Workshops 2019

Workshop: Beobachtungsprotokolle

Dr. Stephanie Bethmann

FVA Freiburg 

Beobachtungsprotokolle bilden oft das Herzstück ethnografischer Feldforschungen. Sie spielen auch für Interaktionsanalysen, systematische Beobachtungen und als begleitendes Datum in Interviewstudien, etwa wenn die Interviewsituation umfassend beschrieben werden soll, eine wichtige Rolle. Sie fixieren flüchtige Wahrnehmungen und Ereignisse aus Perspektive des Forschers bzw. der Forscherin und machen diese so für eine nachträgliche Darstellung und Analyse zugänglich.

Bei solchen Protokollen handelt es sich nicht um deskriptive Dokumente einer beobachteten Praxis, sondern um in erheblichem Maße analytische, bereits interpretative Dokumente. Wenngleich sich Ähnliches auch für Interviewtranskripte behaupten lässt, führt es im Umgang mit Beobachtungsprotokollen häufiger zu Verunsicherungen: Worüber gibt ein Protokoll eigentlich Auskunft? Inwiefern und wie dürfen unbestimmte Eindrücke, Vermutungen, Bewertungen und Gefühle in Protokolle Eingang finden? Mit welchen Strategien können sie ausgewertet werden? Lassen sich dabei die Ebenen Gegenstandsanalyse und Selbstreflexion sinnvoll auseinanderhalten? Wie zitiert man aus Protokollen, wie bindet man sie in den weiteren Schreibprozess ein?

Die Beantwortung dieser Fragen hängt auch mit theoretischen und methodologischen Prämissen zusammen, die der jeweiligen Forschungsarbeit zugrunde liegen. Im Workshop werden deshalb zunächst  methodologische Grundlagen von Beobachtungsmethoden vorgestellt und diskutiert. Auf dieser Basis setzen sich Teilnehmende reflexiv mit verschiedenen Schreibstilen im Verfassen und Überarbeiten von Protokollen und mit Strategien der Auswertung von Beobachtungsdaten auseinander. Es besteht die Möglichkeit, dass Teilnehmende Fragen zur eigenen Schreib- und Auswertungspraxis thematisieren und hierfür auch eigenes Material ausschnittweise einbringen.

Literatur

  • Bethmann, Stephanie (2019, im Druck). Methoden als Problemlöser. Wegweiser für die qualitative Forschungspraxis. Weinheim: Beltz Juventa, (darin: Kapitel 3 „Ins Gespräch kommen. Forschen ist schreiben.“).
  • Breidenstein, Georg; Hirschauer, Stefan; Kalthoff, Herbert & Nieswand, Boris (Hrsg.) (2013). Ethnografie: Die Praxis der Feldforschung. Konstanz: UTB.
  • Charmaz, Kathy & Mitchell, Richard G. (2010). Grounded theory in ethnography. In Paul Atkinson, Amanda Doffey, Sarah Delamont, John Lofland& Lyn Lofland (Hrsg.), The Sage handbook of ethnography (S.160-174). Los Angeles, CA: Sage.
  • Dellwing, Michael & Prus, Robert (2012). Interaktionistische Ethnografie. Soziologie im Außendienst. Wiesbaden: VS Verlag.
  • Streck, Rebekka; Unterkofler, Ursula & Reinecke-Terner, Anja (2013). Das „Fremdwerden“ eigener Beobachtungsprotokolle – Rekonstruktionen von Schreibpraxen als methodische Reflexion. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 14(1), Art. 16, http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0114-fqs1301160.

Workshop: Ethnopsychoanalyse

Dr. Jochen Bonz

Universität Hildesheim, Kulturwissenschaften & Ästhetische Kommunikation

Prof. Dr. Angela Kühner

Internationale Hochschule (IUBH), Fachgebiet: Soziale Arbeit

Auf die Ethnopsychoanalyse stößt man bei der Suche nach qualitativen Forschungsansätzen, in denen die emotionale, subjektive Involvierung der Forschenden in ihr Untersuchungsfeld thematisiert und bedacht wird. Nüchtern wird sie hier als eine Tatsache aufgefasst, die nicht vermieden werden kann oder muss. Vielmehr versteht die Ethnopsychoanalyse die Selbstreflexion der Forschenden konsequent als ein sinnvolles und produktives Mittel der Datenerhebung (Bonz 2016, Kühner 2018).

Die Ethnopsychoanalyse steht im deutschsprachigen Raum für eine international als Psychological Anthropology bezeichnete Ausrichtung der Sozial- und Kulturanthropologie in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Prominente Vertreter sind Paul Parin, Goldy Parin-Matthèy und Fritz Morgenthaler, eine Gruppe Züricher Psychoanalytiker*innen, die in den 1960er Jahren bei Forschungen in Westafrika eine psychoanalytische Feldforschungsmethodik entwickelten (Reichmayr 2016). Ein renommierter Vertreter der Ethnopsychoanalyse ist außerdem der aus Ungarn stammende und in den 30er Jahren über Paris in die USA und in den 60er Jahren zurück nach Paris migrierte Georges Devereux. Mit ‚From Anxiety to Method in the Behavioral Sciences‘ veröffentlichte er 1967 eine Kritik am wissenschaftlichen Methodenverständnis, in deren Zentrum die These steht, Methoden dienten nicht lediglich als Instrumente der Erkenntnis, sondern auch dem Zweck, den Untersuchungsgegenstand zu objektivieren und auf Abstand zu halten. Devereux greift hier die Idee Heisenbergs auf, dass der Beobachter nie vom Beobachteten zu trennen ist. Wahre Erkenntnis beginnt für ihn, indem die forschende Person es zulässt, „dass in (ihr) selbst eine Störung hervorgerufen wird“ (Devereux). Anders formuliert: „Insight must begin at home“ (Devereux).

Ergänzt um die marxistisch fundierte Wissenschaftskritik Maya Nadigs und Mario Erdheims (1980, 1987) stehen Devereux‘ Überlegungen im Zentrum des ersten Teils des Workshops. Was Nadig und Erdheim im Zusammenhang mit qualitativer Forschung unter ‚gesellschaftlicher Produktion von Unbewußtheit‘ verstehen wird dabei ebenso erörtert wie der hohe Stellenwert, den in der Ethnopsychoanalyse die Auffassung von der Forschung als Prozess besitzt, in dem sich eine Beziehung zwischen forschendem Subjekt und den Akteuren des Untersuchungsfeldes entwickelt.

Die zweite Workshophälfte ist praktisch in Form einer ‚Operativen Gruppe‘ (Nadig u. Erdheim 1980) angelegt und gibt den Teilnehmer*innen Raum für einen Austausch über ihre eigenen Erfahrungen mit im Forschungsprozess aufgetretenen subjektiven Irritationen, deren Nutzung für die Erkenntnisgewinnung und den Schwierigkeiten, die hiermit verbunden waren oder sind.

Literatur

  • Bonz, Jochen (2016). Subjektivität als intersubjektives Datum im ethnografischen Feldforschungsprozess. Zeitschrift für Volkskunde, 112. Jahrgang, Heft 1, 19-37.
  • Devereux, Georges (1973). Angst und Methode in den Verhaltenswissenschaften. München: Hanser.
  • Erdheim, Mario & Nadig, Maya (1987). Wissenschaft, Unbewußtheit und Herrschaft. In Hans Peter Duerr (Hg.), Die wilde Seele. Zur Ethnopsychoanalyse von Georges Devereux (S.163-176.) Frankfurt am Main: Suhrkamp.
  • Kühner, Angela (2018). Jenseits der Kontrollfiktion. Mut und Angst als Schlüsselelemente erkenntsproduktiver Reflexion im Forschungsprozess. In Alina Brehm, & Jakob Kuhlmann ( Hg.), Reflexivität und Erkenntnis (S.99-118). Gießen: Psychosozial-Verlag.
  • Nadig, Maya & Erdheim, Mario (1980). Die Zerstörung der wissenschaftlichen Erfahrung durch das akademische Milieu. Berliner Hefte 15 (=Die Rückkehr des Ethnologen), 35-52.
  • Reichmayr, Johannes (Hg.) (2016). Ethnopsychoanalyse revisited. Gegenübertragung in transkulturellen und postkolonialen Kontexten. Gießen: Psychosozial.

Workshop: Wissenssoziologische Diskursanalyse

Dr. Saša Bosančić

Universität Augsburg, Allgemeine Soziologie und Wissenssoziologie

Die Wissenssoziologische Diskursanalyse (WDA) formuliert ein Forschungsprogramm zur Untersuchung gesellschaftlicher Wissensverhältnisse und Wissenspolitiken. Ihre theoretischen und methodologischen Grundlegungen liegen in einer Verbindung von wissenssoziologisch-sozialkonstruktivistischen Annahmen und Traditionslinien des soziologischen interpretativen Paradigmas mit theoretisch-begrifflichen Vorschlägen aus Michel Foucaults Reflexionen des Diskursbegriffs. In methodischer Hinsicht greift sie auf Konzepte, Erhebungs- und Analyseverfahren der interpretativen Sozialforschung zurück. Ihr Analyseinteresse richtet sich auf die Untersuchung von Prozessen der diskursiven Konstruktion von Wirklichkeit. Diskurse sind strukturierte Praktiken des Sprach- und Symbolgebrauchs, die spezifische Wissensordnungen konstituieren, mit denen wiederum gesellschaftliche Wirkungen bzw. Machteffekte verbunden sind.

Der Workshop stellt zunächst die Grundannahmen der WDA vor. Im Zentrum steht dann die Erläuterung des methodisch-praktischen Vorgehens in konkreten empirischen Untersuchungen. Der Forschungsprozess beginnt mit der Formulierung von Fragestellungen, beinhaltet die Klärung der Datengrundlagen, die methodischen Schritte ihrer Analyse und schließt mit der Diskussion der Ergebnisse. Forschungen im Rahmen der WDA richten sich auf die Erschließung der Materialität von Diskursen (Akteure, Praktiken, Dispositive) sowie auf die Analyse der diskursiven Wissensformierungen und der daraus entfalteten Subjektivierungsangebote (Deutungsmuster, Klassifikationen, narrative Strukturen, Phänomenstruktur, Argumentative, Subjektmodelle u.a.) sowie deren Effekte. Im Workshop werden dazu Vorgehensweisen der Datenerhebung und der Datenauswertung diskutiert. Die WDA gibt kein Rezeptmodell der Diskursforschung vor, sondern impliziert, dass jedes Projekt den angebotenen Rahmen für seine spezifischen Fragestellungen entsprechend gestalten muss.

Der vorwiegend auf Fragen der praktischen Umsetzung von Vorhaben der Diskursforschung hin ausgelegte Workshop wendet sich an Interessierte, die den Ansatz der WDA, die damit bearbeitbaren Fragestellungen und die Möglichkeiten ihrer methodischen Umsetzung kennenlernen möchten. Dazu werden an unterschiedlichen Datenformaten exemplarische Vorgehensweisen mit den Teilnehmenden erprobt. Dabei besteht auch die Möglichkeit, Fragen zu je eigenen Forschungen (etwa zu Fragestellungen, zum Korpus, zur Verbindung unterschiedlicher Daten, zu Analysemethoden u.a.m.) in die Diskussion einzubringen.

Literatur

  • Keller, Reiner (2010). Diskursforschung. Eine Einführung für SozialwissenschaftlerInnen (4. Aufl.). Wiesbaden: VS Verlag. [Insbes. ab Kapitel 3 zum Forschungsprozess]
  • Keller, Reiner (2011). Wissenssoziologische Diskursanalyse. Grundlegung eines Forschungsprogramms (3. Aufl.). Wiesbaden: VS Verlag. [Insbes. Kapitel 4 zu den theoretischen Grundlagen]
  • Keller, Reiner & Truschkat, Inga (Hrsg.) (2012). Methodologie und Praxis der Wissenssoziologischen Diskursanalyse. Wiesbaden: VS Verlag. [Insbes. das Kapitel von Reiner Keller Keller]

Workshop: Methodenpluralität in Forschungsprojekten

Prof. Dr. Nicole Burzan

Technische Universität Dortmund, Lehrstuhl für Soziologie, Fakultät 12

Die Verknüpfung verschiedener Methoden nimmt in der Forschungspraxis zu, sowohl in Form der Verknüpfung verschiedener qualitativer/interpretativer Methoden als auch in der Form von ‚Mixed Methods‘ im Sinne der Verknüpfung qualitativer/interpretativer und quantitativer Methoden.

Im Workshop sollen zunächst einige Grundlagen methodenverknüpfenden Forschens angesprochen werden. Ein besonderer Stellenwert kommt dabei den Zielen, Chancen und Herausforderungen unterschiedlicher Verknüpfungsdesigns (z.B. Vertiefung, Ergänzung etc.) zu, die durch die Verknüpfung etwa eher die Breite oder eher die Tiefe der Befassung mit dem Forschungsgegenstand verstärken. Insbesondere geht es dabei um die Frage, wie man an konkreten Beispielen im Rahmen realistischer Ansprüche Stärken – nicht Schwächen – verschiedener Ansätze miteinander verbindet und dabei möglichst gute Wege zwischen sorgfältiger methodisch-methodologischer Reflexion und pragmatischer Machbarkeit findet. Beispiele von Forschungsprojekten bzw. -vorhaben der Teilnehmenden werden dabei in die Diskussion einbezogen. 

Literatur

  • Baur, Nina; Kelle, Udo & Kuckartz, Udo (Hrsg.) (2017). Mixed Methods. Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, Sonderheft 57/2017. Wiesbaden: Springer VS.
  • Burzan, Nicole (2016). Methodenplurale Forschung. Chancen und Probleme von Mixed Methods. Weinheim, Basel: Beltz Juventa.
  • Flick, Uwe (2013).Triangulation (v.a. 11-26, 75-84 und 95-96). Wiesbaden: Springer VS.
  • Kelle, Udo (2014). Mixed Methods. In Nina Baur & Jörg Blasius (Hrsg.). Handbuch Methoden der empirischen Sozialforschung (S.153-166). Wiesbaden: Springer VS.
  • Plano Clark, Vicki L. & Ivankova, Nataliya V. (2016). Mixed Methods Research. A Guide to the Field. Thousand Oaks: Sage.

Workshop: Narrative Inquiry

Prof. Dr. Vera Caine 

University of Alberta, Faculty of Nursing

Mara Kaiser M.Sc.

Philosophisch-Theologische Hochschule Vallendar (PTHV), Lehrstuhl für Care Policy und Ethik 

Dieser Workshop richtet sich an alle Wissenschafterinnen und Wissenschaftler, die an Narrative Inquiry interessiert sind – und sich einer Methode annähern wollen, die Erfahrungen ins Zentrum der Untersuchung rückt und das Storytelling als Kernelement des Forschungsprozesses versteht.

Ziel des Workshops ist es, sowohl einen theoretischen, methodischen als auch praktischen Überblick zu bekommen. Insbesondere die komplexen relationalen und ethischen Anteile der Forschungsmethode sollen hervorgehoben werden, indem wir mit unterschiedlichen Feldtexten und Forschungstexten arbeiten werden. Außerdem lebt die Methode von der interaktiven Auseinandersetzung mit den persönlichen und für die eigene Forschung relevanten Fragen. Im Workshop werden folglich theoretische Elemente mit forschungspraktischen Elementen verknüpft und Raum für das Schreiben und Erzählen von Geschichten geschaffen.

Literatur

  • Caine, Vera; Estefan, Andrew & Clandinin, D. Jean (2013). A return to methodological commitment: reflections on narrative inquiry. Scandinavian Journal of Educational Research, 57(6), 574-586.
  • Clandinin, D. Jean & Caine, Vera (2013). Narrative Inquiry. In Audrey A. Trainor and Elizabeth Graue (Eds.), Publishing Qualitative Research in the Social Sciences: A Guide for Reviewers and Researchers. Routlegde, US.
  • Clandinin, D.Jean; Caine, Vera & Lessard, Sean (2018). Relational Ethics in Narrative Inquiry. Oxfordshire, UK: Routledge.
  • Clandinin, D. Jean & Connelly, F. Michael (2000). Narrative Inquiry: Experience and Story in Qualitative Research. San Francisco, Calif.: Jossey-Bass.
  • Clandinin, D.Jean; Caine, Vera; Lessard, Sean & Huber, Janice (2016). Engaging in Narrative Inquiries with Children and Youth. San Francisco: Left Coast Press/Routledge.

Workshop: Spracherkennung für und qualitative Auswertung von Interviews

Dr. Thorsten Dresing

Thorsten Pehl

audiotranskription.de, Marburg

Dieser Kurs ist ein Informationsrundgang beginnend bei der neuen Spracherkennungsfunktion in f4 über allgemeine Informationen zur Transkription von Interviews, den Softwares f4transkript/f5transkript und f4analyse und schließlich exemplarischen Einblicken in die konkrete Umsetzung der Arbeitsphasen verschiedener methodischer Ansätze mit dem Programm f4analyse.

Zu Beginn des Workshops geht es um die Nutzung von Spracherkennung für wissenschaftliche Einzelinterviews bzw. die manuelle Transkription mit f4transkript. Dabei gibt es Input zu relevanten Spezifika wie wissenschaftlichen Regelsystemen, erwartbaren Fehlern, realistischer Zeitplanung, Zeitmarken, Umgang mit Überlappungen und Synchronisierung zwischen verschiedenen Programmen.

Darauf folgt eine Einführung in f4analyse. Hierzu zählen Inhalte wie: Memos als Forschungswerkzeug für Case Summarys, Definitionen, Interpretationen und Theorieideen nutzen; Kategoriensysteme induktiv oder deduktiv entwickeln und Textstellen passend zuordnen; Analysedurchgänge gestalten; Fälle und Gruppen vergleichen; Codezusammenhänge filtern; Datenmaterial durchsuchen und schließlich Zitate und Ergebnisse zu Word und anderen Programmen exportieren.

Im Anschluss zeigen wir dann exemplarisch (und je nach Gruppenzusammensetzung fokussiert), wie f4analyse für die Umsetzung verschiedener Analyseverfahren wie dem integrativem Basisverfahren, der Grounded Theory, der Metaphernanalyse, der Inhaltsanalyse oder der dokumentarischen Methode verwendet werden kann. Entsprechende Anleitungen werden als Handout verteilt.

Bitte bringen Sie ein eigenes Notebook (Windows oder Mac) mit, das Ihnen während des Kurses die Lösung der Aufgabenstellungen ermöglicht. Die Software und Materialien werden auf USB-Sticks zur Verfügung gestellt.   

Literatur 

Workshop: Lebensweltanalytische Ethnografie

Dr. Paul Eisewicht

Lehrstuhl für Allgemeine Soziologie, Technische Universität Dortmund

Prof. Dr. Ronald Hitzler

Lehrstuhl für Allgemeine Soziologie, Technische Universität Dortmund

Das Kennzeichen der phänomenologisch basierten Ethnografie ist die Teilnahme am sozialen Geschehen des Feldes, das Gegenstand des Erkenntnisinteresses ist. Dadurch zeichnet sich diese Ausprägung der Ethnographie nicht nur gegenüber anderen Verfahren der so genannten qualitativen Sozialforschung, sondern auch gegenüber anderen ethnografischen Ansätzen aus. Denn die Teilnahme zielt hier nicht nur auf die Verfeinerung von Beobachtungsdaten ab, wonach diese zu reduzieren wäre, wenn sie die Beobachtung verstellt. Es geht hier also nicht nur um das Dabeisein, um möglichst nahe am Geschehen zu sein und einen möglichst unverstellten, uneingeschränkten Blick auf die Praktiken der Feldakteure zu erhalten. Es geht vielmehr um ein Mittun und Selbermachen, das Erlebensdaten generiert, die einen zusätzlichen Beitrag zur Rekonstruktion der Perspektiven erlauben.

Diese von Anne Honer (1993) als „lebensweltlich“ etikettierte Ausrichtung der Ethnografie steht im Zentrum dieses Workshops. Sie wird zunächst im Kanon der empirischen Sozialforschung verortet. Die für diese Form der Ethnografie wesentlichen Methoden der Datenerhebung und der Datenauswertung werden vorgestellt und diskutiert. In methodologischer Hinsicht ist die Rolle des Ethnografen als Fremder zu reflektieren. Dabei gilt das Interesse der Ethnografin als Teilnehmerin, die sich freiwillig in die Rolle des Fremden begibt. Anhand von Beispielen aus eigenen empirischen Studien wird verdeutlicht, wie sich Beobachtung durch Teilnahme ergänzen lässt. Daran sollte deutlich werden, dass der Ertrag durch eine subjektive Perspektive erweitert wird, die keine Überlegenheit, sondern eine eigene Wertigkeit beansprucht.

Literatur zur Einstimmung

  • Hitzler, Ronald & Eisewicht, Paul (2016). Lebensweltanalytische Ethnographie – im Anschluss an Anne Honer. Weinheim, Basel: Beltz Juventa.
  • Honer, Anne (2011). Kleine Leiblichkeiten. Wiesbaden: VS Verlag.
  • Pfadenhauer, Michaela (2005). Ethnography of Scenes. [31 Absätze] Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 6(3), Art. 43, http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0114-fqs0503430.
  • Pfadenhauer, Michaela & Grenz, Tilo (2015). Uncovering the Essence. The Why and How of Supplementing Observation with Participation in Phenomenology-Based Ethnography. In Journal for Contemporary Ethnography, Special Issue “Phenomenological Based Ethnography”.

Workshop: Einführung in ATLAS.ti

Dr. Susanne Friese

ATLAS.ti Scientific Software GmbH

Der Workshop bietet Ihnen einen Überblick über die vielfältigen Möglichkeiten, die ATLAS.ti für die Analyse von qualitativen Daten bietet, inklusive der Auswertung von Literatur. Unterstützt wird eine Bandbreite von methodologischen Ansätzen von interpretativen bis zu hypothetisch-deduktiven Methoden. Anhand von Beispielprojekten wird vorgestellt, wie Sie ATLAS.ti für verschiedene Zwecke und methodische Ansätze verwenden können, z.B. für eine Literaturrecherche, eine Inhaltsanalyse oder ein Grounded-Theory-Projekt. Neben dem Taggen (Kodieren) von Datenmaterial für inhaltsanalytische Auswertungen, zeigen wir Ihnen, wie Sie auch interpretative, hermeneutische Auswertungsverfahren mit der Software umsetzen können. Dies wird u.a. ermöglicht durch die Zitatebene, die ATLAS.ti im Vergleich zu anderen Programmen zusätzlich zum Kodieren von Datenmaterial anbietet. Eine Mappe mit Arbeitsmaterialien und Links zu kostenlosen digitalen Ressourcen zum weiteren Erlernen der technischen wie methodischen Grundlagen wird Ihnen im Workshop zur Verfügung gestellt.

Der Workshop findet in einem Seminarraum statt. Alle Teilnehmenden benötigen einen Computer, auf dem die aktuelle Version ATLAS.ti 8 installiert ist. Die zeitlich unbegrenzte Testversion ist ausreichend, Download unter: https://atlasti.com/de/kostenlose-testversion/.

Literatur

  • Friese, Susanne (2016). Grounded Theory computergestützt und umgesetzt mit ATLAS.ti. In Claudia Equit & Christoph Hohage (Hrsg.), Handbuch Grounded Theory – Von der Methodologie zur Forschungspraxis (S.483-507). Weinheim: Beltz Juventa.
  • Friese, Susanne (2016). Qualitative data analysis software: The state of the art. Special Issue: Qualitative Research in the Digital Humanities, Bosch, Reinoud (Ed.), KWALON, 61, 21(1), 34-45.
  • Friese, Susanne (2016). CAQDAS and Grounded Theory Analysis. Working Papers WP 16-07, ISSN 2192-2357, MMG Working Papers Print. Online
  • Friese, Susanne (2019). Qualitative Data Analysis with ATLAS.ti (3. Ausgabe). London: Sage.
  • Friese, Susanne (2019). Grounded Theory Analysis and CAQDAS: A happy pairing or remodelling GT to QDA? In Antony Bryant and Kathy Charmaz (Hrsg.). The SAGE Handbook of Current Developments in Grounded Theory (S.282-313). London: SAGE.
  • Friese, Susanne, Soratto, Jacks & Pires, Denis. (2018). Carrying out a computer-aided thematic content analysis with ATLAS.ti. MMG Working Paper 18-0. Online
  • McKether, Will L. and Friese, Susanne (2016). Qualitative Social Network Analysis with ATLAS.ti: Increasing power in a blackcommunity. In Susanne Friese & Thomas Ringmayr (Hrsg), ATLAS.ti User Conference 2015: Fostering Qualitative Data Analysis and Beyond. Konferenzsammelband. Universitätsverlag TU Berlin. Online
  • Wright, Steve (2016). Exploring actor-network theory and CAQDAS: Provisional principles and practices for coding, connecting and describing data using ATLAS.ti. In Susanne Friese & Thomas Ringmayr (Hrsg), ATLAS.ti User Conference 2015: Fostering Qualitative Data Analysis and Beyond. Konferenzsammelband. Universitätsverlag TU Berlin. Online

Workshop: Artefaktanalyse

Ao. Univ.-Prof. Dr. Ulrike Froschauer

Universität Wien, Institut für Soziologie

Ao. Univ.-Prof. Dr. Manfred Lueger

Wirtschaftsuniversität Wien, Institut für Soziologie und Empirische Sozialforschung, Kompetenzzentrum für empirische Forschungsmethoden

Artefakte als materialisierte Produkte menschlicher Aktivitäten sind in jeder Gesellschaft nahezu allgegenwärtig. Dies gilt für Kulturlandschaften, Architektur, Fotos oder auch die Kleidung. Als Objektivationen sozialer Beziehungen und gesellschaftlicher Verhältnisse legen sie ein beredtes Zeugnis über unterschiedliche Lebensformen und Kulturen ab. Für sozialwissenschaftliche Analysen sind sie nicht nur aus diesem Grund besonders interessant, sondern auch, weil sie leicht zugänglich sind und sich aufgrund ihrer Präsenz und zumeist relativen Stabilität für eine wiederholte und distanzierte analytische Zuwendung anbieten oder zumindest gut dokumentarisch erfasst werden können.

Der Workshop befasst sich daher mit der Analyse solcher Materialien, wobei folgende Aspekte besondere Berücksichtigung finden:

  • Einbettung der Artefaktanalyse in die methodologische Position qualitativer Sozialforschung
  • Grundlagen der Artefaktanalyse
  • Phasen der Interpretation von Artefakten
  • Exemplarische Analyse von Artefakten
  • Diskussion der Stärken und Schwächen der Artefaktanalyse
  • Diskussion der Anwendbarkeit von Artefaktanalysen
  • Reflexion zum Workshop

Ziel des Workshops ist, mit den Grundlagen und den konkreten Interpretationsschritten einer Artefaktanalyse vertraut zu machen und anhand der gemeinsamen Analyse eines Beispiels durchzuspielen. Darüber hinaus soll die Vorgangsweise einer kritischen Diskussion unterzogen werden.

Literatur

  • Froschauer, Ulrike & Lueger, Manfred (2007). Film-, Bild- und Artefaktanalyse. In Jürgen Straub, Arne Weidemann & Doris Weidemann (Hrsg.), Handbuch interkulturelle Kommunikation und Kompetenz. Grundbegriffe – Theorien – Anwendungsfelder (S.428-439). Stuttgart. Metzler.
  • Froschauer, Ulrike (2009). Artefaktanalyse. In Stefan Kühl, Petra Strodtholz & Andreas Taffertshofer (Hrsg.), Handbuch Methoden der Organisationsforschung. Quantitative und Qualitative Methoden (S.326-347). Wiesbaden: VS Verlag.
  • Gagliardi, Pasquale (Hrsg.) (1990). Symbols and Artefacts. Views of the Corporate Landscape. Berlin: de Gruyter.
  • Lueger, Manfred (2010). Interpretative Sozialforschung: Die Methoden. Wien: Facultas-UTB (Kap. 4).
  • Lueger, Manfred  & Froschauer, Ulrike (2018). Artefaktanalyse. Grundlagen und Verfahren. Wiesbaden: Springer VS.
  • Van Leeuwen, Theo & Jewitt, Carey (Hrsg.) (2001). Handbook of Visual Analysis. Los Angeles: Sage.

Workshop: Einführung in MAXQDA

Julia Gerson

VERBI Software. Consult. Sozialforschung, Berlin

Der Workshop startet mit einer Vorstellung der neuen Programmoberfläche von MAXQDA 2018. Im Anschluss werden die Inhalte in einer Mischung aus Demonstration und selbständiger, angeleiteter Übung erarbeitet. Die Teilnehmenden werden mit der Architektur und den wesentlichen Funktionen von MAXQDA 2018 vertraut gemacht. Der Workshop ist gleichermaßen für Teilnehmende, die mit Mac oder mit Windows arbeiten, geeignet (identische Funktionalität & Oberfläche).

Nach diesem Workshop sind Sie in der Lage, Ihr qualitatives Datenmaterial optimal für die Verwendung und Analyse mit MAXQDA vorzubereiten und in das Programm einzulesen. Sie kennen die Funktionen von MAXQDA, die für eine grundlegende qualitative Auswertung Ihrer Daten relevant sind. Sie können ein Kategoriensystem erstellen und verwalten, Textstellen codieren und wiederfinden.

Schwerpunktthemen sind:

  • Projekte erzeugen und verwalten
  • Datenmaterial: Import, Organisation und Editierbarkeit
  • Codesystem: Codes erstellen, sortieren und editieren
  • Codieren: Verschiedene Möglichkeiten des differenzierten Codierens (In-Vivo Codieren, deskriptives und theoretisches Codieren, Emoticodes®, Codierungen gewichten, Code-Definitionen, Farbcodierungen)
  • Memos: Memos erstellen, editieren und verwalten
  • Codierte Textstellen zusammenstellen: Einfache und komplexe Suchvorgänge
  • Exportmöglichkeiten

Eine Mappe mit Arbeitsmaterialien wird den Teilnehmenden zu Beginn des Workshops zur Verfügung gestellt.

Der Workshop findet in einem Seminarraum statt. Alle Teilnehmenden benötigen einen Computer, auf dem die aktuelle Version MAXQDA 2018 (Standard, Plus oder Analytics Pro) installiert ist. Hierzu lässt sich problemlos die 14-Tage voll funktionsfähige Demoversion von MAXQDA verwenden, die Sie unter www.maxqda.de/demo herunterladen können. Bitte achten Sie auch darauf, dass Ihr Computer die Systemanforderungen erfüllt: https://www.maxqda.de/produkte/systemanforderungen

Weitere benötigte Materialien werden Ihnen vorab per E-Mail zugestellt oder zu Beginn des Workshops ausgeteilt.

Hilfreiche Literatur

  • Corbin, Juliet & Strauss, Anselm (2008). Basics of Qualitative Research (3. Aufl). Thousand Oaks, CA: SAGE.
  • Kuckartz, Udo (2010). Einführung in die computergestützte Analyse qualitativer Daten (3. aktualisierte  Aufl.). Wiesbaden: VS Verlag.
  • Kuckartz, Udo (2016). Qualitative Inhaltsanalyse. Methoden, Praxis, Computerunterstützung (3. Aufl.). Weinheim: Beltz Juventa.
  • Kuckartz, Udo; Grunenberg, Heiko & Dresing, Thorsten (Hrsg.) (2007). Qualitative Datenanalyse: computergestützt. Methodische Hintergründe und Beispiele aus der Forschungspraxis (2., überarbeitete  Aufl.). Wiesbaden: VS Verlag.

Weitere hilfreiche Literaturhinweise finden Sie auf https://www.maxqda.de/training/buecher-literatur.

Workshop: MAXQDA für Fortgeschrittene

Andre Morgenstern-Einenkel

VERBI Software. Consult. Sozialforschung, Berlin & Methoden Coaching Morgenstern 

MAXQDA gehört zu den weltweit führenden und umfangreichsten QDA-Programmen im Bereich der Qualitativen und Mixed-Methods-Forschung. Von der Datenerhebung bis zur Ergebnispräsentation unterstützt MAXQDA die Analyse und Auswertung unstrukturierter Daten wie Interviews, Fachartikel, Fokusgruppen, Audio und Video, Bilder, Twitter-Nachrichten, Umfragen und vieles mehr.

In diesem Workshop lernen Sie einige der weiterführenden Analysefunktionen von MAXQDA kennen. Anhand von Beispielen und praktischen Übungen werden vor allem die Funktionen betrachtet und trainiert, die für die rein qualitative Auswertung besonders relevant sind.

Voraussetzung für die Teilnahme sind MAXQDA-Kenntnisse entsprechend den Inhalten des Workshops „Einführung in MAXQDA“ oder vergleichbare Kenntnisse einer anderen QDA-Software.

Die Themen des Workshops sind im Einzelnen:

  • Thematische Fallzusammenfassungen schreiben und nutzen
  • Kontrastgruppen qualitativ und quantitativ vergleichen
  • Nähen und Überschneidungen von Codings analysieren
  • Codemuster (Konfigurationen) analysieren und für die Typenbildung nutzen
  • Relevanz von Codes im Dokument durch Codeabdeckungen analysieren
  • Codehäufigkeiten als Diagramme visualisieren
  • Concept Maps erzeugen

Eine Mappe mit Arbeitsmaterialien wird den Teilnehmenden zu Beginn des Workshops zur Verfügung gestellt.

Der Workshop findet in einem Seminarraum statt. Alle Teilnehmenden benötigen einen Computer, auf dem die aktuelle Version MAXQDA 2018 installiert ist. Die 14 Tage gültige Demoversion ist ausreichend, Download unter: www.maxqda.de

Literatur

  • Rädiker, Stefan & Kuckartz, Udo (2019). Analyse qualitativer Daten mit MAXQDA. Text, Audio und Video. Wiesbaden: Springer VS.
  • Video-Tutorials: http://youtube.methoden-coaching.de

Workshop: Theorie und Praxis biografischer Fallrekonstruktionen

Prof. Dr. Michaela Köttig

Frankfurt University of Applied Sciences, Frankfurt am Main

Hendrik Hinrichsen

Georg-August-Universität Göttingen, Methodenzentrum Sozialwissenschaften

In diesem Workshop möchten wir die Teilnehmenden sowohl in die methodologischen Prinzipien als auch in die methodische Vorgehensweise biographischer Fallrekonstruktionen einführen. Dieses Verfahren wurde von Gabriele Rosenthal im Zusammenhang mit der Analyse biographisch-narrativer Interviews entwickelt und zielt auf die Rekonstruktion erlebter und erzählter Lebensgeschichten. Im Workshop werden wir nach einer kurzen theoretischen Einführung in die sozialkonstruktivistische Biographieforschung die verschiedenen Auswertungsschritte des Verfahrens vorstellen. Die ersten zwei Auswertungsschritte – die Analyse der biographischen Daten und die Text- und thematische Feldanalyse – werden beispielhaft von den Teilnehmenden durchgeführt und am Material erprobt. Das nötige empirische Material wird aus den laufenden Forschungsarbeiten der Dozierenden bereitgestellt. Außerdem möchten wir den Teilnehmenden die Gelegenheit geben, mögliche Fragen zu den Forschungsdesigns eigener Arbeiten und zur Triangulation des Verfahrens zu erörtern.

Literatur

  • Hinrichsen, Hendrik; Rosenthal, Gabriele & Worm, Arne (2013). Biographische Fallrekonstruktionen. Zur Rekonstruktion der Verflechtung ‚individueller‘ Erfahrung, biographischer Verläufe, Selbstpräsentationen und ‚kollektiver‘ Diskurse. PalästinenserInnen als RepräsentantInnen ihrer Wir-Bilder. Sozialer Sinn 14 (2), 157-183.
  • Köttig, Michaela (2005). Triangulation von Fallrekonstruktionen. In Bettina Dausien, Helma Lutz, Gabriele Rosenthal & Bettina Völter (Hg.), Biographieforschung im Diskurs. Theoretische und methodische Verknüpfungen. (2. Auflage, S.65-83). Wiesbaden: VS Verlag.
  • Radenbach, Niclas & Rosenthal, Gabriele (2012). Das Vergangene ist auch Gegenwart, das Gesellschaftliche ist auch individuell. Zur Notwendigkeit der Analyse biographischer und historischer Rahmendaten. Sozialer Sinn 13 (1), 3-37. 
  • Rosenthal, Gabriele (1995). Erlebte und erzählte Lebensgeschichte. Gestalt und Struktur biographischer Selbstbeschreibungen. Frankfurt am Main: Campus.
  • Rosenthal, Gabriele (2015). Interpretative Sozialforschung. Eine Einführung. Weinheim und Basel: Beltz Juventa.

Workshop: Sequenzanalyse bei der Textinterpretation

Prof. Dr. Uwe Krähnke

Medical School Berlin, Hochschule für Gesundheit und Medizin

Bestandteil vieler interpretativer Verfahren ist die sequenzielle Analyse der qualitativen Daten. Diese Analysetechnik wird – wenn auch mit großen Unterschieden in der praktischen Durchführung – vor allem in der Grounded Theory, Objektiven Hermeneutik, Narrationsanalyse, Konversationsanalyse und Dokumentarischen Methode verwendet. Die Sequenzanalyse beinhaltet erstens, dass das Datenmaterial in kleine Einheiten zerlegt wird. Etwa ein Interview in einzelne, thematisch abgrenzbare Passagen. Um den Sinngehalt einer sequenzierten Einheit zu rekonstruieren, werden zweitens die in ihr enthaltenen Elemente (Wortäußerungen, prosodische Auffälligkeiten etc.) Zug um Zug in der Reihenfolge ihres Auftretens im Datenmaterial analysiert. Hinter dieser Vorgehensweise steht die Annahme, dass die soziale Ordnung regelgeleitet ist und sich im und durch den Handlungsvollzug der Individuen reproduziert („order at all points“).

Eine sequenzanalytische Durchdringung des Datenmaterials geht deutlich über eine reine Inhaltswiedergabe der von den Beforschten selbst zur Sprache gebrachten Themen hinaus. Sie eröffnet einen systematischen Zugang zur Bedeutung des Gesagten und damit zu den dahinterliegenden Denk- und Handlungsmustern und sozialen Kontextbedingungen. Zudem minimiert die Sequenzanalyse das Risiko, dass die Forschenden bei der Dateninterpretation ihren eigenen, subjektiven Annahmen und Deutungen über das Untersuchungsfeld „aufsitzen“.

Zu Beginn des Workshops werden Varianten der Sequenzanalyse vorgestellt, die dann anschließend anhand eines Datenstück gemeinsam praktiziert und diskutiert werden.

Eine Materialsammlung für den Workshop (einschließlich weiterführender Literatur) wird den Teilnehmenden vorab zur Verfügung gestellt.

Literatur zur Einführung

  • Kleemann, Frank; Krähnke, Uwe & Matuschek, Ingo (2013). Interpretative Sozialforschung. Eine praxisorientierte Einführung (2. korrigierte und aktualisierte Auflage). Wiesbaden: Springer VS. Insbesesondere die Seiten 22-24, 47-50, 76-88, 124-145, 172-185.

Workshop: (Internet) Ethnografie

Dr. Michael Dellwing

Leuphana Universität Lüneburg

Abstract folgt

Workshop: Video- und Filmtranskription: Schreiben einer Feldpartitur

Dr. Christine Moritz

Feldpartitur GmbH, Transkription von Videodaten

Videodaten sind in der qualitativen Sozialforschung komplexe Daten, die nicht allein das Sprechen der Akteure fixieren, sondern weitere Informationen zu Mimik, Gestik – aber auch Bild, Musik, Geräusch, Bewegung, Licht, Situation und Handlung etc. beinhalten. Mit der Feldpartitur wurde eine methodenneutrale Software speziell für eine solche „multikodale“ Transkription und Analyse von Videos entwickelt. Derzeit wird das System angewendet in Bereichen der Verhaltensbeobachtung, der Film- und Medienanalyse und bei Video-Eigenproduktionen. Die Feldpartitur dient dabei vor allem der Mikroanalyse – etwa von Schlüsselsequenzen – und erlaubt es, komplexe Strukturen einer Akteurshandlung, einer nonverbalen Kommunikationsfolge oder auch eines Gruppengeschehens zu erfassen und sichtbar zu machen.

Die Feldpartitur wird in der qualitativen Forschung a) vor und während der Forschung eingesetzt als heuristisches Instrument für die Forschenden zur Reflexion und Systematisierung der visuellen ad-hoc-Wahrnehmung. Sie dient b) nach der Forschung als empirisches Validierungsinstrument für eine nachvollziehbare Dokumentation und Publikation der forschenden Beobachtungen. Die Feldpartitur erlaubt zu diesem Zweck die Visualisierung der im Video sich darbietenden Strukturen über den Feldpartitur Video Publisher oder auch den Ausdruck der Partitur (pdf, png). Die Datenmatrix bietet Grundlage für weitere qualitative und quantitative (sxls, xml) Auswertungsprozesse. Die Verknüpfung mit weiteren Datensorten (Bild, pdf-Dokumente, Audiodaten, Internetlinks, Texte, Memos etc.) stellt eine weitere wichtige Möglichkeit im Zusammenhang mit dem bei videobasierten Forschungsdesigns häufig notwendigen Datenmanagement dar.

Inhalt des Workshops: Der Worskhop basiert auf einer vorab zugesendeten Lektüre (ca. 20 Seiten), um den Fokus auf die forschungspraktische Arbeit mit dem Material zu ermöglichen. Im Anschluss an einen Videoimpuls interpretieren wir die kurze Videoseqzenz in der Arbeitsgruppe mit dem Instrument des viergliedrigen Videoanalyse-Rahmens. Anschließend explorieren wir aus der Gruppe heraus mögliche Fragestellungen, die im zweiten Teil in kleinen Arbeitsgruppen durch Schreiben der Partitur bearbeitet werden. Zu diesem Zweck erhalten die Teilnehmenden eigene Demo-Accounts, die im Anschluss an die Veranstaltung noch weitere fünf Tage genutzt werden können. Im Vordergrund des Workshops stehen demnach neben dem Erlernen der technischen Fertigkeiten vor allem die Reflexion des eigenen Betrachterhabitus. Diese Reflexion mündet in den für die Arbeit mit Feldpartitur zentralen Prozess, semantisch zunächst diffuse Wahrnehmungsprozesse bei der Betrachtung eines Videos exemplarisch anhand eines Fallbeispieles aus der Forschungspraxis sukzessive und zunehmend begrifflich scharf zu explizieren.

Hinweis zur aktiven TeilnahmeEs ist aufgrund der forschungspraktischen Ausrichtung des Methodentreffens wünschenswert, Videomaterial von Teilnehmenden im Rahmen der Interpretations- und Arbeitssession zu nutzen. Sie können diese Möglichkeit bereits in einer eher früheren Forschungsphase (etwa Themenfindungsphase) bis hin zur bereits herangereiften Forschungsphase (etwa Transkription einer Kern-Sequenz zur Ergebnisdarstellung) in Erwägung ziehen. Auf Wunsch kann eine Schweigevereinbarung innerhalb der Arbeitsgruppe vereinbart werden.

Literatur

Workshop: Situationsanalyse

Juniorprofessorin Dr. Ursula Offenberger

Eberhard Karls Universität Tübingen

Die Situationsanalyse, ausgearbeitet insbesondere von Adele Clarke (2005; dt. 2012; Clarke, Friese und Washburn 2015 und 2018), versteht sich als Weiterentwicklung der Grounded Theory im Anschluss an Anselm Strauss (1994). Sie wird der zweiten Generation von US-Grounded-Theory-Forschenden zugeordnet (vgl. Morse et al. 2009) und erhebt den Anspruch einer Grounded Theory nach dem postmodern (Clarke 2012) bzw. nach dem interpretive turn (Clarke et al. 2018), insbesondere weil sie Entwicklungen und Veränderungen in sozialtheoretischen Debatten seit den 1970er Jahren stärker berücksichtigt. Zugleich wird die dichte Bezogenheit von Grounded Theory und Symbolischem Interaktionismus/Pragmatismus betont und mit dem systematischen Einbezug der Soziale Welten-/Arena-Theorie (Strauss 1978; 1993) in situationsanalytisches Arbeiten umgesetzt.

Im Workshop ordnen wir die Situationsanalyse zunächst in ihren Entstehungskontext der US-Methodendebatte ein und fragen nach dem Stand der deutschsprachigen Rezeption. Danach diskutieren wir anhand von praktischen Beispielen aus den Projekten der Teilnehmenden Bedeutung und Vorgehen der von Clarke vorgeschlagenen Mapping-Strategien (Situationsmaps, Soziale-Welten-Arena-Maps und Positionsmaps). Außerdem nehmen wir Implikationen einer situativistischen Grounded Theory für Prozesse des theoretischen Samplings, von theoretischer Sensibilität und der Involvierung der Forschenden ins Forschungsgeschehen in den Blick.

 Literatur 

  • Clarke, Adele E. (2005). Situational Analysis. Grounded Theory After the Postmodern Turn. London [u.a.]: Sage.
  • Clarke, Adele. E. (2012). Situationsanalyse: Grounded Theory nach dem Postmodern Turn. Wiesbaden: Springer VS.
  • Clarke, Adele E.; Friese, Carrie & Washburn, Rachel (Hrsg.). (2015). Situational analysis in practice : mapping research with Grounded Theory. Walnut Creek, Cal.: Left Coast Press.
  • Clarke, Adele E.; Friese, Carrie E. & Washburn, Rachel S. (2018). Situational analysis : grounded theory after the interpretive turn (Second edition). Sage.
  • Morse, Janice M.; Noerager Stern, Phyllis; Corbin, Juliet; Bowers, Barbara; Charmaz, Kathy & Clarke, Adele E. (2009). Developing Grounded Theory. The Second Generation. Walnut Creek, CA: Left Coast Press.
  • Offenberger, Ursula (2019). Anselm Strauss, Adele Clarke und die feministische Gretchenfrage. Zum Verhältnis von Grounded-Theory-Methodologie und Situationsanalyse. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research20(2), Art. 6 (erscheint im Mai).
  • Strauss, Anselm (1978). A Social World Perspective. In Norman Denzin (Hrsg.). Studies in Symbolic Interaction. An Annual Compilation of Research (S.119-128). Greenwich, Connecticut: JAI Press.
  • Strauss, Anselm (1993). Continual Permutations of Action. New Brunswick (USA) und London (UK): Transaction Publishers.
  • Strauss, Anselm (1994). Grundlagen qualitativer Sozialforschung. München: Wilhelm Fink Verlag.

Workshop: Evokative Autoethnografie

Dr. Andrea Ploder

Universität Siegen

Dieser Workshop richtet sich an qualitativ Forschende, die Interesse an Repräsentationsfragen sowie an einer tiefergehenden Auseinandersetzung mit der Rolle von Subjektivität und Reflexivität in Forschungsprozessen haben. Im Fokus steht die Methode der evokativen Autoethnografie, eine Spielart performativer Methoden in den Sozial- und Kulturwissenschaften.

Die evokative Autoethnografie ist eine Forschungsmethode und zugleich eine Form wissenschaftlichen Schreibens, in der Autor*innen sich auf ihre eigene gelebte Erfahrung beziehen. Sie verbindet das Persönliche mit dem Kulturellen und verortet das forschende Selbst und seine Anderen in einem sozialen Kontext. Der Schreibprozess hat in der Autoethnografie einen ähnlichen Stellenwert wie die Interpretation in der interpretativen Forschung: die Textproduktion wird hier gedacht als „Method of Inquiry“. Autoethnografien sind somit nicht das Produkt eines Verstehensprozesses, sondern der Verstehensprozess selbst – im Schreiben wie auch im Lesen des Textes durch die Rezipient*innen entsteht dieser performativen Forschungslogik nach Bedeutung und Erkenntnis.

Der Workshop dient einer Einführung in die methodischen Prinzipien und Stile der evokativen Autoethnografie und klärt die Spezifik des Ansatzes innerhalb des Kanons qualitativer Forschung. Wir diskutieren Potenziale und Grenzen der Methode sowie Möglichkeiten der Verknüpfung mit anderen Ansätzen. Eigenes autoethnografisches Material ist keine Voraussetzung für die Teilnahme.

Zur Einführung empfehlen wir folgende Texte:

  • Ellis, Carolyn (1999). Heartful Autoethnography. Qualitative Health Research 9(5), 669-683.
  • Ellis, Carolyn & Bochner, Arthur B. (2000). Autoethnography, Personal Narrative, Reflexivity – Researcher as Subject. In Norman K. Denzin & Yvonna S. Lincoln (Ed.), Handbook of Qualitative Research (2nd Edition). Thousand Oaks, Calif: Sage Publications, 733-768.
  • Ellis, Carolyn; Adams, Tony E.; Bochner, Arthur P.; Stadlbauer, Johanna & Ploder, Andrea (2018). Autoethnografie in der Psychologie. In Katja Mruck und Günther Mey (Hrsg.), Handbuch Qualitative Forschung in der Psychologie. Springer Reference Psychologie. Wiesbaden: VS Verlag. DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-18387-5_43-1.
  • Ploder, Andrea (2011). The Power of Performance. Methodologische Neuorientierungen in den Sozialwissenschaften. 2. Jahrbuch des Phonogrammarchivs der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 139-168.
  • Ploder, Andrea & Stadlbauer, Johanna (2013). Autoethnographie und Volkskunde? Zur Relevanz wissenschaftlicher Selbsterzählungen für die volkskundlich- kulturanthropologische Forschungspraxis. Österreichische Zeitschrift für Volkskunde LXVII/116 (4), 374-404.
  • Ploder, Andrea & Stadlbauer, Johanna (2016). Strong Reflexivity and its Critics: Responses to Autoethnography in the German-speaking Cultural and Social Sciences, Qualitative Inquiry 22(9), 753–765.

Workshop: Gruppendiskussion

Prof. Dr. Aglaja Przyborski

Bertha von Suttner Privatuniversität, St. Pölten

Erhebungen von Gesprächen in gruppenförmigen Settings haben in den letzten Jahren sowohl im deutschen als auch im angelsächsischen Sprachraum weiter an Bedeutung gewonnen. Je nachdem, ob die „Gruppe“ methodologisch gefasst wird oder nicht, unterscheiden sich die methodisch-technischen Überlegungen zur Erhebung und Auswertung, also zur Initiierung und Leitung von Gruppendiskussionen ebenso wie zur Interpretation und zu Möglichkeiten der Generalisierung.

Im Workshop werden diese unterschiedlichen Zugänge beleuchtet. Vertieft behandelt wird jener Zugang, der kollektive Orientierungen zum Untersuchungsgegenstand macht. Auf der Basis von empirischen Beispielen, die wir gemeinsam behandeln, wird im Workshop der forschungspraktische Wert von guten Metatheorien erarbeitet: Beispielsweise wie sich ein lebendiger Ablauf von Diskussionen auf der Grundlage eines elaborierten Kollektivitätskonzepts zum einen erklären und zum anderen forschungspraktisch umsetzen lässt.

Möglichkeiten und Grenzen des Verfahrens für unterschiedliche Forschungsfragen werden entlang der Interessen der Teilnehmenden diskutiert, dabei können auch fokussierte Erhebungen, die z.B. einen Film, eine Sendung oder Bilder zum Ausgangspunkt der Gruppendiskussion machen, eine Rolle spielen. Je nach Wunsch und Vertrautheit der Gruppe mit dem Verfahren, werden wir entweder die eine gemeinsame Interpretation von Material aus Gruppendiskussionen einsteigen oder die einzelnen forschungspraktischen Schritte der Auswertung genauer besprechen.

Literatur

  • Bohnsack, Ralf & Przyborski, Aglaja (2007). Gruppendiskussionsverfahren und Focus Groups. In Renate Buber & Hartmut H. Holzmüller (Hrsg.), Qualitative Marktforschung (S.493-506). Wiesbaden: Gabler.
  • Bohnsack, Ralf; Przyborski, Aglaja & Schäffer, Burkhard (Hrsg.) (2006). Das Gruppendiskussionsverfahren in der Forschungspraxis. Opladen: Verlag Barbara Budrich.
  • Przyborski, Aglaja (2004). Gesprächsanalyse und dokumentarische Methode. Qualitative Auswertung von Gesprächen, Gruppendiskussionen und anderen Diskursen. Wiesbaden: VS Verlag.
  • Przyborski, Aglaja & Wohlrab-Sahr, Monika (2014). Qualitative Sozialforschung. Ein Arbeitsbuch (4. erweiterte Auflage). München: Oldenbourg.
  • Przyborski, Aglaja & Riegler, Julia (2010). Gruppendiskussion und Fokusgruppe. In Günter Mey & Katja Mruck (Hrsg.), Handbuch Qualitative Forschung in der Psychologie (S.436-448). Wiesbaden: VS Verlag.

Workshop: Qualitative Inhaltsanalyse

Dr. Stefan Rädiker

Methoden-Expertise.de

Dieser Workshop führt in die Methode der qualitativen Inhaltsanalyse zur Auswertung qualitativer Daten ein. Im Mittelpunkt des Workshops steht die Umsetzung der inhaltlich-strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse in sechs Schritten, wobei wir bei jedem Schritt auf Fallstricke in der Praxis und jeweils zu treffende Entscheidungen eingehen werden.

Übungen zur Kategorienbildung runden den Workshop ab.

Inhalt:

  • Einführung in die qualitative Inhaltsanalyse (QIA):
    Definition, Einordnung, Grundbegriffe, prinzipieller Ablauf
  • Inhaltlich-strukturierende qualitative Inhaltsanalyse Schritt für Schritt:
    Schritt 1: Initiierende Textarbeit
    Schritt 2: Hauptkategorien bilden
    Schritt 3: Interviews mit Hauptkategorien codieren
    Schritt 4: Textstellen einer Hauptkategorie zusammenstellen und induktiv am Material Subkategorien bilden; Textstellen mit Subkategorien codieren
    Schritt 5: Kategorienbasierte Auswertung und Ergebnisdarstellung
    Schritt 6: Berichtserstellung und Dokumentation

Alle Teilnehmenden erhalten vorab die Möglichkeit, ihre Fragen zum Thema einzubringen, sodass wir diese im Workshop berücksichtigen können.

Literatur

  • Kuckartz, Udo (2018). Qualitative Inhaltsanalyse. Methoden, Praxis, Computerunterstützung (4. Aufl.). Weinheim: Beltz Juventa.
  • Mayring, Philipp (2015). Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken (12. Aufl.). Weinheim: Beltz-UTB.
  • Schreier, Margrit (2012). Qualitative content analysis in practice. London: Sage.
  • Schreier, Margrit (2014). Qualitative content analysis. In Uwe Flick (Hrsg.), The SAGE Handbook of qualitative data analysis (S.170-183). London etc.: Sage.
  • Schreier, Margrit (2014). Varianten qualitativer Inhaltsanalyse: Ein Wegweiser im Dickicht der Begrifflichkeiten [59 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 15(1), Art. 18, http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0114-fqs1401185.

Workshop: Interviews

Dr. Herwig Reiter

Deutsches Jugendinstitut, Zentrum für Dauerbeobachtung und Methoden

Das Interview gehört zu den Standardwerkzeugen qualitativer Sozialforschung und wird von unterschiedlichsten Ansätzen verwendet. Das liegt u.a. daran, dass es an das Gespräch als Interaktionsform des Alltags angelehnt ist und direkten Zugang zu Sprache und Denkweise der Forschungssubjekte ermöglicht. Außerdem ist es eine etablierte und pragmatische Alternative zu aufwändigeren Verfahren.

Der erste Teil des Workshops diskutiert die methodologischen Besonderheiten qualitativer Interviewforschung. Anhand der vergleichenden Darstellung des narrativen, des ethnographischen und des problemzentrierten Interviews werden Anwendungsbereiche und typische Arbeitsschritte sowie Vor- und Nachteile diskutiert. Der zweite Teil ist praktischen Fragen der Planung, Vorbereitung und Durchführung qualitativer Interviews gewidmet und richtet sich nach Forschungsvorhaben und konkreten Anliegen der Teilnehmenden.

Literatur

  • Deppermann, Arnulf (2013). Interview als Text vs. Interview als Interaktion [61 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 14(3), Art. 13, http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0114-fqs1303131.
  • Girtler, Roland (2001). Methoden der Feldforschung. Böhlau UTB: Wien.
  • Helfferich, Cornelia (2009). Die Qualität qualitativer Daten. Manual für die Durchführung qualitativer Interviews. Wiesbaden: VS Verlag.
  • Kruse, Jan (2014). Qualitative Interviewforschung. Ein integrativer Ansatz. Weinheim, Basel: Beltz Juventa.
  • Küsters Ivonne (2009). Narrative Interviews. Grundlagen und Anwendungen. Wiesbaden: VS Verlag.
  • Mey, Günter & Mruck, Katja (2010). Interviews. In Günter Mey & Katja Mruck (Hrsg.), Handbuch Qualitative Forschung in der Psychologie (S.423-435). Wiesbaden: VS Verlag.
  • Mey, Günter & Mruck, Katja (2011). Qualitative Interviews. In Gabriele Naderer & Eva Balzer (Hrsg.), Qualitative Marktforschung in Theorie und Praxis. Grundlagen, Methoden und Anwendungen (2. überarbeite Auflage, S.257-288). Wiesbaden: Gabler.
  • Spradley, James P. (1979). The ethnographic interview. Fort Worth: Harcourt College Publishers.
  • Witzel, Andreas (2000). Das problemzentrierte Interview [25 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 1(1), Art. 22, http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0114-fqs0001228.
  • Witzel, Andreas & Reiter, Herwig (2012). The problem-centred interview. Principles and practice. London: Sage, https://uk.sagepub.com/en-gb/eur/the-problem-centred-interview/book234106#preview.

Workshop: Systematische Metaphernanalyse

Prof. Dr. Rudolf Schmitt

Hochschule Zittau-Görlitz, Fachbereich Sozialwesen

Dr. Larissa Pfaller

Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Institut für Soziologie

Eine systematische Metaphernanalyse reagiert auf die Probleme bisheriger Versuche, den Sinn von metaphorischen Äußerungen zu verstehen. Von älteren Studien unterscheidet sie sich durch folgendes:

  • Sie nutzt die Theorie der kognitiven Linguistik (George Lakoff und Mark Johnson), um den Stellenwert von Metaphern für Strukturen von Denken, Handeln und Emotionen zu bestimmen.
  • Das empirische Vorgehen bietet eine handhabbare Arbeitsdefinition zur Erkennung von Metaphern.
  • Sie ermöglicht, von einzelnen Metaphern auf zusammenhängende metaphorische Konzepte zu schließen.
  • Das empirische Vorgehen der Metaphernanalyse ist offen dafür, sowohl kulturelle, subkulturelle wie individuelle Muster zu rekonstruieren.
  • Für die Interpretation metaphorischer Muster steht eine Sammlung heuristischer Hilfen zur Verfügung.
  • Neben allgemeinen, für qualitative Forschung gültigen Gütekriterien sind speziellere Gütekriterien für Metaphernanalysen benennbar.

Im Workshop sollen diese Merkmale je nach Vorwissen der Teilnehmer*innen an vorbereitetem Material vorgestellt und in kleinen Übungen vertieft werden.

Literatur

  • Johnson, Mark (1987). The body in the mind. The bodily basis of meaning, imagination, and reason. Chicago: The University of Chicago Press.
  • Lakoff, George (1987). Women, fire and dangerous things. What categories reveal about the mind. Chicago: The University of Chicago Press.
  • Lakoff, George & Johnson, Mark (1998 [1980]). Leben in Metaphern. Heidelberg: Carl-Auer-Systeme. [Orig.: 1980. Metaphors we live by. Chicago: The University of Chicago Press].
  • Lakoff, George & Johnson, Mark (1999). Philosophy in the flesh: The embodied mind and its challenge to western thought. New York: Basic Books.
  • Schmitt, Rudolf (2004). Diskussion ist Krieg, Liebe ist eine Reise, und die qualitative Forschung braucht eine Brille. Review Essay: George Lakoff & Mark Johnson (2003). Leben in Metaphern. Konstruktion und Gebrauch von Sprachbildern [54 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, Art. 19, http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0114-fqs0402190.
  • Schmitt, Rudolf (2007). Versuch, die Ergebnisse von Metaphernanalysen nicht unzulässig zu generalisieren. Zeitschrift für qualitative Forschung, 8(1), 137-156. http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-277869 
  • Schmitt, Rudolf (2017). Systematische Metaphernanalyse als Methode der qualitativen Sozialforschung. 644 S. Wiesbaden: Springer VS, http://link.springer.com/book/10.1007/978-3-658-13464-8.
  • Schmitt, Rudolf; Schröder, Julia & Pfaller, Larissa (2018). Systematische Metaphernanalyse. Eine Einführung. Wiesbaden: Springer VS. https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-658-21460-9.

Workshop: Interpretative Videoanalyse [Starter]

Prof. Dr. Bernt Schnettler

Universität Bayreuth, Soziologie

Dr. René Tuma, MSc.

Technische Universität Berlin, Institut für Soziologie

Der Workshop bietet eine Einführung in die Videoanalyse sozialer Situationen. Er richtet sich an Forschende, die „natürliche“ Situationen und die darin stattfindende Interaktion und Kommunikation mit Hilfe von Videodaten untersuchen möchten. Wir geben einen kurzen Überblick über die verschiedenen Sorten von Videodaten und den derzeitigen Stand der in den letzten Jahren aufgeblühten diversen qualitativen Ansätze der Videodatenanalyse. Anschließend erläutern wir die methodologischen Prinzipien der Videografie. Auf dieser Grundlage werden wir die Video-Interaktionsanalyse als Kernstück der Videografie anhand unterschiedlicher empirischer Beispiele vorstellen. Dabei werden wir die methodischen Forschungsschritte wie Datenerhebung, Selektion- und Aufarbeitung des Datenkorpus sowie die Feinanalyse exemplarisch durchgehen. Die Videografie wird hierbei als theoretisch fundiert und eingebettet vorgestellt. Rein technische Fragen, etwa zur jeweils geeigneten Software für die spezifischen Vorgehensweisen oder zur Aufzeichnung werden angesprochen, stehen jedoch nicht im Vordergrund.

Diese Veranstaltung eignet sich für alle, die an den Grundlagen interessiert sind und einen Überblick gewinnen möchten. Am Freitag wird eine Veranstaltung von Knoblauch und Vollmer für diejenigen angeboten, die selbst bereits Daten erhoben haben, und diese in einer Datensitzung vorstellen möchten.

Für weitere Informationen siehe die Seiten des Videoanalyselabors an der TU Berlin.

Literatur

  • Heath, Christian; Luff, Paul & Hindmarsh, Jon (2010). Video in Qualitative Research. London: Sage.
  • Tuma, René, Schnettler, Bernt & Knoblauch, Hubert (2013). Videographie. Einführung in die Video-Analyse sozialer Situationen. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
  • Knoblauch, Hubert & Tuma, René (2011). Videography. An Interpretive Approach to Video-Recorded Micro-Social Interaction. In Eric Margolis und Luc Pauwels (Hrsg.), The Sage Handbook of Visual Methods (S.414-430). Los Angeles: Sage.
  • Knoblauch, Hubert (2011). Videoanalyse, Videointeraktionsanalyse und Videographie – zur Klärung einiger Missverständnisse, sozialer sinn, 1, 139-147.
  • Knoblauch, Hubert; Schnettler, Bernt; Raab, Jürgen & Soeffner, Hans-Georg (Hrsg.) (2006). Video-Analysis. Methodology and Methods. Qualitative Audiovisual Data Analysis in Sociology. Wien: Lang. (Einleitung)
  • Knoblauch, Hubert (2004). Die Video-Interaktions-Analyse, sozialer sinn, 1, 123-128.
  • Tuma, René (2016). Vernacular Video Analysis. Zur Vielfalt der kommunikativen Video-Rekonstruktion. Wiesbaden: Springer-VS (im Druck).

Workshop: Forschungsethik

Prof. Dr. Hella von Unger

Ludwig-Maximilians-Universität, Institut für Soziologie

Dr. Yvonne Berger

Ludwig-Maximilians-Universität, Institut für Soziologie

Forschungsethische Fragen stellen sich in allen Phasen des Forschungsprozesses und betreffen insbesondere die Gestaltung der Beziehungen zwischen den Forschenden und den Personen und Einrichtungen, die an der Forschung teilnehmen. Viele Fachgemeinschaften haben Ethik-Kodizes entwickelt, um Prinzipien und Grundsätze zu formulieren, die das Forschungshandeln leiten. Forschende sind beispielsweise aufgefordert, die Risiken der Teilnahme an ihrer Studie zu antizipieren und Schaden zu vermeiden, von Teilnehmenden eine informierte Einwilligung einzuholen und die Daten zu anonymisieren und vertraulich zu behandeln. In der qualitativen Forschungspraxis stoßen diese Grundsätze jedoch schnell an Grenzen: Wie lässt sich beispielsweise ein informiertes Einverständnis bei teilnehmenden Beobachtungen einholen – und von wem? Wie lassen sich Risiken antizipieren, wenn der Forschungsverlauf methodologischen Prinzipien folgend offen gestaltet wird und nur eingeschränkt planbar ist? Lassen sich qualitative Daten überhaupt sinnvoll anonymisieren – und wenn ja, wie? Im Zusammenhang mit neuen Technologien und digitalen Wirklichkeiten stellen sich neue Fragen, auf die die bestehenden Grundsätze keine direkten Antworten liefern (wie beispielsweise im Bereich der social media-Forschung). Es bedarf daher einer forschungsethischen Reflexivität, die nicht nur das eigene Forschungshandeln sondern auch die kanonisierten Grundsätze kritisch hinterfragt und danach strebt, im jeweils spezifischen Forschungskontext Antworten auf die Frage zu finden, welches Handeln ethisch vertretbar ist – und welches nicht.   

Der Workshop führt in zentrale forschungsethische Grundsätze ein und diskutiert einige der Herausforderungen, die sich in der qualitativen Forschung stellen. In der zweiten Hälfte des Workshops besteht die Gelegenheit, dass Teilnehmende forschungsethische Fragen und Anliegen aus ihrer eigenen Forschungspraxis diskutieren. Die Teilnehmenden werden gebeten, ihre Fragen und Anliegen im Vorfeld zu kommunizieren, um eine Auswahl und Fokussierung der Diskussion zu ermöglichen. Die Anliegen und Inhalte der Diskussion werden vertraulich behandelt.

Literatur

  • Saunders, Benjamin; Kitzinger, Jenny; Kitzinger, Celina (2015). Anonymising interview data: Challenges and compromise in practice. Qualitative Research 15 (5), 616–632.
  • von Unger, Hella (2018). Forschungsethik, digitale Archivierung und biographische Interviews. In Helma; Martina Schiebel & Elisabeth Tuider (Hg.), Handbuch Biographieforschung (S.681-693). Wiesbaden, Springer VS.
  • von Unger, Hella; Dilger, Hansjörg & Schönhuth, Michael (2016). Ethikbegutachtung in der sozial und kulturwissenschaftlichen Forschung? Ein Debattenbeitrag aus soziologischer und ethnologischer Sicht [19 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 17(3), Art. 20, http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0114-fqs1603203.
  • von Unger, Hella, Narimani, Petra & M’Bayo, Rosalie (Hrsg.) (2014). Forschungsethik in der qualitativen Forschung: Reflexivität, Perspektiven, Positionen. Wiesbaden: Springer VS Verlag.