Workshops 2011

Workshop: Partizipative Forschung als systematische Praxisreflexion

Prof. em. Dr. Jarg Bergold

Freie Universität Berlin, Fachbereich Erziehungswissenschaft und Psychologie, und INA

Im Feld qualitativer Forschung lassen sich interessante Entwicklungen partizipativer Forschungsansätze in verschiedenste Richtungen verfolgen, u.a. wurde partizipative Forschung im Bereich der internationalen Entwicklungspolitik zunehmend akzeptiert oder sogar gefordert. Im ersten Teil des Workshops werden die Grundzüge partizipativer Forschungsstrategien dargestellt und ein Überblick über die aktuellen internationalen Entwicklungen gegeben.

Auch im Feld der psychosozialen Versorgung werden die Forderungen nach einer Beteiligung der Betroffenen (Mitarbeitende und Nutzende) u.a. bei Diskussionen um Effektivität, Qualitätsstandards und -sicherungsmaßnahmen stärker. Zunehmend wird auch die Notwendigkeit deutlich, die Tätigkeiten und die institutionellen Prozesse gemeinsam mit den NutzerInnen der Einrichtung so zu konzeptualisieren, dass die Angebote die Bedürfnisse der NutzerInnen ausreichend berücksichtigen und Entwicklungsräume geschaffen werden.

Im Workshop sollen auch am Beispiel eigener Erfahrungen (auch des Workshopleiters) partizipative Forschungsstrategien diskutiert werden. Die systematische Praxisreflexion wird als möglicher Einstieg und zentraler Baustein partizipativer Forschung ins Zentrum des Workshops gestellt. Dabei geht es zunächst darum, die Bedingungen für eine solche Forschung in der Institution zu analysieren und methodische Ansätze zu entwickeln, wie MitarbeiterInnen und NutzerInnen ihre Einrichtung untersuchen können. Ansatzweise sollen solche Planungen von partizipativer Praxisreflexion mit den WorkshopteilnehmerInnen durchgespielt werden.

Nach erfolgter Bestätigung der Teilnahme durch die Organisatoren bitten wir Teilnehmende, die derzeit selbst an partizipativen Forschungsprojekten beteiligt sind, sich mit mir in Verbindung zu setzen, um gemeinsam zu überlegen, wie das Projekt in den Workshop eingebracht werden kann (jarg.bergold@fu-berlin.de). Die Abstimmung darüber, welche Projekte im Workshop diskutiert werden sollen, wird dann partizipativ durch alle Teilnehmer gemeinsam erfolgen.

Literatur:

Workshop: Sozialwissenschaftliche Dispositivanalyse

Prof. Dr. Andrea D. Bührmann

Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Institut für Soziologie

Sozialwissenschaftliche Diskursanalyse zielt darauf, diskursive Praktiken zur Herstellung und Durchsetzung von Wissen in spezifischen sozio-historischen Kontexten zu analysieren und dessen Formierungsstrukturen, Funktionsmechanismen und Machtwirkungen zu entziffern. Bei der Dispositivanalyse geht es vor diesem Hintergrund um die die systematische Ergänzung und Weiterung diskurstheoretischer Perspektiven und diskursanalytischer Forschungspraxis. Im Zentrum stehen also diskursive und nicht-diskursive Praktiken und deren Vermittlungen. Zu fragen ist damit nach den Wechselbezügen zwischen normierenden Wissensordnungen, ihren konkreten handlungspraktischen Wirksamkeiten im sozialen Austausch von Menschen sowie den damit einhergehenden Selbst-Bezügen und Subjektivitätsformen.

Obwohl mittlerweile einige Konzeptionen für eine (auch) an Foucault orientierte und darüber hinausweisende Forschungsmethodik vorliegen, bleibt eine methodische „Schrittfolge“ für Diskurs- und Dispositivanalysen problematisch. Die gilt besonders, falls solche Vorgaben den Anspruch auf Verbindlichkeit und Ausschließlichkeit erheben. Was eine „Diskurs-“ bzw. „Dispositivanalyse“ jeweils ausmacht, muss je nach Forschungsfrage, ihrer jeweiligen theoretischen und methodologischen Fundierung sowie den damit verbundenen methodisch-praktischen Umsetzungen immer erst bestimmt werden.

Der Workshop bietet mit Blick darauf eine grundlegende und einführende Diskussion zur sozialwissenschaftlichen (Diskurs- und) Dispositivforschung, die vor allen Dingen an konkreten methodisch-praktischen Fragen der Durchführung von Forschungsprojekten orientiert ist.

Literatur

  • Bührmann, Andrea D.; Diaz-Bone Rainer; Kendall, Gavin; Guiterréz Rodríguez, Encarnación; Schneider, Werner & Tirado, Francisco (Hrsg.) (2007). From Michel Foucault’s Discourse Theory to Empirical Social Research on Discourses. Current Methodological Developments und Methodical Applications in Social Research. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research8(2), http://www.qualitative-research.net/index.php/fqs/issue/view/7.
  • Bührmann, Andrea & Schneider, Werner (2008). Vom Diskurs zum Dispositiv. Eine Einführung in die Dispositivanalyse. Bielefeld: transcript-Verlag.

Workshop: Introspektion – ein neues gruppengestütztes Verfahren

Dr. Thomas Burkart

Psychologischer Psychotherapeut; in eigener Praxis in Hamburg tätig

Prof. em. Dr. Gerhard Kleining

Universität Hamburg, Fachbereich Soziologie

Die dialogische Introspektion ist die Wiederaufnahme der Introspektion (oder Selbstbeobachtung, Selbstwahrnehmung), die von der klassischen Psychologie und der Würzburger Schule als Hauptmethode eingesetzt wurde und dann durch den Behaviorismus unterdrückt wurde, in einer den heutigen methodischen Ansprüchen genügenden Form. Die Methode wird nach bestimmten Regeln in Gruppen ausgeführt, zumeist digital dokumentiert und nach der qualitativen Heuristik auf Gemeinsamkeiten analysiert (siehe http://www.heureka-hamburg.de).

Der Vorteil der Methode ist die rasche Beschaffung von umfangreichen qualitativen Daten, die bei angemessener Ausführung hoch differenziert sind und auch vergangene Erlebnisse und Erfahrungen zu Tage fördern. Die Methode kann für die Erforschung aller Arten von Erlebnissen verwandt werden und ist auch geeignet bei sozialpsychologischer und soziologischer Fragestellung. Sie vermeidet eine Reihe von Problemen der „Focus Group“ (oder Gruppendiskussion), die eine der Hauptmethoden der angewandten qualitativen Forschung ist. Die „dialogische Introspektion“ ist ein exploratives Verfahren per se, gut geeignet zu Forschungsbeginn, zur Begleitung und Korrektur laufender Erhebungen und zur Erkenntnis der Struktur wesentlicher Dimensionen eines Themas. Die Methode wurde jüngst erfolgreich in einer großen Studie der GfK in sechs außereuropäischen Ländern eingesetzt, wobei sich die Methode durch „die 3 Es“ auszeichnete:  Entschleunigung, emotionale Antworten und Erfahrungserfassung.

Die Veranstaltung stellt die Methode vor, ihre Vorteile und mögliche Probleme und diskutiert Beispiele für ihre Anwendung. Die Teilnehmenden können sich an einem Experiment zur Datenerhebung beteiligen.

Weitere Informationen über http://de.wikipedia.org/wiki/Dialogische_Introspektion sowie über http://www.introspektion.net, Anwendungen finden sich dort unter „Beispiel“, dann die Buchsymbole aufrufen.   

Weiterführende Literatur

  • Burkart, Thomas (2008). Methodologie: Dialogische Introspektion in der Gruppe. (Arbeitspapier).  http://www.introspektion.net/html/methodologieburkart.html.
  • Burkart, Thomas, Kleining, Gerhard & Witt, Harald (Hrsg.) (2010). Dialogische Introspektion: Ein gruppengestütztes Verfahren zur Erforschung des Erlebens. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
  • Kleining, Gerhard (2008). Die Würzburger Methode und unsere Verbesserung (Arbeitspapier). http://www.introspektion.net/html/geschichte.html.
  • Witt, Harald (2010). Introspektion. In Günter Mey & Katja Mruck (Hrsg.), Handbuch Qualitative Forschung in der Psychologie (S.491-505). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

Workshop: Foucaultsche Diskursanalyse (Interpretative Analytik)

Prof. Dr. Rainer Diaz-Bone

Universität Luzern, Soziologisches Seminar

Die Foucaultsche Diskursanalyse hat sich als eine nicht subjektzentrierte Form der qualitativen Sozialforschung etabliert. Die interpretative Analytik ist die methodologische Position der Foucaultschen Diskursanalyse. Es handelt sich um eine Form der strukturalistischen/poststrukturalistischen „Hermeneutik“ der Praxis kollektiver Wissensproduktion und kollektiver Wissensordnungen. Die interpretative Analytik setzt die Diskurstheorie Foucaults in die empirische Analyse diskursiver Praxis von Diskursen und Interdiskurs(effekt)en als sozialwissenschaftliche Methodologie um. Sie ist keine standardisierte Schrittfolge für Diskursanalysen, sondern als Methodo-Logie eine Instanz, die praktisch (a) die Organisation des diskursanalytischen Forschungsprozess – von der Entwicklung der Fragestellung bis zur diskursanalytischen Erklärung sozialer Wirklichkeit – reflektiert und reglementiert, die (b) die Passung konkreter Praktiken/Instrumente/Techniken für den Forschungsprozess evaluiert und anleitet und die sich (c) in der konkreten diskursanalytischen Interpretation als Kompetenz entfaltet, wenn es in der Analyse von Materialien (Texten) darum geht, hieran die diskursive Praxis und die „Ordnung der Diskurse“ zu rekonstruieren.

Der Workshop dient der Einführung in die interpretative Analytik. Er wendet sich an Forscherinnen und Forscher, die empirisch-systematische Diskursanalysen beginnen wollen oder damit begonnen haben und die diese Reflexionen auf die Entwicklung des Forschungsprozesses, auf strategische Entscheidungen (wie weiter?, wie vergleichen?, was sind diskursanalytische Erklärungen und Resultate?) sowie auf die Qualität von Diskursanalysen bewerkstelligen müssen. Der Workshop ist keine (!) Einführung in die Diskurstheorie. Voraussetzung ist die grundlegende Kenntnis der Foucaultschen Diskurstheorie (Michel Foucault: Archäologie des Wissens. Frankfurt: Suhrkamp, 1981).

Weiterführende Literatur

  • Diaz-Bone, Rainer (erscheint 2011). Sozo-Episteme und Sozio-Kognition. Epistemologische Zugänge zum Verhältnis von Diskurs und Wissen. In Reiner Keller, Werner Schneider & Wilhelm Viehöver (Hrsg.), Diskurs, Wissen, Sprache. Konstanz: UVK.
  • Diaz-Bone, Rainer (2010). Kulturwelt, Diskurs und Lebensstil. Eine diskurstheoretische Erweiterung der Bourdieuschen Distinktionstheorie (2., erw.  Aufl.). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
  • Diaz-Bone, Rainer (2007). Die französische Epistemologie und ihre Revisionen. Zur Rekonstruktion des methodologischen Standortes der Foucaultschen Diskursanalyse. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 8(2), Art. 24, http://nbnresolving.de/urn:nbn:de:0114-fqs0702241.
  • Diaz-Bone, Rainer (2010). Paper zum Workshop „Foucaultsche Diskursanalyse“ (Interpretative Analytik) auf dem 6. Berliner Methodentreffen (16./17. Juni FU Berlin). Verfügbar über:
    http://www.rainer-diaz-bone.de/DiazBone_Methodentreffen_2010.pdf.
  • Diaz-Bone, Rainer (2006). Zur Methodologisierung der Foucaultschen Diskursanalyse. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 7(1), Art. 6, http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0114-fqs060168.
  • Diaz-Bone, Rainer (2006). Die interpretative Analytik als methodologische Position. In Brigitte Kerchner & Silke Schneider (Hrsg.), Foucault: Diskursanalyse der Politik. Eine Einführung (S.68-84). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
  • Diaz-Bone, Rainer (2005). Die „interpretative Analytik“ als rekonstruktiv-strukturalistische Methodologie. Bemerkungen zur Eigenlogik und strukturalistischen Öffnung der Foucaultschen Diskursanalyse. In Reiner Keller, Andreas Hirseland, Werner Schneider & Willy Viehöfer (Hrsg.), Die diskursive Konstruktion von Wirklichkeit. Zum Verhältnis von Wissenssoziologie und Diskursforschung (S.179-197). Konstanz: UVK.
  • Keller, Reiner (2010): Diskursforschung. Eine Einführung für SozialwissenschaftlerInnen. 4. Aufl. Wiesbaden: VS-Verlag.
  • Keller, Reiner; Hirseland, Andreas; Schneider, Werner & Viehöver, Willy (Hrsg.) (2006). Handbuch Sozialwissenschaftliche Diskursanalyse. Band 1: Theorien und Methoden (2. erw. Aufl.). Wiesbaden: VS Verlag.
  • Keller, Reiner; Hirseland, Andreas; Schneider, Werner & Viehöver, Willy (Hrsg.) (2004). Handbuch Sozialwissenschaftliche Diskursanalyse. Band 2: Forschungspraxis (2. Aufl.). Wiesbaden: VS Verlag.

Workshop: Triangulation

Prof. Dr. Uwe Flick

Alice Salomon Hochschule Berlin

Die Verwendung unterschiedlicher Zugänge in theoretischer und methodischer Hinsicht und was die verwendeten Daten betrifft spielt in der qualitativen Forschung schon seit längerem eine Rolle und gewinnt zunehmend an Bedeutung. Als Leitkonzept in diesem Kontext hat sich der Begriff der Triangulation eingebürgert, der von Norman Denzin in den 1970er Jahren entsprechend eingeführt wurde. Triangulation kann sich auf die Kombination unterschiedlicher theoretischer Perspektiven oder auf die Verwendung unterschiedlicher Methoden beziehen, wobei die Kombination qualitativer und quantitativer Methoden eine von verschiedenen Möglichkeiten, darstellt, und die Kombination verschiedener qualitativer Methoden zunehmend an Bedeutung gewinnt. Triangulation kann sich auf Verwendung unterschiedlicher Datensorten sowie die Zusammenarbeit verschiedener Forscher/innen stützen. Dabei kann Triangulation jeweils als Strategie der Geltungsbegründung aber auch allgemeiner zur Erweiterung der Erkenntnismöglichkeiten eingesetzt werden.

In diesem Workshop soll das Konzept der Triangulation in seinen unterschiedlichen Varianten vorgestellt werden. Dazu werden jeweils Forschungsbeispiele diskutiert. Im zweiten Teil des Workshops sollen die Teilnehmer/innen die Gelegenheit erhalten, die dabei aufgeworfenen Fragen am eigenen Vorgehen und Material weiter zu diskutieren.

Literatur

  • Denzin, Norman K. (1989). The Research Act (3. Aufl.). Englewood Cliffs, N. J.: Prentice Hall.
  • Flick, Uwe (2005). Qualitative research in sociology in Germany and the US—State of the art, differences and developments. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research6(3), Art. 23, http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0114-fqs0503230.
  • Flick, Uwe (2007). Qualitative Sozialforschung – eine Einführung (akt. u. erw. Neuausgabe). Reinbek: Rowohlt.
  • Flick, Uwe (2008). Triangulation – Eine Einführung (2. erw. Aufl.; Reihe: Qualitative Sozialforschung, Band 12). Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaft.
  • Flick, Uwe (2010). Triangulation. In Günter Mey & Katja Mruck (Hrsg.), Qualitative Forschung in der Psychologie (S.278-289). Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften.

Workshop: Online-Lehrangebot zur Qualitativen Sozialforschung

Dr. Alexander Florian

Universität der Bundeswehr München, Fakultät für Pädagogik

Um eine Angebotslücke bei der Virtuellen Hochschule Bayern (vhb) zu schließen, ist seit dem Wintersemester 2009/2010 das Online-Seminar „Qualitative Sozialforschung: Grundkurs“ für alle bayerischen Studierenden verfügbar. Ziel dieses Grundkurses „Qualitative Sozialforschung“ ist es, dass die Studierenden Kompetenzen aufbauen, die sie zu sinnvollen Entscheidungen in zukünftigen Forschungssituationen befähigen. Das Online-Seminar setzt daher nicht nur auf umfassende theoretische Informationen in Form eines Studientextes, sondern zugleich auf eine praxisnahe Anwendung der Kursinhalte. Die Studierenden bearbeiten in Zweier-Teams drei authentische Fallaufgaben, die in einen narrativen Rahmen eingebunden sind. Bei der Lösung der Fallaufgaben schlüpfen die Studierenden in die Rolle des/der Forschenden, um z.B. die zum Untersuchungsgegenstand passenden Erhebungs- und Auswertungsmethoden auszuwählen. Ein besonders wichtiges Element ist dabei die tutorielle Betreuung der Studierenden. Die Lernumgebung bietet zudem Podcasts, Anwendungsbeispiele sowie Literatur- und Linktipps als Vertiefungsmöglichkeiten.

Ablauf des Workshops: Zunächst wird das oben genannte Online-Seminar vorgestellt, insbesondere dessen didaktisches Konzept, Besonderheiten bei der Umsetzung und Erfahrungen aus dem Praxis-Test. Sodann werden generelle Gestaltungsprinzipien bei der Entwicklung von Online-Lernumgebungen erarbeitet und schließlich in einer abschließenden Diskussion erörtert.

Literatur

  • Issing, Ludwig J. & Klimsa, Paul (Hrsg.) (2009). Online-Lernen. Handbuch für Wissenschaft und Praxis. München: Oldenbourg.
  • Niegemann, Helmut M.; Domag, Steffi; Hessel, Silvia; Hein, Alexander; Hupfer, Matthias & Zobel, Annett (2008). Kompendium multimediales Lernen. Berlin: Springer.
  • Reinmann, Gabi (2010). Didaktisches Design (Studientext). http://lernen-unibw.de/studientexte.
  • Reinmann, Gabi; Florian, Alexander & Sippel, Silvia (2010). Kontinuierliche Qualitätsentwicklung eines Methodenkurses. Von der Präsenz zur E-Lehre. In H. Mayer & W. Kriz (Hrsg.), Evaluation von eLernprozessen: Theorie und Praxis (S.171-182). München: Oldenbourg.
  • Sippel, Silvia & Florian, Alexander (2008). Die Bedeutung von Feedback im Blended Learning. Optimierung eines Feedback-Instruments in der Veranstaltung „Einführung in die qualitative Sozialforschung“ w.e.b.Square, 1/2008http://websquare.imb-uni-augsburg.de/2008-01/4.

Workshop: Bild und Artefaktanalyse

Ass.-Prof. Dr. Ulrike Froschauer

Universität Wien, Institut für Soziologie

Ao.Prof. Dr. Manfred Lueger

Wirtschaftsuniversität Wien, Institut für Soziologie und Empirische Sozialforschung, Kompetenzzentrum für empirische Forschungsmethoden

Artefakte als materialisierte Produkte menschlicher Aktivitäten sind in jeder Gesellschaft nahezu allgegenwärtig. Dies gilt für Kulturlandschaften, Architektur, Fotos oder auch die Kleidung. Als Objektivationen sozialer Beziehungen und gesellschaftlicher Verhältnisse legen sie ein beredtes Zeugnis über unterschiedliche Lebensformen und Kulturen ab. Für sozialwissenschaftliche Analysen sind sie nicht nur aus diesem Grund besonders interessant, sondern auch, weil sie leicht zugänglich sind und sich aufgrund ihrer Präsenz und zumeist relativen Stabilität für eine wiederholte und distanzierte analytische Zuwendung anbieten oder zumindest gut dokumentarisch erfasst werden können.

Der Workshop befasst sich daher mit der Analyse solcher Materialien, wobei folgende Aspekte besondere Berücksichtigung finden:

– Einbettung der Artefaktanalyse in die methodologische Position qualitativer Sozialforschung
– Grundlagen der Artefaktanalyse
– Phasen der Interpretation von Artefakten
– Exemplarische Analyse von Artefakten
– Diskussion der Stärken und Schwächen der Artefaktanalyse
– Diskussion der Anwendbarkeit von Artefaktanalysen
– Reflexion zum Workshop

Ziel des Workshops ist, mit den Grundlagen und den konkreten Interpretationsschritten einer Artefaktanalyse vertraut zu machen und anhand der gemeinsamen Analyse eines Beispiels durchzuspielen. Darüber hinaus soll die Vorgangsweise einer kritischen Diskussion unterzogen werden.

Literatur:

  • Froschauer, Ulrike (2009). Artefaktanalyse. In Stefan Kühl, Petra Strodtholz & Andreas Taffertshofer (Hrsg.), Handbuch Methoden der Organisationsforschung. Quantitative und Qualitative Methoden (S.326-347). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
  • Froschauer, Ulrike & Lueger, Manfred (2007). Film-, Bild- und Artefaktanalyse. In Jürgen Straub, Arne Weidemann & Doris Weidemann (Hrsg.), Handbuch interkulturelle Kommunikation und Kompetenz. Grundbegriffe – Theorien – Anwendungsfelder (S.428-439). Stuttgart. Metzler.
  • Gagliardi Pasquale (Hrsg.) (1990). Symbols and Artefacts. Views of the Corporate Landscape. Berlin: de Gruyter.
  • Lueger, Manfred (2010). Interpretative Sozialforschung: Die Methoden. Wien: Facultas-UTB (Kap. 4).
  • Van Leeuwen Theo & Jewitt Carey (Hrsg.) (2001). Handbook of Visual Analysis. Los Angeles: Sage.

Workshop: Sampling

Prof. Dr. Bruno Hildenbrand

Friedrich-Schiller-Universität Jena, Institut für Soziologie

Als klassischer Ablauf einer wissenschaftlichen Studie gilt, dass erst Daten erhoben werden und dann deren Analyse folgt. In der Praxis sieht da dann so aus, dass 20 (meist narrative) Interviews durchgeführt, verschriftet und dann analysiert werden (falls dafür die Zeit noch reicht, wenn nicht, müssen sie nacherzählt werden).

Woher will man wissen, dass genau diese 20 Interviewpartner/innen und nicht andere für die vorliegende Fragestellung interessant sind? Woher will man wissen, dass genau 20 und nicht 12 oder 21 Interviews für eine solide Studie erforderlich sind? Und woher will man schließlich wissen, dass es mit dem Erhebungsverfahren Interview getan ist?

Auf alle diese Fragen gibt die Grounded Theory eine entscheidende Antwort: Theoretical Sampling. Das heißt, dass immer genau so viel Material erhoben wird, wie benötigt wird, um eine Theorie zu einem gegebenen Gegenstand zu entdecken. Der laufende Theoriebildungsprozess entscheidet, welches Material als nächstes erhoben wird. Dieses Verfahren ist beendet, wenn neues Material nichts mehr Neues zum Theoriebildungsprozess beitragen kann.  Dann gilt die Theorie als gesättigt.

Das Theoretical Sampling wird in diesem Workshop als Verfahren vorgestellt und anhand von Beispielen (des Referenten, der Teilnehmer/innen) diskutiert.

Literatur:

  • Janice M. Morse, Sampling in Grounded Theory. In Antony Bryant & Kathy Charmaz (Hrsg.), The SAGE Handbook of Grounded theory (S.228-244). Los Angeles: Sage.

Workshop: Teilnehmende Beobachtung. Das Beobachtungsprotokoll

Prof. Dr. Jürgen H.P. Hoffmeyer-Zlotnik

GESIS, Mannheim

Die Teilnehmende Beobachtung ist ein methodisches Verfahren, bei der der/die Forscher/in subjektive Wahrnehmung von Interaktion in einem diese strukturierenden Raum möglichst nachvollziehbar und detailliert aufzeichnen muss. Im Mittelpunkt dieses Verfahrens, wie auch dieser Veranstaltung, steht deshalb das Protokollieren des Beobachteten, dessen Strukturierung und dessen Aufzeichnen. Ziel des Workshops ist es, das Aufzeichnen von Beobachtungsdaten darzustellen, zu diskutieren und zu vertiefen. Dieses geschieht unter der Berücksichtigung der unterschiedlichen Möglichkeiten eines Zugangs zum Feld (von der strukturierten bis zur unstrukturierten Beobachtung) und vom Verhalten des/der Beobachters/in im Feld.

Struktur:

  • Aufzeichnen, Protokollieren von Beobachtungsdaten
  • Diskussion von Beobachtungsprotokollen

Zur Vorbereitung empfohlene Literatur

  • Scholz, Gerold (2005). Teilnehmende Beobachtung: eine Methodologie oder eine Methode. In Günter Mey (Hrsg.), Handbuch Qualitative Entwicklungspsychologie (S.381-411). Köln: Kölner Studien Verlag.
  • Merkens, Hans (1986). Vorwissen und Hypothesenbildung beim Prozeß des Beobachtens – Überlegungen zu den Grenzen der Beobachtung in der Arbeitsmigrantenforschung. In Jürgen H.P. Hoffmeyer-Zlotnik (Hrsg.), Qualitative Methoden der Datenerhebung in der Arbeitsmigrantenforschung (S.78-108). Mannheim: FRG.

Workshop: Online Erhebung von Mixed Methods Daten

Prof. Dr. Udo Kuckartz

Thomas Ebert

Philipps-Universität Marburg, Institut für Erziehungswissenschaft, AG Methoden und Evaluation

In der qualitativen Forschung wird zunehmend auf die Möglichkeit zurückgegriffen, Daten online zu erheben. Solche Online-Datenerhebungen lassen sich kostengünstig, schnell und mit vielen Forschungsteilnehmenden durchführen. Durch den Wegfall der Transkription minimieren sich zudem Übertragungsfehler.

Ein besonderer Mehrwert internetbasierter Datenerhebung ist die vereinfachte Integration von offenen und standardisierten Fragen in Mixed-Methods-Designs.

In einem kurzen Einleitungsreferat werden die Grundlagen der Online-Datenerhebung dargestellt. Anschließend werden die praktische Erstellung und die Durchführung einer Online-Datenerhebung mittels der kostenlosen Software LimeSurvey fokussiert. Besondere Schwerpunkte liegen auf Fragen der Online-Umsetzung eines Papierfragebogens und der technischen Planung. Auch Fragen der Teilnehmerverwaltung und Anonymität werden aufgegriffen. Abschließend wird demonstriert, wie die gewonnenen Daten exportiert und für die Weiterverwendung in anderen Programmen, u.a. QDA-Software, aufbereitet werden.

Insgesamt gewährt der Kurs einen Einblick in die Planung und Durchführung einer Online-Datenerhebung mit standardisierten und offenen Fragen. Er soll dazu befähigen, die Möglichkeiten und Stolperfallen einschätzen zu können, mit denen dieses Verfahren behaftet ist. Die Kenntnisse, die in diesem Workshop für das eingesetzte Tool LimeSurvey vermittelt werden, können auch auf andere Erhebungswerkzeuge (z.B. 2ask, GlobalPark/UniPark oder MaQ) übertragen werden.

Literatur

  • Fielding, Nigel G: Lee, Raymond M. & Blank, Grant (Hrsg.) (2008). The Sage Handbook of Internet and Online Research Methods. Thousand Oaks: Sage.
  • Kuckartz, Udo: Ebert, Thomas; Rädiker, Stefan & Stefer, Claus (2009). Evaluation online. Internetgestützte Befragung in der Praxis. Wiesbaden: VS.
  • Ritter, Lois A. & Sue, Valarie M. (2007). The Use of Online Surveys in Evaluation (New Directions for Evaluation, No. 115). San Francisco: Jossey Bass.
  • Stefer, Claus & Rädiker, Stefan (2008). E-Valuation. Die Online-Erhebung qualitativer und quantitativer Daten und deren Auswertunghttp://www.caqd.de/attachments/061_Stefer_Raediker.pdf

Workshop: Theorie und Praxis Biografischer Fallrekonstruktionen

Prof. Dr. Michaela Köttig

FH Frankfurt

Dr. Nicole Witte

Georg-August-Universität Göttingen, Methodenzentrum Sozialwissenschaften

In diesem Workshop möchten wir die Teilnehmenden sowohl in die methodologischen Prinzipien als auch in die methodische Vorgehensweise biografischer Fallrekonstruktionen sowie deren Verwendung im Kontext der Bearbeitung unterschiedlicher Fallebenen (Individuum, Familie sowie andere soziale Gruppen) einführen. Dieses Verfahren wurde von Gabriele Rosenthal zunächst im Zusammenhang mit der Analyse biografisch-narrativer Interviews entwickelt. Es besteht aus mehreren Analyseschritten, die in der Forschungswerkstatt kurz vorgestellt werden. Diese Analyseschritte können in modifizierter Form auch für die Analyse von Familiengesprächen, Interaktionsverläufen, Videoaufnahmen und von Protokollen teilnehmender Beobachtung angewandt werden (Rosenthal 2011).

Darüber hinaus wird im Workshop beispielhaft ein Analyseschritt durchgeführt sowie mögliche Fragen zu Forschungsdesigns der Teilnehmenden erörtert.

Literatur:

  • Rosenthal, Gabriele (1995). Erlebte und erzählte Lebensgeschichte. Gestalt und Struktur biografischer Selbstbeschreibungen. Frankfurt/M.: Campus.
  • Rosenthal, Gabriele (2011). Interpretative Sozialforschung. Eine Einführung (3. aktualisierte und ergänzte Auflage). München/Weinheim: Juventa.

Workshop: Interviews mit Experten und Expertinnen

PD Dr. Beate Littig

Universität Wien, Institut für Höhere Studien Wien, Abteilung Soziologie

Expert/innenninterviews gehören schon lange zur Praxis sozialwissenschaftlicher Forschung. Die methodologische Debatte um Experteninterviews hingegen ist erst rezenten Datums. Der Schwerpunkt der Methodendebatte liegt dabei auf Fragen der Expertendefinition, auf der Unterscheidung verschiedener Formen von Experteninterviews und ihrer Stellung im Forschungsdesign sowie auf den Besonderheiten in Interviewführung und Interaktionskonstellation im Vergleich zu anderen Formen qualitativer Interviews. Fragen der Auswertung sind dagegen vergleichsweise unterbelichtet.
Der Workshop wird in einem knappen Einführungsvortrag einen Überblick über Methodologie und Methoden von Expert/inneninterviews geben. Im Zentrum sollen methodische Probleme bei der Durchführung von Expert/inneninterviews stehen. Insbesondere das Sampling, der Feldzugang und Interaktionen im Interview sollen dabei problematisiert werden.

Literatur

  • Bogner, Alexander; Littig, Beate & Menz,  Wolfgang  (Hrsg.) (2009). Experteninterviews. Theorien, Methoden, Anwendungsfelder. Wiesbaden, VS-Verlag.
  • Littig, Beate (2008). Interviews mit Eliten – Interviews mit ExpertInnen: Gibt es Unterschiede. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 9(3), Art. 16, http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0114-fqs0803161.
  • Meuser, Michael & Nagel, Ulrike (1991). ExpertInneninterviews – vielfach erprobt, wenig bedacht. Ein Beitrag zur qualitativen Methodendiskussion. In Detlef Garz & Klaus Kraimer (Hrsg.), Qualitativ-empirische Sozialforschung. Konzepte, Methoden, Analysen (S.441-471). Opladen: Westdeutscher Verlag.

Workshop: Schreibwerkstatt

Dr. Carola Nürnberg

Internationale Akademie der FU Berlin, Institut für Qualitative Forschung; Deutsches Jugendinstitut, München

Die Schreibwerkstatt stellt eine Reihe von Techniken vor, die das Schreiben erleichtern. In mehreren kleinen Schreibetappen erproben alle Teilnehmenden verschiedene Schreibtechniken (freies Schreiben, Sandwich-Schreiben, Schreiben nach der Uhr, etc.). Idealerweise kommen mit dem Schreiben auch die Gedanken über die eigene Arbeit ins Fließen.

Bitte beachten Sie: Akademische Schreibkonventionen, der Aufbau und die Gliederung von Texten und andere Formen des Polierens und Editierens von Texten werden hier ausgeklammert, der Schwerpunkt liegt auf dem Schreiben, das solcher Text-Arbeit vorausgeht. Der Workshop arbeitet u.a. mit Elementen aus den folgenden Büchern, ist aber nicht auf Promovierende beschränkt.

  • Bolker, Joan (1998). How to write your dissertation in 15 Minutes a day. Henry Holt.
  • Murray, Rowena (2002). How to write a thesis. Open University Press.

Workshop: Gruppendiskussion

Dr. Aglaja Przyborski

Mag. Maria Schreiber

Universität Wien

Erhebungen von Gesprächen in gruppenförmigen Settings haben in den letzten Jahren sowohl im deutschen als auch im angelsächsischen Sprachraum weiter an Bedeutung gewonnen. Je nachdem, ob die „Gruppe“ methodologisch gefasst wird oder nicht, unterscheiden sich die methodisch-technischen Überlegungen zur Erhebung und Auswertung, also zur Initiierung und Leitung von Gruppendiskussionen ebenso wie zur Interpretation und zu Möglichkeiten der Generalisierung.

Im Workshop werden diese unterschiedlichen Zugänge beleuchtet. Vertieft behandelt wird jener Zugang, der kollektive Orientierungen zum Untersuchungsgegenstand macht. Auf der Basis von empirischen Beispielen, die wir gemeinsam behandeln, wird im Workshop der forschungspraktische Wert von guten Metatheorien erarbeitet: Beispielsweise wie sich ein lebendiger Ablauf von Diskussionen auf der Grundlage eines elaborierten Kollektivitätskonzepts zum einen erklären und zum anderen forschungspraktisch umsetzen lässt.

Möglichkeiten und Grenzen des Verfahrens für unterschiedliche Forschungsfragen werden entlang der Interessen der Teilnehmenden diskutieret, dabei können auch fokussierte Erhebungen, die z.B. einen Film, eine Sendung oder Bilder zum Ausgangspunkt der Gruppendiskussion machen, eine Rolle spielen. Je nach Wunsch und Vertrautheit der Gruppe mit dem Verfahren, werden wir entweder die eine gemeinsame Interpretation von Material aus Gruppendiskussionen einsteigen oder die einzelnen forschungspraktischen Schritte der Auswertung genauer besprechen.

Literatur

  • Przyborski, Aglaja & Wohlrab-Sahr, Monika (2010). Qualitative Sozialforschung. Ein Arbeitsbuch (3. Auflage). München: Oldenbourg (darin: Kap. 3.4.2, 3.4.3 und 5.4).
  • Przyborski, Aglaja & Riegler, Julia (2010). Gruppendiskussion und Fokusgruppe. In Günter Mey & Katja Mruck (Hrsg.) Handbuch Qualitative Forschung in der Psychologie (S.436-448). Wiesbaden: VS.
  • Bohnsack, Ralf & Przyborski, Aglaja (2007). Gruppendiskussionsverfahren und Focus Groups. In Renate Buber & Hartmut H. Holzmüller (Hrsg.) Qualitative Marktforschung (S.493-506). Wiesbaden: Gabler.
  • Bohnsack, Ralf; Przyborski, Aglaja & Schäffer, Burkhard (Hrsg.) (2006). Das Gruppendiskussionsverfahren in der Forschungspraxis. Opladen: Verlag Barbara Budrich.
  • Przyborski, Aglaja (2004). Gesprächsanalyse und dokumentarische Methode. Qualitative Auswertung von Gesprächen, Gruppendiskussionen und anderen Diskursen. Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaft.

Workshop: Videoanalyse

Prof. Dr. Bernt Schnettler

Universität Bayreuth, Kultur- und Religionssoziologie

René Tuma

Technische Universität Berlin, Institut für Soziologie

Audiovisuelle Daten finden mittlerweile einen breiten Einzug in die Forschungspraxis. Manchmal wird sogar von einer regelrechten „Video-Revolution“ gesprochen. Videoaufzeichnungen werden in einer Reihe von unterschiedlichen Forschungsfeldern genutzt. Vor allem bieten sie die Möglichkeit, Interaktionsprozesse höchst detailliert aufzuzeichnen, um sie dann geradezu mikroskopisch untersuchen zu können. Dabei spielt die Sequenzanalyse eine herausragende Rolle.

Methodisch stellen Videodaten aufgrund ihrer Komplexität und Reichhaltigkeit eine große Herausforderung für die qualitative Sozialforschung dar. Verglichen mit den etablierten textbezogenen Methoden interpretativer Sozialforschung befindet sich die Methodenentwicklung zwar erst in einem Anfangsstadium. Basierend auf ethnomethodologischen und gattungsanalytischen Verfahren stellen wir einen Ansatz vor, der Hilfestellung für den Umgang mit dieser herausfordernden Datensorte anbietet. Dabei greifen wir ebenso methodische Elemente aus der Grounded Theory, der Ethnographie und der sozialwissenschaftlichen Hermeneutik auf.

Der Workshop richtet sich vor allem an solche Forscherinnen und Forscher, die selber mit Videodaten arbeiten (wollen). Dazu werden wir zunächst einige methodische Vorteile und Probleme von Videodaten diskutieren, auf die verschiedenen Datensorten eingehen sowie die Tücken der Erhebung benennen. Im zweiten Teil können dann möglicherweise Ausschnitte aus Videomaterial der aktiven Teilnehmerinnen exemplarisch analysiert werden. Dazu ist es erforderlich, dass die Teilnehmenden – aber erst nach offizieller Bestätigung der Teilnahme durch die Tagungsorganisation – vorab Kontakt per E-Mail mit uns aufnehmen (rene.tuma@tu-berlin.de).

Literatur

  • Knoblauch, Hubert; Schnettler, Bernt & Tuma, René (2010). Interpretative Videoanalysen in der Sozialforschung. In  Sabine Maschke & Ludwig Stecher (Hrsg.), Enzyklopädie Erziehungswissenschaft Online (EEO), Fachgebiet Methoden der empirischen erziehungswissenschaftlichen Forschung. Weinheim: Juventa.
  • Schnettler, Bernt & Pötzsch, Frederik (2007). Visuelles Wissen. In Rainer Schützeichel (Hrsg.), Handbuch Wissenssoziologie und Wissensforschung  (S.472-484). Konstanz: UVK.
  • Knoblauch, Hubert & Schnettler, Bernt (2007). Videographie. Erhebung und Analyse Qualitativer Videodaten. In Renate Buber & Hartmut Holzmüller (Hrsg.), Qualitative Marktforschung. Theorie, Methode, Analysen (S.583-599). Wiesbaden: Gabler.
  • Knoblauch, Hubert; Schnettler, Bernt; Raab, Jürgen & Soeffner, Hans-Georg (Hrsg.) (2006). Video-Analysis. Methodology and Methods. Qualitative Audiovisual Data Analysis in Sociology. Wien: Lang.
  • Schnettler, Bernt (2001). Vision und Performanz. Zur soziolinguistischen Gattungsanalyse fokussierter ethnographischer Daten. sozialer sinn1, 143-163.
  • Knoblauch, Hubert (2004). Die Video-Interaktions-Analyse. sozialer sinn1, 123-128.
  • Knoblauch, Hubert (2000). Workplace Studies und Video. Zur Entwicklung der Ethnographie von Technologie und Arbeit. In Irene Götz & Andreas Wittel (Hrsg.), Arbeitskulturen im Umbruch. Zur Ethnographie von Arbeit und Organisation (S.159-173). Münster: Waxmann.
  • Heath, C., Luff, P., & Hindmarsh, J. (2010). Video in Qualitative Research. London: Sage

Für weitere Informationen siehe ebenso die Seiten der Videolabore an der Universität Bayreuth (http://www.soz.uni-bayreuth.de/de/research/video_laboratory/index.html) und an der TU Berlin (http://www.as.tu-berlin.de/Videolabor).

Workshop: Ethnografie

Dr. Stefan Thomas

Freie Universität Berlin; Alice Salomon Hochschule Berlin

In der Ethnografie wird die soziale Lebenswelt selbst zum Forschungsfeld. Dabei stellt die Kartografierung sozialer Welten besondere Herausforderungen an den Untersuchungsprozess. Der Forschende soll durch das praktische Eintauchen bei gleichzeitiger kognitiver Distanzierung first-hand Erfahrungen über die unbekannte Lebenswelt sammeln. Unter einer methodologischen Perspektive kann Ethnografie als paradigmatische Form qualitativen Forschens verstanden werden. Herausforderungen und Schwierigkeiten werden in besonderer Weise virulent: Was heißt Gegenstandsbezogenheit? Wie ist mit der eigenen und fremden Subjektivität umzugehen? Ist eine Objektivierung des Lebens der anderen überhaupt möglich? Unter dem methodischen Gesichtspunkt wird neben Feldforschung bzw. teilnehmender Beobachtung, die zum festen Kernbestandteil jeder ethnografischen Studie gehören, der Einbezug des ganzen Werkzeugkoffers der qualitativen und quantitativen Sozialforschung möglich.

In dem Workshop sollen methodologische als auch methodische Überlegungen und Probleme von ihrer praktischen Seite thematisiert werden. Bei Begründung, Auswahl und Triangulation von Methoden steht in besonderer Weise die Abstimmung der Forschung auf die Eigenstrukturiertheit und Eigenwilligkeit des Gegenstands im Vordergrund. Speziell stellen sich Fragen nach dem Forschungsdesign, der persönlichen Beziehung zum Forschungsfeld, Objektivierungsstrategien von Sozialwelt und Subjektivität, Formen ethnografischen Schreibens.

Es werden zwei Ziele im Workshop verfolgt: Es geht einerseits um die Diskussion der methodischen Besonderheiten des ethnografischen Forschungsprozesses, andererseits um das Lebendigmachen der Methode anhand der praktischen Erfahrungen aufseiten aller TeilnehmerInnen. Beginnen wird der Workshop mit einem Impulsreferat zur Darstellung zentraler Gesichtspunkte, um daran anschließend gemeinsam die Implikationen für die praktische Forschung zu diskutieren.

Einführende Texte:

Emerson, Robert M. (2001). Introduction: The development of ethnographic field research. In Robert M. Emerson (Hrsg.), Contemporary field research. Perspectives and formulations (S.1-27). Prospect Hights (IL): Waveland.

Gobo, Giampietro (2008). Doing Ethnography. London: Sage.

Thomas, Stefan (2010). Exklusion und Selbstbehauptung. Wie junge Menschen Armut erleben. Frankfurt/M.: Campus.

Thomas, Stefan (2010). Ethnografie. In Günter Mey & Katja Mruck (Hrsg.), Handbuch Qualitative Forschung in der Psychologie (S.462-475). Wiesbaden: VS.

Workshop: Einführung in ATLAS.ti 6.2

Thomas Muhr

Susanne Friese

ATLAS.ti GmbH

Der 2-gliedrige Workshop beginnt mit einem Überblick über die zentralen Konzepte und Prozeduren der qualitativen Datenanalysesoftware ATLAS.ti, die vor knapp 2 Jahrzehnten als Prototyp an der Technischen Universität Berlin aus der Taufe gehoben wurde und nunmehr in der Version 6.2 vorliegt.

Im zweiten Teil des Workshops können Sie selbst erste Erfahrungen mit ATLAS.ti sammeln. Anhand eines Beispielprojekts begeben wir uns in die Abgründe menschlichen Verhaltens im London des 19. Jahrhunderts, und versuchen uns als Profiler und Kriminolog/innen bei der Sichtung von Material über einen notorischen Massenmörder: Jack the Ripper.

Die Themen im Überblick:

  • Das VISE-Konzept: Visualisierung, Integration, Serendipity und Exploration
  • Die Hermeneutische Einheit hält alles zusammen: Projekte in ATLAS.ti
  • Primärdokumente ohne Grenzen: Text, PDF 1.7, Bildmaterial, Video- und Audio, geographische Informationen und online Survey Daten
  • Die textuelle und die konzeptionelle Ebene: Lesen, Suchen, Segmentieren, Kommentieren, Kodieren und Vernetzen
  •  Das „Zitat“ – die atomare Analyseeinheit in ATLAS.ti
  • Rhetorische Strukturen explizit machen mit Hyperlinks
  • Arbeiten mit multimedialen Dokumenten
  • Transkriptionsunterstützung mit A-Docs (assoziativen Dokumenten)
  • Die Welt als Dokument – Orte als Zitate – Arbeiten mit Google Earth™
  • Modellentwicklung mit dem Netzwerkeditor
  • Suchen und Finden mit QueryTool, Object Crawler & Cooccurrence Explorer
  • Intensionale „Supercodes“ zur Hypothesenformulierung und -überprüfung
  • Teamarbeit

Etwas unscheinbar neben augenfälligen Features wie die Bearbeitung von PDF im Originallayout, den semantischen Netzwerken, der Integration von Google Earth, der Transkript-Media-Synchronisation, der Unterstützung von Teams und dem Export aller Projektdaten in einem standardisierten Datenformat (XML) werden wir unser „Zitat“ näher betrachten.

Ein „Zitat“ in ATLAS.ti ist ein Stück Text, ein Bildausschnitt, eine Videosequenz, ein Tonschnipsel, ein Ort. Die Erstellung eines solchen Zitats ist die Grundlage aller weiteren ordnenden, interpretierenden und theoriebildenen analytischen und synthetischen Tätigkeiten eines ATLAS.ti Anwenders. Wie bei echten Zitaten zeigt sich das Potenzial dieses simplen, aber dennoch einzigartigen und extrem leistungsfähigen Konzepts in dessen Vernetzung. Die wohl prominenteste „Verlinkung“ ist die zwischen einem Zitat und einem Kode: die „Kodierung“, wobei das Kodieren in der Regel die Erzeugung eines Zitats mit einschließt: Text lesen, Text markieren, Kode eingeben, fertig. Mit dem Verweis von Zitat zu Zitat („Hypertext“) ergänzen wir das nivellierende Kodieren mit einer die Unterschiede berücksichtigenden Perspektive.

Beginnend mit der Passage eines Briefes besuchen wir entlang der von uns geknüpften Beziehungen Tatorte von Jack the Ripper in Bild, Ton und in Google Earth. Viel Glück!

Links

http://www.atlasti.de/ – Sie erhalten von uns vorab Materialien per E-Mail.

Workshop: Einführung in MAXQDA 10 (inkl. MAXDictio zur Inhaltsanalyse und MAXMaps dem Grafiktool)

Anne Kuckartz

Julia Schehl

VERBI Software. Consult. Sozialforschung, Amöneburg

Der Workshop gibt eine grundlegende Einführung in MAXQDA, einem der  klassischen Tools zur computergestützten qualitativen Datenanalyse.  Die Teilnehmenden werden systematisch mit der Architektur und den wesentlichen Funktionen des Programms vertraut gemacht. Zudem gibt es eine kurze Einführung in die Grundfunktionen von MAXDictio und MAXMaps, den Zusatzmodulen zur Wortschatzanalyse sowie zur grafischen Unterstützung einzelner Analyseschritte und der Darstellung von Ergebnissen. Der Workshop wird etliche angeleitete Übungen enthalten und es ist viel Zeit für Fragen und selbständiges Experimentieren vorgesehen Dank der intuitiven Bedienbarkeit von MAXQDA, können wir Ihnen versprechen, dass Sie am Ende des Workshops die elementaren Analyseschritte selbständig ausführen können..

Schwerpunktthemen sind:

  • Das Datenmaterial: Möglichkeiten der Organisierung, Strukturierung und des Editierens
  • Das Codesystem: Aufbau und Bearbeitungsmöglichkeiten des Codesystems
  • Der Codierprozess: Verschiedene Möglichkeiten des differenzierten Codierens (In-Vivo Codieren, deskriptives und theoretisches Codieren, Codierungen gewichten, Code Definitionen, Farbcodierungen)
  • Memos: Verfassen, kategorisieren, auswerten und verwalten
  • Suchfunktionen: Einfache und komplexe Suchenprozeduren
  • Mixed Methods (Variablenimport/-export)
  • Kontrolle und Transparenz: Die umfangreichen Möglichkeiten zum Monitoring, Kontrolle und individueller Anpassungen des Analyseprozesses werden aufgezeigt. (Kontextwahrung, Übersichten, Visualisierungen, etc.)

Eine Mappe mit Arbeitsmaterialien und Leseproben wird den Teilnehmenden zu Beginn des Workshops zur Verfügung gestellt. Bei entsprechendem Interesse wird es, wie in den letzten Jahren, einen Workshop für Einsteiger und einen für erfahrene Anwender geben.

Nützliche Literatur

  • Corbin, Juliet & Strauss, Anselm (2008). Basics of Qualitative Research (3. Aufl). Thousand Oaks, CA: Sage.
  • Kuckartz, Udo (2007). Einführung in die computergestützte Analyse qualitativer Daten (2. erweitere und aktualisierte  Aufl.). Wiesbaden: VS.
  • Kuckartz, Udo; Grunenberg, Heiko; Dresing, Thorsten & Rädiker Stefan (Hrsg.) (2007). Qualitative Datenanalyse: computergestützt. Methodische Hintergründe und Beispiele aus der Forschungspraxis (zweite, überarbeitete  Aufl.). Wiesbaden: VS.
  • Kuckartz, Udo; Dresing, Thorsten; Rädiker, Stefan & Stefer, Claus (2007). Qualitative Evaluation. Der Einstieg in die Praxis. Wiesbaden: VS.
  • Kuckartz, Udo; Ebert, Thomas; Rädiker, Stefan & Stefer, Claus (2008). Evaluation Online. Internetgestützte Befragung in der Praxis. Wiesbaden: VS.

Tipp für zusätzliche Informationen

Im Rahmen der jährlichen Tagung CAQD werden abgeschlossene Projekte dargestellt, die MAXQDA eingesetzt haben. In den Tagungsbänden sind alle Projektbeschreibungen zusammengefasst und bieten eine gute Inspirationsquelle und einen Einblick in die Methodenvielfalt beim Einsatz von MAXQDA. Download unter http://www.caqd.de (und dort unter Archiv bei Tagungsbände).