Postersession 2019

Arbeitswelt

Sebastian Jürss & Thomas Eichhorn (Universität Leipzig): Eine praxeologische Perspektive auf die Sharing Economy: erste Orientierungen anhand eines Diskussionsausschnittes
Keywords: Gruppendiskussion, Dokumentarische Methode

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Markus Lohse (Hochschule Mittweida und Technische Universität Dresden): Wissensgenerierung im professionellen Beratungshandeln – Eine Analyse von Supervisionssitzungen
Keywords: Einzelfallstudie, Einzelsupervisionstranskripte, Grounded-Theory-Methodologie

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Monique Ritter (Hochschule Zittau/Görlitz und Technische Universität Chemnitz): „Na, solange es kein Schwarzer ist.“ – Eine Grounded-Theory-Studie zu Praktiken der Exklusion und Inklusion in der Zusammenarbeit mit Menschen mit Migrationshintergrund in der ambulanten Pflege in Ostsachsen
Keywords: Grounded-Theory-Methodologie, Perspektiventriangulation, Teilnarrative Interviews (Intensive Interviewing), Teilnehmende Beobachtung, Theoretical Sampling

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Nadja Waibel (Doktorandin; Universität Luzern): Erfahrungen von Frauen in der Gemeindeleitung. Eine qualitative Studie in der Deutschschweiz
Keywords: Biografische Interviews, Grounded-Theory-Methodologie, Situationsanalyse

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Patrick Witzak (Universität Duisburg-Essen, Institut für Soziologie, Arbeitsgruppe Prof. Dr. Quack): Prozesse durch Codierung erfassen? Auf dem Weg zu einem Analysemodell der Verrechtlichung transnationaler Arbeitsstandards.
Keywords: Vergleichende Fallstudien, Qualitative Langzeitbetrachtung, Expert*inneninterviews, Prozessgenerierte Dokumente, Process-Tracing, Strukturierende Qualitative Inhaltsanalyse

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Bildung

Sarah Brauns, Daniela Egger, Katja Sellin, Matthias Barth & Simone Abels (Leuphana Universität Lüneburg): Die Kompetenzentwicklung von Lehramtsstudierenden im inklusiven naturwissenschaftlichen Unterricht videobasiert erforschen – erste Ergebnisse einer inhaltsanalytischen Auswertung
Keywords: Prä-Post-Design, Mixed Methods, Videografie, Interviews, Gruppendiskussionen, Videoanalyse, Qualitative Inhaltsanalyse

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Fenja Bodesheimer & Arnim Lühken (Goethe-Universität Frankfurt am Main, Institut für Didaktik der Chemie): Mit Mixed Methods der Genese des naturwissenschaftlichen Selbstkonzepts in Eltern-Kind-Interaktionen auf der Spur
Keywords: Mixed Methods, Interview, Videografie, Beobachtungsprotokoll, Pre-Post-Test, Grounded-Theory-Methodologie, Statistische Analysen

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Ragnhild Eller (Universität Bremen): Zum Habitus von Waldorf-Musiklehrkräften. Eine praxeologische Studie zu impliziten Wissensbeständen aus dem Berufsfeld der deutschen Waldorfschule
Keywords: Narrativ-biografische Interviews, Sequenzanalyse

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Brigitta Höger (Zentrum für LehrerInnenbildung, Universität Wien): Körperbilder von Sportlehrkräften – Eine multimodale Analyse vor dem Hintergrund der Intersektionalitätstheorie
Keywords: Leitfadeninterviews, Multimodaler offener Fragebogen, Diskursanalyse, Intersektionale Ungleichheitsanalyse

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Anne H. Kraft (Technische Universität Berlin, Institut für Arbeitslehre, Technik und Partizipation/ARTE): Citizen Science für nachhaltige Entwicklung: Eine qualitative sozialwissenschaftliche Studie im ländlichen Raum
Keywords: Explorationsstudie, Vergleichende Fallstudien, Narrative Interviews, Strukturierte Inhaltsanalyse, Akteur-Netzwerk-Theorie, Ereignis-Struktur-Analyse

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Susanne Leitner (Technische Universität Dortmund): Störfaktor oder Erkenntnisquelle? Tiefenhermeneutische Analyse von Interviews mit Sprachmittlung
Keywords: Themenzentrierte Interviews mit Sprachmittlung, Tiefenhermeneutik

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Khatuna Mstoiani (Universität Potsdam und Hochschule Mittweida): Renaissance des jüdischen Lebens. Biografische Perspektiven auf berufliches oder akademisches Ankommen in Deutschland
Keywords: Narrative Interviews, Biografische Fallrekonstruktion

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Gesundheit

Katharina Niedling (Universität Bielefeld; Hans Böckler Promotionsstipendiatin): In guten wie in schlechten Zeiten – Eine qualitativ-explorative Studie zur Lebenswelt und Lebenslage von Paaren mit Pflegebeziehung
Keywords: Gruppendiskussionen, Problemzentrierte Interviews, Dokumentarische Methode

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Simon Krutter (Institut für Pflegewissenschaft und -praxis an der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität Salzburg): Hermeneutische Wissenssoziologie zur Erforschung der Angehörigenpflege bei Menschen mit Demenz – Methodische Betrachtungen
Keywords: Problemzentrierte Interviews, Hermeneutische Wissenssoziologie

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Alexandra Litinskaya (Sigmund-Freud-Institut Frankfurt am Main und Robert-Bosch-Krankenhaus Stuttgart): Auswertung narrativ-biografischer Interviews mit jungen Frauen und Männern mit Migrationshintergrund
Keywords: Klinisch-psychoanalytische Einzelfallstudie, Narrativ-biografische Interviews, Hermeneutische Narrationsanalyse, Szenisches Verstehen

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Kultur / Identität

Irina Dannert (Sigmund-Freud-Institut Frankfurt am Main und Universität Kassel): Identitäts- und Bindungssuche von begleiteten geflüchteten Adoleszenten unter Berücksichtigung von Mehrsprachigkeit und der Arbeit mit Dolmetscher*innen: Forschungsdesign und AuswertungsmethodeKeywords: Narrativ- biografische Interviews, Objektive Hermeneutik, Szenisches Verstehen

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Anna Ohrt (Technische Universität Berlin und Universität Leipzig): Unlikely friendships. Soziale Integration als kommunikativer Aushandlungsprozess
Keywords: Episodische Paar- und Einzelinterviews, Grounded-Theory-Methodologie, Hermeneutische Sequenzanalyse

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Irena Schreyer (Universität Witten-Herdecke und Ravensburg-Weingarten University of Applied Sciences): Migrant Care Worker und Professionell Pflegende im häuslichen Versorgungssetting – Eine Rahmenanalyse mit Triangulation
Keywords: Beobachtung, Problemzentrierte Interviews, Grounded-Theory-Methodologie, Rahmenanalyse

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Methodenentwicklung / Wissenschaftskommunikation

Marc Dietrich & Günter Mey (Hochschule Magdeburg-Stendal): Audovisuelle Grounded-Theory-Methodologie: Überlegungen und erste Schritte
Keywords: Grounded-Theory-Methodologie, Audiovisuelle Grounded-Theory-Methodologie, (Musik-)Videoanalyse, Social-Media-Analyse

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Constanze Oth (Goethe-Universität Frankfurt am Main und International Psychoanalytic University Berlin): Zur Praxis von Interpretationsgruppen und Forschungswerkstätten – Herausforderungen einer explorativen Studie
Keywords: Interpretationsgruppe, Forschungswerkstätten, Methodologie, Ethnohermeneutik 

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Lena Theiler (Universität Hamburg und ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung): Wie entstehen die Inhalte partizipativer Formate der Wissenschaftskommunikation? Die Entstehung einer Ausstellung als Fallstudie
Keywords: Einzelfallstudie, Dokumente, Interviews, Beobachtung, Grounded-Theory-Methodologie

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Abstracts

Arbeitswelt

Eine praxeologische Perspektive auf die Sharing Economy: erste Orientierungen anhand eines Diskussionsausschnittes

Sebastian Jürss & Thomas Eichhorn; Universität Leipzig

Forschungskontext: Hertwig und Papsdorf (2017, S.524) verstehen die Sharing Economy „als ein Set von Geschäftsmodellen, Plattformen und Austauschbeziehungen […], in dem unter der Beteiligung von Privatpersonen (Peer-to-Peer) Ressourcen, Dienstleistungen oder das Zugangsrecht zu Dingen (temporär) gegen eine Gebühr oder eine andere Kompensation […] über Social-Media-Plattformen des Internets […] verschenkt, getauscht, geliehen oder verkauft werden“. Der bisherige Forschungsstand zur Sharing-Beteiligung umfasst vorrangig Studien, in denen anhand von Motivlagen und Erwartungshaltungen akteurspezifische Nutzungsintentionen bzw. -entscheidungen erklärt werden. Ansätze dieser Art folgen der Logik explizierbaren Wissens (Bohnsack 2017). Die Angaben der Befragten entsprechen „Rationalisierungen, die die Individuen zwangsläufig erzeugen, wenn sie aufgefordert sind, gegenüber ihrer Praxis eine Perspektive einzunehmen“ (Bourdieu 1976, S.208).

Forschungsfrage: Davon abgrenzend fehlt dem aktuellen Forschungsstand um die Nutzung von Sharing Plattformen die Berücksichtigung einer impliziten Regelstruktur im Sinne eines Orientierungsrahmens (Bohnsack 2017). Daher verfolgt die vorliegende Studie die Frage, von welchen Orientierungsrahmen sich Nutzer*innen von Sharing Plattformen leiten lassen.

Methodik: Die Basis der Analyse stellen drei Gruppeninterviews mit Nutzer*innen verschiedener Sharing-Plattformen dar. Das sich daraus ergebende Material wurde an inhaltlich relevanten Stellen hoher Interaktions- und metaphorischer Dichte im Rahmen einer dokumentarischen Gesprächsanalyse (Bohnsack 2017; Mannheim 1982; Przyborski 2004) ausgewertet.

Anliegen der Posterpräsentation: Exemplarisch wird ein Auszug aus einer Gruppendiskussion vorgestellt, um das Forschungsdesign und das methodische Vorgehen zu diskutieren. Dazu wird neben der zum Beispiel gehörigen formalen und reflektierenden Interpretation eine Einordnung des Beispiels in die bis dahin erarbeiteten Orientierungsrahmen vorgenommen.

Kontakt: sebastian.juerss@uni-leipzig.de / thomas.eichhorn@uni-leipzig.de

Literatur

  • Bohnsack, Ralph (2017). Praxeologische Wissenssoziologie.Opladen: Verlag Barbara Budrich.
  • Bourdieu, Pierre (1976). Entwurf einer Theorie der Praxis auf der ethnologischen Grundlage der kabylischen Gesellschaft. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
  • Hertwig, Markus & Papsdorf, Christian (2017). Varieties of Sharing. Handlungsorientierungen, Strukturen und Arbeitsbedingungen eines neuartigen Feldes. Berliner Journal für Soziologie, 27(3-4), 521–546.
  • Mannheim, Karl (1982). Strukturen des Denkens. Frankfurt am Main: Suhrkamp [Orig. 1980].
  • Przyborski, Aglaja (2004). Gesprächsanalyse und dokumentarische Methode. Wiesbaden: VS.

Wissensgenerierung im professionellen Beratungshandeln – Eine Analyse von Supervisionssitzungen

Markus Lohse, Hochschule Mittweida und Technische Universität Dreden

Forschungskontext: Supervision/Coaching ist ein arbeitsweltbezogenes Beratungsformat. Es versteht sich als reflexive Beratung zur Wiedererlangung bzw. Erweiterung von Handlungsfähigkeit im Beruf. Bislang ist die Supervisions- und Coachingforschung eher auf Wirkfaktoren (Input-/Outputorientierung) und weniger prozessorientiert ausgerichtet. „Allgemein ist die beratungswissenschaftliche Forschung bislang wenig interaktionistisch ausgerichtet“ (Möller 2010, S.219). Im Mittelpunkt der Orientierung auf den Prozess steht die Frage, wie Wissen (Erkenntnis, Einsicht) von und zwischen den Beteiligten interaktiv erzeugt wird (Busse, Hansen & Lohse 2013; Hansen & Lohse 2011). Berater*innen und Ratsuchende interagieren partiell immer vom Standpunkt des relativen Nichtwissens. Supervision/Coaching setzt somit nicht nur Wissen voraus, sondern erzeugt es und ist damit forschungsanalog: „jeder Supervisor ist ein Forscher, der gemeinsam mit den Supervisanden Arbeitsprozesse erforscht“ (Buer 1998, S.9). Diese Forschungsanalogie des Supervisionshandelns als „praxisnahe Supervisionsforschung […,] indem die […] Supervisor*innen den Standpunkt einer Forscherin oder eines Forschers einnehmen“ (Giesecke & Rappe-Giesecke 1997, S.239), also zu verstehen, was wie Wissen erzeugt, ist gleichermaßen bezeichnend für eine hohe theoretische Komplexität wie auch eine interessante Herausforderung.

Forschungsfrage: Die Studie verfolgt die offene Frage, wie die interaktive Erzeugung von Wissen in Supervisionsprozessen „passiert“, um theoriegenerierend die Multidimensionalität der Supervisionsinteraktion genauer zu erfassen. Angenommen wird: 1) es ist die, bis dato empirisch unbegründete Behauptung formuliert, Supervision sei forschungsanalog (u.a. Gotthardt-Lorenz, Hausinger & Sauer 2013) und 2) zwischen erfahrenen Praktiker*innen und Berufsanfänger*innen in arbeitsweltbezogener Beratung, hier Supervision/Coaching, bestehen Kompetenzdifferenzen (Buchinger & Klinkhammer 2007).

Datenmaterial: Geplant ist, 60/90-minütige Einzelsupervisionssitzungen per Audioaufzeichnung aufzunehmen. Das Material sollt mittels (erweitertem) semantisch-inhaltlichem Transkriptionssystem transkribiert werden, wobei ausgewählte Stellen gemäß dem Minimal- und Basistranskript GAT 2 verschriftlicht werden.

Methodik: Vorgesehen ist eine Auswertung mit der reflexiven Grounded-Theory-Methodologie (Breuer, Muckel & Dieries 2018), um einen Empirie begründeten Theorieentwurf supervisorischen Handelns zu entwickeln.

Anliegen der Posterpräsentation: Diskussion darüber, inwieweit die Methodenwahl mit Bezug auf die Fragestellung zu konkretisieren ist.

Kontakt: lohse@hs-mittweida.de / www.sw.hs-mittweida.de/forschung/promotionen

Literatur

  • Breuer, Franz; Muckel, Petra & Dieries, Barbara (2018). Reflexive Grounded Theory. Eine Einführung für die Forschungspraxis (3. vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage). Wiesbaden: Springer.
  • Buchinger, Kurt & Klinkhammer, Monika (2007). Beratungskompetenz. Supervision, Coaching, Organisationsberatung. Stuttgart: Kohlhammer.
  • Buer, Ferdinand (1998). Einleitung. In Peter Berker & Ferdinand Buer (Hrsg.), Praxisnahe Supervisionsforschung. Felder – Designs – Ergebnisse (S.8-13). Weinheim: Beltz.
  • Busse, Stefan; Hansen, Simona & Lohse, Markus (2013). Methodische Rekonstruktion von Wissen in Supervisionsprozessen. In Stefan Busse & Brigitte Hausinger (Hrsg.), Supervisions- und Coachingprozesse erforschen. Theoretische und methodische Zugänge (S.14-53). Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.
  • Busse, Stefan & Hausinger, Brigitte (Hrsg.) (2013). Supervisions- und Coachingprozesse erforschen. Theoretische und methodische Zugänge. Bd. 7. Göttingen: Vandenhoeck & Rupprecht.
  • Giesecke, Michael & Rappe-Giesecke, Kornelia (1997). Supervision als Medium kommunikativer Sozialforschung. Die Integration von Selbsterfahrung und distanzierter Betrachtung in der Beratung und Wissenschaft. Berlin: Suhrkamp.
  • Gotthardt-Lorenz, Angela; Hausinger, Brigitte & Sauer, Joachim (2013). Das Forschende Vorgehen in Supervisionsprozessen. In Stefan Busse & Brigitte Hausinger (Hrsg.), Supervisions- und Coachingprozesse erforschen. Theoretische und methodische Zugänge (S.202-221). Göttingen: Vandenhoeck & Rupprecht.
  • Hansen, Simona & Lohse, Markus (2011). Supervision Plus. Professionelle Beratung als interaktive Generierung von Wissen. Hochschule Mittweida.
  • Möller, Heidi (2010). Supervision und Supervisionsforschung als Selbstkonfrontationsprozess. In Stefan Busse & Susanne Ehmer (Hrsg.), Wissen wir, was wir tun? Beraterisches Handeln in Supervision und Coaching (S.218-236). Göttingen: Vandenhoeck & Rupprecht.

„Na, solange es kein Schwarzer ist.“ – Eine Grounded-Theory-Studie zu Praktiken der Exklusion und Inklusion in der Zusammenarbeit mit Menschen mit Migrationshintergrund in der ambulanten Pflege in Ostsachsen

Monique Ritter, Hochschule Zittau/Görlitz und Technische Universität Chemnitz

Ausgangspunkt: Nachdem die Zuwanderung nach Deutschland seit dem Jahr 2015 maßgeblich von geflüchteten Menschen geprägt ist, hat sich der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund in Sachsen seit 2012 mehr als verdoppelt (SAB 2018, S.125). Dies geht auch mit einer Zunahme an Interkulturalität im sächsischen Arbeitskontext einher und markiert darüber hinaus lediglich den Beginn, da die Bundesregierung die Zuwanderung von Fachkräften aus Drittstaaten öffnen wird (BMWi 2019). Obschon Kleinunternehmen wie die ambulante Altenpflege vom Fachkräftemangel besonders betroffen sind, ist dennoch die Arbeitslosenquote unter den Ausländer*innen in Sachsen konstant hoch (SMI 2016, S.173). Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (2016) regt an, den Fachkräftemangel in der Pflege mit der Ausbildung der geflüchteten Menschen und durch die Fachkräftezuwanderung zu kompensieren, um die Situation zu entspannen. Dies wirft die Frage auf, ob in Ostsachsen vorausgesetzt werden kann, dass Menschen mit Migrationshintergrund im beruflichen Kontext der ambulanten Pflege erfolgreich integriert und als Bereicherung erlebt werden.

Forschungsfrage: Anliegen der kooperativen Dissertation zwischen der HS Zittau/Görlitz (Soziale Gerontologie) und der TU Chemnitz (Interkulturelle Kommunikation) ist es, Erkenntnisse darüber zu liefern, wie sich Praktiken der Exklusion und Inklusion in Ostsachsen im Mikrosystem der ambulanten Pflege gegenüber der beruflichen Zusammenarbeit mit Geflüchteten und Menschen mit Migrationshintergrund konstruieren. Darüber hinaus soll eruiert werden, wie sich Wege zur Inklusion gestalten lassen.

Methodik: Die vorgestellte Studie arbeitet nach der Grounded-Theory-Methodologie, wobei ein Augenmerk auf dem erkenntnistheoretischen Konstruktivismus (Charmaz 2014) und postmodernen Strömungen (Clarke 2012) liegt. Letztere ermöglicht bei der Theorieentwicklung poststrukturalistische Ansätze Foucaults zu integrieren und in der Forschungssituation diskursanalytisch rassistische Praktiken zu analysieren. Triangulierend und problemzentriert werden die Sichtweisen und Praktiken der Pflegedienstleiter*innen, Pflege(fach)kräfte und Pflegebedürftigen durch teilnarrative Interviews (Intensive Interviewing; Charmaz 2014) und teilnehmende Beobachtung (Geertz 2015 [1987]) erhoben. Theoretical Sampling bildet die Grundlage für die Auswahl der Interviewteilnehmer*innen und Beobachtungssituationen. Die Auswertung erfolgt durch offenes, axiales und selektives Kodieren (Strauss & Corbin 1996).

Ergebnisse: Bei der Untersuchung des Phänomens kann von einer etablierten Zusammenarbeit mit Menschen mit Migrationshintergrund (noch) nicht gesprochen werden. Das Mikrosystem der ambulanten Pflege erhält Widerstände aufrecht, die es den Dazugehörigen erlauben, unter sich zu bleiben. Verantwortung wird vielfach externalisiert, so beispielsweise an das Einverständnis der Pflegebedürftigen oder die Politik. Auffallend ist eine verschiedene Wahrnehmung von Menschen mit Migrationshintergrund nach Herkunft und Optik (soziale und genetische Merkmale). Menschen aus Polen und Tschechien sind deutlich etablierter als Menschen mit Fluchthintergrund (und religiöser Symbolik) oder Menschen mit dunkler Hautfarbe.

Anliegen der Posterpräsentation: Mir geht es um ein Feedback zum methodischen Vorgehen und um Kontakte zu anderen Nachwuchswissenschaftler*innen, die sich thematisch und forschungsmethodologisch vom vorgestellten Dissertationsprojekt angesprochen fühlen.

Kontakt: monique.ritter@hszg.de

Literatur

Erfahrungen von Frauen in der Gemeindeleitung. Eine qualitative Studie in der Deutschschweiz

Nadja Waibel; Doktorandin in der Pastoraltheologie an der Universität Luzern

Forschungskontext: In der momentanen Diskussion um Kirche und Laienämter, insbesondere Frauenämter fehlen Perspektiven darauf, welche Erfahrungen Frauen in Gemeinden in Leitungspositionen gemacht haben. Derzeit liegen überwiegend nur Reglemente vor, die die Aufgabenbereiche von Frauen in diesem Arbeitsfeld kartieren. Diese Studie hält fest, dass es Frauen gibt, die als Gemeindeleiterinnen in katholischen Pfarreien arbeiten. Nach dem Ansatz von Stephanie Klein muss praktische Theologie „bei der konkreten Erfahrung der Frauen und Männer ansetzen und die Kontexte des gelebten Lebens und Glaubens mit benennen und reflektieren.“ (Klein 1994, S.75)

Forschungsfrage: Vor dem Hintergrund dieses Forschungsdesiderats geht es in der Studie darum, zu rekonstruieren, welche biografischen Wege Frauen in die Gemeindeleitung gemacht haben und darüber in Erfahrung zu bringen, wie diese Frauen ihre berufliche Situation erleben und welche Erfahrungen in der Leitungsposition besonders charakterisierend sind.

Methodik: In der Studie wurden bislang 20 biografische Interviews geführt, um die subjektive Sichtweisen, die interaktive soziale Wirklichkeit und kultureller Rahmungen sozialer Wirklichkeiten in den Blick zu nehmen (Flick 1996, S.28). Die Methodik folgt dem Ansatz vom Klein (1994), Theologie und empirische Biografieforschung zu verbinden. Die befragten Frauen erzählten in narrativen Interview ihre biografischen Wege in die Gemeindeleitung. In den danach folgenden Leitfaden-Interviews wurden sie auf ihre konkrete Tätigkeit angesprochen und nach Orten der Gotteserfahrung gefragt. Um die verschiedenen Akteur*innen einer Gemeinde und die Position der Gemeindeleiterin darzustellen, wurde die Methodik der Situationsanalyse gewählt (Clarke 2012).

Erste Ergebnisse: Es zeigt sich, dass sich die Frauen selten von der Kirche gefördert fühlen, aber ihr Glaube und positive Rückmeldungen von Gemeindemitgliedern ihre Ressource ist, ihren Weg weiterzugehen. Das Begleiten von Menschen in Situationen wie Taufe, Lebenskrisen und Beerdigung erleben sie als sehr vielseitig und sinnvolle Aufgabe, das motiviert sie für ihre berufliche Tätigkeit.

Anliegen der Posterpräsentation:Qualitative Forschung in der Pastoraltheologie ermöglicht Zugänge zur Lebens- und Glaubensgeschichte von Menschen. In diesem Fall sind es Frauen, die in der katholischen Kirche wichtige Funktionen übernehmen, aber dabei von einer breiten Öffentlichkeit kaum wahrgenommen werden. Durch die Befragung der Frauen zeigt die Studie Perspektiven auf für eine erfahrungsbezogene Theologie und die Praxis der gegenwärtigen Kirche.

Kontakt: Nadja.Waibel@unilu.ch

Literatur

  • Clarke, Adele E. (2012). Situationsanalyse: Grounded Theory nach dem Postmodern Turn. Wiesbaden: Springer VS.
  • Flick, Uwe (1996). Qualitative Forschung, Theorie, Methodik, Anwendung in Psychologie und Sozialwissenschaften. Reinbeck: Rowohlt.
  • Klein, Stephanie (1994). Theologie und empirische Biographieforschung. Methodische Zugänge zur Lebens- und Glaubensgeschichte und ihre Bedeutung für eine erfahrungsbezogene Theologie. Stuttgart: Kohlhammer

Prozesse durch Codierung erfassen? Auf dem Weg zu einem Analysemodell der Verrechtlichung transnationaler Arbeitsstandards

Patrick Witzak; Universität Duisburg-Essen, Institut für Soziologie, Arbeitsgruppe Prof. Dr. Quack

Ausgangspunkt und Forschungskontext: Das transnationale Feld der Arbeitsregulierunghat im Zuge der Globalisierung von Märkten eine Ausdifferenzierung erfahren. Mit dem Anstieg der Anzahl der Akteure im Feld geht damit eine Vervielfältigung rechtlicher transnationaler Regulierungsformen einher, welche durch die Akteure etabliert werden (Egels-Zanden 2009, S.170-173; Pries 2016, S.78-83, 211-215). Eine vergleichende Betrachtung der Rolle juristisch agierender Akteur*innen sowie des Prozesses der Verrechtlichung im transnationalen Raum ist im fachlichen Diskurs kaum gegeben. Vor diesem Hintergrund werden jüngere Industrieunfälle in der Textil- und Bergbauindustrie fokussiert, die unterschiedliche Pfade einer Verrechtlichung aufzeigen. Der theoretische Rahmen des Projekts basiert maßgeblich auf Rechts-, Diskurs- und Institutionalisierungsansätzen (Halliday & Shaffer 2015; Sabatier & Weible 2007; Zajak 2017).

Forschungsfrage: Das Projekt möchte erarbeiten, wie die Zusammenarbeit von grenzüberschreitenden juristischen Akteuren und grenzüberschreitenden Aktivistennetzwerken das rechtliche Verbindlichkeitsmaß neuer Formen der Arbeitsregulierung beeinflusst.

Methodik: Die qualitative Langzeitbetrachtung erfolgt mittels einer Triangulation von Explaining-Outcome-Process-Tracing (Beach & Pedersen 2013), einer Diskursnetzwerkanalyse (Leifeld 2016) und einem Temporal Bracketing (Langley1999). Elemente der strukturierenden Inhaltsanalyse (Kuckartz 2018) werden als Rahmen für die Kodierung der Daten eingefügt. Durch die Analyse von Webartikeln und Expert*inneninterviews werden Akteur*innen, Perioden, Diskursnetzwerke und wirksame Mechanismen im Zeitverlauf identifiziert und analysiert.

Ergebnisse: Erste Ergebnisse zeigen, dass die Akteur*innen mittels diskursiver Mobilisierung versuchen eine neue Sorgfaltspflicht für Unternehmen zu etablieren. Dabei werden Konzepte und Forderungen bei einer drohenden Depolitisierung verändert. Insbesondere juristische Akteur*innen greifen dabei auf bereits fest verankerte Regulierungsoptionen wie rechtliche Schritte zurück. Insgesamt entstehen im Zeitverlauf neue Regulierungsformen mit unterschiedlicher Verbindlichkeit; eine einheitliche Kodifizierung ist nicht erkennbar.

Anliegen der Posterpräsentation:Vorstellung von Zwischenergebnissen und Diskussion über die Methodik, um das weitere Vorgehen zu planen.

Kontakt: patrick.witzak@stud.uni-due.de / https://www.uni-due.de/soziologie/witzak.php

Literatur

  • Beach, Derek & Pedersen, Rasmus B. (2013). Process-tracing methods: foundations and guidelines. Ann Arbor: The University of Michigan Press.
  • Egels-Zanden, Niklas (2009). Transnational governance of workers rights: outlining a research agenda. Journal of Business Ethics, 87(2), 169-188.
  • Halliday, Terence C. & Shaffer, Gregory (Hrsg.) (2015). Researching transnational legal orders. Cambridge: Cambridge University Press.
  • Kuckartz, Udo (2018). Qualitative Inhaltsanalyse. Methoden, Praxis, Computerunterstützung. Weinheim: Beltz Juventa.
  • Langley, Ann (1999). Strategies for theorizing from process data. Academy of Management Journal, 24(4), 691-710.
  • Leifeld, Philip (2016). Policy debates as dynamic networks: German pension politics and privatization discourse. Frankfurt am Main: Campus.
  • Sabatier, Paul A. & Weible, Cristopher M. (2007). The advocacy coalition framework. In Paul A. Sabatier (Hrsg.), Theories of the policy process (S.189-220). Boulder: Westview Press.
  • Zajak, Sabrina (2017). Rethinking pathways of transnational activism. Global Society, 31(1), 125-143.

Bildung

Die Kompetenzentwicklung von Lehramtsstudierenden im inklusiven naturwissenschaftlichen Unterricht videobasiert erforschen – erste Ergebnisse einer inhaltsanalytischen Auswertung

Sarah Brauns, Daniela Egger, Katja Sellin, Matthias Barth & Simone Abels; Leuphana Universität Lüneburg

Forschungskontext: In dem Projekt Nawi-In (Naturwissenschaftlichen Unterricht inklusiv gestalten) erwerben die Studierenden mit den Fächern Sachunterricht (Primarstufe) oder Biologie bzw. Chemie (Sekundarstufe I) im Master Grundlagen zu inklusivem naturwissenschaftlichen Unterricht, schulen ihre Unterrichtswahrnehmung und führen eigenen Unterricht durch. Das Aneignen theoretischer Grundlagen geschieht im Rahmen der einsemestrigen Praxisvorbereitung bevor die Studierenden für ein Schulhalbjahr an die Praktikumsschulen gehen. Das Projekt Nawi-In zeigt den Studierenden zu verschiedenen Messzeitpunkten Unterrichtsausschnitte, um die Wahrnehmung der Studierenden zu fördern sowie gleichzeitig ihre Kompetenzentwicklung analysieren zu können. Während des Praktikums planen die Studierenden eigenen Unterricht, setzen diesen um und reflektieren Kriterien geleitet dessen Gelingen. Der Zyklus aus Planung, Umsetzung und Reflexion wird ein zweites Mal wiederholt. Mithilfe der Videografie wird das Unterrichtshandeln von Lehramtsstudierenden für Fremd- und Selbstreflexionen zugänglich. Auf diese Weise kann die Kompetenzentwicklung von Studierenden im BMBF-Projekt Nawi-In für die fachdidaktische Forschung erfassbar gemacht werden (Riegel 2013).

Forschungsfrage: Das Projekt will erarbeiten, welche professionelle Kompetenzentwicklung für inklusiven naturwissenschaftlichen Unterricht sich bei Lehramtsstudierenden im Master feststellen lässt.

Methodik: In unserer Pilotierung wurden die Studierenden (n=17) über zwei Semester (Vorbereitungsseminar und fünfmonatiges Praktikum) begleitet. Zur Analyse der Kompetenzentwicklung wurde den Studierenden zu drei Messzeitpunkten (vor- und nach der Vorbereitung sowie nach dem Praktikum) jeweils eine Videovignette gezeigt und durch Leitfragen Fremdreflexionen initiiert (vgl. Seidel 2011). Im Vorbereitungsseminar haben die Studierenden außerdem zu zwei weiteren Videovignetten Fremdreflexionen in Kleingruppen geübt. Jede*r Studierende hat im Rahmen des Praktikums in der Schule insgesamt zwei Videos des eigenen Unterrichts erstellt und selbstreflektiert. Alle Reflexionen wurden audiografiert. Ausgewertet werden die Video- und Audiodaten inhaltsanalytisch (Mayring 2010) mittels eines deduktiv erstellten Analyserasters.

Anliegen der Posterpräsentation: Vorgestellt werden das inhaltsanalytische Vorgehen und Auszüge aus dem Analyseraster. Ergänzt werden, sofern vorliegend, Ergebnisse ausgewerteter Unterrichtsvideos und -reflexionen der Studierenden, um erste Kompetenzprofile von Studierenden aufzuzeigen. Zu diskutieren wird die Ökonomie unseres Vorgehens innerhalb der Videoforschung sein. Außerdem können Forschende verschiedener Disziplinen in den Diskurs über den Umgang mit Datenmengen, Hinweisen zu Videotranskriptionen und der Auswahl von Analysemethoden für Videos treten. Dies ist für uns hinsichtlich der Adaption für die Hauptstudie (Beginn WS 19/20) relevant.

Kontakt: Sarah.hoffmann@leuphana.de

Literatur

  • Mayring, Philipp (2010). Qualitative Inhaltsanalyse: Grundlagen und Techniken (11. Auflage). Weinheim: Beltz.
  • Riegel, Ulrich (2013). Videobasierte Kompetenzforschung in den Fachdidaktiken: Einleitung. In Ulrich Riegel & Klaas Macha (Hrsg.), Videobasierte Kompetenzforschung in den Fachdidaktiken (S.9-24). Münster: Waxmann.
  • Seidel, Tina (2011). Teacher learning from analysis of videotaped classroom situations: Does it make a difference whether teachers observe their own teaching or that of others? Teaching and Teacher Education, 27, 259-267.

Mit Mixed Methods der Genese des naturwissenschaftlichen Selbstkonzepts in Eltern-Kind-Interaktionen auf der Spur

Fenja Bodesheimer & Arnim Lühken; Goethe-Universität Frankfurt am Main, Institut für Didaktik der Chemie

Ausgangspunkt: Im Hinblick auf die Bedeutung von naturwissenschaftlichen Erkenntnissen für unsere moderne Gesellschaft, ist es problematisch, dass in der dazugehörigen und prosperierenden Industrie seit Jahren ein Fachkräftemangel verzeichnet wird (Obermeier 2014). Die daraus resultierende Sorge um den naturwissenschaftlichen Nachwuchs zeigt sich in dem wachsenden Feld der Interessens- und Motivationsforschung und, als deren Konsequenz, die zunehmende Integration von außerschulischen Lernorten in naturwissenschaftliche Kontexte (z.B. Engeln 2004). Mit welchen Ausprägungen Person-Gegenstand-Beziehungen entstehen, ist von der Lernumgebung – genauer von den zentralen Faktoren „Kompetenzerleben“, „Autonomie“ und „soziale Eingebundenheit“ – abhängig (Ryan & Deci 2000). Insbesondere die Eltern haben vor allem in der frühen Kindheit großen Einfluss auf die Entwicklung der Persönlichkeitsmerkmale ihrer Kinder, da sie maßgeblich für die Regulation des identitätsprägenden Informationsflusses verantwortlich sind (Laskowski 2000).

Forschungskontext: Im Anbetracht des Aspekts der sozialen Eingebundenheit und den entwicklungsfördernden Einfluss der Eltern, werden die Eltern bei dem außerschulischen Lernort KEMIE® (Kinder erleben mit ihren Eltern Chemie) mit in die Erfahrungs- und Lernprozesse der Kinder einbezogen (Sommer et al. 2013). Die Frankfurter Maßnahme läuft im Schuljahr 2018/19 über neun Monate (09/2018-05/2019); monatlich findet jeweils eine Experimentiereinheit statt. Anmelden konnten sich Frankfurter Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 3-7 mit je einem Elternteil (N = 45; Kontrollgruppe: N = 180).

Forschungsfrage: In der Studie soll geklärt werden, wie sich das Eltern-Kind-Projekt KEMIE® in Frankfurt (a. M.) auf das naturwissenschaftliche Selbstkonzept der Schülerinnen und Schüler auswirkt und wie sich die Eltern-Kind-Interaktion in diesem naturwissenschaftlichen Kontext gestaltet.

Methodik: Mithilfe von kurzfristigen und langfristigen Pre-Post-Tests sowie fokussierten Interviews (Hopf 2003) und einer Videografie der Interaktionen (André 2016) in einer ausgewählten Experimentiersequenz, werden die Effekte der quasi-experimentellen Intervention beforscht. Die quantitativen Daten werden inferenzstatistisch mit SPSS ausgewertet, die qualitativen nach der Grounded-Theory-Methodologie (Strauss 1998 [1987]) in ATLAS.ti. Aus den qualitativen Daten sollen zunächst die Ausprägungen von typischen Eltern-Kind-Interaktionen im naturwissenschaftlichen Kontext erkannt werden. Ziel ist eine Typenbildung (Kelle & Kluge 2010), anhand derer die Entwicklungsangemessenheit der familialen Interaktion eingeordnet werden kann. Die hieraus gewonnen Erkenntnisse sollen sowohl mit den quantitativen Daten als auch mit den qualitativen Daten konzeptualisiert werden.

Anliegen der Posterpräsentation: Die Datenerhebung und Transkription sind im Juni 2019 abgeschlossen. Es werden erste Ergebnisse der Pre-Post-Tests sowie die der Interviews präsentiert. Daher wird erhofft über die Verwendung der spezifischen Methoden und deren Schwachstellen sowie den Einsatz von Mixed Methods in diesem Design zu diskutieren.

Kontakt: bodesheimer@chemie.uni-frankfurt.de

Literatur

  • André, Jacob (2016). Interaktionsbeobachtung von Eltern und Kind. Methoden – Indikatoren – Anwendung. Stuttgart: Kohlhammer.
  • Engeln, Katrin (2004). Schülerlabors: authentische, aktivierende Lernumgebungen als Möglichkeit, Interesse an Naturwissenschaften zu wecken. Berlin: Logos.
  • Hopf, Christel (2003). Qualitative Interviews – ein Überblick. In Uwe Flick, Ernst von Kardorff & Ines Steinke (Hrsg.), Qualitative Forschung. Ein Handbuch (S.349-360). Reinbek: Rowohlt.
  • Kelle, Udo & Kluge, Susann (2010). Vom Einzelfall zum Typus. Wiesbaden: VS.
  • Laskowski, Annemarie (2000). Was den Menschen antreibt. Entstehung und Beeinflussung des Selbstkonzepts. Frankfurt: Campus.
  • Obermeier, Tim (2014). Fachkräftemangel. Dossier Arbeitsmarktpolitik der Bundeszentrale für politische Bildung, https://www.bpb.de/politik/innenpolitik/arbeitsmarktpolitik/178757/fachkraeftemangel?p=all.
  • Ryan, Richard M. & Deci, Edward L. (2000). Self-determination theory and the facilitation of instrinsic motivation, social development, and well being. American Psychologist. 55(1), 68-78.
  • Sommer, Katrin; Russek, Andreas; Kleinhorst, Helma; Kakoschke, Annette & Efing, Nicolas (2013). Kinder Erleben Mit Ihren Eltern Chemie. CHEMKON KEMIE Sonderausgabe. 20(5), 209-352.
  • Strauss, Anselm L. (1998). Grundlagen qualitativer Sozialforschung. München: Wilhelm Fink. [Orig. 1987]

Zum Habitus von Waldorf-Musiklehrkräften. Eine praxeologische Studie zu impliziten Wissensbeständen aus dem Berufsfeld der deutschen Waldorfschule

Ragnhild Eller; Universität Bremen

Forschungskontext: Da es bislang noch keine Einzelstudie zu den für die Schulkultur der Waldorfschule so wichtigen Musiklehrer*innen gibt, startete diese Dissertation über einen biografischen Zugang explorativ mit der Erfassung der Profile von 15 Musiklehrkräften aus Deutschland. So ist bemerkenswert, dass die meisten Musiklehrkräfte Quereinsteiger*innen sind: Sie kamen aus anderen Musikberufen und hatten keine bis wenig Berufserfahrung in pädagogischen Handlungsfeldern. Trotzdem waren sie erfolgreich mehr als zehn Jahre im Lehrberuf tätig.

Forschungsfrage: Um diesen Erfolg zu ergründen, zielt dieses Projektauf die Rekonstruktion des Waldorf-Musiklehrer*innenhabitus ab.

Methodik: Die Erhebung erfolgte mittels biografisch-narrativer Interviews (Schütze 1983) und die daran anknüpfende Datenauswertung mit der sequenzanalytischen Habitusrekonstruktion (Kramer 2018; Kramer & Pallesen 2018). Daneben ist die Arbeit ebenfalls in den Kontext Professionsforschung zu Lehrkräften, insbesondere den strukturtheoretischen Professionsansatz von Helsper (2014) eingebettet.

Anliegen der Posterpräsentation: Besonderes Interesse besteht an der inhaltlichen Diskussion um Quer- und Seiteneinsteiger*innen in den (Musik)-Lehrerberuf; Auswirkung des Habitus auf die Lehrpraxis

Kontaktreller@uni-bremen.de

Literatur

  • Helsper, Werner (2014). Lehrerprofessionalität – der strukturtheoretische Professionsansatz. In Ewald Terhart, Hedda Bennewitz & Martin Rothland (Hrsg.), Handbuch der Forschung zum Lehrerberuf (2. Auflage, S.216-240). München: Waxmann.
  • Kramer, Rolf-Thorsten & Pallesen, Hilke (2018). Lehrerhandeln zwischen beruflichem und professionellem Habitus. Praxeologische Grundlegungen und heuristische Schärfungen. In Tobias Leonhard, Julia Košinàr & Christian Reintjes (Hrsg.), Praktiken und Orientierungen in der Lehrerinnen- und Lehrerausbildung. Potentiale und Grenzen der Professionalisierung (S.41-52). Bad Heilbrunn: Julius Klinkhardt.
  • Kramer, Rolf-Thorsten (2018). Sequenzanalytische Habitusrekonstruktion. Methodologische Überlegungen zu einer neuen Methode der Habitushermeneutik. In Martin Heinrich Martin & Andeas Wernet (Hrsg.), Rekonstruktive Bildungsforschung. Zugänge und Methoden (S.243-267). Wiesbaden: Springer VS.
  • Schütze, Fritz (1983). Biographieforschung und narratives Interviews. Neue Praxis, 13(3), 283-293. 

Körperbilder von Sportlehrkräften – Eine multimodale Analyse vor dem Hintergrund der Intersektionalitätstheorie

Brigitta Höger; Zentrum für LehrerInnenbildung, Universität Wien

Forschungskontext: Körper und Körperlichkeit stehen im Unterrichtsfach Bewegung und Sport verglichen mit anderen Gegenständen in besonderer Weise im Fokus. Die Körper der Akteur*innen fungiert in diesem Kontext als Projektionsleinwand identitätsgenerierender symbolischer Repräsentationen, während das Unterrichtssetting gleichzeitig performativen Handlungen zur Verhandlung der eigenen Identität in besonderem Ausmaß Raum gibt. Der Umgang von Sportlehrkräfte mit dominanten Diskursen (Reproduktion, Dekonstruktion, Ignoranz, Widerstand etc.) und daraus resultierenden Normvorstellungen rund um Körper und Identität stellen ein richtungsweisendes Element ihres pädagogischen Handelns dar (Meier, Ruin & Leineweber 2017).

Zielsetzung: Bisherige sportpädagogische Forschungsarbeiten adressieren Körperverständnisse vor dem Hintergrund selektierter Diskurse (z.B. Inklusion, Gender, Migration/Ethnizität), nehmen jedoch eben dadurch eine limitierende Perspektive ein (Ruin 2017, S.229). Somit kann die Gleichzeitigkeit einzelner Identitätsdimensionen nur unzureichend abgebildet werden. Die Intersektionalitätstheorie bietet Möglichkeiten, entlang der vier Strukturkategorien Geschlecht, Klasse, Ethnizität und Körper in der Analyse qualitativer Daten nicht nur einzelnen Dimensionen, sondern auch ihre Bereiche von Überschneidung und gegenseitiger Beeinflussung systematisch zu analysieren und abzubilden (Winkler & Degele 2009).

Forschungsfrage: Im Zentrum der Studie steht die Frage, welche Körperbilder Sportlehrkräfte im Unterrichtsfach Bewegung und Sport vermitteln.

Methodik: Geplant ist für dieses gerade beginnende Dissertationsvorhaben die Befragung einer hinsichtlich Geschlecht, Alter, Dienstjahre, Herkunft und Schultyp heterogenen Gruppe von 30 Lehrkräften des Unterrichtsfaches Bewegung und SportIm Zuge der Erhebungen sollen zum einen diskursive Leitfadeninterviews (Ullrich 1999) geführt sowie zum anderen unter Nutzung von Glogster interaktive multimediale Poster (in Anlehnung an Azzarito, Simon & Marttinen 2017) von den befragten Lehrkräften erstellt werden. Die Analyse des Datenmaterials ist nach der mehrdimensionalen Analyse sozialer Ungleichheit von Winkler und Degele (2009) geplant, wobei die textuellen Anteile des Datenmaterials (Interviewtranskripte und Textanteile der Poster) die Analyse expliziter Deutungsstrukturen ermöglichen, während grafische Daten (Bilder und ggf. Videos der Poster) latente Deutungsstrukturen zu Tage fördern.

Anliegen der Posterpräsentation: Präsentation und Diskussion des methodischen Ansatzes

Kontakt: brigitta.hoeger@univie.ac.at

Literatur

  • Azzarito, Laura; Simon, Mara & Marttinen, Risto (2017). ‚Up against Whiteness‘: rethinking race and the body in a global era. Sports, Education and Society, 22(5), 635-657.
  • Glogster (2019). Interactive multimedia posters, https://edu.glogster.com.
  • Meier, Stefan; Ruin, Sebastian & Leineweber, Helga (2017). HainSL – ein Instrument zur Erfassung von Haltungen zu inklusivem Sportunterricht bei (angehenden) Lehrkräften. German Journal of Exercise and Sport Research, 47(2), 161-170.
  • Ruin, Sebastian (2017). Vielfältige Körper? Eine empirische Untersuchung zu Körperbildern von Sportlehrkräften vor dem Hintergrund des Inklusionsdiskurses. German Journal of Exercise and Sport Research, 47(3), 221-231.
  • Ullrich, Carsten, G. (1999). Deutungsmusteranalyse und diskursives Interview. Zeitschrift für Soziologie 28(6), 429-447.
  • Winkler, Gabriele & Degele, Nina (2009). Intersektionalität. Zur Analyse sozialer Ungleichheiten. Bielefeld: transcript.

Citizen Science für nachhaltige Entwicklung: Eine qualitative sozialwissenschaftliche Studie im ländlichen Raum

Anne H. Kraft; Technische Universität Berlin, Institut für Arbeitslehre, Technik und Partizipation (ARTE)

Forschungskontext: In transdiziplinärer Nachhaltigkeitsforschung, partizipativer Reallaborforschung aber auch in der Real-Politik (Deutscher Bundestag 2018) gibt es vermehrt Förderinitiativen für Citizen-Science-Projekte (Parodi et al. 2016). Initiiert werden Projekte mit demokratischer (Irwin 1995) und partizipierender (Bonney 1996) Forschungsbeteiligung. Außerakademisch initiierte Initiativen im ländlichen Raum sind im Gegensatz zu akademischen, urbanen und virtuellen Projekten (Pettibone, Vohland & Ziegler 2017) kaum untersucht. Rurale Gebiete haben jedoch großen Wissensbedarf im Hinblick auf die Nachhaltigkeitsziele (SDGs) (West & Pateman 2017). Das Dissertationsvorhaben ist daher an der Identifikation und am Verständnis bürgerwissenschaftlicher Projekte im ländlichen Raum mit Bedeutung für eine nachhaltige Entwicklung interessiert. Es zielt auf die Untersuchung der Akteurs-Netzwerke und im Sinne einer transformativen Forschung auf zugrundeliegende Theory of Change für eine sozial-ökologische Transformation.

Forschungsfrage: Welche Citizen-Science-Ansätze gibt es im ländlichen Raum? Inwieweit produzieren diese Ansätze Wissen in Bezug auf eine nachhaltige Entwicklung?

Methodik: Die explorative Studie verbindet eine quantitative Fallerhebung mit einer qualitativen Einzelfalluntersuchung. Über eine Kartierung werden Citizen-Science-Initiativen zu den Themen Kultur, Umwelt, Bildung und Ernährung im ländlichen Raum Mecklenburg-Vorpommern visualisiert. Es werden 30 problemzentrierte Interviews (Witzel 1985) mit außerakademischen Akteur*innen durchgeführt. Mittels strukturierter Inhaltsanalyse (Mayring) werden Rahmenbedingungen, Strukturen, methodische Zugänge, Ergebnisse und Wirkungsannahmen bürgerschaftlicher Wissensproduktion identifiziert. Einzelne Fallbeispiele werden unter Zuhilfenahme der Akteur-Netzwerk-Theorie (Latour 2007; Latour, Woolgar & Salk 1979) und der Ereignis-Struktur-Analyse (Heise 1991) auf ihre Gelingensbedingungen hin untersucht.

Anliegen der Posterpräsentation: Die Posterpräsentation dient der kritischen Reflexion des gewählten methodologischen und methodischen Zugangs, insbesondere mit Blick auf die Passung von Forschungsgegenstand und Auswertungsmethode.

Kontakt: anne.h.kraft@campus.tu-berlin.de

Literatur

  • Bonney, Rick (1996). Citizen science: A lab tradition. Living Bird, 15(4), 7–15.
  • Deutscher Bundestag (2018). Förderung von Reallaboren und Citizen Science in Deutschland. Berlin.
  • Heise, David R. (1991). Event structure analysis: A qualitative model of quantitative research. In Nigel Fielding & Raymond Lee (Hrsg.), Using computers in qualitative research (S.136-163). Newbury Park: Sage.
  • Irwin, Alan (1995). Citizen science: A study of people, expertise and sustainable development. London, New York: Routledge.
  • Latour, Bruno (2007). Eine neue Soziologie für eine neue Gesellschaft. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
  • Latour, Bruno; Woolgar, Steve & Salk, Jonas (1979). Laboratory life: The construction of scientific facts. Sa. Princeton, New Jersey: Princeton University Press.
  • Parodi, Oliver; Beecroft, Richard; Albiez, Marius; Quint, Alexandra; Seebacher, Andreas; Tamm, Kaidi & Waitz, Colette (2016). Von ‚Aktionsforschung‘ bis ‚Zielkonflikte‘ Schlüsselbegriffe der Reallaborforschung. Technikfolgenabschätzung – Theorie und Praxis, 25(3), 9-18.
  • Pettibone, Lisa; Vohland, Katrin & Ziegler, David (2017). Understanding the (inter)disciplinary and institutional diversity of citizen science: A survey of current practice in Germany and Austria. PLoS ONE, 12(6),1–16.
  • West, Sarah & Pateman, Rachel (2017). „How could citizen science support the Sustainable Development Goals?“ Discussion Brief. Stockholm.
  • Witzel, Andreas (1985). Das problemzentrierte Interview. In Gerd Jüttemann (Hrsg.), Qualitative Forschung in der Psychologie: Grundfragen, Verfahrensweisen, Anwendungsfelder (S.227–255). Weinheim: Beltz.

Störfaktor oder Erkenntnisquelle? Tiefenhermeneutische Analyse von Interviews mit Sprachmittlung

Susanne Leitner; Technische Universität Dortmund

Ausgangspunkt: Im Diskurs um schulische Elternarbeit im Kontext von Flucht dominiert das Postulat, dass Geflüchtete an das (in Deutschland) vorherrschende Bildungssystem herangeführt und dazu befähigt werden müssen, an diesem erfolgreich zu partizipieren. Als Bildungspartner*innen werden sie häufig als defizitär problematisiert. Subjektive Deutungsmuster (emotional) relevanter Kindheits- und Lernerfahrungen dieser Zielgruppe werden, so meine Ausgangshypothese, dethematisiert.

Forschungsfrage: Ziel des Projektes ist es, herauszuarbeiten, a) welche subjektiven Deutungsmuster geflüchtete Eltern von Kindheit, Lernen und Bildung haben, und b) welche Lernerfahrungen angesichts massiver biografischer Umbrüche als emotional bedeutsam und relevant betrachtet werden.

Methodik: Die Interviewgespräche werden z.T. mit Sprachmittler*innen durchgeführt. Durch eine validierende Rückübersetzung der Audioaufnahme werden die Sprachmittlungsgespräche wortgetreu transkribiert (Brandmeier 2015; Enzenhofer & Resch 2013). Ausgewertet werden die in Interviewgesprächen erhobenen Daten nach dem Ansatz der Tiefenhermeneutik (Klein 2013), um das erwartete hohe Maß an „Irritationen“ im Forschungsprozess aufgrund von kulturellen und sprachlichen Unterschieden zwischen Forscherin und Erzählpartner*innen (Stegmaier 2013), ungleich verteilte Machtverhältnisse und dem Einfluss von Sprachmittler*innen nicht als Störfaktoren zu minimieren sondern als Erkenntnisquellen einzubeziehen.

Anliegen der Posterpräsentation: Das Poster soll auf die Besonderheiten bei Interviewführung und -auswertung mit Sprachmittlung fokussieren, erste Beispiele zeigen und zur Diskussion darüber anregen, welche methodischen Herausforderungen die Arbeit mit Übersetzungen im mehrsprachigen Forschungskontext insbesondere aus psychoanalytischen, kritisch-reflexiven und postkolonialistischen Perspektiven (Castro Varela 2018) mit sich bringt.

Kontakt: susanne.leitner@tu-dortmund.de / http://www.see.tu-dortmund.de

Literatur

  • Brandmeier, Maximiliane (2015). Qualitative Interviewforschung im Kontext mehrerer Sprachen – Reflexion als Schlüssel zum Verstehen. Resonanzen, 2, 131-143.
  • Castro Varela, Maria do Mar (2018). Erlaubter Wahnsinn. In SchlaU-Werkstatt für Migrationspädagogik (Hrsg.), Migrationspädagogische Praxis in der Zusammenarbeit mit jungen Geflüchteten. Migrationspädagogische Praxis in der Zusammenarbeit mit jungen Geflüchteten. Eine Suchbewegung. Jahrestagung 2017. München (8-15), http://www.schlau-werkstatt.de/wp-content/uploads/2018/08/Publikation-Jahrestagung-2017.pdf.
  • Enzenhofer, Edith & Resch, Katharina (2013). Unsichtbare Übersetzung? In Richard Bettmann & Michael Roslon (Hrsg.), Going the Distance (S.203-229). Wiesbaden: Springer VS.
  • Klein, Regina (2013). Tiefenhermeneutische Analyse. In Barbara Friebertshäuser, Antje Langer & Annedore Prengel (Hrsg.), Handbuch Qualitative Forschungsmethoden in der Erziehungswissenschaft (S.263-278).Weinheim: Beltz Juventa
  • Stegmaier, Peter (2013). Die hermeneutische Interpretation multisprachlicher Daten in transnationalen Forschungskontexten. In Richard Bettmann & Michal Roslon (Hrsg.), Going the Distance (S.231-252). Wiesbaden: Springer VS.

Renaissance des jüdischen Lebens. Biografische Perspektiven auf berufliches oder akademisches Ankommen in Deutschland

Khatuna Mstoiani; Universität Potsdam und Hochschule Mittweida

Forschungskontext- und frage: Im Gegensatz zu ihren Eltern, die nach der Einwanderung in den 1990er Jahren in hohem Maße von Arbeitslosigkeit und prekären Erwerbssituationen betroffen waren, erweist sich die Migration für die jungen Erwachsenen als sozialer und ökonomischer Erfolg. Sie profitieren von hohen Bildungsabschlüssen und verfügen über eine überdurchschnittlich gute Erwerbssituation. In der vorliegenden Studie wird untersucht, mit welchen Herausforderungen junge russischsprachige Juden und Jüdinnen auf dem Weg zu ihrer beruflichen oder akademischen Ausbildung konfrontiert waren. Diese Fragen werden unter dem Gesichtspunkt der Lebensumstände, die Rolle des sozialen Umfelds bei der Auswahl der Bildung, Möglichkeit, die ihnen in Deutschland gegeben wurde, untersucht (Körber 2015).

Methodik: Im Rahmen der Studie werden gemäß dem theoretischen Sampling (Strauss 1994) sechs Personen der zweiten Generation interviewt, die 19 bis 37 Jahre alt sind und die in den 1990er Jahren aus sowjetischen Ländern nach Deutschland einwanderten. Die narrativ-biografischen Interviews (Schütze 1983) werden mit der Methode der biografischen Fallrekonstruktion (Rosenthal 2005) ausgewertet, um dem Forschungsinteresse an den Bildungsbiografien der Interviewten gerecht zu werden.

Anliegen der Posterpräsentation: Die Studie mit ihrer Methodik und der Fragestellung sollen zur Diskussion gestellt werden. Ferner würde ich gerne neue Kontakte mit Forscherinnen und Forschern knüpfen, die in einem ähnlichen Feld bzw. Methode arbeiten.

Kontakt: kmstoiani@yahoo.com

Literatur

  • Körber, Karen (2015). Russisch-jüdische Gegenwart in Deutschland: Interdisziplinäre Perspektiven auf eine Diaspora im Wandel. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.
  • Rosenthal, Gabriele (2015). Interpretative Sozialforschung (5. Auflage). Weinheim: Beltz Juventa.
  • Schütze, Fritz (1983). Biographieforschung und narratives Interview. Neue Praxis, 13(3), 283-293.
  • Strauss, Anselm L. (1994). Grundlagen qualitativer Sozialforschung. München: Fink. [Orig. 1987]

Gesundheit

In guten wie in schlechten Zeiten – Eine qualitativ-explorative Studie zur Lebenswelt und Lebenslage von Paaren mit Pflegebeziehung

Katharina Niedling; Universität Bielefeld; Hans Böckler Promotionsstipendiatin

Forschungskontext/Ausgangspunkt: Infolge des Anstiegs der Lebenserwartung der Bevölkerung ist die Paarbeziehung eine der am häufigsten anzutreffenden Pflegekonstellationen in der BRD. Die Befragung verheirateter Paare zeigt, dass diese sich den Ehegatten/die Ehegattin und die Kinder am häufigsten als Hauptpflegeperson(en) wünschten (Spitze & Ward 2000). Da die Ergebnisse aus der Elternpflege nicht verallgemeinernd übertragbar sind, führt das Theoriedefizit zu Problemen in der Angehörigenberatung (Franke 2006, S.1-5).

Forschungsfrage: Das Promotionsprojekt widmet sich dem Thema der Spannung zwischen Pflege- und Paarbeziehung und will herausarbeiten, wie sich die Lebenslage und der Sorgealltag von Paaren mit Pflegebeziehung gestaltet.

Methodik: Zur Thematik der Partner*innenpflege liegen drei Gruppendiskussionen (Bohnsack, Przyborski & Schäffer 2009) mit Pflegetrainer*innen vor. Zudem sind acht problemzentrierte Interviews (Witzel & Reiter 2012) mit Paaren mit Pflegebeziehung geführt wurden, um zu tieferen Erkenntnissen zu gelangen. Die Gruppendiskussionen werden mit der dokumentarischen Methode (Przyborski 2004) ausgewertet. Die Entscheidung über die Methode zur Analyse der Interviews ist noch offen.

Ergebnisse: Die bisherige Analyse der Daten zeigte, dass die Paare so lange wie möglich zusammen bleiben wollen, wobei traditionelle Wertvorstellungen bedeutsam sind. Das Rollengefüge der Paare gerät in der Pflegesituation durcheinander. Es ist eine (soziale) Isolation der Paare zu beobachten, denn Veränderungen werden oft abgelehnt und fremde Personen als Störung wahrgenommen. Zudem gibt es äußere Faktoren, wie strukturelle und bürokratische Hürden, die dafür sorgen, dass die Paare zu „Gefangenen“ in der eigenen Wohnung und Lebenswelt werden.

Anliegen der Posterpräsentation: Zu diskutieren ist, inwiefern die Auswertung der Interviews mithilfe der dokumentarischen Methode geleistet werden kann oder ob andere Vorgehensweise angezeigt sein können. Außerdem bin ich an einem Austausch mit Forschenden aus anderen Fachrichtungen interessiert.

Kontakt: katharina.niedling@uni-bielefeld.de

Literatur

  • Bohnsack, Ralf, Przyborski, Aglaja, & Schäffer, Burkhard (2009). Das Gruppendiskussionsverfahren in der Forschungspraxis. Opladen: Verlag Barbara Budrich.
  • Franke, Luitgard (2006). Demenz in der Ehe. Über die verwirrende Gleichzeitigkeit von Ehe- und Pflegebeziehung. Eine Studie zur psychosozialen Beratung für Ehepartner von Menschen mit Demenz. Frankfurt am Main: Mabuse.
  • Przyborski, Aglaja (2004). Gesprächsanalyse und dokumentarische Methode. Qualitative Auswertung von Gesprächen, Gruppendiskussionen und anderen Diskursen. Wiesbaden: VS.
  • Spitze, Glenna & Ward, Russel J. (2000). Gender, marriage and expectations for personal care. Reasearch on Aging, 22(5), 451-469.
  • Witzel, Andreas & Reiter, Herwig (2012). The problem-centred interview. Principles and practice. London: Sage.

Hermeneutische Wissenssoziologie zur Erforschung der Angehörigenpflege bei Menschen mit Demenz – Methodische Betrachtungen

Simon Krutter; Institut für Pflegewissenschaft und -praxis an der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität Salzburg

Forschungskontext: Da die familial erbrachte Betreuung eines pflegebedürftigen Angehörigen am Alltag orientiert ist und in allen Bereichen des Lebens stattfindet, ist die Angehörigenpflege auch als lebensweltlich erbrachte Hilfe zu verstehen (Schnepp 2002)Mit der Pflege eines demenzkranken Angehörigen gehen oftmals jedoch Belastungen und Gefühle der Überbelastung einher (Chiao, Wu & Hsiao 2015). Stößt die Angehörigenpflege an ihre Grenzen, beginnt die Phase der Institutionalisierung. In der Entscheidungsfindung zum Transfer des Menschen mit Demenz ins Seniorenheim fühlen sich die Angehörigen oftmals überfordert und von den professionellen Akteuren alleine gelassen (Stephan et al. 2014).

Zielsetzung: Vor diesem Hintergrund wird im Dissertationsprojekt ein phänomenologischer Zugang gewählt und der Versuch unternommen, mit Hilfe theoretischer Prämissen Alfred Schütz (1975) das Wesen der Angehörigenpflege bei Menschen mit Demenz sowie deren Grenzen in einem lebensweltlichen Kontext erfahrbar zu machen.

Forschungsfrage: Im Zentrum der Studie stehen die Fragen, wie Familien, in denen ein Angehöriger mit Demenz betreut wird, den Pflegealltag erleben, woran die Angehörigen die Grenzen der Angehörigenpflege festmachen und wie sie die Phase der Entscheidungsfindung hin zur Institutionalisierung des demenzkranken Angehörigen erleben.

Methodik: Die Einzelfallstudie verfolgt einen phänomenologischen methodologischen Ansatz (Schütz & Luckmann 1975). Im Zuge des theoretischen Samplings wurden bislang 19 pflegende Angehörige von Menschen mit Demenz in problemzentrierten Interviews (Witzel 2000) befragt. Die tontechnisch aufgezeichneten und transkribierten Interviews werden computergestützt (MAXQDA 18) mit der Methode der hermeneutischen Wissenssoziologie (Reichertz 2009analysiert.

Ergebnisse: In den vorläufigen Ergebnissen zeigt sich insbesondere der progrediente und phasenhafte Verlauf der Demenz als zentraler Aspekt im Erleben der Angehörigenpflege. Durch die damit einhergehende Dynamik der Kontinuität und Diskontinuität erleben die pflegenden Angehörigen zahlreiche Verlusterfahrungen, die sich im Verlauf akkumulieren. Zugleich erfahren die Angehörigen einen Ereignisaufbau im Erleben und ein zunehmendes Versagen der Typiken in der Bewältigung des Pflegealltages, der auf die Grenzen der Angehörigenpflege verweist.

Anliegen der Posterpräsentation: Mit der Präsentation soll insbesondere die dem Gegenstand angepasste Methodik der hermeneutischen Wissenssoziologie vorgestellt und deren Gegenstandsangemessenheit diskutiert werden.
Auch freue ich mich darauf, mit anderen Sozialwissenschaftler*innen ins Gespräch zu kommen und mich über deren Erfahrungen einer computergestützten hermeneutischen Auswertung auszutauschen.

Kontaktsimon.krutter@pmu.ac.at / www.pmu.ac.at/pflege

Literatur

  • Chiao, Chia-Yi; Wu, Hua-Shan & Hsiao, Chiu-Yueh (2015). Caregiver burden for informal caregivers of patients with dementia: A systematic review. Int Nurs Rev, 62, 340-350.
  • Reichertz, Jo (2009). Objektive Hermeneutik und hermeneutische Wissenssoziologie. In Uwe Flick, Ernst von Kardoff & Ines Steinke (Hrsg.), Qualitative Forschung. Ein Handbuch (7. Auflage, S.514-524). Reinbeck bei Hamburg: Rowohlt.
  • Schnepp, Wilfried (Hrsg.) (2002). Angehörige pflegen. Bern: Hans Huber.
  • Schütz, Alfred & Luckmann, Thomas (1975). Strukturen der Lebenswelt. Neuwied/Darmstadt: Luchterhand.
  • Stephan, Astrid; Afram, Basema; Koskenniemi, Jaana; Verbeek, Hilde; Soto, Maria; Bleijlevens, Michel; Sutcliff, Caroline; Lethin, Connie; Risco, Ester; Saks, Kai; Hamers, Jan & Meyer, Gabriele (2014). Older persons with dementia at risk for institutionalization in eight European countries: a cross-sectional study on the perceptions of informal caregivers and healthcare professionals. J Adv Nurs, 716, 1392-1404.
  • Witzel, Andreas (2000). Das problemzentrierte Interview. Forum Qualitative Sozialforschung/Forum: Qualitative Social Research, 1(1), Art. 22, http://dx.doi.org/10.17169/fqs-1.1.1132

Zur Bedeutung des Eltern- und Familienbildes in der Erkrankung junger Frauen und Männer mit Migrationshintergrund: Design und Auswertungsmethoden

Alexandra Litinskaya, Sigmund-Freud-Institut Frankfurt am Main und Robert-Bosch-Krankenhaus Stuttgart

Ausgangspunkt: Zahlreiche Studien zu Migration und psychischer Gesundheit legen signifikant höhere Prävalenzraten und Ausprägungsgrade psychischer Störungen, insbesondere affektiver, Angst- und somatoformer Störungen unter Personen migrantischer Herkunft im Vergleich zu Personen ohne Migrationshintergrund nahe (Bermejo, Mayninger, Kriston, Härter 2010). Die Erklärungsansätze für diesen Zusammenhang stammen vorwiegend aus quantitativen Untersuchungen und basieren größtenteils auf statistisch signifikanten Zusammenhängen einzelner Variablen.

Forschungsfrage: Mit dem Dissertationsprojekt – im Rahmen des Promotionskollegs „Psychosoziale Folgen von Migration und Flucht“ am Sigmund-Freud-Institut (Frankfurt/M.) – soll untersucht werden, auf welche Weise soziale und psychische Erfahrungen in Zusammenhang mit der Migration an die Nachfolgegeneration weitergegeben werden. Dazu wird auf familiale und generationale Dynamiken anhand des Eltern- und Familienbildes von Personen mit Migrationshintergrund fokussiert.

Methodik: Es sollen narrativ-biografische Interviews (Schütze 1983) durchgeführt werden. Die Interviewten werden nach dem theoretischen Sampling (Glaser & Strauss 1967) aus jungen Frauen und Männern im Alter zwischen 18 und 30 Jahren ausgewählt, die der ersten oder zweiten Einwanderergeneration angehören. Die Auswertung erfolgt mit hermeneutisch-narratologischer Analyse (Rosenthal 2005) unter Einbeziehung szenischer Elemente im Sinne Lorenzers (1983).

Anliegen der Poster-Präsentation: Das Forschungsprojekt ist im März 2019 angelaufen und ist auf drei Jahre ausgelegt. Aktuell werden Probeinterviews geführt, bisher haben insgesamt zwei stattgefunden. Erste Interviews sind für August geplant, parallel soll die Auswertung des Materials beginnen, daher wäre eine Diskussion der Methoden der Datenauswertung hilfreich.

Kontakt: a.litinskaya@gmail.com / http://www.sigmund-freud-institut.de/index.php/mitarbeiter-innen/alexandra-litinskaya/

Literatur

  • Bermejo, Isaac; Mayninger, lrene; Kriston, Levente & Härter, Martin (2010). Psychische Störungen bei Menschen mit Migrationshintergrund im Vergleich zur deutschen Allgemeinbevölkerung. Psychiatrische Praxis, 37(5), 225-232.
  • Glaser, Barney G. & Strauss, Anselm L. (1967). The discovery of grounded theory. Strategies for qualitative research. Chicago: Aldine de Gruyter.
  • Lorenzer, Alfred (1983). Sprache, Lebenspraxis und szenisches Verstehen in der psychoanalytischen Therapie. Psyche37(2), 97-115.
  • Rosenthal, Gabriele (2005). Interpretative Sozialforschung. Eine Einführung. Weinheim: Juventa.
  • Schütze, Fritz (1983). Biographieforschung und narratives Interview. Neue Praxis, 13(3), 283-293.

Kultur / Identität

Identitäts- und Bindungssuche von begleiteten geflüchteten Adoleszenten unter Berücksichtigung von Mehrsprachigkeit und der Arbeit mit Dolmetscher*innen: Forschungsdesign und Auswertungsmethode

Irina Dannert; Sigmund-Freud-Institut Frankfurt am Main und Universität Kassel

Forschungskontext: Im Jahr 2016 waren 87 Prozent der Minderjährigen, die einen Antrag auf Asyl gestellt haben begleitet und 366.240 der Antragsteller*innen befanden sich in der Adoleszenz (BAMF 2017). Obwohl die Adoleszenz unter fluchtspezifischen Bedingungen mit multiplen Hausforderungen verbunden ist, bleiben begleitete Jugendliche in der Forschung häufig unsichtbar. Im Übergangsraum zwischen Heimat und Exil, Kind- und Erwachsensein vollziehen sich die Identitätsprozesse und Bindungssuche (Nadig 2006). Dieser Raum bietet die Chance eines Neubeginns, aber auch die Gefahr krisenhafter Entwicklungen, da adoleszente Ablöseprozesse durch gesellschaftliche Bedingungen und transgenrationale Prozesse erschwert werden können (King & Koller 2015).

Forschungsfrage: Mit dem Dissertationsprojekt – im Rahmen des Promotionskollegs „Psychosoziale Folgen von Migration und Flucht“ am Sigmund-Freud-Institut (Frankfurt/M.) – sollen Erkenntnisse über den Übergangsraum und die Identitäts- und Bindungssuche gewonnen werden, die für psychosoziale Angebote relevant sind. Gefragt wird daher, wie adoleszente Jugendliche mit Fluchterfahrungen und ihre Eltern ihre Identitäts- und Bindungsprozesse unter Berücksichtigung der generationalen Prozesse der Eltern-Kind-Beziehung und der Lebensbedingungen im Exil gestalten. Spezieller richtet sich der Fokus darauf, wie der Übergangsraum erlebt wird und wie dieser gestaltet sein müsste, damit die Jugendlichen eine für sich positive Selbstverortung und Bindungsstabilität erleben können.

Methodik: Aktuell wird das Forschungsdesign entwickelt; die Datenerhebung ist für Beginn 2020 geplant. Es sollen biografisch-narrative Interviews (Schütze 1983) mit sechs Jugendlichen und ihren Eltern zur Lebensgeschichte der Jugendlichen geführt werden. Zur Auswertungsmethode ist eine Methodentriangulierung durch die Anwendung der objektiven Hermeneutik (Oevermann 1996) und des szenischen Verstehens (Lorenzer 1986) vorgesehen.

Anliegen der Posterpräsentation: Ich erhoffe mir Anregungen zur Auswertungsmethode und wie mit Datenmaterial umzugehen ist, das nicht in der Muttersprache der Interviewten oder mit Dolmetscher*innen erhoben wurde.

Kontakt: dannert@sigmund-freud-institut.de

Literatur

  • BAMF (2017). Das Bundesamt in Zahlen 2016. Berlin: BAMF.
  • King, Vera & Koller, Hans-Christoph (2015). Jugend im Kontext von Migration. Adoleszente Entwicklungs-und Bildungsverläufe zwischen elterlichen Aufstiegserwartungen und sozialen Ausgrenzungserfahrungen. In Sabine Sandring, Werner Helsper & Heinz-Hermann Krüger (Hrsg.), Jugend. Theoriediskurse und Forschungsfelder (S.105-127)Wiesbaden: Springer VS.
  • Lorenzer, Alfred (1986). Tiefenhermeneutische KulturanalyseIn Hans Dieter König et al. (Hrsg.), Kultur-Analysen. Psychoanalytische Studien zur Kultur (S.11-98). Frankfurt am Main: Fischer.
  • Nadig, Maya (2006). Transkulturelle Spannungsfelder in der Migration und ihre Erforschung. In Ernestine Wohlfart & Manfred Zaumseil (Hrsg.), Transkulturelle Psychiatrie – Interkulturelle Psychotherapie (S.67-80). Heidelberg: Springer.
  • Oevermann, Ulrich (1996). Konzeptualisierung von Anwendungsmöglichkeiten und praktischen Arbeitsfeldern der objektiven Hermeneutik. Manifest der objektiv hermeneutischen Sozialforschung. (Manuskript). Frankfurt am Main.
  • Schütze, Fritz (1983). Biographieforschung und narratives Interview. Neue Praxis, 13(3), 283-293.

Unlikely friendships. Soziale Integration als kommunikativer Aushandlungsprozess

Anna Ohrt; Technische Universität Berlin und Universität Leipzig

Ausgangspunkt: Das Forschungsinteresse meines Dissertationsprojekts gilt einer scheinbaren Ausnahme – Freundschaften zwischen Musliminnen und nichtreligiösen Frauen sowie Christinnen. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels sowie einer zunehmenden gesellschaftlichen Pluralisierung stehen Gesellschaften vor neuen Herausforderungen der sozialen Integration. Denn obgleich weltanschauliche Pluralität eine Gelegenheitsstruktur für Begegnungen bietet, sind gegenwärtige Gesellschaften bezüglich intimer Kreise weitestgehend religiös-segregiert (Foroutan 2016). Betrachtet man den existierenden antimuslimischen Rassismus sowie die vorhandenen Fremdbilder zu „westlichen Kulturen“, in dessen Kontext die von mir fokussierten Freundschaften gelebt werden, ist deren Untersuchung bezüglich Fragen der Integration von Relevanz. So werden gruppenübergreifende Freundschaften in der quantitativen Integrationsforschung als Indikatoren für eine gelungene Integration herangezogen (Friedrichs 1999), jedoch nicht differenzierter untersucht. Anknüpfend an anerkennungstheoretische Konzepte (Honneth 1992) werden Freundschaften in dieser Arbeit als eine Form der Liebe und Anerkennungsbeziehung verstanden (Rössler & Honneth 2008) und in ihrer Funktion, als Modus von sozialer Integration zu wirken, untersucht.

Forschungsfrage: Insbesondere interessiert mich, wie sich gegenwärtige Freundschaften gestalten und welche Relevanz Religion in der Beziehungspraxis aufweist. Darauf aufbauend soll nachvollziehbar werden, auf welche Weise sich soziale Integration in der alltäglichen Freundschaftspraxis vollzieht und somit eine Forschungslücke in der Relations- sowie Integrationsforschung geschlossen werden.

Methodik: Geteilt werden die Annahmen eines wissenssoziologisch-hermeneutischen Ansatzes (Berger & Luckmann 1969; Knoblauch 2014). Im Rahmen einer solchen verstehenden und relationalen Perspektive wird die Freundschaftsbeziehung zur zentralen Analyseeinheit (Wimbauer 2012). Um dem relationalen Ansatz methodisch Rechnung zu tragen, werden sowohl zehn episodische Paarinterviews als auch 20 Einzelinterviews geführt (Flick 2011; Wimbauer 2017). Das Forschungsprojekt basiert auf dem Forschungsstil der Grounded-Theory-Methodologie (Glaser & Strauss 1967; Charmaz 2014). Gemäß des qualitativen Paradigmas wird ein iterativ-zyklischer Forschungsprozess verfolgt, indem sich Datenerhebung und -analyse abwechseln und die Auseinandersetzung mit den Daten sukzessive erfolgt. Die Kernelemente der Grounded-Theory-Methodologie werden zu Analysezwecken genutzt (Mey & Mruck 2009) und mit hermeneutischen Sequenzanalysen (Soeffner 2004) kombiniert. Das Ziel der Analyse ist zunächst eine Einzelfallrekonstruktion. Daran anschließend folgt eine fallvergleichende Auswertung.

Anliegen der Posterpräsentation: Ich bin daran interessiert, mit anderen Sozialwissenschaftler*innen über mein Forschungsprojekt ins Gespräch zu kommen, um methodische Fragen zu diskutieren.

Kontakt: mail@annaohrt.de

Literatur

  • Berger, Peter & Luckmann, Thomas (1990). Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit. Eine Theorie der Wissenssoziologie. Frankfurt am Main: Fischer.
  • Charmaz, Kathy (2014). Constructing grounded theory. A practical guide through qualitative analysis. London: Sage.
  • Flick, Uwe (2011). Das Episodische Interview. In Getrud Oelerich & Hans-Uwe Otto (Hrsg.), Empirische Forschung und Soziale Arbeit (S.273-280).Wiesbaden: VS.
  • Foroutan, Naika (2016). Postmigrantische Gesellschaft. In Heinz-Ulrich Brinckmann & Martina Sauer (Hrsg.), Einwanderungsgesellschaft Deutschland: Entwicklung und Stand der Integration (S.227-255). Wiesbaden: Springer VS
  • Friedrichs, Jürgen & Jagodzinski, Wolfgang (Hrsg.) (1999). Soziale Integration. Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie – Sonderhefte Bd. 39, 51.
  • Glaser, Barney & Strauss, Anselm (1998). Grounded Theory: Strategien qualitativer Forschung. Bern: Hans Huber. [Orig. 1967]
  • Honneth, Axel (1992). Kampf um Anerkennung. Zur moralischen Grammatik sozialer Konflikte. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
  • Honneth, Axel & Rössler, Beate (2008). Von Person zu Person. Zur Moralität persönlicher Beziehungen. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
  • Knoblauch, Hubert (2014). Wissenssoziologie. Konstanz: UVK.
  • Mey, Günter & Mruck, Katja (2009). Methodologie und Methodik der Grounded Theory. In Wilhelm Kempf & Marcus Kiefer (Hrsg.), Forschungsmethoden der Psychologie: zwischen naturwissenschaftlichem Experiment und sozialwissenschaftlicher Hermeneutik (S.100-152).Berlin: Regener.
  • Soeffner, Hans-Georg (2004). Auslegung des Alltags – Der Alltag der Auslegung. Zur wissenssoziologischen Konzeption einer sozialwissenschaftlichen Hermeneutik (2. Auflage.). Konstanz: UVK.
  • Wimbauer, Christine & Motakef, Mona (2017). Das Paarinterview. Methodologie, Methode, Methodenpraxis. Wiesbaden: Springer VS.

Migrant Care Worker und Professionell Pflegende im häuslichen Versorgungssetting – Eine Rahmenanalyse mit Triangulation

Irena Schreyer; Universität Witten-Herdecke und Ravensburg-Weingarten University of Applied Sciences

Forschungskontext: Osteuropäische Haushaltshilfen (MCW) kümmern sich um ein Drittel der zu Hause versorgten pflegebedürftigen Menschen. Oft arbeiten sie neben einem ambulanten Pflegedienst bei einer zu pflegenden Person. Ausgebildete Pflegepersonen sind in der Verantwortung, Pflegeprozesse zu steuern. Die Grenze zwischen Care- und Cure- Aufgaben ist nicht eindeutig – ebenso wenig die Handlungsbereiche der beiden Versorger*innen.

Forschungsfrage: Da die Rolle von MCW in der gesundheitlichen und pflegerischen Versorgung zum aktuellen Zeitpunkt nicht beschrieben ist, geht es in meinem Dissertationsprojekt darum, herauszuarbeiten, was in der Begegnung von MCW und professionell Pflegenden in der häuslichen Versorgung von Menschen mit kognitiven Einschränkungen geschieht.

Methodik: Es wird eine Methodik bestehend aus nicht-teilnehmender Beobachtung und problemzentrierten Einzelinterviews, die sich der Beobachtung anschließen, angewandt. Die Interviews werden eingangs narrativ geführt und beziehen sich allgemein auf die Begegnung der beiden Versorger*innen. In einem zweiten Schritt geht das Interview auf die Beobachtung, als problemzentriertes Interview, ein (Flick 2012, S.268 ff; Küsters 2006; Witzel 1985). Die Kategorien der Goffman’schen Modulationen, die sich aus den Organisationsprinzipien einer Situation ergeben, dienen als Beobachtungsdimension. Die Analyse soll in drei Schritten erfolgen: 1. Bildung von Handlungs-, Verlaufs- und Sinnsequenzen. 2. Analyse nach Kategorien der Modulationen 3. Klassifizierung und Typenbildung. (Dunger 2019; Goffman 2016, 2017). Die Datenerhebung und -auswertung verlaufen dabei parallel. Nach jeder Beobachtung werden die MCW als auch Fachpersonen in Einzelinterviews zu der beobachteten Situation befragt. Die Interviews werden mit der Grounded-Theory-Methodologie analysiert. Um die Datensätze der einzelnen Fälle aus der Beobachtung und den Interviews zusammenzuführen, werden die gewonnenen Kategorien aus der Befragung in die Kontrastierung der Beobachtung eingefügt. Ziel ist es, unter Einbezug von geschichtlichen, kulturellen, sozialen und politischen Lebensweltbedingungen (Friebertshäuser & Seichter 2013) die erhobenen Daten zu individuelle Biografien zu rekonstruieren.

Anliegen dieser Posterpräsentation: Es geht mir um eine Diskussion und kritische Reflexion des methodologischen Zugangs: a) Inwiefern eignet sich eine Rahmung nach Goffman, um die vielfältigen Einflussfaktoren aus Kultur, Geschichte, sozialem, politischem und individuellem Selbstverständnis in der Begegnungssituation zu erfassen? b) Wie kann ein adäquater Umgang mit fehlenden Daten erfolgen? c) Wie lassen sich die vorliegenden Daten sinnvoll vereinen?

Kontakt: Irena.schreyer@hs-weingarten.de (ab 24.06.19: irena.schreyer@rwu.de)

Literatur

  • Dunger, Christine (2019). Die Rahmenanalyse als Auswertungsmethode – Was heißt das? In Martin W. Schnell, Christine Dunger & Christian Schulz-Quach (Hrsg.), Pflege bei Atemnot am Lebensende. Methodische Anwendung einer Rahmenanalyse (S.15-42). Wiesbaden: Springer VS.
  • Flick, Uwe (2012). Qualitative Sozialforschung. Eine Einführung (S.268 ff). Reinbek bei Hamburg: Rowohlts Enzyklopädie.
  • Friebertshäuser, Barbara & Seichter, Sabine (2013). Möglichkeiten und Grenzen qualitativer Forschungsmethoden in der Erziehungswissenschaft. Zur Einleitung. In Barbara Friebertshäuser & Sabine Seichter (Hrsg.), Qualitative Forschungsmethoden in der Erziehungswissenschaft. Eine praxisorientierte Einführung (S.9-19). Weinheim: Beltz Juventa.
  • Goffman, Erving (2016). Rahmen-Analyse. Ein Versuch über die Organisation von Alltagserfahrungen (9. Auflage). Frankfurt am Main: Suhrkamp. [Orig. 1980]
  • Goffman, Erving (2017). Wir alle spielen Theater. Die Selbstdarstellung im Alltag. Ungekürzte Taschenbuchausgabe. München, Berlin, Zürich: Piper (Serie Piper, 3891).
  • Küsters, Ivonne (2006). Narrative Interviews – Grundlagen und Anwendungen. Wiesbaden: VS.
  • Witzel, Andreas. (1985). Das problemzentrierte Interview. In Gerd Jüttemann (Hrsg.), Qualitative Forschung in der Psychologie (S.277-255). Weinheim: Beltz, https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:0168-ssoar-5630.

Methodenentwicklung / Wissenschaftskommunikation

Audovisuelle Grounded-Theory-Methodologie: Überlegungen und erste Schritte

Marc Dietrich & Günter Mey; Hochschule Magdeburg-Stendal

Forschungskontext: Innerhalb des DFG-Projekts „Musikvideos, Szenemedien und Social Media – zur Aushandlung von Rassismus im deutschsprachigen HipHop“ werden Rassismusdiskurse unter Einbezug von Videos, deren Social-Media-Rezeption und Szenemedien rekonstruiert. Methodisch ist die Erweiterung der GTM zu einer audiovisuellen Grounded-Theory-Methodologie (Dietrich & Mey 2018) zentral. Insofern greift das Projekt ein Desiderat auf, da es zwar mittlerweile einige Verfahren zur Erhebung und Auswertung visueller Daten gibt, die Grounded-Theory-Methodologie (GTM) hier jedoch selten referenziert wird (Konecki 2011; Mey & Dietrich 2016).

Forschungsfrage: Neben der inhaltlichen Frage danach, wie Rassismus im Rap-Video verhandelt wird, interessiert methodisch wie die auf verschiedenen Ebenen ablaufenden Diskurseinheiten mit der GTM bearbeitet werden können. Es fragt sich, wie die GTM für visuelle Analysen dahingehend zu erweitern ist, dass bereits vorliegende Verfahren (z.B. Peltzer & Keppler 2015) mit Überlegungen aus dem GTM-Kontext (z.B. Situationsanalyse: Clarke, Friese & Washburn 2018) verzahnt werden können.

Methodik: In dem Forschungsprojekt wird die Grounded-Theory-Methodologie nicht nur auf textbasierte Daten (z.B. Songtexte, Youtube-Kommentare) bezogen, sondern erstmals umfassend auf die Analyse audiovisueller Daten (Musikvideos). Die audiovisuelle Grounded-Theory-Methodologie berücksichtigt die besondere Medialität der Produkte, behält jedoch bewährte Verfahrensschritte bei. Elementar für die Kode- und Kategorienbildung ist die Praxis, Sequenzen offen zu kodieren. Hierzu wird softwarebasiert ein Sequenzprotokoll für das Musikvideo angefertigt. Die für jede Sequenz vergebenen Kodes werden schlussendlich zu Kategorien verdichtet. Hierbei helfen im Sequenzprotokoll angelegte, detaillierte (Auswertungs-)Memos.

Anliegen an die Postersession: Vorgestellt werden beispielhaft Analyseergebnisse, die dazu dienen, die Verschränkung der in der Studie berücksichtigen Rezeptionsebenen sowie vor allem das methodische Vorgehen zu veranschaulichen, um die Modifikationen der GTM zur Diskussion zu stellen.

Kontakt: marc.dietrich@h2.de  / guenter.mey@h2.de / https://www.h2-.de/hochschule/fachbereiche/angewandte-humanwissenschaften/forschung/musikvideos-szenevideos.html

Literatur

  • Clarke, Adele; Friese, Carrie E. & Washburn, Rachel (2018). Situational analysis. Grounded theory after the interpretative turn. Thousand Oaks: Sage.
  • Dietrich, Marc & Mey, Günter (2018). Grounding visuals. Annotationen zur Analyse audiovisueller Daten mit der Grounded-Theory-Methodologie In Christine Moritz & Michael Corsten (Hrsg.), Handbuch Qualitative Videoanalyse. Method(olog)ische Herausforderungen – forschungspraktische Perspektiven (S.135-152). Wiesbaden: Springer VS.
  • Konecki, Krzysztof T. (2011). Visual grounded theory: A methodological outline and examples from empirical work. Revija Za Sociologiju 41(2), http://hrcak.srce.hr/index.php?show=clanak&id_clanak_jezik=106256.
  • Mey, Günter & Dietrich, Marc (2016). Vom Text zum Bild – Überlegungen zu einer visuellen Grounded-Theory-Methodologie. Forum Qualitative Sozialforschung/Forum: Qualitative Social Research, 17(2), Art. 2. http://dx.doi.org/10.17169/fqs-17.2.2535.  
  • Peltzer, Anja & Keppler, Angela (2015). Die soziologische Film- und Fernsehanalyse. Eine Einführung. Berlin: de Gruyter.

Zur Praxis von Interpretationsgruppen und Forschungswerkstätten – Herausforderungen einer explorativen Studie

Constanze Oth; Goethe-Universität Frankfurt und International Psychoanalytic University Berlin (IPU)

Ausgangspunkt: Seit den 1970er Jahren lässt sich in der qualitativen Sozialforschung eine zunehmende Etablierung von Interpretationsgruppen und Forschungswerkstätten beobachten (u.a. Allert et al. 2014). Zentrales Argument für die sozialwissenschaftliche Praxis ist die Qualitätsverbesserung der Interpretation durch die Multiperspektivität (u.a. Reichertz 2013). Bisher gibt es vorwiegend Hinweise auf die Notwendigkeit und das Potenzial der Gruppeninterpretation, eine konkrete Beforschung und Analyse ist ein Desiderat.

Forschungsfrage: Das Dissertationsprojekt setzt an dieser eklatanten Forschungslücke an, indem das Qualitätsversprechen untersucht werden soll. Einerseits wird innerhalb der Blick auf das Herausbilden von gemeinsamen und/oder heterogenen Deutungen und der Bedeutung von Methodik und gruppendynamischen Prozessen gerichtet. Zum anderen wird nach Zusammenhängen zwischen der Sozio- und Psychodynamik des Forschungsgegenstandes und der Gruppendynamik (Re-Inszenierung) gefragt.

Methodik: Es werden in sechs Gruppen die Interpretationssitzungen audiografiert und transkribiert. Die Gruppen arbeiten mit unterschiedlichen Methoden. Das erhobene Material wird – auch in Beziehung zu den „originären Dokumenten“ – ethnohermeneutisch (Bosse 2017) ausgewertet.

Ergebnisse: Es mussten weitreichende methodische Veränderungen vorgenommen werden, die in Herausforderungen im Feldzugang begründet liegen. Derzeit lässt sich vermuten, dass die Teilnahme von Gruppen an meiner Forschung (auch) durch die jeweilig angewandte Methode beeinflusst ist. Dabei zeigt sich eine pragmatisch-interessierte Haltung sowie Vereinnahmungen meiner Forscherinnenrolle.

Anliegen der Posterpräsentation: Wünschenswert wäre ein Austausch mit Forscher*innen und Anwender*innen der Gruppeninterpretationspraxis und weitere Perspektiven/Kritik/Ideen zu meinem Vorgehen zu bekommen; insbesondere aufgrund des explorativen Charakters der Studie. Darüber hinaus wäre es eine Möglichkeit, Kontakt zu weiteren Gruppen zu bekommen, die an meiner Forschung teilnehmen wollen.

Kontakt: mail@constanze-oth.de

Literatur

  • Allert, Tilman; Dausien, Bettina; Mey, Günter; Reichertz, Jo & Riemann, Gerhard (2014). Forschungswerkstätten – Programme, Potenziale, Probleme, Perspektiven. In Günter Mey & Katja Mruck (Hrsg.), Qualitative Forschung. Analysen und Diskussionen (S. 291-316). Wiesbaden: Springer VS.
  • Bosse, Hans (2017). Gruppenanalytische Fallrekonstruktion. In Jochen Bonz, Katharina Eisch-Angus, Marion Hamm & Almut Sülzle (Hrsg.), Ethnografie und Deutung. Gruppensupervision als Methode reflexiven Forschens (S.377-406). Wiesbaden:Springer VS.
  • Reichertz, Jo (2013). Gemeinsam Interpretieren. Gruppeninterpretation als kommunikativer Prozess. Wiesbaden: Springer VS.

Wie entstehen die Inhalte partizipativer Formate der Wissenschaftskommunikation? Die Entstehung einer Ausstellung als Fallstudie

Lena Theiler; Universität Hamburg und ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung

Ausgangspunkt: In der Wissenschaftskommunikation ist gegenwärtig ein Trend zu Dialogformaten und der Beteiligung heterogener Akteur*innen beobachtbar (Bogner 2012). Es wird jedoch wenig beachtet, dass auf diese Weise kommunizierte Inhalte stark geprägt sind von den beteiligten Akteur*innen, den gewählten Formaten, dem Zweck der Kommunikation, dem weiterem Kontext etc.

Forschungskontext: Das Promotionsvorhaben möchte anhand des Fallbeispiels der Entstehung einer Ausstellung zum Thema Bioökonomie als innovatives Format der Wissenschaftskommunikation aufzeigen, wie die unterschiedlichen Handlungsrationalitäten der beteiligten Akteur*innen und die Logik des Formats die Inhalte und deren Aufbereitung strukturieren. Den theoretischen Rahmen der Arbeit bildet das Verständnis der Beziehung von Wissenschaft und Gesellschaft (Weingart 2001) und das Konzept der co-production (Jasanoff 2004). Für die Strukturierung der Empirie werden die Konzepte boundary work (Gieryn 1983) und boundary objects (Star & Griesemer 1989) verwendet.

Forschungsfrage: Herausgearbeitet werden soll, wie die Inhalte und die gestalterische Umsetzung eines partizipativen Formats der Wissenschaftskommunikation in der Kooperation unterschiedlicher Akteur*innen entstehen.

Methodik: Dazu werden problemzentrierte Interviews (Witzel 2000) geführt sowie Dokumente und Beobachtungen mit unterschiedlicher Gewichtung je nach Untersuchungsebene einbezogen. Die Auswertung erfolgt mit der Grounded-Theory-Methodologie (Strauss 1998 [1987]).

Ergebnisse: In der Empirie konnten bislang vier unterschiedliche Ebenen identifiziert werden: 1) das Bestreben politischer Akteur*innen, Bioökonomie der Öffentlichkeit bekannter zu machen, 2) der institutionelle Kontext der Ausstellung als Teil eines Naturmuseums und einer Forschungsinstitution, 3) die konkreten inhaltlichen Arbeiten der unterschiedlichen Akteur*innen mit dem Ziel der Ausstellungsentwicklung, 4) die Interaktionen und Rückmeldungen der Ausstellungsbesucher*innen und die darauf abgestimmte Weiterentwicklung der Ausstellung.

Anliegen der Posterpräsentation: Diskussion des Forschungsdesigns, methodischer Vorgehensweise und Strukturierung der Empirie. Die strukturierte empirische Untersuchung beginnt im August 2019.

Kontakt: lena.theiler@uni-hamburg.de

Literatur

  • Bogner, Alexander (2012). Wissenschaft und Öffentlichkeit: Von Information zu Partizipation. In Sabine Maasen, Mario Kaiser, Martin Reinhart & Barbara Sutter (Hrsg.), Handbuch Wissenschaftssoziologie (S.380-392). Wiesbaden: Springer VS.
  • Gieryn, Thomas F. (1983). Boundary-work and the demarcation of science from non-science: Strains and interests in professional ideologies of scientists. American Sociological Review, 48(6), 781-795.
  • Jasanoff, Sheila (2004). The idiom of co-production. In Sheila Jasanoff (Hrsg.), States of knowledge. The co-production of science and social order (S.1-12). London/New York: Routledge.
  • Star, Susan Leigh & Griesemer, James R. (1989). Institutional ecology, ‚translations‘ and boundary objects: Amateurs and professionals in Berkeley’s Museum of Vertebrate Zoology, 1907-39. Social Studies of Science, 19, 387-420.
  • Strauss, Anselm L. (1998). Grundlagen qualitativer Sozialforschung. Datenanalyse und Theoriebildung in der empirischen soziologischen Forschung (2. Auflage). Paderborn: Fink. [Orig. 1987]
  • Weingart, Peter (2001). Die Stunde der Wahrheit? Zum Verhältnis der Wissenschaft zu Politik, Wirtschaft und Medien in der Wissensgesellschaft. Weilerswist: Velbrück.
  • Witzel, Andreas (2000). Das problemzentrierte Interview. Forum Qualitative Sozialforschung/Forum: Qualitative Social Research, 1(1), Art. 22, http://dx.doi.org/10.17169/fqs-1.1.1132.