Postersession 2007

Identität, Kultur, Biographie

Steffi Nothnagel: Auslandsaufenthalte von Jugendlichen – Der Entwurf eines Forschungsprojektes

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Doris Edelmann: Pädagogische Professionalität im transnationalen sozialen Raum. Eine qualitative Untersuchung über den Umgang von Lehrpersonen mit der migrationsbedingten Heterogenität ihrer Klassen

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Tobias Schwarz: Der Ausweisungsdiskurs und die Konstruktion kultureller Differenz

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Susanne Schmidt: Expatriats – Lebensläufe und soziale Konstruktionen in transnationalen Kontexten

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Carolin Demuth: Die diskursive Konstruktion von Mutter-Säugling Interaktionen – Am Beispiel von Kamerunischen Nso und deutschen Mittelschicht Müttern

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Lars Gerhold: Die subjektive Wahrnehmung, Bewertung und Bewältigung makrosozialer Unsicherheit

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Sozialisation, Entwicklung

Melanie Behrens: Zur resilienzstärkenden Wirkung des Selbstwertgefühls bei sozial ängstlichen Kindern

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Angela Tillmann: „Identitätsspielräume“ in einer virtuellen Gemeinschaft

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Sara Landolt: Praxen der Raumaneignung Jugendlicher im öffentlichen Raum der Stadt Zürich

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Christine Moritz: Dialogische Prozesse in der Instrumentalpädagogik

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Regula Fankhauser: Bilder lesen im naturwissenschaftlichen Unterricht. Eine Untersuchung zur Bildkompetenz von Maturandinnen und Maturanden

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Arbeit, Kommunikation, Technik

Hans-Gerd Ridder, Christina Hoon & Alina McCandless: Theoriebildung in der Fallstudienforschung?!

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Gerhard Bruckner: Softwareentwicklung in der Hochenergiephysik

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Anna Schleisiek, Klaus-Rainer Bräutigam, Torsten Fleischer & Peter Hocke-Bergler: Wissens- und Technologietransfer in der Materialforschung (InnoMat) – Design einer qualitativen Studie zum Handeln von Forschern

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Alexander Görsdorf: Die Leistungen der Interaktionen in einer Bürgerkonferenz: Vom Sprechen über Technik zur demokratischen Technikbewertung?

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Marco Tullney: Kontrolle von ArbeitnehmerInnen im Büro

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Abstracts

Identität, Kultur, Biographie

Auslandsaufenthalte von Jugendlichen – Der Entwurf eines Forschungsprojektes

Steffi Nothnagel (Chemnitz)

Das Interesse an Auslandsaufenthalten von jungen Menschen ist groß, und daher drängt sich zunehmend die Frage nach deren Bedeutung und Wirkung auf gesellschaftlicher und individueller Ebene auf. Im Rahmen der Austauschforschung treffen Fragestellungen ganz unterschiedlicher disziplinärer Herkunft aufeinander. So kann der Jugendaustausch u.a. aus soziologischer, politikwissenschaftlicher oder erziehungswissenschaftlicher Perspektive analysiert werden. Das vorliegende Projekt verfolgt zunächst eine psychologische Blickrichtung, die Fragen nach dem individuellen Erleben von Auslandsaufenthalten in den Mittelpunkt der Untersuchung rückt.

Ausgangspunkte: Im Forschungsprojekt „Auslandsaufenthalte von Jugendlichen“ geht es um Jugendliche und junge Erwachsene, die mittel- bis langfristige Auslandsaufenthalte im Rahmen des Jugendaustausches erleben. Charakteristisch für den Jugendaustausch ist, dass Jugendliche sich freiwillig für einen planmäßig befristeten Auslandsaufenthalt entscheiden, der innerhalb eines institutionellen Rahmens meist durch soziale und finanzielle Absicherungsmechanismen (bspw. durch Betreuung vor Ort, Vor- und Nachbereitungsseminare, Gastfamilienunterbringung, Stipendien) geprägt ist. Der Begriff des Jugendaustausches beschränkt sich somit nicht auf ein bestimmtes Austauschformat und wird im Kontext der (west-) europäischen Tradition des Kulturaustausches gesehen.

Forschungsfragen: Welche Veränderungen und Entwicklungsprozesse erleben junge Menschen während ihres Auslandsaufenthaltes und welche Bedeutung haben diese Entwicklungsprozesse auf die Rückkehr sowie auf dessen biographische Verarbeitung? Zudem geht es um die Frage, warum sich junge Menschen für einen Auslandsaufenthalt entscheiden und in welcher Weise sie sich dabei nicht nur Fremdes sondern auch Eigenes erschließen, also der Auslandsaufenthalt zur Selbsterkundung in der Fremde wird.

Forschungsdesign/-methode: Das Forschungsprojekt knüpft an die Erkenntnisse und das Korpus von zwei Magisterarbeiten (Frohs 2005; Nothnagel 2005) zum Auslandsstudium sowie zu Au-pair Auslandsaufenthalten an. Anschließend an diese Arbeiten verschreibt sich das Projekt – im Gegensatz zum Großteil bisheriger empirischer Arbeiten der Austauschforschung – einer empirisch-interpretativen Sozialforschung. Beabsichtigt ist ein Längsschnittstudiendesign, in dem im Rahmen des Grounded Theory-Ansatzes vor allem qualitative Interviews sowie Erfahrungsberichte Gegenstand der Analyse sein werden.

Das Poster soll die unterschiedlichen Perspektiven des Themas sowie konkret zu bearbeitende Fragestellungen, Methoden und erste Analyseperspektiven aufzeigen.

Literatur

Frohs, Verena A. (2005). Erfahrungen deutscher Studierender an der University of Denver, Colorado. Eine qualitative Untersuchung zur subjektiven Bedeutung eines Auslandsstudienaufenthaltes in den USA. Unveröffentlichte Magisterarbeit an der Technischen Universität Chemnitz, Interkulturelle Kommunikation, Prof. Dr. Jürgen Straub.

Nothnagel, Steffi (2005). Spuren eines Auslandsaufenthaltes im Leben und in Lebensentwürfen junger Erwachsener: Eine qualitative Untersuchung von Erzählungen über Au-pair Auslandsaufenthalte. Unveröffentlichte Magisterarbeit an der Technischen Universität Chemnitz, Interkulturelle Kommunikation, Prof. Dr. Jürgen Straub.

Kontakt: steffi.nothnagel@phil.tu-chemnitz.dehttp://www.tu-chemnitz.de/phil/ikk/

Pädagogische Professionalität im transnationalen sozialen Raum. Eine qualitative Untersuchung über den Umgang von Lehrpersonen mit der migrationsbedingten Heterogenität ihrer Klassen

Doris Edelmann (Zürich, Schweiz)

Forschungskontext und -fragen: Die zentrale Fragestellung, wie Lehrpersonen die migrationsbedingte Heterogenität ihrer Klassen subjektiv erfahren, d.h. welche Potenziale und Herausforderungen sie diesbezüglich wahrnehmen und welche Strategien und Routinen sie für die typischen Anforderungen der Praxis entwickeln, standen mit dem Ziel, aktuelles Orientierungswissen für die Lehrer/-innenbildung zu generieren, im Mittelpunkt der vorliegenden Untersuchung. Darüber hinaus bestand ein Interesse, wie Lehrpersonen mit einem eigenen Migrationshintergrund mit der kulturell heterogenen Situation ihrer Klassen umgehen und ob es ihnen möglich ist, spezifische Kompetenzen ins Kollegium einzubringen (vgl. Edelmann 2006, 2007).

Untersuchungsmethoden: Für die Untersuchung dieser Fragestellungen wurde ein dreiteiliges Design konzipiert. So wurden zur Präzisierung und Ergänzung des Vorwissens aufgrund einer umfassenden Literaturstudie in einer zweiten Phase 15 Interviews mit Experten und Expertinnen aus zwei verschiedenen Expertisefeldern durchgeführt (vgl. Bogner, Littig & Merz 2002). Anhand eines qualitativen Stichprobenplans (vgl. Kelle & Kluge 1999) wurden in der dritten und zentralen Forschungsphase von Januar bis September 2004 insgesamt 40 Primarlehrpersonen aus 29 verschiedenen Schulen der Stadt Zürich mit einem problemzentrierten Interview (vgl. Witzel 2000) befragt.

Alle Interviews wurden vollständig transkribiert. Die nachfolgende Kodierung der Interviewtranskripte wurde mit Unterstützung des qualitativen Computerprogramms ATLAS.ti 5 durchgeführt. Nach der Kodierung erfolgte eine vergleichende Analyse der Einzelfälle, in der nach „typisch“ gemeinsamen und „typisch“ kontrastierenden Denkstrukturen der Lehrpersonen im Umgang mit der kulturellen Heterogenität gesucht wurden. Die Gruppierung der Fälle mündete in eine empirisch begründete Typenbildung (vgl. Kluge 1999), wobei sechs verschiedene Typen gebildet werden konnten.

Ergebnisse: Die Ergebnisse verdeutlichen, dass der Umgang mit der kulturellen Heterogenität kein selbstverständliches Element pädagogischer Professionalität aller Lehrpersonen darstellt. Vielmehr zeigt sich, dass die subjektive Interpretation sowie das persönliche Interesse von Lehrpersonen ihren Umgang mit der kulturell heterogenen Klassensituation entscheidend beeinflussen. Wie anhand der Typologie aufgezeigt werden kann, reicht die Spannweite von einer abgrenzend-distanzierten Haltung, die dazu führt, die migrationsbedingte Vielfalt weitgehend zu ignorieren, bis hin zu einer kooperativ-synergieorientierten Haltung, die dafür kennzeichnend ist, dass die Heterogenität der Klasse als Potenzial eingeschätzt und im gesamten unterrichtlichen Handeln reflexiv berücksichtigt wird (vgl. Edelmann 2006, 2007).

Das Poster präsentiert das Forschungsdesign und die methodische Vorgehensweise, die zur empirisch begründeten Typenbildung der vorliegenden Untersuchung führten. Die sechs vorgefundenen Typen sowie zentrale Ergebnisse bezüglich Lehrpersonen mit Migrationshintergrund werden aufgeführt.

Literatur

Bogner, Alexander, Littig, Beate & Merz, Wolfgang (Hrsg.) (2002). Das Experteninterview. Theorie, Methode, Anwendung. Opladen: Leske + Budrich.

Edelmann, Doris (2006). Pädagogische Professionalität im transnationalen sozialen Raum. Zeitschrift für Pädagogik51(Beiheft), 235-250.

Edelmann, Doris (2007). Pädagogische Professionalität im transnationalen sozialen Raum. Eine qualitative Untersuchung über den Umgang von Lehrpersonen mit der migrationsbedingten Heterogenität ihrer Klassen. Zürich: LIT.

Kelle, Udo & Kluge, Susann (1999). Vom Einzelfall zum Typus. Fallvergleiche und Fallkontrastierung in der qualitativen Sozialforschung. Opladen: Leske + Budrich.

Kluge, Susann (1999). Empirisch begründete Typenbildung. Zur Konstruktion von Typen und Typologien in der qualitativen Sozialforschung. Opladen: Leske + Budrich.

Witzel, Andreas (2000). Das problemzentrierte Interview [26 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research1(1), Art. 22, http://www.qualitative-research.net/fqs-texte/1-00/1-00witzel-d.htm.

Kontaktdoris.edelmann@phzh.chhttp://www.phzh.ch/

Der Ausweisungsdiskurs und die Konstruktion kultureller Differenz

Tobias Schwarz (Berlin)

Thema: In meinem Promotionsprojekt am Institut für Europäische Ethnologie der Humboldt Universität Berlin untersuche ich Vorstellungen von Zugehörigkeit und Fremdheit im Spiegel gegenwärtiger juristisch-politischer wie alltagsweltlicher Ausweisungskonzepte. Ich gehe davon aus, dass der Ausweisungsdiskurs Aufschluss über Mechanismen der Exklusion nationalstaatlicher Anderer gibt. Denn anhand der Konstellationen, in denen das Andere ausgewiesen wird/werden soll, werden die Qualitäten dessen vorgestellter „Andersartigkeit“ transparent.

Forschungsanlage: Im Reden über Ausweisungen wird erkennbar, was dem eigentlichen Vorgang des Hinausweisens zugrunde liegt. Gegenwärtig ist dies oftmals ein ethnisierendes Alltagskonzept, das das Andere als kulturell Fremdes imaginiert und der Rechtsbegründung, der Zulässigkeit und Legitimität von Ausweisungen, Argumentationshilfe bietet.

Den Schwerpunkt meiner Untersuchung bildet die Rekonstruktion dieser gegenwärtigen Ausweisungskonzeptionen sowohl im über die Medien vermittelten Alltagswissen als auch im Expertendiskurs von Rechtswissenschaft und Politik. Im Rahmen der Dissertation werden vier Zeiträume vergleichend diskursanalytisch untersucht, darin jeweils mehrere unterschiedliche Arenen der Diskursproduktion. Die Zeiträume orientieren sich an „diskursiven Ereignissen“ (Siegfried Jäger: Kritische Diskursanalyse, Duisburg 1999): Medienereignissen wie dem „Fall Mehmet“, rechtlichen Veränderungen wie dem „Terrorismusbekämpfungsgesetz“. Dabei analysiere ich einerseits Debatten über das „gefährliche“ und „extreme Fremde“, aufgegriffen anhand der Veränderungen im deutschen Ausländerrecht 1997 und 2004, andererseits vergleiche ich den Umgang mit Abweichung am Falle des „Intensivstraftäters“ 1998 mit der „Integrationsverweigerung“ 2006.

Datengrundlage: Primär werden Printmedien in die Analyse einbezogen (vor allem SZ, FAZ, BILD), erweitert um Gesetzestexte und -kommentare, Parlamentsdebatten und Programme/Presserklärungen politischer Parteien.

Resultate: Das Poster wird schwerpunktmäßig die Analyse zu einem der vier berücksichtigten Zeiträume darstellen. Unter differenztheoretischen Gesichtspunkten werden erste Ergebnisse zur massenmedialen Konstruktion von „Integrationsverweigerern“ dargelegt.

Kontakt: tobias.schwarz@rz.hu-berlin.de

Expatriats – Lebensläufe und soziale Konstruktionen in transnationalen Kontexten

Susanne Schmidt (Bochum)

Thema: Die Forschungslandschaft zum Thema Auslandsentsendungen ist stark von der angloamerikanischen Literatur und einer quantitativ ausgerichteten Empirie geprägt. Dabei steht meistens nur das entsendende Unternehmen als Akteur im Mittelpunkt des Interesses, dessen operatives und strategisches Handeln im Zusammenhang mit Auslandsentsendungen untersucht wird. – Dieses Projekt rückt im Gegensatz dazu die individuelle Perspektive der entsandten Mitarbeiter (Expatriats) in den Fokus.

Methode und Fragestellung: Die Untersuchungsgruppe besteht aus zehn Führungskräften aus der chemischen Industrie, die im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit mehrere Jahre im Ausland gelebt haben. Mit diesen ehemaligen Expatriats wurden biographische Interviews geführt, durch die herausgearbeitet werden soll, welchen Verlauf ihre Karrierewege genommen haben und ob sich bestimmte biographische Muster feststellen lassen.

Zusätzlich wurden auch acht Personalverantwortliche in Experteninterviews zu verschiedenen Themen des Expatriation-Managements befragt, insbesondere zur Auswahl der Expatriats und Karriereschritten nach der Rückkehr. Auf diese Weise können sowohl der objektive Karriereverlauf und unternehmensspezifische Karrierelogiken als auch der jeweils subjektive Karriereverlauf untersucht werden. Im Vordergrund steht dabei die Frage, wie jemand zum Expatriat wird, welche biographischen und welche organisationalen Muster dabei greifen und wie diese in den Interviews jeweils miteinander verbunden werden. Ebenfalls von Interesse ist die Art und Weise, wie die Interviewpartner ihre berufliche Karriere in der Narration darstellen und welche Erzählfiguren sie dabei jeweils verwenden.

Theorie/Rahmen: Als theoretischer Rahmen wurde neben karrieretheoretischen Ansätzen auf die Arbeiten von Pierre Bourdieu zu Kapitalformen zurückgegriffen. Ich verwende soziales, kulturelles und ökonomisches Kapital als Analysekategorien um herauszuarbeiten, auf welche dieser Kapitalformen Manager im Verlauf ihrer Karriere zurückgreifen und wie sie diese einsetzen, um potentielle Herausforderungen im Ausland zu bewältigen.

Ergebnisse: In der Analyse der Experteninterviews und der narrativen Interviews mit ehemaligen Expatriats hat sich herausgestellt, dass im Gegensatz zu Aussagen in der Literatur die bewusste Selbstselektion für Auslandsentsendungen eine typische Vorgehensweise ist. Diese Strategie wird von Unternehmen nicht nur akzeptiert, sondern als Selektionsinstrument auch gezielt eingesetzt.

Hinsichtlich der Kapitalformen wurde durch die Analyse deutlich, dass kulturelles Kapital in Form von Bildungstiteln zwar für den Einstieg in ein Unternehmen entscheidend ist, im weiteren Karriereverlauf jedoch die Akkumulation von sozialem Kapital in Form von „visibility“ im Unternehmen und dem Zugang zu Entscheidungsträgern an Bedeutung zunimmt.

Hinsichtlich der Rekonstruktion individueller Motive, sich um eine Auslandsstelle zu bemühen, und der biographischen Entwicklung des grundlegenden Interesses daran, ins Ausland zu gehen, scheint der Kapitalbegriff jedoch nicht geeignet zu sein.

In der Darstellung ihres Weges hin zu einer Auslandsentsendung stellen die interviewten Expatriats sich selbst zunächst nicht als handelnde Akteure dar, sondern verwenden passive Erzählformen („und dann stand mein Chef in der Tür und fragte, ob ich nach [Land] gehen will“, „man ist dann auf mich zugekommen“). Erst wenn die Narration eine größere Detailtiefe erreicht, kommen Faktoren wie Eigeninitiative zum Vorschein.

Kontaktsusanne.schmidt@hotmail.de

Die diskursive Konstruktion von Mutter-Säugling Interaktionen – Am Beispiel von Kamerunischen Nso und deutschen Mittelschicht Müttern

Carolin Demuth (Osnabrück)

Theorie/Rahmen: Eltern-Kind Interaktionen stellen kulturelle Alltagspraktiken dar, die von den jeweils vorherrschenden Vorstellungen („kulturellen Modellen“) guten Elternverhaltens geprägt werden. Kulturelle Modelle variieren und können als Ergebnis eines Adaptionsprozesses an die Gegebenheiten des jeweiligen historisch-kulturellen Kontextes gesehen werden. Durch die aktive Teilnahme an Alltags-Interaktionen verinnerlicht das Kind allmählich kulturelle Kollektivvorstellungen (Bedeutungen, Haltungen, Erwartungen), die es ihm ermöglichen, die Welt um sich zu interpretieren und von denen angenommen wird, dass sie zur Entwicklung eines kulturspezifischen Selbstkonzeptes beitragen. Dabei kommt Sprache als Mittel zur Konstruktion sozialer Realität eine besondere Rolle zu. Die vorliegende Studie untersucht diskursive Praktiken in Mutter-Säugling Interaktionen in zwei unterschiedlichen kulturellen Kontexten im Hinblick darauf, wie jeweils Mutter-Kind-Interaktionen ko-konstruiert werden und wie das Kind darin positioniert wird. Ein zweiter Aspekt der Studie befasst sich mit der Entwicklung diskursiver Praktiken zwischen dem zweiten und dritten Lebensmonat, da in dieser Phase gemeinhin eine Intensivierung (proto-) konversationeller Muster beobachtet wird.

Methode: Jeweils 20 Mütter aus einer deutschen städtischen Mittelschicht-Stichprobe und einer Kamerunischen ländlichen Nso-Stichprobe wurden zu Hause besucht, als ihre Säuglinge acht bzw. zwölf Wochen alt waren. Die Mütter wurden gebeten, sich spielerisch mit ihrem Kind zu beschäftigen, wie sie es auch im Alltag tun würden. Die Interaktionen wurden für zehn Minuten gefilmt und vollständig transkribiert. Die Analyse stützt sich auf die diskursanalytischen Ansätze von Potter und Wetherell einerseits und Bohnsack bzw. Nentwig-Gesemann andererseits. Der erste Analyseschritt bestand darin, die Interaktionen in thematische Sequenzen („interactional moves“) einzuteilen. In einem zweiten Schritt wurde die Diskursorganisation sequentiell rekonstruiert und Diskursorientierungen identifiziert. In einem dritten Schritt wurden durch komparative Analyse typische Diskursverläufe sowie „interpretative repertoires“ herausgearbeitet.

Vorläufige Ergebnisse: Mütter aus der deutschen Stichprobe verwendeten typischerweise einen Diskurs, der das Kind als „quasi-gleichberechtigten“ Kommunikationspartner auszeichnete. Dies zeigte sich z.B. durch Initiierung dyadischer Turn-taking Muster, sowie dadurch, dass die Mütter dem Kind viel Raum ließen, die Interaktion mitzugestalten und das (unterstellte) Erleben des Kindes interpretierten. Der Fokus lag darauf, dem Kind die Bedeutung seines Erlebens zu vermitteln, seine Präferenzen zu respektieren und seiner Lebensgeschichte eine biographische Struktur zu verleihen. Mütter aus der Nso-Stichprobe verwendeten typischerweise einen Diskurs, der das Kind als passiven Teilnehmenden und Träger sozialer Rollen auszeichnete. Dies zeigte sich z.B. durch das aktive Strukturieren des Interaktionsverlaufs durch die Mutter sowie durch geteilte Aufmerksamkeit mit weiteren Personen und die Ansprache des Kindes anhand seiner sozialen Rollen. Die Interaktionen zeichneten sich vor allem durch stark rhythmische vokale als auch körperliche Stimulation des Kindes im Einklang mit dem Verhalten der Mutter aus, was den Eindruck einer sozialen Einheit erweckte. Während verschiedene diskursive Praktiken, wie z.B. Aufmerksamkeitssuche und Widerspiegeln von Verhalten in beiden Stichproben gefunden wurde, unterschieden sie sich stark in Ausmaß und schienen unterschiedliche Funktionen zu erfüllen.

Diskussion und Ausblick: Die Ergebnisse zeigen, dass Säuglinge in diesen beiden kulturellen Kontexten sehr unterschiedliche Erfahrungen machen, von denen angenommen kann, dass sie einen entscheidenden Einfluss auf das sich entwickelnde Selbst haben. Während in der deutschen Stichprobe die Erfahrungen auf dem individuellen Erleben des Kindes fokussieren, stehen in der Nso Stichprobe die größere soziale Einheit und hierarchische Strukturen im Vordergrund. In einem nächsten Schritt soll der Entwicklungsaspekt kommunikativer Muster zwischen zwei und drei Monaten untersucht werden.

Kontakt: cdemuth@uni-osnabrueck.de

Die subjektive Wahrnehmung, Bewertung und Bewältigung makrosozialer Unsicherheit

Lars Gerhold (Berlin)

Das Poster zeigt die qualitativen Elemente einer aktuellen als methodologische Triangulation angelegten Studie zum Umgang mit makrosozialer Unsicherheit (vgl. Gerhold & Eierdanz i.D.). Makrosoziale Unsicherheiten bestimmen unser tägliches Leben: Die Wirtschaftlage verändert sich, die soziale Versorgung verschlechtert sich und Krieg und Terrorismus gefährden unschuldiges Leben auch im europäischen Raum. Diesen beispielhaften Ereignissen und Prozessen ist gleich, dass sie grundsätzlich jeden von uns treffen können und der Einzelne dennoch subjektiv keine oder nur eine geringe Kontrolle oder gar Entscheidungsmacht gegenüber diesen wahrnimmt. Die Forschungsfrage will Antworten darauf finden, wie sich die Mensch-Umwelt Interaktion gegenüber makrosozialer Unsicherheit ausgestaltet und welche Komponenten sie kennzeichnet.

Theoretischer Rahmen: Die Studie zur Unsicherheitsregulation greift auf das transaktionale Stressmodell der Forschergruppe um Lazarus zurück (Lazarus & Launier 1981; Lazarus & Folkman 1987; später auch Schwarzer 2001), da Unsicherheiten grundsätzlich als Stressoren verstanden werden können und entsprechend wahrgenommen und mit ihnen umgegangen werden muss. Das Stresskonzept fragt hierbei nach der individuellen Bewertung des Stressors als bedeutungsvoll oder -los, um dann auf Basis der subjektiven Einschätzung persönlicher Ressourcen zu einer Einschätzung der Unsicherheit als Bedrohung oder Herausforderung zu gelangen. Auf Basis dieser werden Handlungsstrategien ausgewählt und der Bewältigungsprozess (Coping) eingeleitet.

Methoden: Als Daten liegen qualitative Interviews vor, deren Kommunikationsinhalte mittels inhaltlicher Strukturierung (Identifikation von Inhaltsbereichen in Form von Dimensionen, Haupt- und Subkategorien) als Form der Inhaltsanalyse nach Mayring (2000) klassifiziert werden. Die Kategorisierung erfolgt hierbei deduktiv-induktiv auf Basis der stresstheoretischen Modellannahme und des vorliegenden Materials. Als Ergebnisform werden ein Kategoriensystem relevanter Gesichtspunkte des Forschungsthemas sowie Zusammenhangshypothesen in Form semantischer Netzwerke entwickelt und dargestellt.

Ergebnisse: Die vorgestellten Einzelfälle werden anhand der Netzwerkdarstellungen hinsichtlich ihres Umgangs mit Unsicherheit vor dem Hintergrund der Theorie, ihrer Prozesshaftigkeit und forschungsrelevanten Konsequenzen diskutiert. Inhaltlich wird gezeigt, dass die individuelle Wahrnehmung makrosozialer Unsicherheit komplex und vielfältig ist und verschiedenartigste Strategien zur Bewältigung (z.B. Vermeidung, Informationssuche etc.) eingesetzt werden. Dabei wird ebenso Bezug auf zwei quantitative Studien zur gleichen Fragestellung genommen und die verschiedenen Ergebnisse inhaltlich und methodisch diskutiert.

Literatur

Gerhold, Lars & Eierdanz, Frank (2007/in Druck). Triangulation und Mixed Methods in der Anwendung: Wie Menschen politische und gesellschaftliche Unsicherheiten wahrnehmen. In Joachim Behnke, Nathalie Behnke & Kai-Uwe Schnapp (Hrsg.), Daten in der Politikwissenschaft. Baden-Baden: Nomos Verlag.

Lazarzus, Richard S. & Folkman, Susan (1987). Transactional theory and research on emotions and coping. European Journal of Personality1, 141-169.

Lazarus, Richard S. & Launier, Raymond (1981). Stressbezogene Transaktion zwischen Person und Umwelt. In Jürgen R. Nitsch (Hrsg.), Stress. Theorien, Untersuchungen, Maßnahmen (S.213-260). Bern: Hans Huber.

Mayring, Philipp (2000). Qualitative Inhaltsanalyse [28 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research1(2), Art. 20, http://www.qualitative-research.net/fqs-texte/2-00/2-00mayring-d.htm.

Schwarzer, Ralf (2001). Stress, Resources, and Proactive Coping. Applied Psychology: An International Review50(3), 400-407.

Kontakt: gerhold@institutfutur.dehttp://www.institutfutur.de/

Sozialisation, Entwicklung

Zur resilienzstärkenden Wirkung des Selbstwertgefühls bei sozial ängstlichen Kindern

Melanie Behrens (Köln)

Bei der vorliegenden Präsentation handelt es sich um die Darstellung eines Dissertationsvorhabens, das sich momentan in der Ergebnisauswertung befindet.

Theoretischer Rahmen: Die Entwicklungsbedingungen und das Aufwachsen von Kindern sind untrennbar mit dem Umfeld, in dem das Kind agiert, verbunden (vgl. Bronfenbrenner 1981). Dementsprechend einflussnehmend sind veränderte gesellschaftliche, familiäre oder schulische Bedingungen, aus denen sich stets Chancen, aber auch neue (gesundheitsgefährdende) Risiken für die kindliche Entwicklung ergeben können. Den theoretischen Bezug bilden daher entwicklungspsychopathologische Grundlagen sowie Erkenntnisse aus der Resilienzforschung, die die resilienzfördernde Wirkung personaler, sozialer und körperlich-motorischer Ressourcen im Umgang mit potentiellen Risiken herausstellen.

Forschungsfrage und Zielsetzung: Im Rahmen der Untersuchung der vorliegenden Präsentation steht die Frage im Mittelpunkt, ob sich die Stärkung kind- und umfeldbezogener Ressourcen positiv auf das sozial ängstliche Verhalten des Kindes auswirkt (Angstabbau). Dabei liegt der besondere Fokus in der Stärkung des Selbstwertgefühls und dem Aufbau des selbstwirksamen Verhaltens als kindbezogene Ressourcen. Die Zielsetzung der Untersuchung liegt darin zu zeigen, dass sich die Stärkung des Selbstwertgefühls positiv auf das sozial ängstliche Verhalten auswirkt, da sozial ängstliches Verhalten als kindbezogener Vulnerabilitätsfaktor in enger Verbindung zu selbstwertbeeinträchtigenden Ursachenerklärungen steht.

Empirische Umsetzung: Um das komplexe Bedingungsgefüge und die individuell unterschiedliche Ausprägung des Konstruktes „Angst“ sowie deren Auswirkung auf das kindliche Selbstgefühl zu erfassen, wurden qualitative und quantitative Erhebungsinstrumente miteinander kombiniert. Als kindbezogene quantitative Verfahren wurden im motorischen Bereich der Körperkoordinationstest (KTK) von Kiphard und Schilling (1974) und im psychologischen Bereich der Angstfragebogen für Schüler (AFS) von Wieczerkowski u.a. (1998) sowie die Aussagenliste zum Selbstwertgefühl (ALS) von Schauder (1996) eingesetzt. Ergänzt wurden diese Verfahren durch qualitative Interviews mit dem Kind und Personen aus dem nahen kindlichen Umfeld (Eltern, Therapeuten).

Insgesamt wurden drei Erhebungszeitpunkte gewählt, um den Verlauf der Intervention zu erfassen. Die achtmonatige praktische Sequenz war somit eingebettet in eine Eingangs-, Verlaufs- und Abschlussdiagnostik. Lediglich beim Kind wurde die Anwendung der quantitativen Verfahren und des qualitativen Interviews auf zwei Erhebungszeitpunkte beschränkt (Eingangs- und Abschlusserhebung), um beim Kind im Verlaufe der Projektphase unnötige Ängste und Rückfälle in alte Muster durch die Testsituation zu vermeiden. Stattdessen wurde der Entwicklungsverlauf des Kindes durch strukturierte Beobachtungsbögen dokumentiert und in schriftlicher Form erfasst.

In der vorliegenden Präsentation werden erste Zwischenergebnisse der Erhebung dargestellt.

Kontakt: behrens.unikoeln@email.de

„Identitätsspielräume“ in einer virtuellen Gemeinschaft

Angela Tillmann (Dresden)

Forschungsfrage/Ausgangspunkt: Bislang haben sich nur wenige empirische Arbeiten mit den Sozialisationseffekten des Internet auseinander gesetzt, zudem beschäftigen sich diese Arbeiten zumeist mit männlichen Jugendszenen. Bis heute ist nicht bekannt, welche Bedeutung das Internet für Mädchen hat bzw. haben kann. Gegenstand der Untersuchung ist daher ein Angebot, das sich ausschließlich an Mädchen im Alter von 12 bis 18 Jahren richtet. Es handelt sich dabei um ein nichtkommerzielles, pädagogisch betreutes Angebot von Schulen ans Netz e.V.

Theoretischer Rahmen: Den theoretischen Rahmen der Studie bilden zum einen Erkenntnisse der Jugend- und Mädchenforschung, da sie einen ersten Hinweis auf die Bedeutung von Online-Netzwerken liefern. Des weiteren beziehe ich mich auf den sozial- bzw. medienökologischen Ansatz (Baacke 1987), demzufolge Medienhandeln erst vor dem Hintergrund der lebensgeschichtlichen Situation, situativer Bedürfnisse und entwicklungs- und handlungsrelevanten Themen verstehbar wird. Das Modell nähert sich den Medien über den Bezug zur realen Umwelt. Um darüber hinaus auch den virtuellen Raum bzw. die Konzeption des Angebots und die sozialen Praktiken der Mädchen in den Blick nehmen zu können, knüpfe ich an einen Diskurs an, der in der Sozial- und Geisteswissenschaft unter dem Begriff des „spatial turn“ geführt wird. Medien werden in diesem Kontext als Konstrukteure von „Identitätsräumen“ konzeptualisiert (Hipfl 2004). Beide Ansätze sensibilisieren für die „spaces of identity“, die den Mädchen off- und online zur Verfügung stehen. „Identität“ fasse ich – in Anlehnung an Gender- und kulturwissenschaftliche Diskurse – als ein Konstrukt, das innerhalb von kulturellen Kontexten und Repräsentationen und über Anknüpfung an bestehende Bedeutungen und Diskurse, Zugehörigkeiten und Differenzen durch Ressourcen- und reflexive Konstruktionsarbeit ständig neu hergestellt wird.

Methodik: Im Rahmen der Grounded-Theory-Studie wurden 31 problemzentrierte face-to-face-Interviews mit Mädchen im Alter von 12-21 Jahren geführt. Dabei kam eine egozentrierte Netzwerkkarte zum Einsatz. Ausgewählte quantitative Daten wurden der Datenbank entnommen. Die teilnehmende Beobachtung des Netzwerks erstreckte sich über drei Jahre.

Ergebnis/Schlussfolgerung: Das Ergebnis der Studie ist eine gegenstandsbezogene, substantive Theorie über informelle Lernprozesse in einer virtuellen Gemeinschaft. Die Studie zeigt, wie Mädchen die virtuelle Gemeinschaft zur Selbstdarstellung bzw. -konstruktion, zur persönlichen Orientierung, zur Herstellung von Zugehörigkeit und für soziale Unterstützungsleistungen (Social Support) nutzen. In Anknüpfung an sozialisations-, raum- und identitätstheoretische Diskurse ist die Kategorie „Identitätsspielräume“ herausgearbeitet worden. Mit ihr lassen sich sowohl die Identitäts- und Raumbildungsprozesse der Mädchen als auch die realen und virtuellen Handlungs- und Gestaltungsspielräume der Mädchen im Umgang mit dem Internet in ihrer Komplexität erfassen. Sie sensibilisiert die im Medienbereich Tätigen darüber hinaus für die geschaffenen, im sozial-ökologischen Umfeld gewährten und tatsächlich genutzten und transzendierten Identitätsspielräume von Jugendlichen.

Kontaktangela.tillmann@tu-dresden.de

Praxen der Raumaneignung Jugendlicher im öffentlichen Raum der Stadt Zürich

Sara Landolt (Zürich, Schweiz)

Forschungskontext und Erkenntnisinteresse: Öffentlicher Raum wird oft als Ort uneingeschränkter Zugänglichkeit, des Zusammentreffens von einander fremder Personen und der Abwesenheit individueller Verfügungsmacht charakterisiert. Als Produkt sozialer Prozesse ist er Ausdruck gesellschaftlicher Hierarchisierungen und besitzt daher neben seiner integrierenden Funktion das Potential des Ausschlusses. Gerade Jugendliche erleben öffentliche Räume oft als Orte der Restriktionen und Barrieren, als von und für Erwachsene geplanten Raum.

Innerhalb dieses Kontexts wird der Frage nachgegangen, wie sich 16/17-jährige Jugendliche im öffentlichen Raum der Stadt Zürich inszenieren, welche Orte mit welchen Bedeutungen belegt werden und welche Normen und gesellschaftlichen Strukturen durch Praxen wie „rumhängen“, trinken etc. (re-) produziert werden. Es interessiert, wie mit Nutzungskonflikten umgegangen wird ebenso wie das Erleben alltäglicher Interaktionen Jugendlicher im öffentlichen Raum. Thematische Schwerpunkte bilden die Praxen „rumhängen“ und „Alkoholkonsum“, zu denen an der Postersession erste Thesen diskutiert werden.

Theoretische Orientierung: Die Raumaneignungspraxen werden im Rahmen gesellschaftlicher Normen, Regeln und Machtstrukturen diskutiert. Das heißt, die heterogene Kategorie Jugendliche wird anhand unterschiedlicher Strukturkategorien (Geschlecht, Bildung, Nationalität, ethnische Zugehörigkeit) wie auch anhand der Raumaneignungspraxen aufgebrochen. Die Konzeptualisierung der Strukturkategorien orientiert sich an konstruktivistischen Ansätzen, die es erlauben, bekannte Strukturkategorien zu analysieren, ohne dabei diese als „natürlich“ vorauszusetzen.

Das Konzept der Intersektionalität (z.B. Knapp 2005) dient als Orientierung zur Verbindung mehrerer zentraler Strukturkategorien, während die Strukturationstheorie (Giddens 1995) bei der gegenseitigen Beeinflussung und Abhängigkeit von gesellschaftlicher Struktur und Praxis Anknüpfungspunkte bietet.

Methodentriangulation: Basierend auf Beobachtungen, ExpertInnengesprächen und explorativen Gesprächen mit Jugendlichen wurde ein online Fragebogen zur Wahrnehmung und Aneignung öffentlicher Räume erstellt, der bei 16/17-jährigen SchülerInnen unterschiedlicher Bildungsstufen in der Stadt Zürich eingesetzt wurde. Diese Daten werden statistisch analysiert.

Das Kernstück der Untersuchung bilden halbstrukturierte Interviews (kombiniert mit reflexiver Fotographie) mit 20-30 Jugendlichen, die in Zürich leben. Die Empirie wird nicht an einem bestimmten öffentlichen Ort Zürichs durchgeführt, da nicht die Analyse des Ortes, sondern der Praxen im Kontext gesellschaftlicher Strukturen im Mittelpunkt steht.

Bei der Erhebung und Analyse der qualitativen Daten bildet die Methodologie der Grounded Theory (u.a. Strauss & Corbin 1996) das Rahmenkonzept.

Literatur

Giddens, Anthony (1995). Die Konstitution der Gesellschaft. Grundzüge der Theorie der Strukturierung. Frankfurt/M.: Campus.

Knapp, Gudrun-Axeli (2005). „Intersectionality“ – ein neues Paradigma feministischer Theorie? Zur transatlantischen Reise von „Race, Class, Gender“. Feministische Studien1, 68-81.

Strauss, Anselm & Corbin, Juliet (1996). G rounded Theory. Grundlagen qualitativer Sozialforschung. Weinheim: Beltz.

Kontaktsara.landolt@geo.uzh.ch

Dialogische Prozesse in der Instrumentalpädagogik

Christine Moritz (Ludwigsburg)

Ziel: Es ist das Ziel der Studie, aus einer möglichst großen Offenheit heraus das Phänomen der Begegnung, wie es bei Martin Buber 1923 in seiner Schrift „Ich und Du“ in einer „mystisch anmutenden Weise“ beschrieben wurde, in einem Forschungsfeld aufzuspüren, welches aufgrund seiner Komplexität und der Schwierigkeit des Unterrichtsgegenstandes auf „Begegnung“ angewiesen ist. Dieses in der „instrumentalpädagogischen Praxis“ bekannte, empirisch aber wenig erforschte Phänomen soll auf der Basis zu entwickelnder Kategorien innerhalb eines begrenzten Lernfaches beschrieben werden.

Forschungsfrage: Welche Qualitäten der pädagogischen Beziehung lassen sich ausgehend vom Phänomen der Begegnung (M. Buber, O.F. Bollnow, W. Flitner und W. Loch) über einen subjektorientierten Zugang zu einem Forschungsfeld im Verlauf musikalischer Lernprozesse hinsichtlich spezifisch instrumentalpädagogischer Anforderungen („Klavierunterricht“) beobachten und in für die pädagogische Praxis geeigneten sprachlichen Begriffen differenziert beschreiben?

Methode: Grounded Theory Methodologie: Auf einer Datenbasis von 257 videoaufgezeichneten Unterrichtseinheiten (12 Lehrkräfte: BerufsanfängerInnen, Berufserfahrene; unterschiedliche Institutionen; kultureller Kontext – SchülerInnen: weibliche und männliche SchülerInnen; AnfängerInnen und Fortgeschrittene, vier bis höchstens zehn SchülerInnen/Lehrkraft) und einer ergänzenden Datenerhebung (mindestens ein Interview: zunächst narrativ, dann leitfadenorientiert) unmittelbar nach der Aufzeichnung; Gruppendiskussion (acht der zwölf an der Studie beteiligten Lehrkräfte); zweites Interview (ca. ein Jahr nach Aufzeichnung; hypothesenprüfend); „Nachaufnahmen“, ExpertInneninterviews mit DozentInnen und ProfessorInnen an Hochschulen und Konservatorien) wurde der offene Kodierprozess aus dem Blickwinkel des „Dialogischen Prinzips“ durchgeführt. Auf der Grundlage der gewonnenen Kategorien konnte der Prozess des selektiven Kodierens begonnen werden (Grundgesamtheit von acht, sog. „aktiven“ Lehrkräften); die Analyse erfolgte computerunterstützt mit AQUAD 6.

Bisherige Ergebnisse: Das Poster soll einen Überblick über die Ergebnisse des offenen und axialen („Dialogischer Kubus“) sowie des selektiven Kodierprozesses („Prinzipien der Begegnung“) geben. Der „Dialogische Kubus“ berücksichtigt dabei in zunächst isolierter Weise einzelne Komponenten der Kommunikation (Konstatierung von Bezogenheit unter Aktivierung von Kognition und/oder Explikation und/oder somatischer Handlung und/oder Resonanzphänomenen, bei jeweils vorder- oder hintergründigem Bewusstsein), die über verbale und nonverbale Kommunikationsentitäten hinausgehen (vgl. Posterebene 1). Das selektive Kodieren ermöglichte es, auf der Basis der Kategorien des Kubusmodelles komplexe Prozesse sozialer Wirklichkeit des Phänomens der Begegnung zu erfassen und zu beschreiben (vgl. Posterebene 2).

Literatur

Buber, Martin (1962, Orig. 1923). Ich und Du. In Martin Buber, Werke. Schriften zur Philosophie Band I. München: Kösel und Lambert Schneider .

Jank, Werner; Meyer, Hilbert & Ott, Thomas (1986). Zur Person des Lehrers im Musikunterricht Methodologische Probleme und Perspektiven zu einem Konzept offenen Musikunterrichts. In Hermann J. Kaiser (Hrsg), Musikpädagogische Forschung, Band 7 (S. 87-131). Laaber: Laaber-Verlag.

Sammet, Jürgen (2004). Kommunikationstheorie und Pädagogik: Studien zur Systematik „kommunikativer Pädagogik“. Würzburg: Königshausen & Neumann

Schäfer, Karl-Hermann (2005). Kommunikation und Interaktion: Grundbegriffe einer Pädagogik des Pragmatismus. Wiesbaden: VS-Verlag.

KontaktMoritz@ph-ludwigsburg.de

Bilder lesen im naturwissenschaftlichen Unterricht. Eine Untersuchung zur Bildkompetenz von Maturandinnen und Maturanden

Regula Fankhauser (Bern, Schweiz)

Fragestellung: Die fachdidaktische Forschung beschäftigt sich zwar mit Nutzen und Einsatz von Bildmedien im Lernprozess; sie geht aber allzu oft von einem idealtypischen Bildrezipienten aus und berücksichtigt deshalb Rezeptionsbeschränkungen nur marginal. Die unterschiedlichen Rezeptionsanforderungen, die bei unterschiedlichen Bildtypen gefordert sind, werden kaum differenziert.

Es ist deshalb erstmal danach zu fragen, welche Verstehensleistungen erbracht werden müssen, damit ein Bild helfen kann, einen komplexen Sachverhalt besser zu begreifen. Welche Kompetenz müssen Schülerinnen und Schüler je nach Bildtyp zeigen? Was heisst das überhaupt: Bildkompetenz?

Theoretischer Rahmen: Eine theoretische Bestimmung von Bildkompetenz liegt von semiotischer Seite her vor (Posner 2003). Sie unterscheidet primäre Kompetenzen (perzeptuell, plastisch, signitiv, syntaktisch, piktoral), welche bereits im Vorschulalter erworben werden, und schulisch relevante wie referentielle, exemplifikationale, funktionale, pragmatische und modale Kompetenzen. Im naturwissenschaftlichen Kontext, auf den sich die Studie beschränkt, sind insbesondere die referentielle und exemplifikationale Kompetenz anspruchsvolle Verstehensleistungen, die gezielt ausdifferenziert werden müssen: Um naturwissenschaftliche Bilder zu verstehen, muss unterschieden werden können, ob Bilder Exemplare oder Modelle darstellen, ob sie Sichtbares wiedergeben oder Unsichtbares in aufwändigen technischen Bildverfahren visualisieren und ob sie auf Grund der im Alltag erworbenen Wahrnehmungsgewohnheiten überhaupt korrekt interpretierbar sind.

Methode: Explorativ soll das Feld vorhandener Rezeptionsweisen möglichst breit erfasst und dicht beschrieben werden. In 40 Leitfadeninterviews werden den Maturandinnen und Maturanden Bilder vorgelegt, welche gängigen Lehrmitteln entstammen und Objektbereiche abbilden, welche im Mikro- oder Nanobereich liegen. Erfragt werden die Dimensionen technische Kenntnisse, erkenntnistheoretische Reflexion, didaktischer Nutzen. Die Auswertung der Interviews erfolgt nach der Methode qualitativer Inhaltsanalyse und führt zu einer Typenbildung in Bezug auf die verschiedenen Lektürekonzepte und die dahinter stehenden Rahmentheorien.

Ergebnisse: Die Ergebnisse, die zur Zeit vorliegen, geben vorerst folgende Tendenzen an: a) Kenntnisse über technische Prozesse der Registrierung und Darstellung, der Apparaturen und Transformationen sind äusserst gering. Es bewahrheitet sich hier Rheinbergers (2006) These von der Transparenz der Technik: je höher das Ausmass der technischen Intervention, desto unsichtbarer wird sie. b) Erkenntnistheoretisch, d.h. in Bezug auf die Rahmentheorien, die hinter den jeweiligen Lesarten stehen, dominiert ein sogenannt naiver Realismus, der sich z.B. am Stellenwert und der Einschätzung der fotografischen Aufnahme manifestiert. c) Die didaktische Funktion von Bildern wird in Übereinstimmung mit der Bildintention eingeschätzt und genutzt. Bildfunktionen allerdings, die über den engeren didaktischen Rahmen hinausgehen und die epistemologische Funktion betreffen, werden kaum erkannt und sind den Rezipientinnen und Rezipienten wenig bewusst.

Die definitiven Resultate sollen es schließlich ermöglichen, eine empirisch gestützte Bildkompetenztheorie für den naturwissenschaftlichen Fachbereich zu formulieren.

KontaktRegula.Fankhauser@phbern.ch

Arbeit, Kommunikation, Technik

Theoriebildung in der Fallstudienforschung?!

Hans-Gerd Ridder, Christina Hoon & Alina McCandless (Hannover)

Die Forderung, die Qualität qualitativer Forschung zu verbessern, steht mit Blick auf die Fallstudienforschung in engem Zusammenhang mit der Frage, welchen Beitrag gute Fallstudienforschung leisten kann. Wir zeigen auf, dass das Ziel der Fallstudienforschung über die Beschreibung und Darstellung empirischer Phänomene hinausgehend darin liegt, auf der Basis reichhaltiger Fälle in ihren spezifischen Setting einen Beitrag zur Theorieentwicklung zu leisten.

Ziel: Uns liegt darin zu diskutieren, wie und auf welche Weise die Fallstudienforschung in der Managementforschung zur Theorieentwicklung beitragen kann. Zudem soll aufgezeigt werden, wie sich dieser Theoriebeitrag organisieren lässt.

Theoretischer Rahmen: Nach einer kurzen Abgrenzung zwischen Theorieentwicklung und Theoriebildung fokussieren wir auf die Unterscheidung von komplexen Theorien und die Verfeinerung und Entwicklung von „midrange“ Theorien. Beide machen theoriegeleitete Aussagen über ein beobachtetes Phänomen, befinden sich allerdings auf unterschiedlichem Abstraktionsniveau. Wir arbeiten im Folgenden heraus, dass die Fallstudienforschung einen Beitrag zur Verbesserung und Verfeinerung von „midrange“ Theorien leisten kann.

Wie ist dieser Beitrag zur Entwicklung von „midrange“ Theorien in der Fallstudienforschung zu verstehen? Nach Christiansen et al. (2005) ist die Theoriebildung als Suche nach Anomalien zu verstehen: Es ist das Unerwartete, das Überraschende und das Unbekannte, was letztendlich zur Erweiterung bestehender Theorien beitragen kann. So lassen sich im Sinne von Anomalien Phänomene entdecken, die in der Fallstudienforschung das Potenzial für die Erweiterung von Theorien darstellen.

Ergebnis: Mit dem Posterbeitrag wollen wir verdeutlichen, wie sich dieses Vorgehen zur Bildung von „midrange“ Theorien aus Fallstudien organisieren lässt. Dabei ist die Suche nach Anomalien als Iteration zwischen den zum Bezugsrahmen aggregierten empirischen Daten und bestehender Theorie zu verstehen. Durch die kontinuierliche Rückbindung des Frameworks an bestehende Theorien wird es möglich, etwas Neues zu entdecken oder Bestehendes in einem neuen Zusammenhang zu sehen. Dabei identifizieren wir drei Vorgehensweisen, die diesen Prozess unterstützen: 1) Präzise Definition identifizierter Konstrukte: Das Denken in Konstrukten ist hilfreich, um das sich herausbildende Phänomen zu definieren und abzugrenzen. Das Denken in Konstrukten trägt dazu bei, Anomalien zu identifizieren und zu fassen und somit einen Beitrag zur Erklärung des beobachteten Phänomens zu leisten. 2) Klärung beobachteter Beziehungen: Die Klärung der Konstrukte und ihrer Beziehungen untereinander sind notwendig, um nach dem „warum“ innerhalb der Phänomene zu fragen. 3) Einbettung der Ergebnisse in den Kontext: Der theoretische Beitrag der Fallstudienforschung umfasst immer auch die Beschreibung des Kontextes oder der Umweltbedingungen, innerhalb dessen sich die Ergebnisse bewegen. Erst durch die Kontextualisierung der Ergebnisse wird es möglich zu erkennen, in wie weit die Anomalien auch in anderen Settings tragen.

Fazit: Wir argumentieren, dass die Qualität der Fallstudienforschung durch die Qualität ihrer Ergebnisse bedingt ist. Daher sehen wir die Fallstudienforschung in engem Zusammenhang mit dem Ziel, auf Basis der reichhaltigen Beschreibung und Definition beobachteter Phänomene auch zur Erweiterung und Verfeinerung bestehender Theorien beizutragen.

KontaktHoon@mbox.ifb.uni-hannover.de

Arbeitspraxis der Softwareentwicklung in der Hochenergiephysik

Gerhard E. Bruckner (Wien)

Ausgangspunkt: Experimente in der Hochenergiephysik (HEP) stellen komplexe Anforderungen an Hard- und Software. Viele Detektoren, die dabei zum Einsatz kommen, entstehen in jahrzehntelanger Zusammenarbeit mehrerer tausend Wissenschaftler- und Techniker(innen) in einer für die HEP typischen Organisationsform, der transnationalen Kollaboration, welche bereits Gegenstand einiger ethnographisch orientierter Untersuchungen war. Eine mit vielen Aspekten eines solchen Experiments verflochtene Tätigkeit ist die Softwareentwicklung, die – im Spannungsfeld zwischen Stabilität und Anpassungsfähigkeit – über die gesamte Laufzeit des Experiments verwendbare Lösungen zu bieten hat.

Forschungsfrage: Das im Rahmen meines Dissertationsprojekts verfolgte Erkenntnisinteresse zielt auf die Beantwortung der Frage nach der sozialen Wirklichkeit in einem konkreten Softwareentwicklungsprojekt. Im Besonderen interessieren mich die konkreten Methoden, mit denen die beteiligten Menschen Anforderungen an ihr Softwaresystem identifizieren, kommunizieren und aushandeln. In erster Linie soll eine dichte Beschreibung erarbeitet und eine Darstellungsform gefunden werden, um nach abgeschlossener Feldarbeit und Analyse die Ergebnisse den Entwickler(innen) meiner Gruppe als Rückmeldung im Sinne von informing design (Dittrich et al. 2002, Kap. 2) zur gemeinsamen Reflexion anzubieten. Damit sehe ich mein Projekt in der Nähe der workplace studies, die als „ethnographische, naturalistische Untersuchungen von Arbeitsvorgängen“ (Knoblauch & Heath 1999, S.164) sich u.a. an der Ethnomethodologie und der Konversationsanalyse orientieren.

Datenerhebung: Meine Forschungsfrage versuche ich über den mir möglichen Feldzugang als Informatiker am Europäischen Nuklearforschungszentrum in Genf (CERN) – wo derzeit fieberhaft am LHC, einem Teilchenbeschleuniger, der Ende 2007 in Betrieb gehen soll, gearbeitet wird – im Rahmen einer ethnographisch orientierten Fallstudie des ALICE-Experiments zu beantworten. Als teilnehmender Beobachter ist es mir möglich, am Entwicklungsprozess mitzuwirken, Audio- und Videoaufnahmen von Meetings, Präsentationen und Gesprächen anzufertigen sowie dieses Material durch Interviews, Dokumente, den Quellcode selbst und z.B. statistische Analysen des CVS gegebenenfalls zu ergänzen.

Methode: Forschungsfrage und Material legen eine konversationsanalytische Perspektive nahe, welche den methodischen Miteinbezug sämtlicher anderer Materialien als ethnographische Information zulässt: Die ethnographische Gesprächsanalyse (Deppermann 2000, S. 108ff.).

Mit meinem Poster möchte ich meine Methodenwahl vorstellen und diskutieren, wie detailliert der theoretische Ansatz das Material zu betrachten hat, um meiner Fragestellung gerecht zu werden.

Literatur

Deppermann, Arnulf (2000). Ethnographische Gesprächsanalyse: Zu Nutzen und Notwendigkeit von Ethnographie für die Konversationsanalyse. Online-Zeitschrift zur verbalen Interaktion1, 96-124.

Dittrich, Yvonne; Floyd, Christiane & Klischewski, Ralf (Hrsg.) (2002). Social thinking – software practice. Cambridge, Massachusetts: The MIT Press.

Knoblauch, Hubert & Heath, Christian (1999). Technologie, Interaktion und Organisation: Die Workplace Studies. Schweizerische Zeitschrift für Soziologie2(25), 163-181.

Kontaktgerhard.erich.bruckner@cern.ch

Wissens- und Technologietransfer in der Materialforschung (InnoMat) – Design einer qualitativen Studie zum Handeln von Forschern

Anna Schleisiek, Klaus-Rainer Bräutigam, Torsten Fleischer & Peter Hocke-Bergler (Karlsruhe)

Ausgangspunkt/Forschungsfrage: Die Entwicklung neuer Materialien erfolgt meist in einem langwierigen Forschungsprozess (meist nicht unter 10 Jahren) mit ungewissem Ende. Eine (forschungspolitische) Anforderung an Materialforscher, die Umsetzung ihrer Entwicklungen in industrielle Produktion, wird lediglich von einem geringen Teil der gestarteten Projekte erreicht. Das Ziel des von der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren e.V. aus dem Impuls- und Vernetzungsfonds geförderten interdisziplinären Projekts InnoMat (Wissens- und Technologietransfer in der Materialforschung – Charakteristika und Bedingungen für erfolgreiche Produktinnovation) ist die empirische Analyse des Wissens- und Technologietransfers (WTT) aus staatlich finanzierten Forschungseinrichtungen in die industrielle Anwendung. Der hier vorgestellte Teil der Studie konzentriert sich dabei auf das Handeln von an Neuen Materialien Forschenden.

So stellen sich folgende Forschungsfragen: a) Wie handeln Forscher/ Forschergruppen in Hinblick auf Wissens- und Technologietransfer? b) Wie organisieren Forscher an staatlich finanzierten Forschungseinrichtungen den Wissens- und Technologietransfer in die industrielle Anwendung?

Sample/Forschungsdesigns: Hierzu werden neun unterschiedliche Projekte aus dem Bereich der Materialforschung, die in drei unterschiedlichen institutionellen Kontexten öffentlich finanzierter Forschung (Helmholtz-Gemeinschaft, Fraunhofer Gesellschaft und Technische Universitäten) eingebunden sind, für zwei Jahre begleitet. Mit diesem Poster soll nun das empirische Design der Studie vorgestellt werden. Im Rahmen eines explorativen Forschungsdesigns, das sich an der Grounded Theory orientiert, werden Leitfadeninterviews mit den Mitgliedern verschiedener Forschungsteams geführt. Geplant sind drei Interviewwellen, von denen die erste abgeschlossen ist. In der ersten Interviewwelle wurden für das Handeln der Wissenschaftler relevante Dimensionen sowie für die Organisation des Transfers relevante Orte und Situationen identifiziert. In den weiteren Interviewwellen sollen diese Aspekte vertiefend verfolgt werden. Geplant sind des Weiteren teilnehmende Beobachtungen insbesondere von – für den WTT als relevant identifizierten – Interaktionen. Für das Transferhandeln bedeutende Dimensionen, die durch die erste Welle bestimmt wurden, sollen im Forschungsprozess systematisch vertieft und verfeinert werden. Im Rahmen eines dialogischen Forschungsprozesses werden Ergebnisse aus dem Feld mit den Forschungsteams in drei Workshops diskutiert. So soll die Sicht der Akteure systematisch in den weiteren Verlauf der Studie einbezogen werden.

Stand des Projekts: Die erste Interviewwelle ist abgeschlossen. Mit dem Poster sollen neben dem Forschungsdesign Ergebnisse der ersten Interviewwelle dargestellt und diskutiert werden.

Kontakt: Anna.Schleisiek@itas.fzk.de

Die Leistungen der Interaktionen in einer Bürgerkonferenz: Vom Sprechen über Technik zur demokratischen Technikbewertung?

Alexander Görsdorf (Bielefeld)

Einführung: In Diskussionen um Risiken und Chancen neuer Technologien sind seit den 1990er Jahren weltweit so genannte Bürgerkonferenzen durchgeführt worden: Nichtorganisierte Bürger ohne berufliche Interessen diskutieren unter sich und mit Experten und präsentieren schließlich Entscheidungsträgern und der breiteren Öffentlichkeit eine Stellungnahme zum Umgang mit der Technologie. Die mit Bürgerkonferenzen verbundene Erwartung ist, dass das Zusammentreffen der Bürger, die unter den Anwesenden stattfindenden Kommunikationen und die Ergebnisse dieser Unterhaltungen einen wertvollen Beitrag zu einer „demokratischen Technikbewertung“ darstellen.

Forschungsfragen/Zielsetzung der Arbeit: Was leisten diese spezifisch eingerichteten und formatierten Interaktionen? Am Ende der Untersuchung soll entschieden werden, ob die Formatierungen und Formatierungsversuche des Sprechens über Technik in einer Bürgerkonferenz den in den Selbstbeschreibungen rekonstruierbaren Zielsetzungen förderlich oder hinderlich sind – und eine Deutung angeboten werden, warum sie es sind.

Theoretische Rahmensetzungen: Man kann Interaktionen als spezifische Form sozialer Aktivität verstehen und erwarten, dass sie ihre ganz eigenen Effekte, Problematiken und Dynamiken bedingen (vgl. Goffman, insbes. 1983; Kieserling 1999). Aus dieser Perspektive birgt der „Einsatz“ von Interaktionen für die Zielsetzungen der Verfahren Chancen, bedingt aber auch nicht zu unterschätzende Risiken. Denn Interaktionen können sich als widerständig gegen Vorgaben von Wahrnehmungs- und Deutungsweisen oder Entscheidungen (z.B. Themenvorgaben, Rollen oder Kommunikationsregeln) erweisen. Solche Formatierungsversuche können unbeabsichtigte Effekte zeitigen und z.B. auch die erwünschten Interaktionseffekte be- oder gar verhindern.

Methode/Vorgehensweise: Gegenstand der Einzelfallstudie ist eine Verbraucherkonferenz zu Nanotechnologien und Alltagsprodukten, die im Herbst 2006 in Berlin stattfand. Zunächst werden in den Selbstbeschreibungen der Veranstalter dieser Konferenz durch hermeneutische Sequenzanalysen die Erwartungen rekonstruiert, die an die Interaktionen gerichtet und unter denen sie eingerichtet werden (Dokumentenanalyse). Dann werden die sachlichen, zeitlichen und sozialen Strukturierungen und Dynamiken der Kommunikationen rekonstruiert (teilnehmende Beobachtungen und Tonaufzeichnungen der Konferenz). Im dritten Schritt wird untersucht, inwiefern diese als Effekte der Interaktionen bzw. ihrer Formatierung interpretierbar sind und mit Blick auf die an sie gerichteten Erwartungen analysiert.

Erste Resultate: Im Poster werden einige vorläufige Resultate der Analyse der Selbstbeschreibungen und der Interaktionen dargestellt.

Literatur

Goffman, Erving (1983). The interaction order. Presidential Address to the American Sociological Association, 1982. American Sociological Review , 48, 1-17.

Kieserling, André (1999). Kommunikation unter Anwesenden. Studien über Interaktionssysteme. Frankfurt/M.: Suhrkamp.

Kontakt: agoersdorf@uni-bielefeld.de

Kontrolle von ArbeitnehmerInnen im Büro

Marco Tullney (Berlin)

Forschungsfrage und Kontext: Die Kontrolle abhängig Beschäftigter an ihrem Arbeitsplatz führt zu verschiedenen Konflikten, beispielsweise um die Rechtmäßigkeit oder die Sichtbarkeit entsprechender Maßnahmen. Diese Auseinandersetzungen erhalten durch technischen Fortschritt stets neue Nahrung. Aktuell ist ein verstärkter Einsatz elektronischer Hilfsmittel zur Erfassung von Arbeitszeit, aber auch von Arbeitsaktivitäten, zu verzeichnen. Die flächendeckende Benutzung von Computern eröffnet nicht nur Arbeitserleichterungen, sondern führt auch zu neuen Risiken für den Schutz betrieblicher wie personenbezogener Daten. Nie war es so einfach, so viel über die Beschäftigten zu wissen. Dies gilt auch und vor allem für jene Beschäftigten, die in Büros tätig sind.

Zentrale Fragen meiner Arbeit lauten: Wie wirken sich praktizierte Formen der Kontrolle, aber auch das Wissen um entsprechende Möglichkeiten, auf die Einstellungen und das Verhalten der Beschäftigten aus? Welche Begründungen für die Kontrolle nehmen sie wahr, und welche davon erkennen sie an?

Methoden: Es wurden 20 leitfadengestützte Interviews mit abhängig Beschäftigten, die an Büroarbeitsplätzen arbeiten, geführt. Orientiert an der Methodologie der Grounded Theory beeinflusste die fortschreitende Auswertung des Materials die Fallauswahl, dabei wurden sowohl sehr ähnliche als auch kontrastierende Fälle erfasst. Die Kodierung von Aussagen und die Bildung zentraler Kategorien erfolgte explorativ aus dem gewonnenen Material heraus.

Ergebnisse: Aus den Interviewdaten wurden zentrale Kategorien identifiziert, die im Poster präsentiert werden. Diese Kategorien liefern Hinweise darauf, welche Aspekte für die Einstellungen der Befragten relevant sind. Dazu gehören beispielsweise die Autonomie der ArbeitnehmerInnen, die Informiertheit der Beschäftigten, die Wahrnehmung der eigenen Position innerhalb des Betriebs. Diese Kategorien lassen sich u.a. als Merkmale sozialräumlicher Konstruktionen oder auch als Bestandteile von Definitionen „guter Arbeit“ lesen.

Kontakt: marco@tullney.dehttp://www.tullney.de/