen haben Lehrkräfte in Deutschland und Finnland und was beeinflusst ihre Einstellungen?

Methodik: Durch eine Probeerhebung mit acht Studierenden über deren Fehlereinstellung und mögliche Einflussfaktoren habe ich das leitfadengestützte episodische Interview (Flick 2004) erprobt. Der Transkription folgte die Entwicklung überwiegend induktiver Kategorien (in Anlehnung an Schmidt 2013), die nach der Analyse erste Hinweise für die Planung der Hauptuntersuchung gegeben haben. Deutlich wurden u.a. Unterschiede in deren Fehlereinstellung, die sich größtenteils durch eigene Erfahrungen während der Schulzeit und in der Familie begründen lassen. Für die Studie im Rahmen der Dissertation soll neben der Erfassung der Lehrer_inneneinstellung durch Leitfadeninterviews auch eine dokumentenanalytische Aufarbeitung (in Anlehnung an Mayring 2002) entsprechender schulbezogener Erlasslagen (bspw. zur Leistungsbewertung), die einen Bezug zum Umgang mit Fehlern und Fehlereinstellungen haben, erfolgen. Dazu kommt noch die Beachtung der besonderen Problematik der Sprachlichkeit und Übersetzbarkeit (Kruse 2012).

Anliegen der Posterpräsentation: Bei der Präsentation soll das Forschungsdesign dieser international vergleichenden Studie vorgestellt werden, sodass die allgemein kritische Reflexion des Forschungsdesigns von besonderem Interesse für die Diskussion ist.

Kontakt: annika.breternitz@upb.de

Literatur

  • Blanck, Bettina (2012). Vielfaltsbewusste Pädagogik und Denken in Möglichkeiten – Theoretische Grundlagen und Handlungsperspektiven. Stuttgart: Lucius&Lucius.
  • Flick, Uwe (2004). Qualitative Sozialforschung. Eine Einführung. Reinbek: Rowohlt.
  • Helmke, Andreas (2014). Unterrichtsqualität und Lehrerprofessionalität. Diagnose, Evaluation und Verbesserung des Unterrichts. Reihe: Schule weiterentwickeln – Unterricht verbessern. Kallmeyer in Verbindung mit Klett. Seelze-Velber: Friedrich Verlag GmbH.
  • Kruse, Jan; Bethmann, Stephanie; Niermann, Debora & Schmieder, Christian (Hrsg.) (2012). Qualitative Interviewforschung in und mit fremden Sprachen: Eine Einführung in Theorie und Praxis. Weinheim: Beltz Juventa.
  • Meyer, Lena; Seidel, Tina & Prenzel, Manfred (2006). Wenn Lernsituationen zu Leistungssituationen werden: Untersuchung zur Fehlerkultur in einer Videostudie. Revue suisse des sciences de l’éducation, 28 (1), S. 21–41.
  • Mayring, Philipp (2002). Einführung in die qualitative Sozialforschung. Eine Anleitung zu qualitativem Denken. Weinheim: Beltz.
  • Schmidt, Christiane (2013). Analyse von Leitfadeninterviews. In Uwe Flick, Ernst von Kardorff & Ines Steinke (Hrsg.), Qualitative Forschung. Ein Handbuch (S.447- 456). Reinbek: Rowohlt.
  • Weingardt, Martin (2004). Fehler zeichnen uns aus – Transdisziplinäre Grundlagen zur Theorie und Produktivität des Fehlers in Schule und Arbeitswelt. Bad Heilbrunn: Verlag Julius Kinkhardt.

Responsive ethnografische Forschung – eine partizipative Strategie der Verknüpfung von Theorie und Praxis über das studienintegrierte Praktikum

Manuel Freis, Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes (htw saar), Fakultät für Sozialwissenschaften

Forschungskontext: Der Ansatz, der mit dem Poster vorgestellt werden soll, ist angesiedelt im Bereich der Professionalisierung und Initiierung von Bildungsprozessen im Kontext von studienintegrierten Praktika sowie der Etablierung funktionsfähiger Informations- und Kommunikationskanäle zwischen Hochschulen und den Einrichtungen der pädagogischen/sozialarbeiterischen Praxis.

Zugrunde liegt die Frage nach einem hochschuldidaktischen Arrangement, das eine Verzahnung von im Studium gelernten theoretischen Inhalten und den praktischen Wissensbeständen professioneller Sozialarbeiter_innen – somit die wechselseitige Bezugnahme von Theorie und Praxis – nicht nur möglich, sondern wahrscheinlich macht. Dabei wird sowohl Bezug genommen auf hochschuldidaktische Konzepte der studienintegrierten Praxisausbildung (vgl. Harmsen 2004, 2009, 2014; Mair 2001; Roth & Merten 2014; Schubarth et al. 2012; Schulze-Krüdener & Homfeldt 2001), als auch auf einige Versuche der Etablierung ethnografischer Zugänge im Kontext von Praktika (vgl. Friebertshäuser 2001, 2008; Hirschauer 2008; Hünersdorf 2012).

Ausgangspunkt: Die zugrunde liegenden Problematiken, die mit den entwickelten Veranstaltungsformaten und Zugängen zur Praxis bearbeitet werden sollen, sind einerseits der Versuch einen Rahmen zu schaffen, der es den Studierenden ermöglicht, den wechselseitigen Transfer von Wissen aus den Kontexten der Hochschule und den Kontexten der professionellen Praxis zu leisten. Andererseits wird den Forderungen der Praxis, theoretisches Wissen und neue Ideen in die Arbeit der Einrichtungen einfließen zu lassen, nachgekommen. Es geht also um die Konzipierung eines Lernprozesses, der die Möglichkeit zur reflexiven Verarbeitung der Erfahrungen und Situationen aus der Praxis möglich macht und dabei gleichzeitig alle Beteiligten in einen Austausch bringt, sodass die erarbeiteten Ergebnisse nachhaltig wirksam werden.

Forschungsfragen:
Wie kann der Transfer von theoretisch gelerntem Wissen nachhaltig praktisch wirksam gemacht werden? Welche Instrumente erweisen sich hier als förderlich, um die Brücke von Theorie und Praxis fruchtbar zu machen?

Wie kann ein ethnografisch eingerichteter Zugang zur Praxis genutzt werden, um Studierenden einen reflexiven Einstieg in die Logik der Praxis zu erleichtern und dabei gleichzeitig den Bedürfnissen der Praxiseinrichtungen nach wissenschaftlichem Feedback, neuen relevanten Informationen aus den theoretischen Wissensbeständen der Hochschule und entwicklungsfördernden Impulsen gerecht zu werden?

Methodik: Die Studierenden der Sozialen Arbeit/Pädagogik werden mit der Schwierigkeit der Herstellung von Bezügen zwischen theoretischen und praktischen Wissensbeständen spätestens im studienintegrierten Praktikum bzw. Praxissemester konfrontiert. Die mit dem Poster darzustellende Arbeit beschäftigt sich aus einer ethnografischen Perspektive mit den methodischen Potenzialen ethnografischen Forschens. Diese werden genutzt im Kontext der Einsozialisation der Studierenden ins Praxisfeld und der Möglichkeit bzw. Sinnhaftigkeit responsiver Ergebnisrückmeldungen an die Einrichtungen der Sozialen Arbeit am Beispiel einer neu entwickelten responsiven Veranstaltungsform – den Theorie-Praxis-Werkstätten. Dabei wird eine Form rekonstruktiv-responsiver Evaluation durch den ethnografischen Zugang (vgl. Lamprecht 2012) sowie durch die Nutzung der anfänglichen Fremdheitsperspektive möglich, deren konkrete Struktur beispielhaft im Poster verdeutlicht werden soll.

(Vorläufige) Ergebnisse:

  1. Ein ethnografisch eingerichteter Zugang zur professionellen Praxis der Sozialen Arbeit leistet eine notwendige Befremdung, um die Differenz von theoretischem Wissen und praktischem Wissen habitusbildend zu nutzen.
  2. Im Hinblick auf einer Weiterentwicklung der Theorie, als auch eine Veränderung der professionellen Praxis muss das Verhältnis von Hochschulen und Praxiseinrichtungen so angelegt sein, dass eine wechselseitige Irritation responsiv möglich wird.
  3. Durch die Impulse in den Theorie-Praxis-Werkstätten können sich Einrichtungen der Sozialen Arbeit sowie die Hochschule wechselseitig ihrer gepflegten Routinen und Praktiken neu versichern und ggf. organisationale Lernprozesse einleiten.

Diskussion: Wie können die Möglichkeiten und Grenzen derartiger Lernprozesse im Kontext der vorgestellten Relationierung von Theorie und Praxis beurteilt werden und welche Potenziale bietet eine derartige responsive und partizipative Ethnografie für die Kooperation zwischen Hochschulen und Einrichtungen der professionellen Praxis der Sozialen Arbeit?

Kontakt: manuel.freis@htwsaar.de

Webseite: http://www.htwsaar.de/htw/sowi/fakultaet/personen/Wissenschaftliche-Mitarbeiterinnen-und-Mitarbeiter/dipl-paed-manuel-freis

Literatur

  • Friebertshäuser, Barbara (2001). Feldforschung im Praktikum. Ein Konzept für das studienbegleitende Praktikum im Diplomstudiengang Erziehungswissenschaft. In Jörgen Schulze-Krüdener & Hans Günther Homfeldt (Hrsg.), Praktikum – eine Brücke schlagen zwischen Wissenschaft und Beruf (S.181-204). Neuwied: Luchterhand.
  • Friebertshäuser, Barbara (2008). Vom Nutzen der Ethnographie für das pädagogische Verstehen. Vorläufige Antworten und offene Fragen. In Bettina Hünersdorf, Christoph Maeder & Burkhard Müller (Hrsg.), Ethnographie und Erziehungswissenschaft. Methodologische Reflexionen und empirische Annäherungen (S. 49-64). Weinheim: Juventa.
  • Harmsen, Thomas (2004). Die Konstruktion professioneller Identität in der Sozialen Arbeit. Theoretische Grundlagen und empirische Befunde. Heidelberg: Carl-Auer.
  • Harmsen, Thomas (2009). Konstruktionsprinzipien gelingender Professionalität in der Sozialen Arbeit. In Roland Becker-Lenz, Stefan Busse, Gudrun Ehlert & Silke Müller-Hermann (Hrsg.), Professionalität in der Sozialen Arbeit (S. 255-264). Wiesbaden: Springer VS.
  • Harmsen, Thomas (2014). Professionelle Identität im Bachelorstudium Soziale Arbeit. Wiesbaden: Springer VS.
  • Hirschauer, Stefan (2008). Die Empiriegeladenheit von Theorien und der Erfindungsreichtum der Praxis. In Herbert Kalthoff, Stefan Hirschauer & Gesa Lindemann (Hrsg.), Theoretische Empirie (S.165-187). Frankfurt/Main.: Surhkamp.
  • Hünersdorf, Bettina (2012). Erziehungswirklichkeit im Spannungsfeld von Systemtheorie und Ethnographie. In Barbara Friebertshäuser, Helga Kelle, Heike Boller, Sabine Bollig, Christina Huf, Antje Langer, Marion Ott & Sophia Richter (Hrsg.), Feld und Theorie. Herausforderungen erziehungswissenschaftlicher Ethnographie (S.41-56). Opladen; Berlin; Toronto: Barbara Budrich Verlag.
  • Lamprecht, Juliane (2012). Rekonstruktiv-responsive Evaluation in der Praxis. Neue Perspektiven dokumentarischer Evaluationsforschung. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
  • Mair, Helmut (2001). Das Praktikum im Spannungsfeld von Disziplin und Profession – oder: das Praktikum zwischen theoretischen Auseinandersetzungen mit Problemen sowie Aufgaben der Sozialen Arbeit und der Konfrontation ihrer Praxis. In Jörgen Schulze-Krüdener & Hans Günther Homfeldt (Hrsg.), Praktikum – eine Brücke schlagen zwischen Wissenschaft und Beruf (S. 27-36). Neuwied: Luchterhand.
  • Roth, Claudia & Merten, Ueli (Hrsg.) (2014). Praxisausbildung konkret. Am Beispiel des Bachelor in Sozialer Arbeit der Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW. Opladen: Barbara Budrich.
  • Schubarth, Wilfried; Speck, Karsten; Seidel, Andreas; Gottmann, Corinna; Kamm, Caroline & Krohn, Maud (2012). Praxisbezüge im Studium – Ergebnisse des ProPrax-Projektes zu Konzepten und Effekten von Praxisphasen unterschiedlicher Fachkulturen. In Wilfried Schubarth, Karsten Speck, Andreas Seidel, Corinna Gottmann, Caroline Kamm & Maud Krohn (Hrsg.), Studium nach Bologna: Praxisbezüge stärken?! Praktika als Brücke zwischen Hochschule und Arbeitsmarkt (S.47-100). Wiesbaden: Springer VS.
  • Schulze-Krüdener, Jörgen & Homfeldt, Hans Günther (2001). Praktika: Pflicht oder Kür? – Perspektiven und Ziele der Hochschulausbildung zwischen Wissenschaft und Beruf. In Jörgen Schulze-Krüdener & Hans Günther Homfeldt (Hrsg.), Praktikum – eine Brücke schlagen zwischen Wissenschaft und Beruf (S.205-216). Neuwied: Luchterhand.

Berufsbiografisch relevante Einflussfaktoren für die Bewältigung des Berufseinstiegs von Junglehrer_innen

Daja Preuße, Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Lehrstuhl für Wirtschaftspädagogik

Ausgangspunkt/Forschungskontext: Der Berufseinstieg von Lehrkräften gilt als eine wichtige berufsbiografische Phase, die sich durch eine sprunghaft zunehmende Komplexität der Anforderungen, Verantwortung und Rollenfindung kennzeichnet (Keller-Schneider 2010). Diese Phase stellt eine Herausforderung dar, mit der die jungen Lehrkräfte umgehen müssen (Hericks 2006). Die aktuelle Lehrer_innenforschung setzt sich in diesem Zusammenhang vorrangig mit Aspekten wie Belastung und Bewältigung bei Lehrkräften auseinander, dabei wird die Phase des Berufseinstiegs nur am Rand thematisiert (Rothland 2013). Der Fokus liegt hierbei zumeist auf den in der formalen Lehrer_innenbildung erlernten Kompetenzen und schulischen Faktoren als Ressourcen für Belastungsbewältigung. Forschung zu Handlungs- und Deutungsmustern von Lehrkräften weisen jedoch darauf hin, dass berufsbiografische Erfahrungen bspw. aus der eigenen Schulzeit relevante Einflussfaktoren auf die Wahrnehmung der Herausforderungen sein können (Böhme 2010).

Forschungsfrage: Welche berufsbiografischen Einflussfaktoren lassen sich für die Wahrnehmung von beruflichen Herausforderungen bei Lehrkräften identifizieren?

Methodik:Die Erfassung von Bewältigung und deren Einflussfaktoren bei Lehrkräften erfolgt zumeist quantitativ und orientiert an Personenmerkmalen. Für die vorliegende Studie soll das individuelle Relevanzsystem von Lehrkräften im Berufseinstieg mittels narrativen Interviews erfasst werden (Schütze 1983). Über den biografischen Zugang sollen auch die berufsbiografisch relevanten Einflussfaktoren für die individuellen Wahrnehmungen eingeschlossen werden. Orientiert an dem Vorgehen des Theoretischen Samplings (Strauss & Corbin 1996) liegen bisher 26 narrative Interviews mit Lehrkräften zu Beginn Ihrer Tätigkeit aus verschiedenen Schulformen und mit unterschiedlichen Zugängen zum Beruf vor. Die Interviews wurden transkribiert nach den Regeln des Minimaltranskripts der GAT2 Transkriptionskonventionen. Die Auswertung erfolgt anhand der Dokumentarischen Methode.

Ergebnisse: Bisherige Untersuchungen zur Belastung und Bewältigung von Lehrkräften betrachten kaum die berufsbiografische Entwicklung, um Aufschluss über die Genese fördernder oder hemmender Faktoren zu gewinnen. Obwohl die Analysephase derzeit nicht abgeschlossen ist, liefert die vorliegende Studie bereits einen ersten Einblick in das Relevanzsystem der untersuchten Lehrkräfte (wie die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen vor und während der Aufnahme des Lehramtsstudiums) und liefert einen Beitrag zur Forschung zur Pädagogischen Professionalität.

Anliegen der Posterpräsentation: Das Anliegen der Posterpräsentation ist es, Anregungen im Rahmen der Diskussion zum Forschungsdesign und v.a. hinsichtlich der weiteren Auswertungsschritte zu erhalten.

Kontaktpreusse@uni-mainz.de

Literatur

  • Böhme, Jeanette (2010). Schul- und Unterrichtsforschung. In Barbara Friebertshäuser, Antje Langer & Annedore Prengel (Hrsg.), Handbuch Qualitative Forschungsmethoden in der Erziehungswissenschaft (3. Aufl., S.733-743). Weinheim: Beltz Juventa.
  • Hericks, Uwe (2010).Professionalisierung als Entwicklungsaufgabe. Rekonstruktionen zur Berufseingangsphase von Lehrerinnen und Lehrern. Wiesbaden: VS.
  • Keller-Schneider, Manuela (2010). Entwicklungsaufgaben im Berufseinstieg von Lehrpersonen. Münster: Waxmann.
  • Rothland, Martin (Hrsg.) (2013). Belastung und Beanspruchung im Lehrerberuf. Modelle, Befunde, Interventionen (2. Aufl.). Wiesbaden: Springer.
  • Schütze, Fritz (1983). Biographieforschung und narratives Interview. Neue Praxis13, 283-293. http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-53147.
  • Strauss, Anselm & Corbin, Juliet (1996). Grounded theory. Grundlagen qualitativer Sozialforschung. Weinheim: Beltz.

Holocaust und die Didaktik des Aushandelns: Lehrerinnen und Lehrer im Spannungsfeld von Schule, Gedenkstätte und öffentlichem Diskurs

Michael Penzold, Ludwig-Maximilian-Universität München, Abteilung für Didaktik der deutschen Sprache und Literatur und des Deutschen als Zweitsprache,  

Ausgangspunkt: An deutschen Schulen stellt sich aufgrund zunehmend heterogener Klassen die Frage nach dem Status des Wissens um den Holocaust neu (Benz & Distel 2009; Ballis 2012). Dies ist gerade für Lehrkräfte eine große didaktische Herausforderung: Viele Schülerinnen und Schüler fühlen sich aufgrund des Migrationsschicksals ihrer Herkunftsfamilien dem Thema nicht auf eine Weise verbunden, wie dies von den in eine deutsche Identität hineinsozialisierten Mitschülerinnen und Mitschülern erwartet wird (Fava 2015). Medial hoch professionalisierte Präsentationsformen der Epoche des Nationalsozialismus haben ferner dazu geführt, dass stereotype Anschauungen über diese Epoche bis in den schulischen Unterricht hinein verbreitet sind. Zugleich verzeichnen die KZ-Gedenkstätten hohe Besucherzahlen (Eberle 2008).

Lehrerinnen und Lehrer an den öffentlichen Schulen in Deutschland stehen damit in besonderer Weise im Spannungsfeld gesellschaftlicher Diskurse. Sie sind aufgrund ihrer spezifischen professionellen Situation angewiesen auf Formen des Aushandelns dessen, was der Holocaust für die jeweiligen Schulklassen bedeuten kann. In diesem Zusammenhang setzt das fachdidaktische und professionswissenschaftliche Interesse der geplanten Arbeit an.

Ein Aushandeln ist nur auf der Grundlage eines kooperativen Versuchs gemeinsamer Sprachfindung und der diskursiven Artikulation von Beobachtungen und Befindlichkeiten möglich. Lehrerinnen und Lehrer reden in diesem Sinne auch miteinander über den Holocaust. Sie tun dies angesichts heterogener Klassen beispielsweise im Anschluss an eine Klassenfahrt zu einer Gedenkstätte. Der Kontext dieses Aushandelns erschließt sich ethnografisch auf der Basis von Feldstudien, die während des Aufenthaltes von Schulklassen (und damit auch der Lehrerinnen und Lehrer) von mir auf dem Gedenkstättengelände in Dachau bei München angefertigt werden (Beer 2008). Aus der Kombination der Feldstudien und Gesprächen mit Lehrerinnen und Lehrern wird der empirische Zugang zu denjenigen Aushandlungsmustern hergestellt, die in didaktischer Hinsicht zum Thema Holocaust aktiviert werden.

Forschungsfrage: Wie handeln Lehrerinnen und Lehrer aus, was das Thema Holocaust im gegenwärtigen schulischen Kontext bedeutet?

Methodik: Diese Untersuchung ist als Grounded-Theory-Studie angelegt (Breuer 2009), bei der mittels eines ethnografischen Vorgehens (Fieldin, 1993; Breidenstein, Hirschauer, Kalthoff & Nieswand 2013) insbesondere Beobachtungen auf dem „Feld“ der KZ-Gedenkstätte Dachau durchgeführt werden. Die Feldprotokolle werden einerseits mit Aufzeichnungen von Gesprächen mit Lehrerinnen und Lehrern verglichen (Deppermann 2008). Zudem werden schulartenspezifisch Samples gebildet (Mittelschule/Hauptschule, Realschule, Gymnasien, berufliche Schulen).  

Ergebnisse: Die Rollenirritation, die die Lehrkräfte bei ihrem Gedenkstättenbesuch mit ihren Klassen z.T. erleben, setzt sich um in ein Bedürfnis nach der Aushandlung dessen, was Holocaust für sie selbst, aber vor allem auch für die Schülerinnen und Schüler heute bedeutet. Dabei formulieren die Lehrerinnen und Lehrer schulartenspezifische Sets zum Teil sehr unterschiedlicher didaktischer Ansätze. Sie werden sich angesichts des Gedenkstättenbesuchs zudem einer Rollenveränderung bewusst. Sie entdecken bezüglich des Themas Holocaust ihre Rolle als „existenziell-ethische“ Begleiterinnen und Begleiter neu. 

Diskussion: Inwiefern ist der fachdidaktische Zugang über die Gedenkstätte plausibel? Inwiefern ist die Gedenkstättenfahrt ein Sonderfall der Didaktik sogenannter „außerschulischer Lernorte“ wie Museen etc.?

Wo liegen die Chancen und Gefahren der Generierung didaktisch relevanter Erkenntnisse auf der Grundlage empirischer Beobachtungen? 

Anliegen der Posterpräsentation:

  • Vernetzung mit anderen fachdidaktischen Projekten (z.B. über andere außerschulische Lernorte)
  • Diskussion über Möglichkeiten, auf der Basis der Grounded-Theory-Methodologie fachdidaktische Beiträge formulieren zu können
  • Diskussion über die Möglichkeiten einer empirisch-qualitativ fundierten Holocaust-Didaktik

Kontakt: michael.penzold@germanistik.uni-muenchen.de

Literatur

  • Ballis, Anja (Hrsg.) (2012). Holocaust – Literatur – Didaktik. Koordinaten für interdisziplinäres Lernen. Würzburg: Ergon.
  • Beer, Bettina (Hrsg.) (2008). Methoden ethnologischer Feldforschung (2., überarb. und erw. Aufl.). Berlin: Reimer.
  • Benz, Wolfgang & Distel, Barbara (2009) (Hrsg.). Die Zukunft der Erinnerung. Dachauer Hefte, Heft 25. 
  • Breidenstein, Georg; Hirschauer, Stefan; Kalthoff, Herbert & Nieswand, Boris (2013). Ethnografie. Die Praxis der Feldforschung. Konstanz: UVK.
  • Breuer, Franz (2009). Reflexive Grounded Theory. Eine Einführung für die Forschungspraxis (unter Mitarbeit von Barbara Dieris und Antje Lettau). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
  • Deppermann, Arnulf (2008). Gespräche analysieren. Eine Einführung (4. Aufl.). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
  • Eberle, Annette (2008). Pädagogik und Gedenkkultur. Bildungsarbeit an NS-Gedenkorten zwischen Wissensvermittlung, Opfergedenken und Menschenrechtserziehung. Praxisfelder, Konzepte und Methoden in Bayern. Würzbug: Ergon.
  • Fava, Rosa (2015). Die Neuausrichtung der Erziehung nach Auschwitz in der Einwanderungsgesellschaft. Eine rassismuskritische Diskursanalyse. Berlin: Metropol.
  • Fielding, Nigel G. (1993). Ethnography. In Nigel Gilbert (Hrsg.), Researching social life (S.154-171). London: Sage.

Education and Social Justice: the U.S. Critical Pedagogy movement in the contemporary educational debate

Luisella Tizzi, University of Bolzano-Bozen

Context of the Study: The main contents of the project are the development of the Critical Pedagogy movement in the U.S., the features of the movement and its relationship with the American educational system and the topic of social justice (Macrine, McLaren & Hill 2010). In particular, this research project explores the origins of this pedagogical movement, its theoretical roots, the means of diffusion of its ideas, as well as its main scholars. Moreover, it shows how the movement has addressed the topic of social justice in educational settings providing also the analysis of some cases in concrete educational contexts. The goals of the project are: a better knowledge about this movement and about the theories and practices used to reach its aim of social justice for all students in the contemporary era.

Research Questions:

  • What are the features of the American Critical Pedagogy movement?
  • What is the relationship between education and social justice and how the movement engages it?

Methods: To fulfill the research I started with the analysis of the literature about the Critical Pedagogy movement to understand its origins, ideas and topic addressed (Darder, Baltodano & Torres 2009). Then, I decided to conduct interviews with experts (both inside and outside the movement itself) to compare with the results of the literature and also to understand how the movement engages with the topic of social justice in concrete educational contexts. Regarding this latter point, I highlight that in the interview I also asked – among the others – about concrete cases of application of the ideas of the movement. One of this cases will be analysed as a case study (Denzin & Lincoln 2011).

Results: Thanks to the analysis of the literature, I could reconstruct the origins of the movement and pinpoint its theoretical roots, as well as the most important scholars and topics addressed (McLaren & Kincheloe 2007):

  • Origins: the origins of the movement go back to the late Seventies when the work of Paulo Freire was translated into English and spread in the United States.
  • Theoretical roots: the main theoretical roots I found out are related to the work of the Frankfurt School, John Dewey, Antonio Gramsci, the New Sociology of Education and to the ideas of Paulo Freire.
  • Most important scholars: very important scholars are Henry A. Giroux, Peter McLaren, Joe Kincheloe, Micheal Apple, Antonia Darder, Shirley Steinberg, Bell Hooks.
  • Topics addressed: School and Curriculum Theories, Identity Politics, Multiculturalism, Media and Popular Culture.

As regards the results of the interviews, they shed light on the possibilities and limits of the Critical Pedagogy movement (Macrine 2009), on the problems of the American educational system and on some examples of concrete applications of the principles of the movement:

Possibilities and limits: The experts interviewed stress that Critical Pedagogy is particularly helpful in projects aimed at the emancipation of the students and people in general (with migrants families and students, for example), and for the development of a critical conscience, as well as as a kind of antidote to neoliberal policies in the field of education. The limits they mention are related, in some cases, to a misunderstanding of the approach, to the lack of empirical research and also to the socio-political context driven by the principles of neoliberalism, which are applied to the educational system too.

Problems of the American educational system: According to the experts the main problems nowadays are the privatization of schools, the system of high-state tests, the standardization of the curriculum.

Examples of concrete applications of the principles of the movement: The Social Justice High School in Chicago, the Grassroots Curriculum Projects in Chicago, the Mexican American Studies Project in Tucson (Arizona).

A further path of the research would be to analyse the perspective of the Education for Social Justice, emerged from the interviews as a new narrative in the educational field in the United States.

Discussion: In the discussion, I will first present the main features of the Critical Pedagogy movement, in particular its origins, theoretical roots, the main scholars and topics addressed. Then, I will discuss the interviews I did to the experts giving some results, especially as regards the work of the movement in the U.S. contemporary educational system. Finally, I will stress how the movement engages with the topic of social justice in education talking about some concrete case of application of its ideas in educational settings, giving also some examples taken from the interviews.

Contact: luisella.tizzi@gmail.com

References:

  • Darder, Antonia; Baltodano, Marta P. & Torres, Rodolfo D. (Eds.). (2009)The Critical Pedagogy Reader. New York: Routledge.
  • Denzin, Norman K. & Lincoln, Yvonna S. (Eds.). (2011). The SAGE Handbook of Qualitative Research. Los Angeles: Sage.
  • Macrine, Sheila. L.; McLaren, Peter & Hill, Dave (2010). Revolutionizing Pedagogy. Education for Social Justice Within and Beyond Global Neo-Liberalism. New York (USA): Palgrave Macmillan.
  • Macrine, Sheila L. (2009). Critical Pedagogy in Uncertain Times. Hope and Possibilities. New York: Palgrave Macmillan.
  • McLaren, Peter & Kincheloe, Joe L. (2007). Critical Pedagogy. Where are we now? New York: Peter Lang.

Ernährungsbildung im ländlichen Malawi

Eleonore Heil, Justus-Liebig-Universität Gießen, Institut für Ernährungswissenschaften

Forschungskontext: Die Studie ist eingebettet in ein Forschungsvorhaben zum Thema: Verbesserung von Kleinkindernährung (IMCF-Projekt) der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) und wird im ländlichen Malawi in den Distrikten Kasungu und Mzimba durchgeführt.

Ausgangspunkt: Die wichtigsten Gründe von Unterernährung der Kinder im ländlichen Malawi im Alter von 6–11 Monaten sind unzureichende und ungeeignete Beikost (NSO, UNICEF 2008). Kulturelle Überlieferungen und Praktiken, Armut und der Mangel an Wissen für eine gesundheitsfördernde Ernährung beeinflussen die verfügbaren Ressourcen (Penny et al. 2005; FAO 2014). Die FAO (Food and Agriculture Organization) möchte durch Ernährungsbildung in ländlichen Regionen die Situation verbessern. Ziel dieser Studie ist zu untersuchen, ob die durchgeführten Maßnahmen dies leisten können.

Forschungsfragen:

  • Welche Einstellungen und Wertehaltungen haben die Familien in Malawi gegenüber Ernährungsbildung?
  • Welche Maßnahmen können vorhandene Ressourcen stärken?
  • Welche Barrieren verhindern den Erfolg?

Methodik: Die Studie erfolgt nach einem Mixed-Methods-Ansatz im „convergent parallel design“ (Creswell & Plano Clark 2011). Quantitative und Qualitative Elemente verlaufen parallel. Um den Wissenszuwachs vor und nach dem Training zu erheben, wird ein quantitativer Fragebogen eingesetzt und über ANOVA ausgewertet. Fokusgruppendiskussionen (Schulz et al. 2012) mit Müttern, Großmüttern und Vätern sollen Einblicke in die Einstellungen und Wertehaltungen der Familien gegenüber Ernährungsbildung eröffnen. Mit leitfadengestützten Interviews und teilnehmenden Beobachtungen (Lamnek 2005) sollen Daten zu Alltagspraktiken generiert werden. Die Transkription wird in den Landessprachen verfasst, um den Datenverlust durch die Übersetzung zu minimieren (Regmi et al. 2010; Davidson 2009). Die Auswertung erfolgt nach der Inhaltsanalyse von Mayring (2014) mit induktiver und deduktiver Kategorienbildung (Kondracki et al. 2002; Elo & Kyngäs 2008).

Ergebnisse: Die Studie befindet sich noch in der Auswertungsphase. Erste Ergebnisse zeigen, dass Großmütter und die Kommune einen großen Einfluss auf die Versorgung der Kleinkinder nehmen. Stehen diese positiv der Ernährungsbildung gegenüber, verbessert sich die Versorgung der Kleinkinder und die Mütter berichten von gesünderen Kleinkindern, was wiederum für weitere Motivationen für die Akzeptanz und Umsetzung der Ernährungsbildung sorgt.

Anliegen der Posterpräsentation: In der Postersession würde ich gerne über die Triangulation der quantitativen und qualitativen Ergebnisse, die Vor- und Nachteile von Mixed-Methods-Ansätzen, die Qualität qualitativer Daten und über „Consolidated criteria for reporting qualitative research – COREQ“ diskutieren.

Kontakt: Eleonore.a.heil@ernaehrung.uni-giessen.de

Literatur

  • Bezner Kerr, Rachel & Chirwa, Marko (2004). Participatory Research Approaches and Social Dynamics that Influence Agricultural Practices to Improve Child Nutrition in Malawi. EcoHealth 1, 109–119.
  • Cresswell, John & Plano Clark, Vicki (2011). Designing and Conducting Mixed Methods Research. Los Angelos: Sage.
  • Elo, Satu & Kyngäs, Helvi (2008). The qualitative content analysis process. Journal of Advanced Nursing, 62, 107–115.
  • FAO (2014). What works at home: Improving complementaryfeeding practices based on locally available foods learning from caregivers through formative research in Kasungu and Mzimba districts of Malawi (Draft report). Rome, FAO.
  • Hopf, Christel (2008). Qualitative Interviews – ein Überblick. In Uwe Flick, Ernst Kardorff & Ines Steinke (Hrsg.), Qualitative Forschung. Ein Handbuch (S.349-360). Reinbeck: Rowohl.
  • Kondracki, Nancy, Wellman, Nancy & Amundson, Daniel (2002). Content Analysis: Review of methods and their application in nutrition education. Journal of Nutrition Education and Bahavior, 34, 224-230.
  • Lamnek, Siegfried (2005). Qualitative Sozialforschung. Weinheim: Beltz.
  • Mayring, Philipp (2014). Qualitative content analysis: Theoretical foundations basic procedures and software solutions. Klagenfurt: Beltz.
  • National Statistical Office (NSO) & ICF Macro (2011). Malawi Demographic and Health Survey 2010. Zomba, Malawi, and Calverton, Maryland, NSO & ICF Macro.
  • NSO & UNICEF(2008). Malawi Multiple Indicator Cluster Survey 2006. Malawi, National statistical office and UNICEF.
  • Penny, Mary, Creed-Kanashiro, Hilary, Robert, Rebecca, Narro, Rocio, Caulfield, Laura & Black, Robert (2005). Effectiveness of an educational intervention delivered through the health services to improve nutrition in young childre. a cluster-randomised controlled trial. Lancet, 365, 1863–1872.
  • Regmi, Krishna, Naidoo, Jennie & Pilkington, Paul (2010). Understanding the processes of translation and transliteration in qualitative research. International Journal Qualitative Methods 9, 16–26.
  • Schulz, Marlen, Mack, Birgit & Ortwin Renn (Hrsg.)(2012). Fokusgruppen in der empirischen Sozialwissenschaft. Wiesbaden: Springer VS.

Coming full circle: Die retrospektive Rekonstruktion des subjektiven Therapieprozesses als Beitrag zur formativen Therapieevaluation am Beispiel begleitender Mütter in einem kinder- und jugendpsychiatrischen Setting.

Holger von der Lippe1, Ulrike Röttger2, Jeanette Schadow2, Josefine Radloff3, Christoph Kramm2, Hans-Henning Flechtner2
1 Medical School Berlin, Hochschule für Gesundheit und Medizin
2 Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Universitätsklinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatische Medizin des Kindes- und Jugendalters
3 Hochschule Magdeburg-Stendal, Fachgebiet Rehabilitationspsychologie

Forschungskontext und Ausgangspunkt: Die Multifamilientherapie (MFT) ist ein evidenzbasiertes Verfahren zur Behandlung von psychischen Störungen, psychiatrischen Symptomen und körperlichen Erkrankungen bei Kindern und Erwachsenen (Goll-Kopka 2009). Sie beruht auf systemischen Prinzipien, denen zusätzlich eine Anzahl von spezifischen gruppentherapeutischen Wirkfaktoren zur Seite stehen, wie z.B. die gegenseitige Unterstützung, konstruktive Kritik, Rollenspiele, Modelllernen und Feedback (Asen & Scholz 2012). Die Familien der Patient_innen werden hierbei in regelmäßigen Familiengruppen direkt und aktiv in den therapeutischen Prozess einbezogen. Die MFT nutzt dabei nicht nur die Ressourcen der einzelnen Familienmitglieder und deren Beziehungen, sondern fokussiert zentral auf den Austausch der Familien untereinander.

In einer Vielzahl von Studien konnten positive Effekte der MFT in Bezug auf bestimmte Erkrankungen belegt werden (Satin, la Greca, Zigo & Skyler 1989; Scholz, Rix, Scholz, Gantchev & Thömke 2005). Diese Studien bezogen sich jedoch meist auf störungshomogene geschlossene Gruppen in der Therapie Erwachsener. In der tagesklinischen Behandlung am Klinikum Magdeburg wird die MFT hingegen als ein Therapiebaustein bei der kinder- und jugendpsychiatrischen Therapie in störungsübergreifenden offenen Gruppen eingesetzt. Es besteht Evaluationsbedarf.

Forschungsfragen: Folgende Fragestellungen wurden in den vorliegenden Untersuchungen bearbeitet: Wie verändern sich das Belastungserleben von Eltern und Kindern und die subjektiven Familienbeziehungen unter Einsatz dieser Therapieform? Was ist aus Sicht der Familien subjektiv relevant für eine Reduktion des Belastungserlebens durch die MFT?

Methodik: Es wurde ein Mixed-Methods-Ansatz mit sequentiell eingebetteten, qualitativen Interviews eingesetzt (Morse & Niehaus 2009). Dazu wurden problemzentrierte Interviews (Witzel & Reiter 2012) mit sechs Müttern, die ihre Kinder (Alter: 3-9 Jahre) zur tagesklinischen Behandlung regelmäßig begleitet hatten nach Abschluss der Behandlung interviewt. Diese Interviews schlossen inhaltlich an unklare Forschungsbefunde aus einer quantitativen Evaluationsstudie an („sequentiell“).

Ergebnisse: Durch das konzeptuelle Ordnen (Corbin & Strauss 2008) offener und axialer Kodes gelang die Rekonstruktion des vollständigen erfolgreichen Therapieprozesses aus Sicht der begleitenden Mütter in qualitativen Kategorien: Vier Erlebens-, Interaktions-, Handlungs- und Reflexionskategorien beschreiben die Perspektive der Mütter auf den erfolgreichen Therapieverlauf, vier Interaktions-, Emotions-, Motivations- und Lernkategorien beschreiben die Perspektive der Mütter auf die therapeutische Wirkung der Multifamiliengruppen.

Diskussion und Anliegen der Posterpräsentation: In den Ergebnissen der qualitativen Analyse schließt sich der Kreis einer subjektiv erfolgreichen MFT-Therapie in einem kinder- und jugendpsychiatrischen Setting aus Sicht der begleitenden Mütter. Hieraus folgen mehrere Fragen für die Diskussion: (1) Inwiefern stellt dieses ökonomische qualitative Vorgehen einen relevanten Beitrag zur formativen Evaluation eines therapeutischen Settings dar (vgl. Kuckartz, Dresing, Rädiker & Stefer 2008)? (2) Inwiefern könnte bzw. sollte das methodische Design einer solchen qualitativen Evaluationsstudie angesichts der Erfordernisse der evidenzbasierten Medizin weiter optimiert werden? (3) Lassen sich Schlüsselpunkte für individuelles Scheitern in der Therapie (z.B. Abbruch, Misserfolg) bereits aus der „best practice“ der erfolgreichen Therapie schließen?

Kontakt: Holger.vonderLippe@medicalschool-berlin.de

Literatur

  • Asen, Eia & Scholz, Michael (2012). Praxis der Multifamilientherapie (2., vollst. überarb. u. erw. Aufl.). Heidelberg: Carl-Auer-Verlag.
  • Corbin, Janet M. & Strauss, Anselm L. (2008). Basics of Qualitative Research: Techniques and Procedures for Developing Grounded Theory (3rd ed.). London: Sage.
  • Goll-Kopka, Andrea (2009). Multi-Familientherapie (MFT) mit Familien von entwicklungsbeeinträchtigten, chronisch kranken und behinderten Kindern: Das Frankfurter MFT-Modell. Praxis der Kinderpsychologie und Kinderpsychiatrie, 58, 716-732.
  • Kuckartz, Udo; Dresing, Thorsten; Rädiker, Stefan & Stefer, Claus (2008). Qualitative Evaluation: der Einstieg in die Praxis (2., aktual. Aufl.). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
  • Morse, Janice M. & Niehaus, Linda (2009). Mixed methods design. Walnut Creek: Left Coast Press.
  • Scholz, Michael; Rix, Maud; Scholz, Katja; Gantchev, Krassimir & Thömke, Volker (2005). Multiple family therapy for anorexia nervosa: Concepts, experiences and results. Journal of Family Therapy, 27(2), 132-141.
  • Satin, Wendy; la Greca, Annette M.; Zigo, Marjorie A. & Skyler, Jay S. (1989). Diabetes in adolescence: Effects of multifamily group intervention and parent simulation of diabetes. Journal of Pediatric Psychology, 14(2), 259-275.
  • Witzel, Andreas & Reiter, Herwig (2012). The Problem-Centred Interview. London: Sage.

Shared decision-making in der Versorgung von Typ-2-Diabetikern: Ein Beitrag der Situationsanalyse zur Versorgungsforschung

Ana Mazur, Hochschule Fulda

Forschungskontext: Typ-2-Diabetiker und andere Patient_innen mit chronischen Krankheiten werden in Deutschland seit 2002 durch koordinierte Behandlungsabläufe und intensive ärztliche Betreuung (strukturierte Behandlungsprogramme-DMPs) versorgt und dabei unterstützt, ihre Erkrankung positiv zu beeinflussen.

Ausgangspunkt: Die gemeinsame Therapievereinbarung (Arzt und Patient_innen) in der DMP-Versorgung wird deutlich im Gesetztext angefordert (vgl. § 137 f SGB V) und entspricht weitestgehend dem Entscheidungsmodell „shared decision-making“ (vgl. Loh et al. 2007). In beiden Fällen ist eine gemeinsame Entscheidungsfindung auf Basis von evidenzbasierten Informationen die Grundlage von Behandlungsentscheidungen (vgl. Scheibler, von Pritzbuer & Pfaff 2004, S.111). Konzepte für die praktische Umsetzung der Patient_innenmitwirkung an der Therapie sind allerdings im DMP-Kontext kaum zu finden.

Forschungsfrage: Was lässt sich über shared decision-making in der DMP-Versorgung von Typ-2-Diabetiker_innen aus einer Akteursperspektive erschließen?

Methodik: Problemzentrierte Interviews (Witzel 2000) wurden mit DMP-Vertragspartnern, Ärzt_innen und ihren Patient_innen geführt, um Perspektiven über shared decision-making in der Konzeption und Praxis der Versorgung zu untersuchen. Die interviewten Ärzt_innen und Patient_innen wurden zuvor im Sinne einer fokussierten Ethnografie in der Versorgungsroutine beobachtet (Knoblauch 2001). Alle Interviews (n=14) und Beobachtungsituationen (n=5) wurden transkribiert bzw. protokolliert und werden in Anlehnung an die Situationsanalyse (Clarke 2012) interpretiert.

Ergebnisse: Vorläufig lassen sich Entscheidungsprozesse erkennen, bei denen shared decision-making eine untergeordnete Rolle spielt. Der Fokus der beobachteten Kommunikation zwischen Ärzt_innen und Patient_innen liegt vor allem auf der Besprechung der medikamentösen Therapie, bei der Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit als ärztliche Aufgabe im Vordergrund steht.

Anliegen der Posterpräsentation: Der Austausch über die Mapping-Arbeit in der Situationsanalyse, insbesondere über die Situations-Maps und relationale Analyse vom ethnographischen Material.

Kontakt: ana-lucia.mazur@pg.hs-fulda.de

Literatur

  • Clarke, Adele (2012). Situationsanalyse. Grounded Theory nach dem Postmodern Turn. Wiesbaden: Springer VS.
  • Knoblauch, Hubert (2001). Fokussierte Ethnographie. Sozialer Sinn 1, 123-141.
  • Loh, Andreas; Simon, Daniela; Kriston, Levente & Härter, Martin (2007). Patientenbeteiligung bei medizinischen Entscheidungen. Effekte der partizipativen Entscheidungsfindung aus systematischen Reviews. Deutsches Ärzteblatt, 104 (21):1483 -1487.
  • Scheibler, Fülöp; Pritzbuer Ekkehard von & Pfaff,  Holger (2004). Partizipative Entscheidungsfindung als Chance fur die Umsetzung strukturierter Behandlungsprogramme. Zeitschrift für Ärztliche Fortbildung und Qualitätssicherung 98 (2), 109-114.
  • Witzel, Andreas (2000). Das problemzentrierte Interview [25 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 1(1), Art. 22, http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0114-fqs0001228.

Kinder- und Jugendrehabilitation – Stellenwert und Zugangsbarrieren aus der Perspektive niedergelassener Pädiater_innen: Studiendesign und erste Analyseschritte  

Nadine Schumann, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Institut für Medizinische Soziologie

Forschungskontext/Ausgangspunkt: Das Forschungsvorhaben ist in der Versorgungsforschung angesiedelt und thematisiert zentrale Zugangsbarrieren zu stationären Rehabilitationsmaßnahmen bei Kindern und Jugendlichen. Im Fokus stehen niedergelassene Kinder- und Jugendärzt_innen in ihrer Rolle als zentrale Gatekeeper zu Rehabilitationsmaßnahmen. Sinkende Antrags- und Antrittszahlen im Bereich der stationären Kinderrehabilitation (DRV 2014) deuten Zugangsprobleme an. Studien aus dem Bereich der Erwachsenenrehabilitation zeigen, dass Ärzte mit verschiedenen Problemdimensionen in der Reha-Zuweisung und Antragsstellung konfrontiert sind (Pohontsch et al. 2013; Schubert et al. 2012). Ziel des Beitrags ist es, den Stellenwert rehabilitativer Maßnahmen sowie wahrgenommene Barrieren im Reha-Zugang aus Perspektive der beteiligten Kinder- und Jugendärzt_innen zu explorieren.       

Forschungsfragen: (1) Welchen Stellenwert nimmt die stationäre Kinder- und Jugendrehabilitation in der Versorgungskette chronisch kranker Heranwachsender aus Pädiater_innensicht ein? (2) Mit welchen zentralen Herausforderungen sehen sich Pädiater_innen in der Zuweisung und Antragsstellung stationärer Reha-Maßnahmen konfrontiert?

Methodik: Die Datenerhebung erfolgte mittels leitfadengestützter Expert_inneninterviews (Bogner et al. 2014; Littig 2008) sowie Fokusgruppendiskussionen (Przyborski & Riegler 2010) mit niedergelassenen Kinder- und Jugendärzten. Die inhaltsanalytische Auswertung (Meuser & Nagel 2005) erfolgt aktuell mittels der Software MAXQDA11. Das grundlegende Kategoriensystem orientiert sich an den Forschungsfragen (deduktives Vorgehen) und wird durch neue, bei der Sichtung des Materials entstehende Kategorien ergänzt (induktives Vorgehen). Bei der Erstellung des Kategoriensystems wurden sechs Einzelinterviews (>20% des Datenmaterials) unabhängig von zwei Personen paraphrasiert, offen kodiert und die Codes anschließend abgeglichen. Daran anknüpfend wird das weitere Datenmaterial aktuell analysiert.    

Erste Ergebnisse: Erste Analyseschritte deuten an, dass stationären Rehabilitationsmaßnahmen ein hoher Stellenwert in der Versorgung chronisch kranker Heranwachsender aus Arztperspektive zukommt, jedoch im Praxisalltag „am Rande steht“. Zugangsbarrieren begründen sich u.a. in Informationsdefiziten bzgl. Trägerzuständigkeiten und Zugangskriterien, intransparenten Entscheidungsgrundlagen der Kostenträger, dem hohen zeitlichen Aufwand der Antragsstellung und hohen Ablehnungsraten.  

Diskussion/Anliegen des Posters: Neben ersten Ergebnissen sollen in erster Linie auswertungsmethodische Aspekte zur Diskussion gestellt werden. Kritische Rückmeldungen sowie Anregungen und Erfahrungen zum methodischen Vorgehen und anstehenden Analyseschritten sind gewünscht.   

Kontakt: nadine.schumann@medizin.uni-halle.de

Literatur

  • Deutsche Rentenversicherung Bund (Hrsg.) (2014). Reha-Bericht. Update 2014. Die medizinische und berufliche Rehabilitation der Rentenversicherung im Licht der Statistik. Berlin.
  • Bogner, Alexander; Littig, Beate & Menz, Wolfgang (Hrsg.) (2009). Experteninterviews. Theorien, Methoden, Anwendungsfelder (3. überarbeite Auflage). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
  • Littig, Beate (2008). Interviews mit Eliten – Interviews mit ExpertInnen: Gibt es Unterschiede. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 9 (3), Art. 16http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0114-fqs0803161.
  • Meuser, Michael & Nagel, Ulrike (2005). ExpertInneninterviews – vielfach erprobt, wenig bedacht. In Bogner Alexander, Littig Beate & Wolfgang Linz (Hrsg.), Das Experteninterview (S. 71-94). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
  • Pohontsch, Nadine; Träder, Jens-M.; Scherer, Martin & Deck, Ruth (2013). Empfehlungen zur Überwindung von Schnittstellenproblemen in der medizinischen Rehabilitation der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung. Rehabilitation, 52 (05), 322-328.
  • Przyborski, Aglaja & Riegler, Julia (2010). Gruppendiskussion und Fokusgruppe. In Mey Günter & Mruck Katja (Hrsg.), Handbuch Qualitative Forschung in der Psychologie (S. 436-448). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.   
  • Schubert, Michael; Fiala, Katharina; Grundke, Susanne; Parthier, Kathrin; Behrens, Johann; Klement, Andreas & Mau, Wilfried (2012). Der Zugang zu medizinischer Rehabilitation aus Perspektive niedergelassener Ärzte – Probleme und Optimierungsmöglichkeiten. Phys Rehab Kur Med, 22, 264–270.

loci defendi: Räume der Selbstbehauptung als Kontext defensiven Sprachhandelns von Straßenbewohner_innen

Maren Behnert, Technische Universität Dresden, Stipendiatin der Friedrich-Ebert-Stiftung

Ausgangspunkt und Ziel: Junge Erwachsene mit Lebensmittelpunkt Straße leben als „Straßenkinder“ stigmatisiert am Rand der Gesellschaft (vgl. Invernizzi 2001). Sie bewegen sich in einem gesellschaftlich unsichtbaren Raum, dessen Existenz und Ressourcen nicht anerkannt werden. Das Überleben an solchen „Nichtorten“ (Augé 2010) beeinflusst das Sprachhandeln beim Kontakt mit der Mehrheitsgesellschaft und die Konstruktion „lebenswerter“ Räume. Es fällt auf, dass an manchen Orten Kommunikation als Handeln (u.a. Habermas 1981) gelingt, an vielen aber nicht und es dort zu Situation der Verteidigung kommt. Die verbale Selbstbehauptung stößt auf Unverständnis und verhindert Teilhabe. Beschrieben werden Kontexte, Funktionen und Bedingungen der Sprechakte (u.a. Searle1984; Fandrych & Salverda 2007).

Forschungsfragen:

  • Welche Aspekte sind der Kommunikation junger Erwachsenen mit Lebensmittelpunkt Straße (jEmLmpS) in Auseinandersetzung mit der Mehrheitsgesellschaft eigen?
  • Welche Rolle spielt sprachliche Selbstbehauptung innerhalb des Alltagsraumes Straße?
  • Welche Faktoren beeinflussen, wo und wie Kommunikation gelingt oder nicht gelingt?
  • Wie sieht ein Modell zur kommunikativen Wirklichkeit der jEmLmpS aus?

Methodik: Datenerhebung: erst halbstandardisierte Leitfadeninterviews und nach offenem Kodieren bzw. theoretischem Sampling (Strauss & Corbin 1990) dieser problemzentrierte Interviews (Witzel 2000) in Dresden (insgesamt 20) und Johannesburg (insgesamt 13). Die Datenauswertung erfolgt in Anlehnung der Grounded-Theory-Methodologie sensu Strauss und Corbin (1990).

Ergebnisse: Argumentationsstrategien der Selbstbehauptung treten bei der Grenzüberschreitung vom Schutzraum des Selbst in Räumen auf, die von der Mehrheitsgesellschaft bestimmt werden, oder, wenn von außen in den Schutzraum eingedrungen wird. Die verbale Verteidigung dient dabei der Behauptung des Selbst vor der Bedrohung durch Aberkennung anderer. Nach außen wirkt sie aggressiv und inkohärent, ist aber existentiell bedeutsam.

Diskussion: Ich stehe am Ende des Analyseprozesses und verdichte derzeit die Kategorien, um anschließend die „story line“ zu formulieren. Hinweise bei der Posterpräsentation sollen helfen, letzte Fragen zu klären, insbesondere:

  • Sind die Zuordnungen der Kategorien nachvollziehbar?
  • Ist das „Raumkonzept“ als intervenierender Kontext schlüssig?
  • Wie kann ich die „Geschichte“ dramaturgisch am besten aufbauen? Womit beginne ich, was stelle ich an den Schluss?

Kontakt: maren.behnert@yahoo.de

Website: www.treberhilfe-dresden.de

Literatur

  • Augé, Marc (2010). Nichtorte. München: CH Beck.
  • Fandrych, Christian & Salverda, Reinier (Hrsg.) (2007). Standard, Variation und Sprachwandel in germanischen Sprachen/Standard. Tübingen: Narr.
  • Habermas, Jürgen (1981). Theorie des kommunikativen Handelns (Bd. 1 und 2). Frankfurt/Main: Suhrkamp.
  • Invernizzi, Antonella (Hrsg.) (2001). Straßenkinder in Afrika, Asien und Osteuropa. Bonn: DBK.
  • Searle, John R. (1984). Sprechakte. Ein sprachphilosophischer Essay. Frankfurt/Main: Suhrkamp.
  • Strauss, Anselm & Corbin, Juliet (1990). Basics of qualitative research. Grounded Theory procedures and techniques. London: SAGE Publications.
  • Witzel, Andreas (2000). Das problemzentrierte Interview [25 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 1(1), Art. 22, http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0114-fqs0001228.

Inszenierung von Jugend(lichkeit) und Generation(alität) – Ergebnisse einer (Visual) Grounded-Theory-Studie von Punk-Fanzines

Marc Dietrich & Günter Mey; Hochschule Magdeburg-Stendal, Fachbereich Angewandte Humanwissenschaften, BMBF-Projektverbund JuBri, TP II

Ausgangssituation: Jugendkulturen sind spätestens seit den 1950er Jahren konstant im öffentlichen und wissenschaftlichen Diskurs präsent. Forschungsbezogen gelangten primär ethnografische oder textzentrierte Verfahren der qualitativen empirischen Sozialforschung zum Einsatz. Eine systematische (text- und bildbasierte) Analyse von Szeneartefakten wurde in der sozialwissenschaftlichen Jugendkulturforschung jedoch bislang kaum realisiert.

Forschungskontext: Im BMBF geförderten Forschungsverbund „JuBri – Techniken jugendlicher Bricolage“ wird in dem Teilprojekt „Inszenierung von Jugend(lichkeit)“ nach Konstruktionsmerkmalen bezogen auf Jugend/Generation und Positionierungen der Szene-Akteure gefragt. Berücksichtigt werden hierbei vorrangig in den Szenen selbst-produzierte Artefake (insbesondere Fanzines). Der erste Projektabschnitt widmet sich der Untersuchung von Punk (später Skinhead und HipHop). Fanzines, die z.B. im Punk bis heute kursieren, verstehen wir als wichtige Dokumente der Bedeutungsproduktion und des Sinnangebots und aufgrund des Do-it-yourself-Prinzips und ihre Publikumsorientierung (von Fans für Fan) als „authentisches“ Material.

Forschungsfragen: In dem Forschungsprojekt interessieren vor allem Konstruktionsmerkmale und Attribuierungen von/auf Jugend/Juvenilität durch die Szeneakteure selbst. Darüber hinaus wird nach den Selbst-/Fremdpositionierungen gefragt, die in den Fanzine verhandelt werden in Bezug auf intra-/extra-szenische Kontexte mit Blick auf die „generationale Ordnung“.

Methode: Die Analysen des Materials folgen der Logik der (Visual) Grounded-Theory-Methodologie (GTM), wobei der textbezogene Zugriff insbesondere den Prozeduren der offenen und axialen Kodierung folgt (Strauss & Corbin 1996; vgl. Mey & Mruck 2009). Bei der Bild-/Coveranalyse wird die GTM um methodische Elemente der Dokumentarischen Bildanalyse (Bohnsack 2009) sowie kultursemiotischer Ansätze (Barthes 1964) erweitert mit dem Ziel, einen Visual GTM-Analyserahmen für text-bild-basierte Popkulturartefakte zu entwickeln (Konecki 2011).

Ergebnisse: Die bisherige Auswertung (48 Cover und 18 Zines) liefert folgende vorläufige Ergebnisse: Jugendlichkeit ist im Punk eine umkämpfte Konstruktion, deren Qualität von den jeweiligen Akteuren, ihren (Sub-)Szenen- und Generationenlagerungen abhängt. Jugend(lichkeit) erfährt dabei positive, negative und ambivalente Zuschreibungen: Während Junkpunks für sich revolutionären Eifer und Überwindung anachronistischer Szenevorstellungen der Älteren beanspruchen, finden sich auch skeptische intragenerationale Perspektiven auf gleichaltrige Szeneangehörige, andere Szenerepräsentanten oder Szenefremde (Teenager). Ältere Punks hingegen unterziehen „Babypunks“ kritischer Bewertungen (intergenerational): defizitäre politische Ambition und musikalische Versiertheit sind z.T. mit dem Vorwurf der Mode- und Kommerzorientierung in Sinne der Inauthentizität verbunden. Gebrochen werden diese großen Diskurslinien durch partielle Aufwertungen der ganz jungen Nachwuchsgeneration durch jüngere Punks oder wohlmeinende Einschätzungen zu etwa Nachwuchsbands durch Altpunks. Coverbezogen wird Altsein fast immer negativ konstruiert – als physischer Mangel (Gebrechlichkeit, Demenz), auch mit Nazitum assoziiert. Visuelle Rückbezüge auf historische Zeiten dienen oft als Folie zur Ein- oder Überschreibung aus dem Blickwinkel jüngerer Punks. Die Abbildung von Babys oder jungen Kindern hingegen ist oft als Schock- oder Irritationsmoment konzeptualisiert: Babys als potenzielle „Copkiller“ und aggressive Produkte einer verkommenen Gesellschaft oder schlicht als Emblem einer neuen Punkgeneration. Text- und Bildsprache treten verschiedentlich auseinander.

Diskussion: Es zeigt sich, dass Punk keine Jugendkultur per se ist – vielmehr erfahren gerade ältere Szeneakteure oder Bands Aufwertungen (Wegbereiter, historische Innovatoren). Auch wird Jugend nicht an das biologische Alter gekoppelt. Punk wird als jugendliche Haltung verstanden, die als grundsätzliche Lebenshaltung biografisch kontinuiert werden soll, aber durchaus alterungsbezogenen Entwicklungsprozessen und gewandelten Lebensumständen ausgesetzt sein darf. In der Gesamtschau ist Jugend im Punk ein zwischen Polemik, Aufwertung und Ambivalenz angesiedeltes Verhandlungsphänomen verschiedener inter- und intragenerationaler Perspektiven. 

Kontakt: marc.dietrich@hs-magdeburg.de

Webseite: http://www.jubri.jugendkulturen.de/teilvorhaben-ii.html

Literatur

  • Barthes, Roland (2010 [1964]). Rhetorik des Bildes. In Bernd Stiegler (Hrsg.), Texte zur Theorie der Fotografie (S. 78-95). Stuttgart: Philipp Reclam jun.
  • Bohnsack, Ralf (2009). Qualitative Bild- und Videointerpretation. Die dokumentarische Methode. Opladen: Barbara Budrich.
  • Konecki, Krzysztof Tomasz (2011). Visual Grounded Theory: A Methodological Outline and Examples from Empirical Work. Revija Za Sociologiju 41 (2), http://hrcak.srce.hr/index.php?show=clanak&id_clanak_jezik=106256
  • Mey, Günter & Mruck, Katja (2009). Methodologie und Methodik der Grounded Theory. In Wilhelm Kempf & Marcus Kiefer (Hrsg.), Forschungsmethoden der Psychologie. Zwischen naturwissenschaftlichem Experiment und sozialwissenschaftlicher Hermeneutik. Band 3: Psychologie als Natur- und Kulturwissenschaft. Die soziale Konstruktion der Wirklichkeit (S.100-152). Berlin: Regener.
  • Strauss, Anselm L. & Corbin, Juliet (1996). Grounded Theory: Grundlagen Qualitativer Sozialforschung. Weinheim: Beltz.

Jugend, digitale Medien, ländliche Räume: lokale und mediale Strukturen konjunktiver Erfahrungsräume

Eric Müller, HAWK – Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim, Holzminden, Göttingen, Forschungsschwerpunkt DIALOG

Ausgangspunkt: Digitale Medien haben für Jugendliche, die in ländlichen Regionen aufwachsen, spezielle Funktionen in der sozialen Entwicklung. Bewegungshandeln und Medienhandeln werden in der Promotion als Formen der aktiv-produktiven Auseinandersetzung von Jugendlichen mit ihrer Umwelt betrachtet (vgl. Hurrelmenn & Quenzel 2013).

Jugendliche stehen in peripheren ländlichen Regionen (Keim 2006; Penke 2012) vor erhöhten Entwicklungsanforderungen. Die Regionen zeichnen sich dadurch aus, dass Handlungsorte Jugendlicher dezentral organisiert sind und Heranwachsende mit hohen Mobilitätsanforderungen konfrontieren. Lokale Handlungskontexte bilden widersprüchliche Erfahrungswelten durch ein Nebeneinander traditioneller dörflicher Strukturen und individualisierten Lebensstilen aus (Spellerberg 2011).

Raumaneignung (Deinet 2004) wird als Praxis der Bewegung zwischen Orten und der Integration des Handelns an Orten verstanden. Medienhandeln als kommunikatives Handeln (Krotz 2007) in der Bewegung und in der Integration in lokalen Handlungskontexten untersucht. Raumkonstituierendes Handeln (Löw 2012) wird im Speziellen über Sinndimensionen des Bewegungs- und Medienhandelns untersucht. Soziale, kulturelle und lokale Untersuchungsebenen verdichten sich über beide Handlungsdimensionen zu konjunktiven Erfahrungsräumen (vgl. Mannheim 1980).

Forschungsfragen:

  1. Wie eignen sich Jugendliche Räume über lokale, soziale und kulturelle Netzwerke in ländlichen Räumen im Bewegungshandeln an?
  2. Wie werden digitale und mobile Medien in die Praxis der Raumaneignung in ländlichen Regionen integriert?

Methodik: Das Vorgehen orientiert sich am Forschungsparadigma der Grounded-Theory-Methodologie:

  • Erhebung: Sieben Gruppendiskussionen (teilstandardisiert: offener Teil dokumentarische Methode nach Bohnsack 2003) mit Jugendlichen aus einer peripheren Region in Niedersachsen.
  • Auswertung: Die Diskussionen werden nach der Grounded-Theory-Methodologie (Breuer 2010) und über die dokumentarische Methode (Bohnsack 2003) vertieft analysiert, um mediale und lokale Konstitution konjunktiver Erfahrungsräume in ländlichen Regionen zu beschreiben.

Anliegen der Posterpräsentation:

  • Darstellung der Erhebungs- und Auswertungsmethoden
  • Präsentation der Sampleauswahl und erster Ergebnisse aus den Gruppendiskussionen
  • Austausch über methodische Zugänge zum Gegenstand mediatisierter Raumaneignung in der Forschungspraxis

Kontakt: eric.mueller@uni-erfurt.de

Literatur

  • Bohnsack, Ralf (2003). Rekonstruktive Sozialforschung. Einführung in qualitative Methoden (5. Aufl.). Opladen: Leske + Budrich.
  • Breuer, Franz (2010). Reflexive Grounded Theory. Eine Einführung in die Forschungspraxis (2. Aufl.). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
  • Deinet, Ulrich (2004): „Spacing“, Verknüpfung, Bewegung, Aneignung von Räumen – als Bildungskonzept sozialräumlicher Jugendarbeit. In Ulrich Deinet & Christian Reutlinger (Hrsg), „Aneignung“ als Bildungskonzept der Sozialpädagogik (S.175-190). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
  • Hepp, Andreas (2009). Netzwerke der Medien – Netzwerke des Alltags. In Claus Tully (Hrsg.), Multilokalität und Vernetzung. Beiträge zur technikbasierten Gestaltung Jugendlicher Sozialräume (S.201-216) Weinheimhen: Juventa.
  • Hurrelmann, Klaus & Quenzel, Gudrun (2013): Lebensphase Jugend. Eine Einführung in die sozialwissenschaftliche Jugendforschung (12. Aufl.). Weinheim: Beltz.
  • Keim, Karl Dieter (2006). Peripherisierung ländlicher Räume. Aus Politik und Zeitgeschichte APuZ 37, 3-7.
  • Krotz, Friedrich (2007). Mediatisierung. Fallstudien zum Wandel von Kommunikation. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
  • Löw, Martina (2012): Raumsoziologie. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
  • Mannheim, Karl (1980). Strukturen des Denkens. Frankfurt/Main: Suhrkamp.
  • Penke, Swantje (2012). Ländliche Räume und Strukturen – mehr als eine „Restkategorie“ mit Defiziten. In Stefanie Debiel, Alexandra Engel, Ina Hermann-Stietz, Gerhard Litges, Swantje Penke & Leonie Wagner (Hrsg.), Soziale Arbeit in ländlichen Räumen (S. 17-28) Wiesbaden: Springer VS.
  • Spellerberg, Annette (2004). Ländliche Lebensstile. Ein praxisnaher Forschungsüberblick. In Gerhard Henkel (Hrsg.), Dörfliche Lebensstile. Mythos, Chance oder Hemmschuh der ländlichen Entwicklung? (S.37-51) Essen: Institut für Geografie. Universität Essen.

Desisting from what? Deliktspezifische Herausforderungen in frühen Phasen von desistance männlicher Jugendlicher am Beispiel von Diebstahl und Körperverletzung

Jennifer Scholl; Technische Universität Braunschweig, Institut für Sozialwissenschaften

Forschungskontext: Mit dem Poster wird ein Teilergebnis aus dem Forschungsprojekt „Verlaufsprozesse von Delinquenz im Jugendalter und ihre individuellen und sozialstrukturellen Bedingungen“ (Laufzeit: 05/2011-06/2016, gefördert durch die DFG) präsentiert. Dieses Projekt zielt darauf, bisherige Erkenntnisse zu Dynamiken und Interaktionsprozessen zu detaillieren, die im Jugendalter zu Veränderungen in Delinquenzverläufen beitragen. Ausgangspunkt hierbei ist, dass Veränderungen im Zusammenspiel einer Trias aus sozialer Einbettung, struktureller Einbettung sowie agency essentiell sind, um neue Einsichten zum Delinquenzverlauf zu erlangen (z.B. Bottoms, Shapland, Costello, Holmes & Muir 2004). Die differenzierende Untersuchung spezifischer Deliktformen und -ausprägungen statt einer generalisierenden Betrachtung von Delinquenz als Sammelbegriff wird dabei als Forschungslücke zu einem vertieften Verständnis von Delinquenzverläufen herausgestellt (Farrall, Hunter, Sharpe & Calverley 2014).

Forschungsfrage: Welche Chancen und Hemmnisse zeigen sich bei einer deliktspezifischen Betrachtung der frühen Phasen von desistance?

Methodik: Der Studie liegt ein qualitativ-längsschnittliches Forschungsdesign im Stil der Grounded-Theory-Methodologie (Strauss & Corbin 1996) zugrunde. Zu zwei Zeitpunkten wurden wiederholt männliche Jugendliche und Heranwachsende (N=36) mit unterschiedlichem Delinquenzniveau aus zwei Altersgruppen (Ausgangsalter 12-14 und 17-20) in drei Untersuchungsgebieten offen-leitfadengestützt (Kruse 2014) interviewt. Zusätzlich wurden zur Perspektiventriangulation problemzentrierte Interviews (Witzel 2000) mit Feldexperten (N=38) aus den Bereichen Schule, Ausbildung/Arbeit, Jugendarbeit, Familie und Polizei geführt.

Ergebnisse: Es werden deliktspezifische Herausforderungen zu Beginn des Prozesses des Abstandnehmens von Delinquenz am Beispiel von Diebstahls- und Körperverletzungsdelikten dargestellt. Die Kategorienausarbeitung zu desistance bezüglich verschiedener Delinquenzformen führt im Ergebnis zu dimensionalen Kontrasten insbesondere hinsichtlich der Eigenschaften Temporalität und Handlungsmächtigkeit, die wiederum mit unterschiedlichen Praxisimplikationen für die Umsetzung und Stabilisierung von desistance verbunden sind. Beispielsweise scheint ein Entschluss zur Reduzierung von Diebstahl eher selbstbestimmt und kurzfristig umsetzbar. Demgegenüber scheint eine Reduzierung von Körperverletzungsdelikten eher von situativen Bedingungen abhängig zu sein und sich schrittweise über einen längerfristigen Prozess zu vollziehen.

Anliegen der Posterpräsentation: Es sollen die Limitationen des methodischen Vorgehens zur Diskussion gestellt werden. Ein inhaltlicher Diskussionswunsch besteht in der Frage, wie Prozesse des Abstandsnehmens von Delinquenz praktisch unterstützt werden können.

Kontakt: j.scholl@tu-bs.de

Literatur

  • Bottoms, Anthony; Shapland, Joanna; Costello, Andrew; Holmes, Deborah & Muir, Grant (2004). Towards Desistance: Theoretical Underpinnings for an Empirical Study. The Howard Journal of Criminal Justice, 43, 368-389.
  • Farrall, Stephen; Hunter, Ben; Sharpe, Gilly & Calverley, Adam (2014). Criminal Careers in Transition. The Social Context of Desistance from Crime. Oxford: Oxford University Press.
  • Kruse, Jan (2014): Qualitative Interviewforschung. Ein integrativer Ansatz. Weinheim: Beltz Juventa.
  • Strauss, Anselm & Corbin, Juliet (1996). Grounded Theory: Grundlagen qualitativer Sozialforschung. Weinheim: Beltz PVU.
  • Witzel, Andreas (2000). Das problemzentrierte Interview. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 1, Art. 22, http://nbnresolving.de/urn:nbn:de:0114-fqs0001228.