Workshops 2022

Workshop: Netzwerkforschung

Dr. Stefan Bernhard

Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), AG Qualitative Methoden

Soziale Beziehungen und Netzwerke sind elementare Bestandteile der sozialen Welt. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich mit der ‚Social Network Analysis‘ (SNA) ein schnell wachsendes interdisziplinäres Forschungsfeld etabliert, das netzwerkbezogene Phänomene aller Arten untersucht. Beispiele für Forschungsgegenstände der SNA sind Verflechtungen von Wirtschaftsunternehmen, der Einsatz von Netzwerken bei der Arbeitssuche oder die Wirkung von Unterstützungsnetzwerken in krisenhaften Lebensphasen. In diesem überwiegend quantitativ ausgerichteten Forschungszusammenhang kam qualitativen Analysemethoden lange Zeit eine Nebenrolle zu; sie dienten etwa dem Feldzugang oder zur Vorbereitung quantitativer Erhebungen. Das hat sich in den letzten Jahren verändert. Qualitative Ansätze werden zunehmend sichtbar: Man expliziert ihren Beitrag zu multi-methodischen Studien, treibt die Weiterentwicklung von Erhebungs- und Auswertungsmethoden voran und diskutiert genuin qualitative Methodologien und Methoden der Netzwerkforschung.

Der Workshop ‚Qualitative Netzwerkforschung‘ greift diese Entwicklung auf. Ziel der Veranstaltung ist es, in die empirische Untersuchung der Sinnsetzungsprozesse einzuführen, über die soziale Beziehungen und Netzwerke konstituiert werden. Mit welchen Methoden werden Beziehungsdynamiken einer Analyse zugänglich? Wie können wir etwas über die Bedeutung einzelner Beziehungen in größeren Netzwerkgeflechten erfahren? Wie erschließen sich Grenzziehungs- und Segmentierungsprozesse in und zwischen Beziehungen? Wie kann man verstehen, wie Menschen sich in ihrem persönlichen Netzwerk orientieren und dieses strukturieren? In dem Workshop wird ein praxisorientierter Zugang zu diesen Fragestellungen vorgestellt. Dabei werden – nach einer kurzen Einführung in Grundannahmen der Netzwerkforschung – gängige Erhebungs- und Auswertungsschritte präsentiert und erprobt. Die Teilnehmer*innen sind herzlich eingeladen, sich mit ihren Forschungsinteressen einzubringen!

Literatur

  • Bernhard, Stefan (2018). Analyzing meaning-making in network ties. A qualitative approach. International Journal of Qualitative Methods, 17, 1-11, https://journals.sagepub.com/doi/abs/10.1177/1609406918787103.
  • Crossley, Nick; Bellotti, Elisa; Edwards, Gemma; Everett, Martin G.; Koskinen, Johan & Tranmer, Mark (2015). Social Network Analysis for Ego-Nets (S. 1-24). Los Angeles and London: Sage.
  • Herz, Andreas; Peters, Luisa & Truschkat, Inga (2015). How to do qualitative strukturale Analyse? Die qualitative Interpretation von Netzwerkkarten und erzählgenerierenden Interviews [52 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 16(1), Art. 9, DOI: https://doi.org/10.17169/fqs-16.1.2092.
  • Hollstein, Betina (2011). Qualitative Approaches. In John Scott & Peter J. Carrington (Eds.), The Sage Handbook of Social Network Analysis (pp. 404-416). Los Angeles, New York, New Delhi: Sage.

Workshop: Schreiben als analytisches Mittel qualitativer Forschung

Dr. Stephanie Bethmann

FVA Freiburg 

Das Schreiben ist ein wesentlicher Arbeitsschritt in der qualitativen Sozialforschung – sei es als Aufschreiben von Beobachtungen oder Audioaufzeichnungen oder als Aufschreiben von Analysen und Erkenntnissen. Und es ist viel mehr als Aufschreiben: eine analytische Praxis, durch die Gedanken entstehen, strukturiert und weiterentwickelt werden. Schreiben ist ein wesentlicher Teil qualitativer Wissensproduktion. Trotzdem wird dem Schreiben überraschend wenig methodologische Aufmerksamkeit geschenkt. So herrscht in vielen Forschungsarbeiten implizit die Annahme, das Schreiben käme nach der Forschung, wenn die „Ergebnisse“ bereits vorliegen. Darüber gerät aus dem Blick, wie sich das analytische Potential des Schreibens im ganzen Forschungsprozess nutzen lässt. Das Schreiben bringt Forschende in den Dialog mit sich selbst: Textentwürfe sind ständig in Veränderung und dienen als Instrumente der Erkundung von Daten, Themen und Konzepten. Und Schreiben ist auch ein Instrument der Mitteilung und des Eintritts in einen Dialog – denn die Analyse setzt sich fort in den Interpretationen derer, die unsere Forschungstexte lesen und zitieren.

Hilfreich ist deshalb ein Blick in diejenigen Forschungstraditionen, die sich ausdrücklich dem Schreiben als analytischer Praxis zuwenden, darunter die Ethnografie und die Grounded Theory. Der Workshop stützt sich auf methodologische und forschungspraktische Anregungen aus diesen Methodenstilen und überträgt sie auf ein breites Spektrum qualitativer Schreibtechniken in verschiedenen methodischen Zugängen. Auf Basis dieser Basis diskutieren wir im Workshop das Potenzial der ’schreibenden Analyse‘ und spezielle Anforderungen an das ‚Genre‘ qualitativen Schreibens. Praktisch betrachten wir das anhand von Beispielen verschiedener Schreibstile sowie im schreibenden Selbstversuch während des Workshops.

Literatur (nicht obligatorisch)

  • Bethmann, Stephanie (2020). Methoden als Problemlöser. Wegweiser für die qualitative Forschungspraxis. (2. Auflage). Weinheim: Beltz Juventa, (darin: Kapitel 3 „Ins Gespräch kommen. Forschen ist Schreiben.“).
  • Bock, Katharina (2019). Ethnografisches Protokollieren – Erkenntnisabsichten und sprachlich-stilistische Gestaltungsprinzipien [56 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 20(1), Art. 6, http://dx.doi.org/10.17169/fqs-20.1.2933.
  • Charmaz, Kathy & Mitchell, Richard G. (2010). Grounded theory in ethnography. In Paul Atkinson, Amanda Doffey, Sarah Delamont, John Lofland & Lyn Lofland (Hrsg.), The Sage handbook of ethnography (S. 160-174). Los Angeles: Sage.
  • Charmaz, Kathy (2006). Constructing grounded theory. A practical guide through qualitative analysis (S. 72-95). London: Sage.
  • Hirschauer, Stefan (2016). Ethnografisches Schreiben und die Schweigsamkeit des Sozialen / Ethnographic Writing and the Silence of the Social. Zeitschrift für Soziologie, 30(6), 429-451, DOI: https://doi.org/10.1515/zfsoz-2001-0602.

Workshop: Einführung in die qualitative Datenanalyse mit NVivo

Dr. Marret Bischewski

Alfasoft GmbH

Sie arbeiten in Ihrem Projekt mit qualitativen Daten (z.B. Interviews, Literatur, Umfragen mit offenen Antworten) und möchten die Auswertung effizient und übersichtlich gestalten? Sie interessieren sich für NVivo und möchten direkt in die Anwendung starten? Dann ist dieser Kurs das Richtige für Sie.

In diesem Workshop werden die Grundlagen in NVivo für Windows vermittelt. Sie lernen, wie Sie ein NVivo-Projekt erstellen und Text- und PDF-Dateien importieren. Anschließend wird gezeigt, wie Sie Ihre Daten kodieren, Memos schreiben und Anmerkungen hinzufügen.

Sie lernen, wie Sie in der NVivo-Benutzeroberfläche manövrieren, ein Projekt aufbauen und Kodes organisieren. Es werden verschiedene Kodierungstechniken vorgestellt, erklärt wie Sie Ihre Kodierungsstruktur verfeinern, die kodierten Referenzen überprüfen und ein Kodierungsbuch exportieren. Es werden lexikalische Abfragen vorgestellt, mit denen Sie Ihre Textdaten erkunden und visualisieren können (z.B. Textsuche, Wortwolken). Darüber hinaus werden Fälle und Klassifizierungen als wichtiger Bestandteil Ihres Projektaufbaus besprochen. Schließlich erfahren Sie auch, wie Sie Ihre Projektdatei sichern und Back-up Kopien erstellen.

Inhalt:

  • NVivo-Benutzeroberfläche
  • Grundeinstellungen
  • ein neues Projekt anlegen
  • Ordner erstellen und Dateien importieren
  • mit Memos und Anmerkungen arbeiten
  • Kodierungstechniken und Kodierungsstruktur
  • ein Kodierungsbuch exportieren
  • Speichern und Sichern von Back-up Kopien
  • Textsuchen und Worthäufigkeitsabfragen
  • Einführung in Fälle und Klassifizierungen
  • Fragen und Antworten

Es wird mit der aktuellsten Version von NVivo für Windows gearbeitet (Benutzer*innen früherer Versionen und Mac User können trotzdem gerne teilnehmen).

Vorbereitung: Um direkt mitarbeiten zur können, erhalten Sie vor Beginn des Workshop Übungsdateien zum Download. Installieren Sie NVivo bitte vorab auf Ihrem Laptop. Zugang zur kostenlosen 14-Tage NVivo Testversion: https://www.qsrinternational.com/nvivo-qualitative-data-analysis-software/try-nvivo

Literatur

  • di Gregorio, Silvana & Davidson, Judith (2008). Qualitative Research Design for Software Users. Milton Keynes: Open University Press.
  • Woolf, Nick & Silver, Christina (2018). Qualitative Analysis Using NVivo: The Five Level QDA® method. New York: Routledge.

Workshop: Autoethnografie

Alina Brehm

Universität Wien, Institut für Bildungswissenschaft

Ist die Autoethnografie in den USA bereits seit Jahrzehnten fester Bestandteil erkenntnistheoretischer- wie methodologischer Diskussionen, so findet sie doch erst in den letzten Jahren verstärkt ihren Weg in den deutschsprachigen Diskurs. Begleitet wird sie dabei von Repräsentations- und Legitimationsfragen, die um Subjektivität, Reflexivität und Erkenntnis kreisen (vgl. Brehm & Kuhlmann 2018).

Für die Autoethnografie ist die sogenannte „Starke Reflexivität“ (Kühner, Ploder & Langer, 2016) zentral. Nicht nur die Verhinderung der gedanklichen Überwältigung des Objekts durch das Forschungssubjekt wird dabei angestrebt, sondern ebenso das Gewahrwerden der eigenen Abhängigkeit, Verletzlichkeit und Affiziertheit durch das Objekt sowie der unauflöslichen Verstrickung miteinander. Durch systematische Reflexion der Erfahrung der Forschenden in Beziehung zum Forschungsfeld werden deren Sympathien, Vorurteile, Ängste sowie emotionale, kognitive und körperliche Reaktionen als Datum genutzt und nicht nur als „störender“ Einflussfaktoren in Bezug auf „objektive Erkenntnisse“ betrachtet.

Die Autoethnografie ist eine Methode, die – neben anderen – dieser Vorstellung von „starker Reflexivität“, der reflektierten, affektiv verwickelten Teilnahme an dem Untersuchten, sehr nahesteht. Die Wahrnehmung und Beschreibung des eigenen, (scheinbar) individuellen Erlebens gibt Aufschluss über das Kulturelle, eventuell auch das kulturell Fremde. Erhebung, Darstellung und Auswertung sind eng verwoben – Autoethnografie ist sowohl die Methode als auch das Produkt (vgl. Ellis, Adams & Bochner 2010, S. 345). Sie folgt der Idee einer „prozesshaften Entfaltung“ von Erfahrung über Interpretation zum Wissen, die für die Lesenden nachvollziehbar (und angreifbar) bleibt, um sie selbst zu Ko-Produzent*innen der daraus resultierenden Erkenntnisse zu machen. 

In diesem Workshop soll in die Autoethnografie (und ihre verschiedenen, eher evokativen oder analytischen Varianten) als eine Methode der qualitativen Sozialforschung eingeführt und ihre Potentiale diskutiert werden. Die Frage, inwiefern der Einsatz von Autoethnografie hilfreich sein kann für die eigene kultur- und sozialwissenschaftliche Forschung der Teilnehmenden, wird im Workshop anhand exemplarischer Ausschnitte autoethnografischer Texte ebenso besprochen werden, wie ihre Anschlussfähigkeit zu und Kombinierbarkeit mit anderen qualitativen Methoden. Eigenes autoethnographisches Material kann gerne eingebracht werden, ist aber keine Voraussetzung. Konkrete Fragen sowie ggf. eigene Textpassagen können vorab an die Workshopleiterin zur Absprache gesendet werden: alina.brehm@univie.ac.at.

Literatur

  • Adams, Tony E.; Holman Jones, Stacy & Ellis, Carolyn (2015). Autoethnography. Understanding Qualitative Research. Oxford et al.: Oxford University Press.
  • Bonz, Jochen & Eisch-Angus, Katharina (2017). Sinn und Subjektivität. Traditionen und Perspektiven des Methodeninstruments Ethnopsychoanalytische Deutungswerkstatt / Supervisionsgruppe für Feldforscher*innen. In Jochen Bonz, Katharina Eisch-Agnus, Marion Hamm & Almut Sülzle (Hrsg.), Ethnografie und Deutung. Gruppensupervision als Methode reflexiven Forschens (S. 27-58). Wiesbaden: Springer VS.
  • Brehm, Alina & Kuhlmann, Jakob (2018). Einleitung. In Dies. (Hrsg.), Reflexivität und Erkenntnis. Facetten kritisch-reflexiver Wissensproduktion (S. 9-28). Gießen: Psychosozial-Verlag.
  • Brehm, Alina (2021). Repräsentanzen der Shoah. Über ein Café für Überlebende und die Gegenwart der Vergangenheit. Gießen: Psychosozial-Verlag.
  • Denzin, Norman K. (2014). Interpretive Autoethnography. Los Angeles et al.: Sage.
  • Ellis, Carolyn; Adams, Tony E. & Bochner, Arthur P. (2010). Autoethnography: An Overview. Forum Qualitative Sozialforschung/Forum: Qualitative Social Research, 12(1), Art. 10, DOI: https://doi.org/10.17169/fqs-12.1.1589.
  • Kühner, Angela; Ploder, Andrea & Langer, Phil C. (2016). Introduction to the special issue. Qualitative Inquiry, 22(9), 699-704.
  • Ploder, Andrea & Stadlbauer, Johanna (2016). Strong Reflexivity and its Critics: Responses to Autoethnography in the German-speaking Cultural and Social Sciences, Qualitative Inquiry 22(9), 753-765.

Workshop: Spracherkennung für und qualitative Auswertung von Interviews

Thorsten Dresing

Thorsten Pehl

audiotranskription.de, Marburg

Dieser Kurs ist ein Informationsrundgang über alle Arbeitsschritte von der Transkription bis zur Analyse.

Beginnend bei der neuen Spracherkennung f4x über allgemeine Informationen zur Transkription von Interviews, der Software f4transkript und f4analyse und schließlich exemplarischen Einblicken in die konkrete Umsetzung der Arbeitsphasen verschiedener methodischer Ansätze mit dem Programm f4analyse.

Zu Beginn des Workshops geht es um die Nutzung von Spracherkennung für wissenschaftliche Einzelinterviews bzw. die manuelle Transkription mit f4transkript. Dabei gibt es Input zu relevanten Spezifika wie wissenschaftlichen Regelsystemen, erwartbaren Fehlern, realistischer Zeitplanung, Zeitmarken, Umgang mit Überlappungen und Synchronisierung zwischen verschiedenen Programmen.

Darauf folgt eine Einführung in f4analyse. Hierzu zählen Inhalte wie: Memos als Forschungswerkzeug für Case Summarys, Definitionen, Interpretationen und Theorieideen nutzen; Kategoriensysteme induktiv oder deduktiv entwickeln und Textstellen passend zuordnen; Analysedurchgänge gestalten; Fälle und Gruppen vergleichen; Codezusammenhänge filtern; Datenmaterial durchsuchen und schließlich Zitate und Ergebnisse zu Word und anderen Programmen exportieren.

Im Anschluss zeigen wir dann exemplarisch (und je nach Gruppenzusammensetzung fokussiert), wie f4analyse für die Umsetzung verschiedener Analyseverfahren wie dem integrativem Basisverfahren, der Grounded Theory, der Metaphernanalyse, der Inhaltsanalyse oder der dokumentarischen Methode verwendet werden kann. Entsprechende Anleitungen werden als Handout verteilt.

Bitte bringen Sie ein eigenes Notebook (Windows oder Mac) mit, das Ihnen während des Kurses die Lösung der Aufgabenstellungen ermöglicht. Die Software und Materialien werden auf USB-Sticks zur Verfügung gestellt.   

Literatur 

Workshop: Phänomenologie

Prof. Dr. Thomas S. Eberle

Universität St. Gallen, School of Humanities and Social Sciences, Seminar für Soziologie

Phänomenologie ist für qualitative Sozialforschung auf zweifache Weise relevant: Erstens als epistemologisch-methodologischer Rahmen für die qualitative Sozialforschung allgemein; zweitens als qualitative Forschungsmethode im Sinne der lebensweltlichen Ethnografie, der phänomenologischen Hermeneutik sowie der Ethnophänomenologie.

Die Phänomenologie liefert der qualitativen Sozialforschung eine epistemologisch-methodologische Grundlage, indem phänomenologische Analysen Schicht für Schicht unsere Vorannahmen freilegen, die unsere lebensweltliche Wahrnehmung von Phänomenen prägen. Auf diese Weise stößt sie zu den grundlegendsten Prozessen der Sinnkonstitution vor. Ihr Ziel ist es, jene formalen Strukturen der Lebenswelt zu explizieren, die anthropologisch universal sind und der empirischen Forschung eine Vergleichsgrundlage geben. Die phänomenologische Lebensweltanalyse bildet somit einen protosoziologischen Rahmen für die Methodologie der Sozialwissenschaften.

Die Phänomenologie als Forschungsmethode schließt sich viel direkter an die empirische Forschungspraxis an. Dabei können drei verschiedene Richtungen unterschieden werden:

  1. Die lebensweltliche Ethnografie setzt mit der beobachtenden Teilhabe – im Unterschied zur teilnehmenden Beobachtung – den Forscher bzw. die Forscherin als „Instrument“ der Datengenerierung mit ein, seine/ihre eigenen subjektiven Erfahrungen werden als wichtige Erkenntnisquelle explizit in der Forschung mit verwertet.
  2. Die phänomenologische Hermeneutik versucht andere Akteure zu verstehen, und zwar nicht nur auf der Ebene ihrer beobachtbaren Handlungen und kommunikativen Äußerungen, sondern auch auf der Ebene ihrer subjektiven Erfahrungen und ihrer Intentionalität.
  3. Die Ethnophänomenologie erschließt den Zugang zu subjektiven Wirklichkeiten anderer Menschen, die der eigenen Erfahrung der Forscher*innen selbst nicht zugänglich sind, wie z.B. visionärer Erlebnisse oder religiöser Erscheinungen, und analysiert das Wie, den Modus des Zugangs zu diesen Wirklichkeiten.

Der Workshop wird mit einem einführenden Input zu den oben skizzierten Positionen eröffnet. Anschließend können insgesamt zwei Forschungsprojekte diskutiert, die von Teilnehmenden vorgestellt werden. Eingeladen sind Projekte, die sich in Bezug auf ihr methodologisches Grundverständnis oder ihre Forschungsmethodik als phänomenologisch verstehen. Interessierte Teilnehmende sind eingeladen, sich mit einem Kurzexposé für die Präsentation zu bewerben. Zudem können auch Fragen aller Art im Vorfeld gestellt werden, auf welche die Teilnehmenden gerne eine Antwort erhalten würden.

Literatur

  • Eberle, Thomas S. (2010). Phänomenologische Lebensweltanalyse und sozialwissenschaftliche Methodologie. In Michael Staudigl (Hrsg.), Alfred Schütz und die Hermeneutik (S.47-77). Konstanz: UVK.
  • Eberle, Thomas S. (2014). Phenomenology as a research method. In Uwe Flick (Ed.), The Sage Handbook of Qualitative Data Analysis (S.184-202). London, Thousand Oaks, New Dehli: Sage.
  • Eberle, Thomas S. (2015). Exploring another’s subjective life-world: A phenomenological approach. Journal of Contemporary Ethnography, vol. 44 no. 5, 563-579.
  • Eberle, Thomas S. (2020). Phänomenologische Ansätze ethnographischer Forschung. In Ronald Hitzler, Jo Reichertz & Norbert Schröer (Hrsg.), Kritik der hermeneutischen Wissenssoziologie (S. 26-38). Weinheim Basel: Beltz Juventa.
  • Eberle, Thomas S. & Rebitzke Eberle, Verena (2012). „Alles war ohne Inhalt, ohne Bedeutung. Der Umgang mit den Folgen einer Hirnblutung“. In Norbert Schröer, Volker Hinnenkamp, Simone Kreher & Angelika Poferl (Hrsg.), Lebenswelt und Ethnographie (S. 325-343). Essen: Oldib-Verlag.
  • Hitzler, Ronald & Eberle, Thomas S. (2000). Phänomenologische Lebensweltanalyse. In Uwe Flick, Ernst von Kardorff & Ines Steinke (Hrsg.), Qualitative Forschung – Ein Handbuch (S. 109-118). Reinbek: Rowohlt.
  • Hitzler, Ronald (2014). Ist der Mensch ein Subjekt? Ist das Subjekt ein Mensch? Über Diskrepanzen zwischen Doxa und Episteme. In Angelika Poferl & Norbert Schröer (Hrsg.), Wer oder was handelt? Die Handlungsfähigkeit von Subjekten zwischen Strukturen und sozialer Praxis (Reihe „Wissen, Kommunikation und Gesellschaft. Schriften zur Wissenssoziologie“). Wiesbaden: Springer VS.
  • Knoblauch, Hubert & Schnettler, Bernt (2001). Die kulturelle Sinnprovinz der Zukunftsvision und die Ethnophänomenologie. Psychotherapie und Sozialwissenschaft. Zeitschrift für qualitative Forschung, 3(3), 182–203.
  • Schnettler, Bernt (2008). Soziologie als Erfahrungswissenschaft – Überlegungen zum Verhältnis von Mundanphänomenologie und Ethnophänomenologie. In Jürgen Raab, Michaela Pfadenhauer, Peter Stegmaier, Jochen Dreher & Bernt Schnettler (Hrsg.), Phänomenologie und Soziologie. Positionen, Problemfelder, Analysen (S. 141–149). Wiesbaden: VS Verlag.
  • Schütz, Alfred (2012). Der Fremde. In Alfred Schütz Werkausgabe (ASW), Bd. VI.2 (S. 55-90). Konstanz: UVK.

Workshop: Lebensweltanalytische Ethnografie

Dr. Paul Eisewicht

Lehrstuhl für Allgemeine Soziologie, Technische Universität Dortmund

Prof. Dr. Ronald Hitzler

Lehrstuhl für Allgemeine Soziologie, Technische Universität Dortmund

Das Kennzeichen der phänomenologisch basierten Ethnografie ist die Teilnahme am sozialen Geschehen des Feldes, das Gegenstand des Erkenntnisinteresses ist. Dadurch zeichnet sich diese Ausprägung der Ethnographie nicht nur gegenüber anderen Verfahren der so genannten qualitativen Sozialforschung, sondern auch gegenüber anderen ethnografischen Ansätzen aus. Denn die Teilnahme zielt hier nicht nur auf die Verfeinerung von Beobachtungsdaten ab, wonach diese zu reduzieren wäre, wenn sie die Beobachtung verstellt. Es geht hier also nicht nur um das Dabeisein, um möglichst nahe am Geschehen zu sein und einen möglichst unverstellten, uneingeschränkten Blick auf die Praktiken der Feldakteure zu erhalten. Es geht vielmehr um ein Mittun und Selbermachen, das Erlebensdaten generiert, die einen zusätzlichen Beitrag zur Rekonstruktion der Perspektiven erlauben.

Diese von Anne Honer (1993) als „lebensweltlich“ etikettierte Ausrichtung der Ethnografie steht im Zentrum dieses Workshops. Sie wird zunächst im Kanon der empirischen Sozialforschung verortet. Die für diese Form der Ethnografie wesentlichen Methoden der Datenerhebung und der Datenauswertung werden vorgestellt und diskutiert. In methodologischer Hinsicht ist die Rolle des Ethnografen als Fremder zu reflektieren. Dabei gilt das Interesse der Ethnografin als Teilnehmerin, die sich freiwillig in die Rolle des Fremden begibt. Anhand von Beispielen aus eigenen empirischen Studien wird verdeutlicht, wie sich Beobachtung durch Teilnahme ergänzen lässt. Daran sollte deutlich werden, dass der Ertrag durch eine subjektive Perspektive erweitert wird, die keine Überlegenheit, sondern eine eigene Wertigkeit beansprucht.

Literatur zur Einstimmung

  • Hitzler, Ronald & Eisewicht, Paul (2016). Lebensweltanalytische Ethnographie – im Anschluss an Anne Honer. Weinheim, Basel: Beltz Juventa.
  • Honer, Anne (2011). Kleine Leiblichkeiten. Wiesbaden: VS Verlag.
  • Pfadenhauer, Michaela (2005). Ethnography of Scenes. [31 Absätze] Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 6(3), Art. 43, DOI: https://doi.org/10.17169/fqs-6.3.23.
  • Pfadenhauer, Michaela & Grenz, Tilo (2015). Uncovering the Essence: The Why and How of Supplementing Observation with Participation in Phenomenology-Based Ethnography. Journal for Contemporary Ethnography, Special Issue “Phenomenological Based Ethnography”.

Workshop: Artefaktanalyse

Ao. Univ.-Prof. Dr. Ulrike Froschauer

Universität Wien, Institut für Soziologie

Ao. Univ.-Prof. Dr. Manfred Lueger

Wirtschaftsuniversität Wien, Institut für Soziologie und Empirische Sozialforschung, Kompetenzzentrum für empirische Forschungsmethoden

Artefakte als materialisierte Produkte menschlicher Aktivitäten sind in jeder Gesellschaft nahezu allgegenwärtig. Dies gilt für Kulturlandschaften, Architektur, Fotos oder auch die Kleidung. Als Objektivationen sozialer Beziehungen und gesellschaftlicher Verhältnisse legen sie ein beredtes Zeugnis über unterschiedliche Lebensformen und Kulturen ab. Für sozialwissenschaftliche Analysen sind sie nicht nur aus diesem Grund besonders interessant, sondern auch, weil sie leicht zugänglich sind und sich aufgrund ihrer Präsenz und zumeist relativen Stabilität für eine wiederholte und distanzierte analytische Zuwendung anbieten oder zumindest gut dokumentarisch erfasst werden können.

Der Workshop befasst sich mit der Analyse solcher Materialien, wobei folgende Aspekte besondere Berücksichtigung finden:

  • Einbettung der Artefaktanalyse in die methodologische Position qualitativer Sozialforschung
  • Grundlagen der Artefaktanalyse
  • Phasen der Interpretation von Artefakten
  • Exemplarische Analyse eines Artefakts
  • Diskussion der Stärken und Schwächen der Artefaktanalyse
  • Diskussion der Anwendbarkeit von Artefaktanalysen
  • Reflexion zum Workshop

Ziel des Workshops ist, mit den Grundlagen und den konkreten Interpretationsschritten einer Artefaktanalyse vertraut zu machen und diese anhand der gemeinsamen Analyse eines Beispiels durchzuspielen. Darüber hinaus soll die Vorgangsweise einer kritischen Diskussion unterzogen werden.

Literatur

  • Froschauer, Ulrike & Lueger, Manfred (2007). Film-, Bild- und Artefaktanalyse. In Jürgen Straub, Arne Weidemann & Doris Weidemann (Hrsg.), Handbuch interkulturelle Kommunikation und Kompetenz. Grundbegriffe – Theorien – Anwendungsfelder (S. 428-439). Stuttgart: Metzler.
  • Froschauer, Ulrike & Lueger, Manfred (2020). Materiale Organisierung der Gesellschaft. Artefaktanalyse und interpretative Organisationsforschung. Weinheim Basel: Beltz Juventa.
  • Gagliardi, Pasquale (Hrsg.) (1990). Symbols and Artefacts. Views of the Corporate Landscape. Berlin: de Gruyter.
  • Lueger, Manfred  & Froschauer, Ulrike (2018). Artefaktanalyse. Grundlagen und Verfahren. Wiesbaden: Springer VS.
  • Lueger, Manfred & Froschauer, Ulrike (2018). Artefaktanalyse. In Leila Akremi, Nina Baur, Hubert Knoblauch & Boris Traue (Hrsg.), Handbuch Interpretativ forschen (S. 775-801). Weinheim Basel: Beltz Juventa.
  • Van Leeuwen, Theo & Jewitt, Carey (Hrsg.) (2001). Handbook of Visual Analysis. Los Angeles: Sage.

Workshop: Tagebuchverfahren

Dr. Alexa Maria Kunz

Karlsruher Institut für Technologie (KIT), MethodenLabor/House of Competence

„Einstweilen wird es Mittag“ – wer kennt das berühmte Zitat aus der Marienthal-Studie nicht?! Was jedoch weit weniger bekannt ist: Der Satz stammt aus einem so genannten Zeitverwendungsbogen, der seinerzeit von Marie Jahoda und ihren Forscherkollegen eingesetzt wurde, um die Tagesverläufe und das subjektive Zeitempfinden der Bewohner*innen von Marienthal zu rekonstruieren.

Im heutigen Sprachgebrauch lässt sich dieser Zeitverwendungsbogen den Tagebuchverfahren zuordnen – aufgrund ihrer starken Verbreitung im angelsächsischen Raum auch als Diary-Verfahren bekannt. Diese können v.a. eingesetzt werden, um Menschen zur Darstellung ihrer subjektiven Perspektive auf Phänomene anzuregen, die

  • von außen nicht angemessen beobachtbar sind,
  • so privat oder sensibel sind, dass die Anwesenheit Forschender das Phänomen gefährden würde,
  • so routiniert ablaufen, dass sie schwer erinnert werden können und/oder
  • über einen längeren Zeitraum beobachtet werden müssen.

Wie andere Erhebungsverfahren sind sie nicht grundsätzlich an bestimmte Forschungsprogramme und Auswertungsstrategien gekoppelt und daher in vielfältigen Forschungskontexten einsetzbar.

Im Workshop erhalten die Teilnehmer*innen Gelegenheit, sich mit Diary-Verfahren vertraut zu machen: In einem ersten Teil werden mit den Verfahren verbundene Begriffe und methodologische Grundlagen erläutert und die Teilnehmer*innen erhalten anhand von Beispielstudien einen Überblick über verschiedene Diary-Typen. Im zweiten Teil diskutieren wir entlang konkreter Beispiele und Übungen, welche Arten von Diaries für verschiedene Forschungsfragen (nicht) geeignet sind, wie ein Diary entwickelt werden kann und welche Auswertungsstrategien in Frage kommen. Zum Abschluss wird eine Systematisierungshilfe vorgestellt, die den Teilnehmer*innen helfen soll, die behandelten Inhalte auf eigene Forschungsfragen zu übertragen.

Literatur

  • Alaszewski, Andy (2006). Using Diaries for Social Research. London: Sage.
  • Eichholz, Daniela & Kunz, Alexa Maria (2012). „My Campus Karlsruhe“ – Zur Rekonstruktion studentischer Raumnutzungsmuster mittels Logbuch-Verfahren. In Hildegard Schröteler-von Brandt, Thomas Coelen, Andreas Zeising, & Angela Ziesche (Hrsg.), Raum für Bildung. Ästhetik und Architektur von Lern- und Lebensorten (S. 61-71). Bielefeld: trancript Verlag. 
  • Kenten, Charlotte (2010). Narrating oneself: Reflections on the use of solicited diaries with diary interviews [41 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research11(2), Art. 16, http://dx.doi.org/10.17169/fqs-11.2.1314.
  • Kunz, Alexa Maria (2018). Einführung in Diary-Verfahren. Theorie und Praxis in qualitativer Forschung. Weinheim/Basel: Beltz Juventa.

Workshop: Performative Sozialwissenschaft

Prof. Dr. Günter Mey

Hochschule Magdeburg-Stendal / Institut für Qualitative Forschung, Internationale Akademie Berlin

Performative Sozialwissenschaft (Performative Social Science, kurz: PSS) steht für ein Programm, um Forschung mit künstlerisch-ästhetischen Mitteln zu betreiben und umzusetzen. Trotz der divergierenden Ansätze – etwa Arts-informed Research, Arts-based Research, Artistic Research – eint die sich seit zwei Jahrzehnten formierende performative Sozialwissenschaft ihre Kritik an traditionellen Darstellungspraxen von Wissenschaft und deren begrenzter Verbreitung sowie eingeschränkter öffentlicher Wirksamkeit und entwickelt eine Fülle an Präsentationsarten: in Textform (Autoethnografie, Fiction, Poetik), als Inszenierungen (Theater, Tanz und Musik) und als visuelle Darbietungen (Film, Foto, Comic) sowie in Form von Ausstellungen/Installationen und Web-Animationen.

In dem Workshop wird nach einer Übersicht über Grundlinien der PPS und einiger ausgewählter Beispiele – entlang der Interessen und möglicher Projekte der Teilnehmenden – die Umsetzung qualitativer Forschung in performativ angelegte Projekte erörtert. Dabei soll Raum sein, um zu diskutieren, wie Forschungsergebnisse „transformiert“ und „übersetzt“ werden können, um eine erhöhte Sichtbarkeit zu schaffen und wie PSS im Dienst der Dissemination qualitativer Forschungsresultate betrieben werden kann. Ebenso soll gefragt werden, wie mittels künstlerisch-ästhetischer Ansätze Themen exploriert sowie Daten generiert werden können, wenn PSS vorwiegend im Dienst der Erkenntnisfunktion steht.

Literatur

  • Jones, Kip; Gergen, Mary; Yallop, John J. Guiney; Lopez de Vallejo, Irene; Roberts, Brian & Wright, Peter (Hrsg.) (2008). Performative social science / Performative Sozialwissenschaft. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research 9(2), http://www.qualitative-research.net/index.php/fqs/issue/view/10.
  • Knowles, Gary & Cole, Ardra L. (Hrsg.) (2008). Handbook of the arts in qualitative research. Thousand Oaks, CA: Sage.
  • Leavy, Patricia (2015). Method meets art (2. Auflage). New York: The Guilford Press.
  • Mey, Günter  (2020). Performative Sozialwissenschaft. In Günter Mey & Katja Mruck (Hrsg.), Handbuch Qualitative Forschung in der Psychologie. Band 2: Designs und Verfahren (2., aktualisierte und erweiterte Auflage, S. 201-225). Wiesbaden: Springer. DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-26887-9_29.
  • Mey, Günter (Hrsg.) (2020). Performative Sozialwissenschaft. Journal für Psychologie, 28(1). DOI: https://doi.org/10.30820/0942-2285-2020-1.
  • Schreier, Margrit (2017). Kontexte qualitativer Sozialforschung: Arts-Based Research, Mixed Methods und Emergent Methods. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research 18(2): Art. 6. DOI: http://dx.doi.org/10.17169/fqs-18.2.2815.

Workshop: Vignettenmethode

Dr. Katharina Miko-Schefzig

Wirtschaftsuniversität Wien, Kompetenzzentrum für empirische Forschungsmethoden

Vignetten sind Situationsbeschreibungen, die als Elizitierungsverfahren in Einzel- oder Gruppeninterviews eingesetzt werden können. Die Fokussierung auf Situation bindet sowohl Akteur*innen als auch materiale Aspekte (etwa Artefakte, Lueger & Froschauer 2018) in die empirische Betrachtung sozialer Phänomene ein; sie ist in diesem Sinne also multimodal (Höllerer et al. 2018). Situation ist ein sozialwissenschaftliches Konzept, das von unterschiedlichen Theorieströmungen als empirischer Fokus adressiert wird. Dabei kann die Definition von Situation als Kontinuum gesehen werden: von der Interaktion zwischen Anwesenden, etwa in Goffmanscher Tradition (2009); bis zu größeren, situativen Phänomenen, bei deren Analyse auch die Ebene der Organisationen und Diskurse einbezogen werden, etwa im Clarkeschen Verständnis (Clarke 2012).

Der Workshop gibt einen Überblick über verschiedene Konzepte bzw. Einsatzmöglichkeiten von Vignetten (etwa Wodak 2015; Stiehler et al. 2012; Jenkins et al. 2010; Kandemir & Budd 2018) und diskutiert die Anschlussstellen von Vignetten zu unterschiedlichen empirischen Fragestellungen. Die Vielfältigkeit von Situationsdefinitionen und deren empirische Erfassung in Vignetten sowie – darauf aufbauend – deren Einsatz in vielfältigen Interviewsettings wird anhand konkreter Beispiele aus der Forschung der Vortragenden präsentiert und diskutiert. Teilnehmer*innen sind eingeladen, sowohl Forschungsdesigns zu situativen Fragestellungen, anhand derer die Tauglichkeit der Vignettenmethode für das eigene Projekt diskutiert wird, als auch bereits vorhandene eigene Vignetten einzubringen, die sowohl von ihrer Konstruktion her als auch ihrem Einsatz besprochen werden können.

Bei Interesse der Teilnehmenden kann ein besonderer Fokus auf den szenariobasierten Einsatz von Vignetten in Fokusgruppen gelegt werden, der für räumliche Situationen entwickelt wurde (Miko-Schefzig 2019; Miko-Schefzig & Reiter 2018; Miko-Schefzig et al. 2018). Empirisch und methodologisch handelt es sich bei dieser Version um eine Verquickung zwischen Raum und Situation, denn die Situationen, die in den Vignetten beschrieben werden, sind jeweils in konkreten (urbanen) Räumen beobachtet und durch Analysen typisiert worden.

Folgende Aspekte werden im Workshop adressiert:

  • Vorstellung verschiedener sozialwissenschaftlicher Theorien zur Situation als Basis der empirischen Auseinandersetzung mit Vignetten
  • Vorstellung verschiedener Vignettendefinitionen und deren Abgrenzung
  • Konstruktionsprinzipien von Vignetten
  • Exemplarische Analyse von Interviews, in denen Vignetten zum Einsatz kamen
  • Diskussion der Stärken und Schwächen der Vignettenmethode
  • Diskussion der Anwendbarkeit von Vignetten

Literatur

  • Clarke, Adele (2012). Situationsanalyse. Grounded Theory nach dem Postmodern Turn. Wiesbaden: Springer VS.
  • Goffman, Erving (2009). Interaktion im öffentlichen Raum. Frankfurt am Main: Campus.
  • Höllerer, Markus; Jancsary, Dennis & Grafström, Maria (2018). ´A Picture is Worth a Thousand Words’: Multimodal Sensemaking of the Global Financial Crisis. Organization Studies, 39(5-6), 617-644.
  • Jenkins, Nicholas; Bloor, Michael; Fischer, Jan; Berney, Lee & Neale, Joanne (2010). Putting it in context: the use of vignettes in qualitative interviewing. Qualitative Research, 10(2), 175–198.
  • Kandemir, Asli & Budd, Richard (2018). Using Vignettes to Explore Reality and Values with Young People [49 paragraphs]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 19(2), Art. 1, DOI: http://dx.doi.org/10.17169/fqs-19.2.2914.
  • Lueger, Manfred & Froschauer, Ulrike (2018). Artefaktanalyse. Grundlagen und Verfahren. Wiesbaden: Springer VS.
  • Miko-Schefzig, Katharina & Reiter, Cornelia (2018). Partizipatives Forschen im Kontext der Organisation Polizei: Ethisches Forschen mit vulnerablen Gruppen am Beispiel der Schubhaft [47 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 19(3), Art. 10, DOI: http://dx.doi.org/10.17169/fqs-19.3.3142.
  • Miko-Schefzig, Katharina (2019). Subjektive Sicherheit in Situation, Organisation und Diskurs: Zur wissenssoziologischen Analyse sozialer Situationen im öffentlichen Raum. Wiesbaden: Springer VS.
  • Miko-Schefzig, Katharina; Reiter, Cornelia & Sardadvar, Karin (2018). MOMA: Modernes Management im Polizeianhaltewesen – Safe & Healthy Prisons. Ergebnis- und Methodenbericht zum Einsatz der vignettenbasierten Fokusgruppen im speziellen Kontext Haft. Wien: bmvit Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie.
  • Stiehler, Steve; Fritsche, Caroline & Reutlinger, Christian (2012). Der Einsatz von Fall-Vignetten. sozialraum. de 4(1). http://www.sozialraum.de/der-einsatz-von-fall-vignetten.php.
  • Wodak, Ruth (2015). The politics of fear: what right-wing populist discourses mean. Los Angeles [u.a.]: Sage.

Workshop: Abduktives Schließen

Dr. Debora Niermann

Pädagogische Hochschule Zürich

So reizvoll der Entdeckungsgeist in der qualitativen Sozialforschung ist, so herausfordernd auch seine Zielvorgabe: Es gilt überraschendes, vielleicht kontra-intuitives Wissen zu produzieren. Diese neue Erkenntnis – so die pragmatistische Tradition – stellt sich in der Operation des so genannten abduktiven Schließens ein. Die abduktive Erfahrung erleben Forscher*innen dann als erlösenden „Geistesblitz“ oder alles erklärenden „Aha-Moment“. Unterbestimmt bleibt jedoch, wie dieser Gipfel kreativer Schaffenskraft erreicht wird.  Was können zielführende Strategien sein, um zu erhellenden Einsichten zu gelangen? Welche konkreten Techniken lassen sich im iterativ-zyklischen Erhebungs- und Auswertungsprozess dafür einsetzen? Welche Wissens- und Verstehenszugänge sind vielversprechend, um bei der Formulierung von Forschungsergebnissen die „So-What?-Frage“ pointiert beantworten zu können?

Einen (Geistes-)Blitz, so formuliert es Reichertz, kann man nicht herbeiführen, eine entsprechende Wetterlage schon eher. In unserer Forschungswerkstatt gehen wir daher diesen Fragen in unterschiedlichen Denkbewegungen nach. Dafür besprechen wir konkrete Arbeits- und Schreibtechniken, die Forscher*innen in laufenden, bzw. sich in der Endphase befindenden, Projekten produktiv einsetzen können. Sie stehen in Zusammenhang mit textuellen Praktiken in der qualitativen Ergebnisdarstellung, der angestrebten Form der Theoretisierung, der beabsichtigten Gestalt der (Re-)Präsentation von Daten sowie der wissenschaftsreflexiven Selbstpositionierung der Forscherperson.

Im gemeinsamen Arbeiten soll es qualitativen Forscher*innen mit unterschiedlichen Daten- und Auswertungszugängen gelingen, sich ihres eigenen analytischen Repertoires bewusst zu werden und dieses gezielt zu erweitern. Teilnehmer*innen, die daran interessiert sind, kreative Denkbewegungen in der Gruppe zu vollziehen, und sich als aktiv angemeldet haben, werden – nach der Bestätigung der Teilnahme durch die Organisator*innen – aufgefordert, ein informatives Kurzexposé einzureichen. Die Exposés werden vom Organisationsteam gesammelt und an den Anbietenden der Forschungswerkstatt weitergeleitet.

Literatur

  • Breuer, Franz; Muckel, Petra & Dieris, Barbara (2019). Reflexive Grounded Theory. Eine Einführung für die Forschungspraxis (4. durchgesehene und aktualisierte Auflage). Wiesbaden: VS Verlag.
  • Mears, Ashley (2017). Puzzling in Sociology: On Doing and Undoing Theoretical Puzzles. Sociological Theory, 35(2),138-146. DOI: https://doi.org/10.1177/0735275117709775.
  • Niermann, Debora (i.E.). Zu den Reisen einer Methode. Über die Auslassungen in der transatlantischen Ethnografierezeption oder ‚Wie schreibe ich (k)einen ethnografischen Bestseller?‘ In Martin Harbusch (Hrsg.), Reisendes Wissen. ‘traveling concepts‘ als soziologische Kategorie. Wiesbaden: VS-Verlag.
  • Katz, Jack (2001/2002 ). From How to Why: On Luminous Description and Causal Inference in Ethnography (Part I, Part II). Ethnography, 2(4), 443 473, DOI: http://dx.doi.org/10.1177/146613801002004001, http://dx.doi.org/10.1177/1466138102003001003.
  • Reichertz, Jo (2003). Die Abduktion in der qualitativen Sozialforschung [19 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 6(2), Art. 17, DOI: https://doi.org/10.17169/fqs-6.2.483.
  • Schindler, Larissa & Schäfer, Hilmar (2017). Practices of Writing in Ethnographic Work. Journal of Contemporary Ethnography. 2021;50(1), 11-32. DOI: https://doi.org/10.1177/0891241620923396.
  • Tavory, Iddo & Timmermans, Stefan (2014). Abductive analysis. Theorizing qualitative research. Chicago: University of Chicago Press.

Workshop: Situationsanalyse

Juniorprofessorin Dr. Ursula Offenberger

Eberhard Karls Universität Tübingen

Die Situationsanalyse, ausgearbeitet insbesondere von Adele Clarke (2005; dt. 2012; Clarke, Friese und Washburn 2015 und 2018), versteht sich als Weiterentwicklung der Grounded Theory im Anschluss an Anselm Strauss (1994). Sie wird der zweiten Generation von US-Grounded-Theory-Forschenden zugeordnet (vgl. Morse et al. 2009) und erhebt den Anspruch einer Grounded Theory nach dem postmodern (Clarke 2012) bzw. nach dem interpretive turn (Clarke et al. 2018), insbesondere weil sie Entwicklungen und Veränderungen in sozialtheoretischen Debatten seit den 1970er Jahren stärker berücksichtigt. Zugleich wird die dichte Bezogenheit von Grounded Theory und Symbolischem Interaktionismus/Pragmatismus betont und mit dem systematischen Einbezug der Soziale Welten-/Arena-Theorie (Strauss 1978; 1993) in situationsanalytisches Arbeiten umgesetzt.

Im Workshop ordnen wir die Situationsanalyse zunächst in ihren Entstehungskontext der US-Methodendebatte ein und fragen nach dem Stand der deutschsprachigen Rezeption. Danach diskutieren wir anhand von praktischen Beispielen aus den Projekten der Teilnehmenden Bedeutung und Vorgehen der von Clarke vorgeschlagenen Mapping-Strategien (Situationsmaps, Soziale-Welten-Arena-Maps und Positionsmaps). Außerdem nehmen wir Implikationen einer situativistischen Grounded Theory für Prozesse des theoretischen Samplings, von theoretischer Sensibilität und der Involvierung der Forschenden ins Forschungsgeschehen in den Blick.

 Literatur 

  • Clarke, Adele E. (2005). Situational Analysis. Grounded Theory After the Postmodern Turn. London [u.a.]: Sage.
  • Clarke, Adele. E. (2012). Situationsanalyse: Grounded Theory nach dem Postmodern Turn. Wiesbaden: Springer VS.
  • Clarke, Adele E.; Friese, Carrie & Washburn, Rachel (Hrsg.). (2015). Situational analysis in practice : mapping research with Grounded Theory. Walnut Creek: Left Coast Press.
  • Clarke, Adele E.; Friese, Carrie E. & Washburn, Rachel S. (2018). Situational analysis : grounded theory after the interpretive turn (Second edition). Los Angeles: Sage.
  • Morse, Janice M.; Noerager Stern, Phyllis; Corbin, Juliet; Bowers, Barbara; Charmaz, Kathy & Clarke, Adele E. (2009). Developing Grounded Theory. The Second Generation. Walnut Creek: Left Coast Press.
  • Offenberger, Ursula (2019). Anselm Strauss, Adele Clarke und die feministische Gretchenfrage. Zum Verhältnis von Grounded-Theory-Methodologie und Situationsanalyse. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research20(2), Art. 6, DOI: http://dx.doi.org/10.17169/fqs-20.2.2997.
  • Strauss, Anselm (1978). A Social World Perspective. In Norman Denzin (Hrsg.), Studies in Symbolic Interaction. An Annual Compilation of Research (S. 119-128). Greenwich, Connecticut: JAI Press.
  • Strauss, Anselm (1993). Continual Permutations of Action. New Brunswick & London: Transaction Publishers.
  • Strauss, Anselm (1994). Grundlagen qualitativer Sozialforschung. München: Wilhelm Fink Verlag.

Workshop: Einführung in MAXQDA

Tamara Pataki

VERBI Software. Consult. Sozialforschung, Berlin

Der Workshop beginnt mit einer Vorstellung der neuen Programmoberfläche von MAXQDA 2022. Im Anschluss werden die Inhalte in einer Mischung aus Demonstration und selbständiger, angeleiteter Übung erarbeitet. Die Teilnehmenden werden mit der Architektur und den wesentlichen Funktionen von MAXQDA 2022 vertraut gemacht. Der Workshop ist gleichermaßen für Teilnehmende, die mit Mac oder mit Windows arbeiten, geeignet (identische Funktionalität & Oberfläche).

Nach diesem Workshop sind Sie in der Lage, Ihr qualitatives Datenmaterial optimal für die Verwendung und Analyse mit MAXQDA vorzubereiten und in das Programm einzulesen. Sie kennen die Funktionen von MAXQDA, die für eine grundlegende qualitative Auswertung Ihrer Daten relevant sind. Sie können ein Kategoriensystem erstellen und verwalten, Textstellen codieren und wiederfinden.

Schwerpunktthemen sind:

  • Projekte erzeugen und verwalten
  • Datenmaterial: Import, Organisation und Editierbarkeit
  • Codesystem: Codes erstellen, sortieren und editieren
  • Codieren: Verschiedene Möglichkeiten des differenzierten Codierens (In-Vivo Codieren, deskriptives und theoretisches Codieren, Emoticodes®, Codierungen gewichten, Code-Definitionen, Farbcodierungen)
  • Memos: Memos erstellen, editieren und verwalten
  • Codierte Textstellen zusammenstellen: Einfache und komplexe Suchvorgänge
  • Visualisierungsmöglichkeiten
  • Exportieren und Berichte zusammenstellen

Eine Mappe mit Arbeitsmaterialien wird den Teilnehmenden zu Beginn des Workshops zur Verfügung gestellt.

Der Workshop findet in einem Seminarraum statt. Alle Teilnehmenden benötigen einen Computer, auf dem die aktuelle Version MAXQDA 2022 (Standard, Plus oder Analytics Pro) installiert ist. Hierzu lässt sich problemlos die 14-Tage voll funktionsfähige Demoversion von MAXQDA verwenden, die Sie unter www.maxqda.de/demo herunterladen können. Während des Workshops werden auch Probelizenzen zur Verfügung gestellt. Bitte achten Sie auch darauf, dass Ihr Computer die Systemanforderungen erfüllt: https://www.maxqda.de/produkte/systemanforderungen.

Weitere benötigte Materialien werden Ihnen vorab per E-Mail zugestellt oder zu Beginn des Workshops ausgeteilt.

Hilfreiche Literatur

  • Kuckartz, Udo (2016). Qualitative Inhaltsanalyse. Methoden, Praxis, Computerunterstützung (3. Auflage). Weinheim: Beltz Juventa.
  • Rädiker, Stefan & Kuckartz, Udo (2019). Analyse qualitativer Daten mit MAXQDA. Text, Audio und Video. Wiesbaden: Springer VS.
  • Weitere hilfreiche Literaturhinweise finden Sie auf https://www.maxqda.de/training/buecher-literatur.

Workshop: MAXQDA für Fortgeschrittene

Dr. Martin Schastak

VERBI Software. Consult. Sozialforschung, Berlin 

Nach der Codierung des Datenmaterials gilt es dieses im Forschungsprozess näher zu explorieren sowie zu analysieren. Dies stellt angesichts der Charakteristika qualitativer Daten eine Herausforderung dar, der allerdings mit Hilfe von verschiedenen Funktionen von MAXQDA fruchtbar begegnet werden kann.

In diesem Workshop werden relevante Analyse- und Visualisierungstools von MAXQDA an verschiedenen Typen qualitativer Daten (z.B. Interviews, Interaktionen) vorgestellt, modelliert und von den Teilnehmer*innen selbst ausprobiert. Die Themen des Workshops umfassen:

  • Deskriptive Analyse von Codierungen mit thematischen Zusammenfassungen („Summary Grid/Tabellen/Explorer“)
  • Codierungen von Fällen und Gruppen in Abhängigkeit von Variablen analysieren und vergleichen (z.B. „Aktiviere Dokumente via Variablen“, „Segmentmatrix“, „Fälle und Gruppe vergleichen“)
  • Zusammenhänge und Muster von codierten Segmenten im Material explorieren, analysieren und visualisieren (z.B. „Code-Relations-Browser“, „Komplexe Segment-Suche“; „Dokumentenportrait“)

Voraussetzung für die Teilnahme sind grundlegende Kenntnisse in MAXQDA (siehe z.B. Inhalte des Workshops „Einführung in MAXQDA“) oder vergleichbare Kenntnisse einer anderen QDA-Software.

Die Arbeitsmaterialien werden Ihnen zu Beginn des Workshops über eine Cloud zur Verfügung gestellt. Bitte installieren Sie sich vor dem Workshop die aktuelle Version von MAXQDA (MAXQDA 2022). Wenn Sie nicht über MAXQDA 2022 verfügen, können Sie sich unter dem folgenden Link eine 14 Tage gültige Demoversion herunterladen: www.maxqda.de/demo. Sollten Sie bereits die Demoversion von MAXQDA 2022 verwendet haben, können Sie einen Lizenzschlüssel zur erneuten Aktivierung erhalten.

Literatur

  • Rädiker, Stefan & Kuckartz, Udo (2019). Analyse qualitativer Daten mit MAXQDA. Text, Audio und Video. Wiesbaden: Springer VS.

Workshop: Gruppendiskussion

Prof. Dr. Aglaja Przyborski

Bertha von Suttner Privatuniversität, St. Pölten

Erhebungen von Gesprächen in gruppenförmigen Settings haben in den letzten Jahren sowohl im deutschen als auch im angelsächsischen Sprachraum weiter an Bedeutung gewonnen. Je nachdem, ob die „Gruppe“ methodologisch gefasst wird oder nicht, unterscheiden sich die methodisch-technischen Überlegungen zur Erhebung und Auswertung, also zur Initiierung und Leitung von Gruppendiskussionen ebenso wie zur Interpretation und zu Möglichkeiten der Generalisierung.

Im Workshop werden diese unterschiedlichen Zugänge beleuchtet. Vertieft behandelt wird jener Zugang, der kollektive Orientierungen zum Untersuchungsgegenstand macht. Auf der Basis von empirischen Beispielen, die wir gemeinsam behandeln, wird im Workshop der forschungspraktische Wert von guten Metatheorien erarbeitet: Beispielsweise wie sich ein lebendiger Ablauf von Diskussionen auf der Grundlage eines elaborierten Kollektivitätskonzepts zum einen erklären und zum anderen forschungspraktisch umsetzen lässt.

Möglichkeiten und Grenzen des Verfahrens für unterschiedliche Forschungsfragen werden entlang der Interessen der Teilnehmenden diskutiert, dabei können auch fokussierte Erhebungen, die z.B. einen Film, eine Sendung oder Bilder zum Ausgangspunkt der Gruppendiskussion machen, eine Rolle spielen. Je nach Wunsch und Vertrautheit der Gruppe mit dem Verfahren, werden wir entweder die eine gemeinsame Interpretation von Material aus Gruppendiskussionen einsteigen oder die einzelnen forschungspraktischen Schritte der Auswertung genauer besprechen.

Literatur

  • Bohnsack, Ralf & Przyborski, Aglaja (2007). Gruppendiskussionsverfahren und Focus Groups. In Renate Buber & Hartmut H. Holzmüller (Hrsg.), Qualitative Marktforschung (S. 493-506). Wiesbaden: Gabler.
  • Bohnsack, Ralf; Przyborski, Aglaja & Schäffer, Burkhard (Hrsg.) (2006). Das Gruppendiskussionsverfahren in der Forschungspraxis. Opladen: Verlag Barbara Budrich.
  • Przyborski, Aglaja (2004). Gesprächsanalyse und dokumentarische Methode. Qualitative Auswertung von Gesprächen, Gruppendiskussionen und anderen Diskursen. Wiesbaden: VS Verlag.
  • Przyborski, Aglaja & Wohlrab-Sahr, Monika (2021). Qualitative Sozialforschung. Ein Arbeitsbuch (5. vollständig aktualisierte und erweiterte Auflage). München: Oldenbourg.
  • Przyborski, Aglaja & Riegler, Julia (2020). Gruppendiskussion und Fokusgruppe. In Günter Mey & Katja Mruck (Hrsg.), Handbuch Qualitative Forschung in der Psychologie. Band 2: Design und Verfahren, (2., erweiterte und überarbeitete Auflage, S. 395-411). Wiesbaden: VS Verlag, DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-26887-9_34.

Workshop: Wissenssoziologische Bildhermeneutik

Prof. Dr. Jürgen Raab

Universität Koblenz-Landau, Institut für Sozialwissenschaften, Abteilung Soziologie

Dr. Sebastian W. Hoggenmüller

Universität Luzern, Kultur- und Sozialwissenschaftliche Fakultät, Soziologisches Seminar

Bilder tragen mit ihrer spezifischen kommunikativen Qualität entscheidend zur kommunikativen Konstruktion, Tradierung, Stabilisierung und Veränderung von persönlichen und kollektiven Identitäten sowie von gesellschaftlichem Wissen und sozialer Wirklichkeit bei.

Der Workshop widmet sich den Herausforderungen, Problemen und Potenzialen der methodisch-kontrollierten sozialwissenschaftlichen Analyse von Bildern in unterschiedlichen Erscheinungsformen (Fotografien, Collagen, Gemälden, Infografiken, Comics etc.). Als wissenssoziologische Ansätze der Bildhermeneutik werden Konstellationsanalyse und Ästhetische Re|Konstruktionsanalyse als interpretative Zugänge zur symbolischen Ordnung von Einzelbilddarstellungen und vergleichenden Bildanordnungen vorgestellt, diskutiert und an konkreten Fallbeispielen erprobt.

Teilnehmende, die Bildmaterial aus ihrer Forschung in den Workshop einbringen möchten, wenden sich bitte bis spätestens 15.07.2022 an Sebastian Hoggenmüller (sebastian.hoggenmueller@unilu.ch) und Jürgen Raab (raab@uni-landau.de).

Literatur

  • Hoggenmüller, Sebastian W. & Raab, Jürgen (im Druck). Bilder. In Nina Baur & Jörg Blasius (Hrsg.), Handbuch Methoden der empirischen Sozialforschung (3. Auflage). Wiesbaden: Springer VS.
  • Hoggenmüller, Sebastian W. (2016). Die Welt im (Außen-)Blick. Überlegungen zu einer ästhetischen Re|Konstruktionsanalyse am Beispiel der Weltraumfotografie ‚Blue Marble‘, Zeitschrift für Qualitative Forschung, 17/1+2, 11–40.
  • Hoggenmüller, Sebastian W. (2020). Globalisierungsforschung als Bildforschung. Zur bildlichen Erzeugung globaler Beobachtungsordnungen und ihrer Analyse. In Hannah Bennani, Martin Bühler, Sophia Cramer & Andrea Glauser (Hrsg.), Global beobachten und vergleichen. Soziologische Analysen zur Weltgesellschaft (S. 435-472). Frankfurt am Main & New York: Campus.
  • Hoggenmüller, Sebastian W. (2022). Globalität sehen. Zur visuellen Konstruktion von »Welt«. Frankfurt am Main & New York: Campus.
  • Raab, Jürgen (2012). Visuelle Wissenssoziologie der Fotografie. Sozialwissenschaftliche Analysearbeit zwischen Einzelbild, Bildsequenz und Bildkontext, Österreichische Zeitschrift für Soziologie, 2, 121–142.
  • Raab, Jürgen (2017). Fotografie und Phänomenologie. Zur Methodologie einer wissenssoziologischen Konstellationsanalyse. In Thomas Eberle (Hrsg.), Fotografie und Gesellschaft. Phänomenologische und wissenssoziologische Perspektiven (S. 381-393). Bielefeld: transcript.
  • Raab, Jürgen (2019). Gute Bilder – böse Bilder. Bildethiken moralischer Kollektive. In Stefan Joller & Marija Stanisavljevic (Hrsg.), Moralische Kollektive (S. 299-326). Wiesbaden: Springer VS.

Workshop: Qualitative Inhaltsanalyse

Dr. Stefan Rädiker

Methoden-Expertise.de

Dieser Workshop führt in die Methode der qualitativen Inhaltsanalyse zur Auswertung qualitativer Daten ein. Im Mittelpunkt des Workshops steht die Umsetzung der inhaltlich-strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse in sechs Schritten, wobei wir bei jedem Schritt auf Fallstricke in der Praxis und jeweils zu treffende Entscheidungen eingehen werden.

Übungen zur Kategorienbildung runden den Workshop ab.

Inhalt:

  • Einführung in die qualitative Inhaltsanalyse (QIA):
    Definition, Grundbegriffe, prinzipieller Ablauf
  • Inhaltlich-strukturierende qualitative Inhaltsanalyse Schritt für Schritt:
    Schritt 1: Initiierende Textarbeit
    Schritt 2: Hauptkategorien entwickeln
    Schritt 3: Interviews mit Hauptkategorien codieren (1. Codierphase)
    Schritt 4: Textstellen einer Hauptkategorie zusammenstellen und induktiv am Material Subkategorien bilden; Textstellen mit Subkategorien codieren (2. Codierphase)
    Schritt 5: Kategorienbasierte Auswertung und Ergebnisdarstellung
    Schritt 6: Berichtserstellung und Dokumentation

Alle Teilnehmenden erhalten vorab die Möglichkeit, ihre Fragen zum Thema einzubringen, sodass wir diese im Workshop berücksichtigen können.

Literatur

  • Kuckartz, Udo & Rädiker, Stefan (2022). Qualitative Inhaltsanalyse. Methoden, Praxis, Computerunterstützung (5. Auflage). Weinheim: Beltz Juventa.
  • Mayring, Philipp (2015). Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken (12. Auflage). Weinheim: Beltz-UTB.
  • Schreier, Margrit (2012). Qualitative content analysis in practice. London: Sage.
  • Schreier, Margrit (2014). Varianten qualitativer Inhaltsanalyse: Ein Wegweiser im Dickicht der Begrifflichkeiten [59 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 15(1), Art. 18, DOI: https://doi.org/10.17169/fqs-15.1.2043

Workshop: Interviews

Dr. Herwig Reiter

Deutsches Jugendinstitut, Zentrum für Dauerbeobachtung und Methoden

Das Interview gehört zu den Standardwerkzeugen qualitativer Sozialforschung und wird von unterschiedlichsten Ansätzen verwendet. Das liegt u.a. daran, dass es an das Gespräch als Interaktionsform des Alltags angelehnt ist und direkten Zugang zu Sprache und Denkweise der Forschungssubjekte ermöglicht. Außerdem ist es eine etablierte und pragmatische Alternative zu aufwändigeren Verfahren.

Der erste Teil des Workshops diskutiert die methodologischen Besonderheiten qualitativer Interviewforschung. Anhand der vergleichenden Darstellung des narrativen, des ethnographischen und des problemzentrierten Interviews werden Anwendungsbereiche und typische Arbeitsschritte sowie Vor- und Nachteile diskutiert. Der zweite Teil ist praktischen Fragen der Planung, Vorbereitung und Durchführung qualitativer Interviews gewidmet und richtet sich nach Forschungsvorhaben und konkreten Anliegen der Teilnehmenden.

Literatur

  • Deppermann, Arnulf (2013). Interview als Text vs. Interview als Interaktion [61 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 14(3), Art. 13, DOI: https://doi.org/10.17169/fqs-14.3.2064.
  • Girtler, Roland (2001). Methoden der Feldforschung. Böhlau UTB: Wien.
  • Helfferich, Cornelia (2011). Qualität qualitativer Daten. Manual für die Durchführung qualitativer Einzelinterviews (4. Auflage). Wiesbaden: VS Verlag.
  • Kruse, Jan (2014). Qualitative Interviewforschung. Ein integrativer Ansatz. Weinheim, Basel: Beltz Juventa.
  • Küsters Ivonne (2009). Narrative Interviews. Grundlagen und Anwendungen. Wiesbaden: VS Verlag.
  • Mey, Günter & Mruck, Katja (2020). Qualitative Interviews. In Günter Mey & Katja Mruck (Hrsg.), Handbuch Qualitative Forschung in der Psychologie. Band 2: Design und Verfahren (2., erweiterte und überarbeitete Auflage, S.315-335). Wiesbaden: Springer, DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-26887-9_33.
  • Spradley, James P. (1979). The ethnographic interview. Fort Worth: Harcourt College Publishers.
  • Witzel, Andreas & Reiter, Herwig (2012). The problem-centred interview. Principles and practice. London: Sage, https://uk.sagepub.com/en-gb/eur/the-problem-centred-interview/book234106#preview.
  • Witzel, Andreas & Reiter, Herwig (2021). Das problemzentrierte Interview. SocArXiv Papers, DOI: https://doi.org/10.31235/osf.io/uetq8.

Workshop: Qualitativ Forschen lehren lernen

Paul S. Ruppel

Hochschule Magdeburg-Stendal, Fachbereich Angewandte Humanwissenschaften / Ruhr-Universität Bochum, Fakultät für Sozialwissenschaft / Institut für Qualitative Forschung an der Internationalen Akademie Berlin gGmbH

Christoph Stamann

Hochschule Magdeburg-Stendal, Fachbereich Angewandte Humanwissenschaften

Die Lehre und das Lernen qualitativer Forschung gehören mittlerweile zu einem bedeutsamen Arbeitsfeld, wie z.B. die zurückliegenden Diskussionen auf dem BMT und die Debatte in FQS zeigen. Die qualitative Methodenlehre, ihre didaktische Konzeption und Ausgestaltung stehen im Zentrum dieses Workshops. Er richtet sich an Lehrende mit Erfahrung in der Durchführung von Lehrveranstaltungen zur Vermittlung qualitativer Forschung (etwa Seminare, Forschungswerkstätten, Lehrforschungsprojekte, Tutorien).

Im ersten Teil des Workshops (thematischer Fokus 1) werden zunächst unterschiedliche, gängige als auch innovative Formate zur Vermittlung qualitativer Forschungsmethoden vorgestellt. Mit besonderem Blick auf Formate, in denen die Anleitung zum Erlernen praktischer Handlungskompetenz des qualitativen Forschens im Zentrum steht, wird sodann gemeinsam erörtert und reflektiert, wie qualitative Forschungsprozesse von Studierenden in Lehrveranstaltungen didaktisch gerahmt und begleitet werden können.

Der zweite Teil des Workshops (thematischer Fokus 2) widmet sich der Aneignung von Interpretationskompetenz. Nach einer Skizzierung allgemeiner Spezifika interpretativer Praxis wird mit Blick auf die Interpretation qualitativer Daten den didaktischen respektive praktischen Herausforderungen beim Anleiten gemeinsamen Interpretierens nachgegangen. Insbesondere wird hierbei erörtert, wie mit Vielstimmigkeit in der qualitativen Methodenlehre produktiv umgegangen werden kann, etwa indem konkurrierende Lesarten und Differenz nicht nur zugelassen, sondern diese in einem tragfähigen Lehr-Lern-Setting bisweilen selbst angeregt werden. Im Zuge der Thematisierung von Multiperspektivität wird auch der didaktische Wert der vergleichenden Lehre unterschiedlicher Auswertungsmethoden reflektiert.

Es besteht die Möglichkeit, ausgewählte Konzeptionen von Veranstaltungsformaten der Teilnehmenden im Sinne einer Weiterentwicklung gemeinsam im Workshop zu besprechen (thematischer Fokus 1). Daneben sind alle Teilnehmenden dazu eingeladen, vorab einen 1-2-seitigen Kurzbericht zu besonderen Erfahrungen im Umgang mit bzw. der Gestaltung von Interpretationssitzungen im Kontext eigener Lehr-Lern-Settings anzufertigen. Die eingereichten Kurzberichte werden den Teilnehmenden vorab zur Verfügung gestellt und dienen als Ausgangspunkt für die gemeinsame Diskussion (thematischer Fokus 2).

Eine Einladung zur optionalen Einreichung dieses Materials erfolgt vor der Veranstaltung.

Literatur

  • Flick, Uwe; Hartung, Silvia; Maeder, Christoph; Mey, Günter; Mruck, Katja & Weidemann, Arne (2014). Lehr-/Lernbarkeit Qualitativer Forschung. Eine Diskussion. In Günter Mey & Katja Mruck (Hrsg.), Qualitative Forschung: Analysen und Diskussionen (S. 233–259). Wiesbaden: Springer VS. https://doi.org/10.1007/978-3-658-05538-7_13.
  • Fuhrmann, Laura; Mey, Günter; Stamann, Christoph & Janssen, Markus (2021). Forschungswerkstätten als Orte des Schlüsselkompetenzerwerbs. In Alexa Maria Kunz, Günter Mey, Jürgen Raab & Felix Albrecht (Hrsg.), Qualitativ Forschen als Schlüsselqualifikation. Prämissen – Praktiken – Perspektiven (S. 175–200). Weinheim: Beltz Juventa.
  • Kanter, Heike & Mey, Günter [mit Kurzbeiträgen von Claudia Dreke, Rahim Hajji, Sandra Köchy, Jens Heßmann, Arnd Hofmeister, Beatrice Hungerland, Heike Stecklum] (2021). Herausforderungen, qualitative Forschungsmethoden zu lehren/lernen. Ansprüche, Spezifika und Lösungswege zum Erwerb von Schlüsselqualifikationen an Hochschulen für angewandte Wissenschaften. In Alexa Maria Kunz, Günter Mey, Jürgen Raab und Felix Albrecht (Hrsg.), Qualitativ Forschen als Schlüsselqualifikation. Prämissen – Praktiken – Perspektiven (S. 26–51). Weinheim: Beltz Juventa.
  • Mey, Günter (2021). Qualitative Forschung findet immer in Gruppen statt. Das ist nicht einfach, aber produktiv – Reflexionen zur „Projektwerkstatt qualitatives Arbeiten“. In Heike Ohlbrecht, Carsten Detka & Sandra Tiefel (Hrsg.), Anselm Strauss – Werk, Aktualität und Potentiale. Mehr als nur Grounded Theory (S. 125–144). Opladen: Verlag Barbara Budrich.
  • Schreier, Margrit & Breuer, Franz (2020). Lehren und Lernen qualitativer Forschungsmethoden. In Günter Mey & Katja Mruck (Hrsg.), Handbuch Qualitative Forschung in der Psychologie. Band 2: Designs und Verfahren (2., aktualisierte und erweiterte Auflage, S. 265–289). Wiesbaden: Springer. https://doi.org/10.1007/978-3-658-26887-9_32.
  • Schreier, Margrit & Ruppel, Paul S. (2021). Entwicklungspotenziale im Lehren und Lernen qualitativer Forschungsmethoden in den Sozialwissenschaften. In Marc Dietrich, Irene Leser, Katja Mruck, Paul Sebastian Ruppel, Anja Schwentesius & Rubina Vock (Hrsg.), Begegnen, Bewegen und Synergien stiften: Transdisziplinäre Beiträge zu Kulturen, Performanzen und Methoden (S. 325–342). Wiesbaden: Springer VS. https://doi.org/10.1007/978-3-658-33632-5_18.

Workshop: Systematische Metaphernanalyse

Prof. Dr. Rudolf Schmitt

Hochschule Zittau-Görlitz, Fakultät Sozialwissenschaften

Andreas Hohmann

Universität Siegen

Eine systematische Metaphernanalyse reagiert auf die Probleme bisheriger Versuche, den Sinn von metaphorischen Äußerungen zu verstehen. Von älteren Studien unterscheidet sie sich durch folgendes:

  • Sie nutzt die Theorie der kognitiven Linguistik (George Lakoff und Mark Johnson), um den Stellenwert von Metaphern für Strukturen von Denken, Handeln und Emotionen zu bestimmen.
  • Das empirische Vorgehen bietet eine handhabbare Arbeitsdefinition zur Erkennung von Metaphern.
  • Sie ermöglicht, von einzelnen Metaphern auf zusammenhängende metaphorische Konzepte zu schließen.
  • Das empirische Vorgehen der Metaphernanalyse ist offen dafür, sowohl kulturelle, subkulturelle wie individuelle Muster zu rekonstruieren.
  • Für die Interpretation metaphorischer Muster steht eine Sammlung heuristischer Hilfen zur Verfügung.
  • Neben allgemeinen, für qualitative Forschung gültigen Gütekriterien sind speziellere Gütekriterien für Metaphernanalysen benennbar.

Im Workshop sollen diese Merkmale je nach Vorwissen der Teilnehmer*innen an vorbereitetem Material vorgestellt und in kleinen Übungen vertieft werden.

Literatur

  • Johnson, Mark (1987). The body in the mind. The bodily basis of meaning, imagination, and reason. Chicago: The University of Chicago Press.
  • Lakoff, George (1987). Women, fire and dangerous things. What categories reveal about the mind. Chicago: The University of Chicago Press.
  • Lakoff, George & Johnson, Mark (1998 [1980]). Leben in Metaphern. Heidelberg: Carl-Auer-Systeme. [Orig.: 1980. Metaphors we live by. Chicago: The University of Chicago Press].
  • Lakoff, George & Johnson, Mark (1999). Philosophy in the flesh: The embodied mind and its challenge to western thought. New York: Basic Books.
  • Schmitt, Rudolf (2004). Diskussion ist Krieg, Liebe ist eine Reise, und die qualitative Forschung braucht eine Brille. Review Essay: George Lakoff & Mark Johnson (2003). Leben in Metaphern. Konstruktion und Gebrauch von Sprachbildern [54 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, Art. 19, https://doi.org/10.17169/fqs-5.2.621.
  • Schmitt, Rudolf (2007). Versuch, die Ergebnisse von Metaphernanalysen nicht unzulässig zu generalisieren. Zeitschrift für qualitative Forschung, 8(1), 137-156. http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-277869.
  • Schmitt, Rudolf (2017). Systematische Metaphernanalyse als Methode der qualitativen Sozialforschung. Wiesbaden: Springer VS, http://link.springer.com/book/10.1007/978-3-658-13464-8.
  • Schmitt, Rudolf; Schröder, Julia & Pfaller, Larissa (2018). Systematische Metaphernanalyse. Eine Einführung. Wiesbaden: Springer VS, https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-658-21460-9.

Workshop: Forschungsethik

Prof. Dr. Hella von Unger

Ludwig-Maximilians-Universität, Institut für Soziologie

Dr. Olaf Tietje

Ludwig-Maximilians-Universität München, Institut für Soziologie

Forschungsethische Fragen stellen sich in allen Phasen des Forschungsprozesses und betreffen insbesondere die Gestaltung der Beziehungen zwischen den Forschenden und den Personen und Einrichtungen, die an der Forschung teilnehmen. Viele Fachgemeinschaften haben Ethik-Kodizes entwickelt, um Prinzipien und Grundsätze zu formulieren, die das Forschungshandeln leiten. Forschende sind beispielsweise aufgefordert, die Risiken der Teilnahme an ihrer Studie zu antizipieren und Schaden zu vermeiden, von Teilnehmenden eine informierte Einwilligung einzuholen und die Daten zu anonymisieren und vertraulich zu behandeln. In der qualitativen Forschungspraxis stoßen diese Grundsätze jedoch schnell an Grenzen: Wie lässt sich beispielsweise ein informiertes Einverständnis bei teilnehmenden Beobachtungen einholen – und von wem? Wie lassen sich Risiken antizipieren, wenn der Forschungsverlauf methodologischen Prinzipien folgend offen gestaltet wird und nur eingeschränkt planbar ist? Lassen sich qualitative Daten überhaupt sinnvoll anonymisieren – und wenn ja, wie? Im Zusammenhang mit neuen Technologien und digitalen Wirklichkeiten stellen sich neue Fragen, auf die die bestehenden Grundsätze keine direkten Antworten liefern (wie beispielsweise im Bereich der social media-Forschung). Es bedarf daher einer forschungsethischen Reflexivität, die nicht nur das eigene Forschungshandeln sondern auch die kanonisierten Grundsätze kritisch hinterfragt und danach strebt, im jeweils spezifischen Forschungskontext Antworten auf die Frage zu finden, welches Handeln ethisch vertretbar ist – und welches nicht.   

Der Workshop führt in zentrale forschungsethische Grundsätze ein und diskutiert einige der Herausforderungen, die sich in der qualitativen Forschung stellen. In der zweiten Hälfte des Workshops besteht die Gelegenheit, dass Teilnehmende forschungsethische Fragen und Anliegen aus ihrer eigenen Forschungspraxis diskutieren. Die Teilnehmenden werden gebeten, ihre Fragen und Anliegen im Vorfeld zu kommunizieren, um eine Auswahl und Fokussierung der Diskussion zu ermöglichen. Die Anliegen und Inhalte der Diskussion werden vertraulich behandelt.

Literatur

  • Saunders, Benjamin; Kitzinger, Jenny & Kitzinger, Celina (2015). Anonymising interview data: Challenges and compromise in practice. Qualitative Research 15 (5), 616–632.
  • von Unger, Hella (2018). Forschungsethik, digitale Archivierung und biographische Interviews. In Helma Lutz, Martina Schiebel & Elisabeth Tuider (Hg.), Handbuch Biographieforschung (S. 681-693). Wiesbaden: Springer VS.
  • von Unger, Hella; Dilger, Hansjörg & Schönhuth, Michael (2016). Ethikbegutachtung in der sozial und kulturwissenschaftlichen Forschung? Ein Debattenbeitrag aus soziologischer und ethnologischer Sicht [19 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 17(3), Art. 20, https://doi.org/10.17169/fqs-17.3.2719.
  • von Unger, Hella, Narimani, Petra & M’Bayo, Rosalie (Hrsg.) (2014). Forschungsethik in der qualitativen Forschung: Reflexivität, Perspektiven, Positionen. Wiesbaden: Springer VS Verlag.

Workshop: Biografische Fallrekonstruktion

Dr. Arne Worm

Georg-August-Universität Göttingen, Methodenzentrum Sozialwissenschaften

Victoria Taboada Gomez

Georg-August-Universität Göttingen, Methodenzentrum Sozialwissenschaften

In dem Workshop möchten wir die Teilnehmenden sowohl in die methodologischen Prinzipien als auch in die methodische Vorgehensweise biographischer Fallrekonstruktionen sowie deren Verwendung im Kontext der Bearbeitung unterschiedlicher Fallebenen (Individuum, Familie sowie andere soziale Gruppen) einführen. Dieses Verfahren wurde von Gabriele Rosenthal zunächst im Zusammenhang mit der Analyse biographisch-narrativer Interviews entwickelt. Es besteht aus mehreren Analyseschritten, die in dem Workshop kurz vorgestellt werden. Diese Analyseschritte können in modifizierter Form auch für die Analyse von Familiengesprächen, Interaktionsverläufen, Videoaufnahmen, von Protokollen teilnehmender Beobachtung sowie bei schriftlichen biographischen Materialien angewandt werden (Rosenthal 2015; Miethe & Schiebel 2009). In der biographieanalytischen Forschungspraxis wird zudem oftmals triangulierend vorgegangen (Alber & Schiebel 2018).

Literatur

  • Alber, Ina & Schiebel, Martina (2018). Triangulation in der Biographieforschung. In Helma Lutz, Martina Schiebel & Elisabeth Tuider (Hrsg.), Handbuch Biographieforschung (S. 611-622). Wiesbaden: Springer VS.
  • Hinrichsen, Hendrik; Rosenthal, Gabriele & Worm, Arne (2013). Biographische Fallrekonstruktionen. Zur Rekonstruktion der Verflechtung „individueller“ Erfahrung, biographischer Verläufe, Selbstpräsentationen und „kollektiver“ Diskurse. PalästinenserInnen als RepräsentantInnen ihrer Wir-Bilder. Sozialer Sinn 14 (2). 157-184.
  • Miethe, Ingrid & Schiebel, Martina (2009). Biografie und Institution. Ein forschungsmethodischer Vorschlag zur interaktiven Analyse der Entstehung, Entwicklung und Funktion einer Bildungsinstitution. In Michael Göhlich, Susanne Maria Weber & Stephan Wolff (Hrsg.), Organisation und Erfahrung (S. 115-126). Wiesbaden: VS Verlag.
  • Meyer, Katinka & Ransiek, Anna (2017). Das Gedächtnis tabuisierter Erinnerungen. Zum Wandel von Erinnerungen in der und an die DDR. In Hanna Haag, Pamela Heß & Nina Leonhard (Hrsg.), Volkseigenes Erinnern. Die DDR im sozialen Gedächtnis (S. 205-236). Wiesbaden: Springer VS.
  • Radenbach, Niklas & Rosenthal, Gabriele (2012). Das Vergangene ist auch Gegenwart, das Gesellschaftliche ist auch individuell. Zur Notwendigkeit der Analyse biographischer und historischer ‚Rahmendaten’. sozialer sinn, Zeitschrift für hermeneutische Sozialforschung, 1/2012, 3-37.
  • Rosenthal, Gabriele (1995). Erlebte und erzählte Lebensgeschichte. Gestalt und Struktur biographischer Selbstbeschreibungen. Frankfurt am Main: Campus.
  • Rosenthal, Gabriele (2015). Interpretative Sozialforschung. Eine Einführung. Weinheim und Basel: Beltz Juventa.