Forschungswerkstätten 2022

Forschungswerkstatt: Bildhermeneutik

Assoz. Prof. Dr. Roswitha Breckner

Universität Wien, Institut für Soziologie

Prof. Dr.  Michael Müller

Technische Universität Chemnitz, Institut für Medienforschung & Kulturwissenschaftliches Institut Essen

Bilder verschiedenster Art sind in unserem gesellschaftlichen Alltag durch Werbung und visuelle Privatkommunikation über verschiedenste Kanäle allgegenwärtig, spielen aber auch in vielen gesellschaftlichen Teilbereichen wie Wissenschaft, Medizin, Technik, Mode bis hin zu Politik und Unterricht eine wesentliche Rolle. Mit ihren spezifischen kommunikativen Qualitäten tragen Bilddarstellungen entscheidend zur technisch-medialen Herstellung, Tradierung und Stabilisierung, aber auch zur Veränderung sozialer Wirklichkeit bei. In welcher Weise sie das tun, ist Gegenstand sozialwissenschaftlicher Bildanalysen.

Die Forschungswerkstatt widmet sich den Herausforderungen, Problemen und Potenzialen der methodisch-kontrollierten sozialwissenschaftlichen Analyse von visuellen Daten in ihren mannigfaltigen Erscheinungsformen. Ausgehend von den methodologischen und methodischen Ansätzen der wissenssoziologischen Bildhermeneutik verfolgt die Forschungswerkstatt das Ziel, interpretative Zugänge zu den symbolischen Ordnungen von den vielfältig möglichen Arrangements von Einzelbildern und Bildclustern, deren Ordnungsprinzipien und diskursiven Einbettungen vorzustellen, zu diskutieren und an konkreten Materialien zu erproben.

Teilnehmende, die eigene Materialien in die Forschungswerkstatt einbringen möchten und sich als aktiv angemeldet haben, werden – nach der Bestätigung der Teilnahme durch die Organisator*innen – aufgefordert, diese einzureichen. Die Materialien werden vom Organisationsteam gesammelt und an die Anbietenden der Forschungswerkstatt weitergeleitet.

Literatur

  • Breckner, Roswitha (2010). Sozialtheorie des Bildes. Zur interpretativen Analyse von Bildern und Fotografien. Bielefeld: Transcript.
  • Breckner, Roswitha (2012). Bildwahrnehmung – Bildinterpretation. Segmentanalyse als methodischer Zugang zur Erschließung bildlichen Sinns. Österreichische Zeitschrift für Soziologie, 2, 143-164.
  • Breckner, Roswitha (2018). Denkräume im Bildhandeln auf Facebook. Ein Fallbeispiel in biographieanalytischer Perspektive. In Michael R. Müller & Hans-Georg Soeffner (Hrsg.), Das Bild als soziologisches Problem. Herausforderungen einer Theorie visueller Sozialkommunikation (S. 70–94). Weinheim, Basel: Beltz Juventa.
  • Breckner, Roswitha & Raab, Jürgen (Hrsg.) (2016). Materiale Visuelle Soziologie. Schwerpunktheft der Zeitschrift für Qualitative Forschung (ZQF), 17/1+2.
  • Müller, Michael (2012). Figurative Hermeneutik. Zur methodologischen Konzeption einer Wissenssoziologie des Bildes. Sozialer Sinn. Zeitschrift für hermeneutische Sozialforschung, 13, 129–161.
  • Müller, Michael (2016). Bildcluster. Zur Hermeneutik einer veränderten sozialen Gebrauchsweise der Fotografie. Sozialer Sinn. Zeitschrift für hermeneutische Sozialforschung, 95-142; aktualisierte Fassung (2020): Image Clusters. A Hermeneutical Perspective on Changes to a Social Function of Photography [56 paragraphs]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research21(2), Art. 4. DOI: http://dx.doi.org/10.17169/fqs-21.2.3293.
  • Müller, Michael (2019). Kritik des Sehens. Drei Thesen zu einer hermeneutischen Wissenssoziologie ikonischer Formen. In Ronald Hitzler, Jo Reichertz & Norbert Schröer (Hrsg.), Kritik der Hermeneutischen Wissenssoziologie. Problematisierungen, Entwicklungen und Weiterführungen (S. 353- 366). Weinheim, Basel: Beltz Juventa.
  • Müller, Michael R.; Raab, Jürgen & Soeffner, Hans-Georg (Hrsg.) (2014). Grenzen der Bildinterpretation. Wiesbaden: Springer VS.
  • Raab, Jürgen (2008). Visuelle Wissenssoziologie. Theoretische Ansätze und materiale Analysen. Konstanz: UVK.
  • Raab, Jürgen (2012). Visuelle Wissenssoziologie der Fotografie. Sozialwissenschaftliche Analysearbeit zwischen Einzelbild, Bildsequenz und Bildkontext. Österreichische Zeitschrift für Soziologie, 2, 121-142.
  • Raab, Jürgen (2017). Fotografie und Phänomenologie. Zur Methodologie einer wissenssoziologischen Konstellationsanalyse. In Thomas Eberle (Hrsg.), Fotografie und Gesellschaft. Phänomenologische und wissenssoziologische Perspektiven (S. 381-393). Bielefeld: Transcript.

Forschungswerkstatt: Reflexive Grounded Theory

Prof. i.R. Dr. Franz Breuer

Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Institut für Psychologie

In dieser Forschungswerkstatt soll der Ablauf eines Forschungsprojekts im Forschungsstil der Reflexiven Grounded Theory in seinen wichtigsten Schritten skizziert werden:

  • Die Grundidee: eine neue Theorie generieren
  • Umgang mit Vorwissen und theoretische Sensibilität
  • Themenfokussierung als Erkenntnisbewegung
  • Erste (Feld, Gesprächs-) Kontakte
  • Rolle und Reflexion der Person des/der Forschenden im Forschungskontakt
  • Fallauswahl: Theoretical Sampling
  • Dokumentation und Transkription
  • Kodieren: die Generierung von Konzepten
  • Modellbilden: Auswahl und Systematisierung der Konzepte
  • Die Forschungsgruppe als Werkzeug
  • Informelles und formelles Schreiben: Forschungstagebuch, Memos und finaler Text

Diese Aspekte werden kurz vorgestellt. Zu den einzelnen Phasen, Forschungsschritten bzw. methodischen Wahlentscheidungen können die Teilnehmer*innen (auf dem Hintergrund ihrer eigenen Probleme oder Erfahrungen) Fragen stellen. Bevorzugt werden Fragen besprochen, die sich im Zusammenhang mit einem ersten eigenen Forschungsprojekt nach RGTM-Modus stellen. An einem ausgewählten Teilnehmer*innen-Projekt machen wir gemeinsame Transfer-Versuche der Arbeitsweise. Die Forschungswerkstatt richtet sich an Interessierte unterschiedlicher sozialwissenschaftlicher Fachrichtungen.

Teilnehmende, die daran interessiert sind, dass ihr eigenes R/GTM-Projekt als (Illustrations-) Fall besprochen wird und sich als aktiv angemeldet haben, werden – nach der Bestätigung der Teilnahme durch die Organisator*innen – aufgefordert, ein informatives Kurzexposé (plus Datenausschnitt) einzureichen. Die Exposés werden vom Organisationsteam gesammelt und an den Anbietenden der Forschungswerkstatt weitergeleitet.

Einführungsliteratur zur Forschungswerkstatt

  • Breuer, Franz; Muckel, Petra & Dieris, Barbara (2019). Reflexive Grounded Theory. Eine Einführung für die Forschungspraxis (4. durchgesehene und aktualisierte Auflage). Wiesbaden: Springer VS.

Forschungswerkstatt: Tiefenhermeneutik / Psychoanalytisch orientierte Sozialforschung

Dr. Markus Brunner

Sigmund Freud Privatuniversität Wien

Barbara Handke

Universität für angewandte Kunst Wien

Tiefenhermeneutik ist eine psychoanalytisch orientierte Methode der qualitativen Sozial- und Kulturforschung, die von dem Frankfurter Psychoanalytiker und Sozialpsychologen Alfred Lorenzer begründet wurde (Lorenzer 1986). Sie untersucht den narrativen Gehalt von Kulturprodukten und empirischen Forschungsdaten mit dem Ziel, auch unbewusste (nonverbale) Bedeutungen zu verstehen (König et al. 1986; Leithäuser & Volmerg 1988). Um diese Bedeutungen interpretativ zu erschließen, setzt die Tiefenhermeneutik an der Wirkung an, die Forschungsmaterialien auf das Erleben der Forscher*innen entfalten: Eine tiefenhermeneutische Interpretation bewegt sich hin und her zwischen einer genauen regelgeleiteten Lektüre des Forschungsmaterials und der Reflexion von Irritationen, Gefühlen und Konflikten, mit der die Forscher*innen auf das Material reagieren. Werden diese Reaktionen ernst genommen und mit Vorsicht reflektiert, können sie Aufschluss über eine unbewusste Ebene der Forschungsbeziehung (z.B. zwischen Interviewer*in und Interviewee) und damit über eine latente Sinnschicht des Forschungsthemas geben.

Die Forschungswerkstatt bietet die Möglichkeit tiefenhermeneutisches Arbeiten forschungspraktisch auszuprobieren und erste Eindrücke von der methodischen Vorgehensweise zu sammeln. In der Forschungswerkstatt soll es darum gehen, nach einem Input mit empirischem Material der Teilnehmenden tiefenhermeneutisch zu arbeiten. Vorerfahrungen der Teilnehmenden sind hierbei nicht erforderlich. Eingereicht werden können Transskripte von Interviews und Gruppendiskussionen oder Beobachtungsprotokolle gerne auch Kulturprodukte wie Bilder, Karikaturen oder Dokumente usw.

Die endgültige Planung der Forschungswerkstatt erfolgt auf der Basis des eingereichten Materials, wobei das Hauptauswahlkriterium ist, mit unterschiedlichen Materialformen zu arbeiten.

Teilnehmende, die eigene Materialien in die Forschungswerkstatt einbringen möchten und sich als aktiv angemeldet haben, werden – nach der Bestätigung der Teilnahme durch die Organisator*innen – aufgefordert, diese einzureichen. Die Materialien werden vom Organisationsteam gesammelt und an den Anbietenden der Forschungswerkstatt weitergeleitet.

Literatur

  • Bereswill, Mechthild; Morgenroth, Christine & Redman, Peter (2010). Special issue: Alfred Lorenzer and the depth-hermeneutic method. Psychonalysis, Culture and Society, Vol. 15, 3.
  • Haubl, Rolf & Lohl, Jan (2017). Psychoanalyse und qualitative Sozialforschung. In Günter Mey & Katja Mruck (Hrsg.), Handbuch Qualitative Forschung in der Psychologie, Springer Reference Psychologie. DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-18387-5_6-1.
  • Haubl, Rolf & Lohl, Jan (2017). Tiefenhermeneutik als qualitative Methode. In Günter Mey & Katja Mruck (Hrsg.) (2017). Handbuch Qualitative Forschung in der Psychologie, Springer Reference Psychologie. DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-18387-5_57-1.
  • König, Hans-Dieter (2008). Tiefenhermeneutik. In Uwe Flick, Ernst von Kardorff & Ines Steinke (Hg), Qualitative Forschung. Ein Handbuch (S. 556-568). Reinbek: Rowohlt.
  • König, Julia; Burgermeister, Nicole; Brunner, Markus; Berg, Philipp & König, Hans-Dieter für die Forschungswerkstatt Tiefenhermeneutik (Hg.) (2018). Dichte Interpretation. Tiefenhermeneutik als Methode qualitativer Forschung. Wiesbaden: Springer VS.
  • Leithäuser, Thomas & Volmerg, Birgit (1988). Psychoanalyse in der Sozialforschung. Eine Einführung. Opladen: Westdeutscher Verlag.
  • Lohl, Jan (2013). »Die Deutschen wurden bestraft, die Juden nicht«. Zur Konstitution des Antisemitismus nach Auschwitz im Alltagsdiskurs der 1950er Jahre. Psychoanalyse. Texte zur Sozialforschung. Jg.17, H. 2, 204-225.
  • Lohl, Jan (2017). Hass gegen das eigene Volk. Tiefenhermeneutische Analysen rechtspopulistischer Propaganda. Psychologie und Gesellschaftskritik Jg. 41, H. 3/4, 9-40.
  • Lorenzer, Alfred (1986). Tiefenhermeneutische Kulturanalyse. In Hans-Dieter König et al. (Hg.), Kultur-Analysen (S. 11-98), Frankfurt am Main: Fischer.
  • Morgenroth, Christine (2010). Die dritte Chance. Therapie und Gesundung von jugendlichen Drogenabhängigen. Wiesbaden: VS Verlag, S. 45-73.

Forschungswerkstatt: Sozialwissenschaftliche Dispositivanalyse

Prof. Dr. Andrea D. Bührmann

Universität Göttingen, Institut für Diversitätsforschung

Sozialwissenschaftliche Diskursanalyse zielt darauf, diskursive Praktiken zur Herstellung und Durchsetzung von Wissen in spezifischen sozio-historischen Kontexten zu analysieren und dessen Formierungsstrukturen, Funktionsmechanismen und Machtwirkungen zu entziffern. Bei der Dispositivanalyse geht es vor diesem Hintergrund um die die systematische Ergänzung und Weiterung diskurstheoretischer Perspektiven und diskursanalytischer Forschungspraxis. Im Zentrum stehen also diskursive und nicht-diskursive Praktiken und deren Vermittlungen. Zu fragen ist damit nach den Wechselbezügen zwischen normierenden Wissensordnungen, ihren konkreten handlungspraktischen Wirksamkeiten im Austausch von Akteur*innen sowie den damit einhergehenden Selbst-Bezügen und Subjektivitätsformen und -weisen.

Obwohl mittlerweile einige Konzeptionen für eine (auch) an Foucault orientierte und darüber hinausweisende Forschungsmethodik vorliegen, bleibt eine methodische „Schrittfolge“ für Diskurs- und Dispositivanalysen problematisch. Die gilt besonders, falls solche Vorgaben den Anspruch auf Verbindlichkeit und Ausschließlichkeit erheben. Was eine „Diskurs-“ bzw. „Dispositivanalyse“ jeweils ausmacht, muss je nach Forschungsfrage, ihrer jeweiligen theoretischen und methodologischen Fundierung sowie den damit verbundenen methodisch-praktischen Umsetzungen immer erst bestimmt werden.

Die Forschungswerkstatt bietet mit Blick darauf eine grundlegende und einführende Diskussion zur sozialwissenschaftlichen (Diskurs- und) Dispositivforschung, die vor allen Dingen an konkreten methodisch-praktischen Fragen der Durchführung von Forschungsprojekten orientiert ist.

Teilnehmende, die daran interessiert sind, dass ihr Forschungsprojekt als (Illustrations-) Beispiel besprochen wird, und sich als aktiv angemeldet haben, werden – nach der Bestätigung der Teilnahme durch die Organisator*innen – aufgefordert, ein informatives Kurzexposé einzureichen. Die Exposés werden vom Organisationsteam gesammelt und an die Anbietende der Forschungswerkstatt weitergeleitet.

Literatur

  • Bührmann, Andrea D.; Diaz-Bone Rainer; Kendall, Gavin; Guiterréz Rodríguez, Encarnación; Schneider, Werner & Tirado, Francisco (Hrsg.) (2007). From Michel Foucault’s Discourse Theory to Empirical Social Research on Discourses. Current Methodological Developments und Methodical Applications in Social Research. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research8(2), http://www.qualitative-research.net/index.php/fqs/issue/view/7.
  • Bührmann, Andrea & Schneider, Werner (2012). Vom Diskurs zum Dispositiv. Eine Einführung in die Dispositivanalyse (2. Auflage) Bielefeld: transcript Verlag.

Forschungswerkstatt: Interpretation als Ko-Konstruktion

Prof. Dr. Bettina Dausien

Universität Wien, Institut für Bildungswissenschaft

Prof. Dr. Paul Mecheril

Universität Bielefeld, Fakultät für Erziehungswissenschaft

Was tun wir eigentlich, wenn wir ein Interviewtranskript, ein Beobachtungsprotokoll, eine Tagebuchaufzeichnung oder anderes Material interpretieren und einen Interpretationstext zu diesem (Text-)Material produzieren? In der qualitativen Forschung gibt es verschiedene methodologische Strategien und Methoden, die sicherstellen sollen, dass dieses „Tun“ nicht beliebig, sondern regelgeleitet und begründet erfolgt. Allerdings ist die Anwendung von Methoden kein vollständig technologisierbarer Vorgang, der zu einem „folgerichtigen“ Interpretationstext führt, sondern eine interpretative Praxis, die von unterschiedlichen Bedingungen strukturiert wird und im je konkreten Fall eines Forschungsprojekts, Materials etc. im Rahmen methodischer Regeln immer wieder neu „hergestellt“ wird. Dabei sind die Forschenden selbst aktiv an der Konstruktion ihres Gegenstandes beteiligt.

In methodologischen Debatten wird die Konstruktionsleistung der Forschenden zwar grundsätzlich einbezogen, in den einzelnen methodischen Verfahren fehlen jedoch häufig elaborierte Instrumente für deren Reflexion. Formen der persönlichen Reflexion der Forschenden etwa durch Supervision, ein Forschungstagebuch oder einfach durch „Nachdenken“ sind wichtig, sie bleiben aber in methodologischer Hinsicht unbefriedigend. Notwendig ist darüber hinaus eine systematische methodologisch angeleitete Reflexion der Konstruktivität der Forschungspraxis und der „Ko-Konstruktion“ der Forschenden im Umgang mit ihrem Material.

Der Gedanke der Ko-Konstruktion lässt sich am Verhältnis zwischen einem „empirischen“ Text und den darauf bezogenen, im Forschungsprozess produzierten interpretativen und theoretischen Texten explizieren: Die interpretativen Texte der Forschenden sind mit Alfred Schütz als „Konstruktionen zweiten Grades“ zu verstehen. Der Begriff der Ko-Konstruktion reflektiert aber deutlicher als der Schütz’sche Ansatz die wechselseitige Vermittlung und Dynamik zwischen dem empirischen Material (und den sich darin spiegelnden alltagsweltlichen Konstruktionen) und den im Forschungsprozess produzierten „Konstruktionen zweiten Grades“. Letztere sind keine aus dem Material „emergierenden“ Rekonstruktionen, die zu jenem in einer eindeutigen Relation stehen. Es sind vielmehr unter bestimmten Hinsichten konstruierte Lesarten, die in der kommunikativen Interpretationspraxis herausgearbeitet, bzgl. ihrer Voraussetzungen reflektiert und an bestimmten Kriterien im Hinblick auf Plausibilität und Güte beurteilt werden. Der Blick richtet sich also besonders auf die Relation zwischen den Konstruktionen „im“ empirischen Material und den interpretativen Ko-Konstruktionen der Forschenden sowie auf die wechselseitige Strukturierung dieser beiden Konstruktionskontexte in der Forschungspraxis.

Diese Relation zu reflektieren und bestmöglich zu explizieren, ist eine Forderung qualitativer Forschung, insbesondere wenn sie dem Paradigma der interpretativen resp. rekonstruktiven Sozialforschung folgt. Im Sinn der Entwicklung gemeinsamer Qualitätskriterien qualitativer Forschung und einer „schulenübergreifenden“ Verständigung soll das Verständnis von Interpretation als Ko-Konstruktion dazu dienen, die eigene interpretative Praxis im Hinblick auf ihre Voraussetzungen (Interessen, Vorannahmen, theoretische Modelle usw.), ihre Produkte (Interpretationstexte, Kategorien, theoretische Konzepte usw.) und die damit einhergehenden Gegenstandkonstruktionen zu reflektieren.

In der Forschungswerkstatt wollen wir – an exemplarischem, von Teilnehmenden eingereichtem Material – das Verhältnis von Text, „Interpretationshinsichten“ und Ko-Konstruktionen praktisch ausloten und methodologisch reflektieren.

Teilnehmende, die eigene Materialien in die Forschungswerkstatt einbringen möchten und sich als aktiv angemeldet haben, werden – nach der Bestätigung der Teilnahme durch die Organisator*innen – aufgefordert, diese einzureichen. Die Materialien werden vom Organisationsteam gesammelt und an die Anbietende der Forschungswerkstatt weitergeleitet. (Insgesamt können drei Teilnehmende ihr Material einreichen.)

Literatur

  • Dausien, Bettina (2006). Repräsentation und Konstruktion. Lebensgeschichte und Biographie in der empirischen Geschlechterforschung. In Sabine Brombach & Bettina Wahrig (Hrsg.), LebensBilder. Leben und Subjektivität in neueren Ansätzen der Gender Studies (S. 179-211). Bielefeld: transcript Verlag.
  • Dausien, Bettina (2007). Reflexivität, Vertrauen, Professionalität. Was Studierende in einer gemeinsamen Praxis qualitativer Forschung lernen können. Diskussionsbeitrag zur FQS-Debatte „Lehren und Lernen der Methoden qualitativer Sozialforschung“. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 8(1). DOI: https://doi.org/10.17169/fqs-8.1.220.
  • Dausien, Bettina (2019). „Doing reflexivity“ – Interpretations- und Forschungswerkstätten. Überlegungen und Fragen (nicht nur) aus der Perspektive von „Anfänger*innen“ in der Biographieforschung. In Gerhard Jost & Marita Koch (Hrsg.), Handbuch zur soziologischen Biographieforschung: Grundlagen für die methodische Praxis (S. 257-276). Opladen, Toronto: Verlag Barbara Budrich.
  • Mecheril, Paul (2003). Text als Medium für Text. Method(olog)ische Anmerkungen zur allmählichen Verfertigung eines Interpretationstextes (Kapitel II aus: Prekäre Verhältnisse. Über natio-ethno-kulturelle (Mehrfach-)Zugehörigkeit). Münster: Waxmann.

Forschungswerkstatt: Wissenssoziologische Diskursanalyse

Prof. Dr. Reiner Keller

Universität Augsburg, Allgemeine Soziologie und Wissenssoziologie

Die Wissenssoziologische Diskursanalyse (WDA) formuliert ein Forschungsprogramm zur Untersuchung gesellschaftlicher Wissensverhältnisse und Wissenspolitiken, das mittlerweile über die Soziologie hinaus in verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen zum Einsatz kommt. Ihre theoretischen und methodologischen Grundlegungen liegen in einer Verbindung von wissenssoziologisch-sozialkonstruktivistischen Annahmen und Traditionslinien des soziologischen interpretativen Paradigmas mit theoretisch-begrifflichen Vorschlägen aus Michel Foucaults Reflexionen des Diskursbegriffs. In methodischer Hinsicht greift sie auf Konzepte, Erhebungs- und Analyseverfahren der qualitativen Sozialforschung zurück. Ihr Analyseinteresse richtet sich auf die Untersuchung von Diskursen als einer gesellschaftlichen Wirklichkeitsebene, auf der Wissen hergestellt, reproduziert und verändert wird. Diskurse sind strukturierte Praktiken des Sprach- und Symbolgebrauchs, die spezifische Wissensordnungen konstituieren, mit denen wiederum gesellschaftliche Wirkungen bzw. Machteffekte verbunden sind.

Die Forschungswerkstatt stellt zunächst die Grundannahmen der WDA und die damit anvisierten Fragestellungen in allgemeineren Kontext von sozialwissenschaftlichen Ansätzen der Diskurstheorie und Diskursanalyse vor. Im Zentrum steht dann die Erläuterung des methodisch-praktischen Vorgehens in konkreten empirischen Untersuchungen. Dies umfasst zum einen die Erschließung der Materialität von Diskursen (Akteure, Praktiken, Dispositive), zum anderen die Analyse der diskursiven Wissensformierungen und der daraus entfalteten Subjektivierungsangebote (Deutungsmuster, Klassifikationen, narrative Strukturen, Phänomenstruktur, Subjektmodelle u.a.). In der Werkstatt werden dazu Vorgehensweisen der Datenerhebung und der Datenauswertung diskutiert. Die WDA folgt dabei der Überlegung, dass es kein Standard- oder Rezeptmodell der Diskursforschung gibt, sondern dass jedes Projekt den angebotenen Rahmen für seine spezifischen Fragestellungen entsprechend gestalten muss. Gleichwohl mündet dies nicht in völlige Beliebigkeit, sondern bewegt sich in einem Gesamtrahmen, der Theorie, methodologische Reflexion und methodisches Vorgehen aufeinander bezieht.

Die vorwiegend auf Fragen der praktischen Umsetzung von Vorhaben der Diskursforschung (in unterschiedlichen disziplinären Kontexten) hin ausgelegte Forschungswerkstatt wendet sich zum einen an Interessierte, die ganz allgemein den Ansatz der WDA kennen lernen möchten. Zum zweiten besteht die Möglichkeit, konkrete, mehr oder weniger weit fortgeschrittene eigene Projekte zur Diskussion zu stellen, die bereits mit der WDA arbeiten bzw. dies gegebenenfalls vorhaben. In diesem Fall sollte eine entsprechende, etwa fünfseitige Skizze des Vorhabens sowie der damit verbundenen, beim Berliner Treffen zu diskutierenden Fragen eingereicht werden. Gegebenenfalls können dabei nicht alle Vorschläge, sondern nur eine Auswahl berücksichtigt werden.

Teilnehmende, die eigene Materialien in die Forschungswerkstatt einbringen möchten und sich als aktiv angemeldet haben, werden – nach der Bestätigung der Teilnahme durch die Organisator*innen – aufgefordert, diese einzureichen. Die Materialien werden vom Organisationsteam gesammelt und an den Anbietenden der Forschungswerkstatt weitergeleitet.

Literatur

  • Keller, Reiner (2010). Diskursforschung. Eine Einführung für SozialwissenschaftlerInnen (4. Auflage). Wiesbaden: VS Verlag.
  • Keller, Reiner (2011). Wissenssoziologische Diskursanalyse. Grundlegung eines Forschungsprogramms (3. Auflage). Wiesbaden: VS Verlag.
  • Keller, Reiner & Truschkat, Inga (Hrsg.) (2012). Methodologie und Praxis der Wissenssoziologischen Diskursanalyse. Wiesbaden: VS Verlag.

Forschungswerkstatt: Biografische Fallrekonstruktion

Prof. Dr. Michaela Köttig

Frankfurt University of Applied Sciences, Kompetenzzentrum Soziale Interventionsforschung 

Dr. Eva Bahl

Georg-August-Universität Göttingen, Methodenzentrum Sozialwissenschaften

In dieser Forschungswerkstatt möchten wir die Teilnehmenden sowohl in die methodologischen Prinzipien als auch in die methodische Vorgehensweise biografischer Fallrekonstruktionen einführen. Dieses Verfahren wurde von Gabriele Rosenthal zunächst im Zusammenhang mit der Analyse biografisch-narrativer Interviews entwickelt. Es besteht aus mehreren Analyseschritten, die in der Forschungswerkstatt kurz vorgestellt und an Datenmaterial der Teilnehmenden exemplarisch demonstriert werden. Diese Analyseschritte können in modifizierter Form auch für die Analyse von Familiengesprächen, Interaktionsverläufen, Videoaufnahmen, von Protokollen teilnehmender Beobachtung sowie bei schriftlichen biografischen Materialien angewandt werden (Rosenthal 2015, Miethe & Schiebel 2009). In der biografieanalytischen Forschungspraxis wird zudem oftmals triangulierend vorgegangen (Alber & Schiebel 2018).

In der Forschungswerkstatt werden wir in erster Linie Materialien der Teilnehmenden (vorzugsweise Transkriptionen von Interviews oder Gruppengesprächen) sowie Fragen zu Forschungsdesigns erörtern. Die Planung orientiert sich an den Materialien und Fragen zum Forschungsdesign, die bei uns eingehen. Wir bitten um Verständnis dafür, dass angesichts des vorgegebenen Zeitrahmens nur wenige Materialien gemeinsam bearbeitet werden können.

Teilnehmende, die eigene Materialien in die Forschungswerkstatt einbringen möchten und sich als aktiv angemeldet haben, werden – nach der Bestätigung der Teilnahme durch die Organisator*innen – aufgefordert, diese einzureichen. Die Materialien werden vom Organisationsteam gesammelt und an die Anbietenden der Forschungswerkstatt weitergeleitet.

Literatur

  • Alber, Ina & Schiebel, Martina (2018). Triangulation in der Biographieforschung. In Helma Lutz, Martina Schiebel & Elisabeth Tuider (Hrsg.), Handbuch Biographieforschung (S. 611-622). Wiesbaden: Springer VS.
  • Hinrichsen, Hendrik; Rosenthal, Gabriele & Worm, Arne (2013). Biographische Fallrekonstruktionen. Zur Rekonstruktion der Verflechtung „individueller“ Erfahrung, biographischer Verläufe, Selbstpräsentationen und „kollektiver“ Diskurse. PalästinenserInnen als RepräsentantInnen ihrer Wir-Bilder. Sozialer Sinn 14 (2). 157-184.
  • Miethe, Ingrid & Schiebel, Martina (2009). Biografie und Institution. Ein forschungsmethodischer Vorschlag zur interaktiven Analyse der Entstehung, Entwicklung und Funktion einer Bildungsinstitution. In Michael Göhlich, Susanne Maria Weber & Stephan Wolff (Hrsg.), Organisation und Erfahrung (S. 115-126). Wiesbaden: VS Verlag.
  • Pohn-Lauggas, Maria (2016). In Worten erinnern, mit Bildern sprechen. Zum Unterschied zwischen visuellen und mündlichen Erinnerungspraktiken. Sonderheft Materiale Visuelle Soziologie, hrsg. v. Roswitha Breckner und Jürgen Raab, Zeitschrift für Qualitative Forschung (ZQF), Jg. 17, Heft 1+2, 59-80.
  • Radenbach, Niklas & Rosenthal, Gabriele (2012). Das Vergangene ist auch Gegenwart, das Gesellschaftliche ist auch individuell. Zur Notwendigkeit der Analyse biographischer und historischer ‚Rahmendaten‘. sozialer sinn, Zeitschrift für hermeneutische Sozialforschung, 1/2012, 3-37.
  • Rosenthal, Gabriele (1995). Erlebte und erzählte Lebensgeschichte. Gestalt und Struktur biographischer Selbstbeschreibungen. Frankfurt am Main: Campus.
  • Rosenthal, Gabriele (2015). Interpretative Sozialforschung. Eine Einführung. Weinheim und Basel: Beltz Juventa.

Forschungswerkstatt: Sequenzanalyse bei der Textinterpretation

Prof. Dr. Uwe Krähnke

Medical School Berlin, Hochschule für Gesundheit und Medizin

Bestandteil vieler interpretativer Verfahren ist die sequenzielle Analyse der qualitativen Daten. Diese Analysetechnik wird – wenn auch mit großen Unterschieden in der praktischen Durchführung – vor allem in der Grounded Theory, Objektiven Hermeneutik, Narrationsanalyse, Konversationsanalyse und Dokumentarischen Methode verwendet. Die Sequenzanalyse beinhaltet erstens, dass das Datenmaterial in kleine Einheiten zerlegt wird, etwa ein Interview in einzelne, thematisch abgrenzbare Passagen. Um den Sinngehalt einer sequenzierten Einheit zu rekonstruieren, werden zweitens die in ihr enthaltenen Elemente (Wortäußerungen, prosodische Auffälligkeiten etc.) Zug um Zug in der Reihenfolge ihres Auftretens im Datenmaterial analysiert. Hinter dieser Vorgehensweise steht die Annahme, dass die soziale Ordnung regelgeleitet ist und sich im und durch den Handlungsvollzug der Individuen reproduziert („order at all points“).

Eine sequenzanalytische Durchdringung des Datenmaterials geht deutlich über eine reine Inhaltswiedergabe der von den Beforschten selbst zur Sprache gebrachten Themen hinaus. Sie eröffnet einen systematischen Zugang zur Bedeutung des Gesagten und damit zu den dahinterliegenden Denk- und Handlungsmustern und sozialen Kontextbedingungen. Zudem minimiert die Sequenzanalyse das Risiko, dass die Forschenden bei der Dateninterpretation ihren eigenen, subjektiven Annahmen und Deutungen über das Untersuchungsfeld „aufsitzen“.

Zu Beginn der Forschungswerkstatt werden Varianten der Sequenzanalyse vorgestellt, die dann anschließend gemeinsam praktiziert und diskutiert werden.

Teilnehmende, die eigene Materialien in die Forschungswerkstatt einbringen möchten und sich als aktiv angemeldet haben, werden – nach der Bestätigung der Teilnahme durch die Organisator*innen – aufgefordert, diese einzureichen. Die Materialien werden vom Organisationsteam gesammelt und an die Anbietenden der Forschungswerkstatt weitergeleitet.

Literatur zur Einführung

  • Kleemann, Frank; Krähnke, Uwe & Matuschek, Ingo (2013). Interpretative Sozialforschung. Eine praxisorientierte Einführung (2. korrigierte und aktualisierte Auflage). Wiesbaden: Springer VS. Insbesesondere die Seiten 22-24, 47-50, 76-88, 124-145, 172-185.

Forschungswerkstatt: Qualitative Inhaltsanalyse

Prof. em. Dr. Udo Kuckartz

Philipps-Universität Marburg, Institut für Erziehungswissenschaft

Die qualitative Inhaltsanalyse ist eine systematische Methode zur wissenschaftlichen Analyse von qualitativen Daten, beispielsweise von Texten, Bildern, Filmen und anderen Inhalten von Kommunikation. Die Methode erfreut sich in der DACH-Region großer Beliebtheit und ist – nicht zuletzt durch die beiden Special Issues von FQS – auch international zunehmend bekannt. Im Zentrum der qualitativen Inhaltsanalyse stehen Kategorien, die deduktiv oder induktiv gebildet werden.

Die qualitative Inhaltsanalyse besitzt eine Reihe von Varianten und Facetten. Die von mir in der Tradition von Kracauer entwickelte Methode zeichnet sich dadurch aus, dass sie auch latente Inhalte analysieren will, hermeneutische Prinzipien integriert und eine explizite Fallorientierung besitzt.

In der Forschungswerkstatt wollen wir uns auf die inhaltlich-strukturierende Form der Analyse konzentrieren. Anhand der Daten von drei Teilnehmenden soll die praktische Vorgehensweise diskutiert werden, das heißt, es geht weniger um eine Einführung in die qualitative Inhaltsanalyse oder einen Überblick über verschiedene Varianten als vielmehr um die praktischen Probleme der Durchführung.

In der Chronologie des Analyseablaufs sollen folgende Punkte thematisiert werden:

  • Allgemeines zur Methode „qualitative Inhaltsanalyse“, genereller Ablauf
  • Kategorienbildung – deduktiv, induktiv und deduktiv-induktiv
  • Codieren der Daten
  • Weiterentwicklung der Kategorien
  • Nach dem Codieren: Einfache und komplexe Formen der Analyse
  • Verschriftlichung und Ergebnispräsentation

Teilnehmende, die eigene Materialien in die Forschungswerkstatt einbringen möchten und sich als aktiv angemeldet haben, werden – nach der Bestätigung der Teilnahme durch die Organisator*innen – aufgefordert, diese einzureichen. Die Materialien werden vom Organisationsteam gesammelt und an den Anbietenden der Forschungswerkstatt weitergeleitet.

Voraussetzung für die passive Teilnahme ist die Kenntnis der Methode „Qualitative Inhaltsanalyse“. Alle Teilnehmenden werden vor der Forschungswerkstatt angeschrieben und erhalten die Möglichkeit, eigene Erfahrungen mit der qualitativen Inhaltsanalyse einzubringen und Fragen zu formulieren.

Literatur

  • Janssen, Markus; Stamann, Christoph; Schreier, Margrit; Whittal, Amanda & Dahl, Thomas (2019). Qualitative Content Analysis I. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, Vol. 20 No. 3, https://www.qualitative-research.net/index.php/fqs/issue/view/65.
  • Kuckartz, Udo (2018). Qualitative Inhaltsanalyse. Methoden, Praxis, Computerunterstützung (4. Auflage). Weinheim: Beltz Juventa.
  • Kuckartz, Udo (2019). Qualitative Inhaltsanalyse: von Kracauers Anfängen zu heutigen Herausforderungen [45 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 20(3), Art. 12, DOI: http://dx.doi.org/10.17169/fqs-20.3.3370
  • Schreier, Margrit (2012). Qualitative content analysis in practice. London: Sage.
  • Schreier, Margrit (2014). Varianten qualitativer Inhaltsanalyse: Ein Wegweiser im Dickicht der Begrifflichkeiten [59 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 15(1), Art. 18, Doi: https://doi.org/10.17169/fqs-15.1.2043.
  • Stamann, Christoph; Janssen, Markus; Schreier, Margrit; Whittal, Amanda & Dahl, Thomas (2020). Qualitative Content Analysis II. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, Vol. 21 No. 1, https://www.qualitative-research.net/index.php/fqs/issue/view/66.

Forschungswerkstatt: Grounded-Theory-Methodologie

Prof. Dr. Günter Mey

Hochschule Magdeburg-Stendal / Institut für Qualitative Forschung

Die Grounded-Theory-Methodologie (GTM) – in der Soziologie von Glaser und Strauss begründet – ist eine der am weitesten verbreiteten qualitativen Forschungsmethodologien, zu der mittlerweile unterschiedliche Positionen vorliegen (ein Überblick bieten die beiden Sage-Handbooks of Grounded Theory von Bryant & Charmaz [2007, 2019] sowie die beiden Grounded- Theory-Reader mit klassischen und neuen Texten zur GTM; Mey & Mruck 2007, 2011). Mittlerweile wird von einer „Second Generation“ – insbesondere geprägt durch Charmaz und Clarke – gesprochen. Die GTM wird nicht nur mit anderen Ansätzen wie Narrationsanalyse oder Diskursforschung in Verbindung gebracht und zudem „reflexiv“ verstanden, auch weitet sich in jüngster Zeit der Datenbezug über Texte aus und es werden Bilder/Fotos und Filme/Videos einbezogen.

In der Forschungswerkstatt geht es vor allem darum, orientiert an den Fragen und dem Bedarf der Teilnehmenden und an konkretem Material die wesentlichen Konzepte (u.a. Theoretische Sensibilität) und Auswertungsschritte (v.a. offenes, axiales und selektives Kodieren, wie es in der GTM-Variante nach Strauss/Corbin [1996] vorgeschlagen wird, bzw. initiale und fokussierte Kodierung sensu Charmaz 2014) sowie Planungsfragen (u.a. Theoretisches Sampling) gemeinsam zu besprechen (im Überblick Mey & Mruck 2009, 2020).

Vor dem Hintergrund dieser Schwerpunktsetzung können als Materialien zur Besprechung eingereicht werden:

  • Forschungsskizzen zur Diskussion von Projektplanungen/Forschungsdesigns
  • Trankskripte zum Kodieren
  • Netzwerkkarten/Visualisierungen

Die endgültige Planung orientiert sich an den eingereichten Materialien. Die Auswahl wird von dem Interesse geleitet sein, möglichst verschiedene Stationen im Prozess einer GTM-Studie ansprechen zu können. Damit der Werkstattcharakter eingelöst werden kann, können maximal zwei Projekte (Exposé/Daten) diskutiert werden.

Teilnehmende, die eigene Materialien in die Forschungswerkstatt einbringen möchten und sich als aktiv angemeldet haben, werden – nach der Bestätigung der Teilnahme durch die Organisator*innen – aufgefordert, diese einzureichen. Die Materialien werden vom Organisationsteam gesammelt und an den Anbietenden der Forschungswerkstatt weitergeleitet.

Literatur

  • Bryant, Anthony & Charmaz, Kathy (Hrsg.) (2007). The Sage Handbook of Grounded Theory. London: Sage. [2010: Paperback]
  • Bryant, Anthony & Charmaz, Kathy (Hrsg.) (2019). The Sage Handbook of Current Developments in Grounded Theory. London: Sage.
  • Mey, Günter & Mruck, Katja (2007). Grounded Theory Reader (HSR-Supplement, No. 19). Köln: ZHSF, https://www.gesis.org/hsr/volltext-archiv/hsr-supplement/hsr-suppl-19/.
  • Mey, Günter & Mruck, Katja (2009). Methodologie und Methodik der Grounded Theory. In Wilhelm Kempf & Marcus Kiefer (Hrsg.), Forschungsmethoden der Psychologie. Zwischen naturwissenschaftlichem Experiment und sozialwissenschaftlicher Hermeneutik. Band 3: Psychologie als Natur- und Kulturwissenschaft. Die soziale Konstruktion der Wirklichkeit (S. 100-152). Berlin: Regener.
  • Mey, Günter & Mruck, Katja (2011). Grounded Theory Reader (2., erweiterte und überarbeite Auflage). Wiesbaden: VS Verlag, 
    http://www.springer.com/springer+vs/psychologie/book/978-3-531-17103-6.
  • Mey, Günter & Mruck, Katja (2020). Grounded-Theory-Methodologie. In Günter Mey & Katja Mruck (Hrsg.), Handbuch Qualitative Forschung in der Psychologie. Band 2: Designs und Verfahren (2., aktualisierte u. erweiterte Auflage; S. 513-535). Wiesbaden: Springer. DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-26887-9_46
  • Strauss, Anselm L. & Corbin, Juliet (1996). Grounded Theory. Grundlagen Qualitativer Sozialforschung. Weinheim: Beltz.

Forschungswerkstatt: Qualitative Videoanalyse

Dr. Christine Moritz

Consulting und Training für qualitativ arbeitende Nachwuchswissenschaftler*innen

Die Forschungswerkstatt richtet sich an Sie als qualitativ Forschende, wenn Sie mit audiovisuellen Daten arbeiten oder dies in unmittelbarer Zeit vorhaben. Die Forschungswerkstatt startet direkt, also ohne Kontextwissen, mit der Interpretationssitzung eines kurzen Video-/Filmausschnitts aus dem Material einer*eines Teilnehmenden. Das Video/der Film wird der Arbeitsgruppe zu diesem Zweck in Form der strukturierten Erstbetrachtung zugänglich gemacht. Die Moderation der Interpretationsphase, in der möglichst viele Lesarten gebildet werden, geschieht über den viergliedrigen Videoanalyserahmen (Moritz 2018). Im Anschluss an diese Gruppenarbeit ist ein Impulsreferat geplant, das Ihnen einen Überblick über gängige Videotranskriptions- und -auswertungsmethoden vermittelt. Die Werkstatt schließt nicht zuletzt mit dem „Fragearchiv“, in dem Sie Ihre offenen Fragen stellen.

Voraussetzung und Modus zur Teilnahme:

  • Grundlagen über das interpretativen Paradigma sowie erste Erfahrungen im Bereich der Qualitativen Videoanalyse sollten vorhanden sein.
  • Sie können sich entweder als „aktive*r“ (also mit eigenem Material) oder als „partizipierende*r“ (der Interpretationssitzung beiwohnende*r) Teilnehmer*in anmelden.

Nach Bestätigung der Anmeldung durch die Organisator*innen werden die Teilnehmenden, die sich als „aktiv“ angemeldet haben, eingeladen, kurze Sequenzen der Videos (2-3 Minuten) einzureichen. Bitte senden Sie Ihr Material danach bis spätestens 4 Wochen vor Veranstaltungsdatum an info@christine-moritz.de. Auf Wunsch wird eine Geheimhaltungsvereinbarung über die Verwendungszwecke des audiovisuellen Materials direkt im Seminar getroffen.

Literatur

  • Moritz, Christine (2018). „Well, it depends … „: Die mannigfaltigen Formen der Videoanalyse in der Qualitativen Sozialforschung. Eine Annäherung (S. 3-38). In Christine Moritz & Corsten Michael (Hrsg.), Handbuch Qualitative Videoanalyse. Wiesbaden: Springer VS.
  • Moritz, Christine (2014). Vor, hinter, für und mit der Kamera: Viergliedriger Video-Analyserahmen in der Qualitativen Sozialforschung. In Christine Moritz (Hrsg.), Transkription von Video- und Filmdaten in der Qualitativen Sozialforschung (S. 17-54). Wiesbaden: Springer VS.

Forschungswerkstatt: Ethnografische Forschungsdesigns

Prof. Dr. Michaela Pfadenhauer

Universität Wien, Institut für Soziologie

Dr. Theresa Vollmer

Universität Wien, Institut für Soziologie

Unter einem ethnografischen Forschungsdesign in der Soziologie verstehen wir die wissenschaftliche Erkundung eines hinlänglich abgrenzbaren Wissens-, Kommunikations- und/oder Interaktionszusammenhanges, kurz: eines identifizierbaren sozialen Feldes, unter Nutzung verschiedener Verfahren der Datenerhebung und einer oder mehrerer interpretativer Methoden der Datenauswertung. Ethnografie in dem von uns gemeinten Sinne eines Verfahren bzw. Methoden kombinierenden Ansatzes unterscheidet sich somit (deutlich) von Designs standardisierter Erhebungen hier und von sogenannten „qualitativen“ Ein-Methoden-Designs da. Ethnografie in dem von uns gemeinten Sinne grenzt sich aber auch ab von Feldforschungskonzepten, in denen – direkte oder indirekte – Veränderungsabsichten intendiert oder impliziert sind (wie etwa solchen, die der sogenannten Aktionsforschung zugerechnet werden können). Ethnografie in dem von uns gemeinten Sinne zielt typischerweise auch nicht ab auf eine Kritik der das je untersuchte Feld kennzeichnenden Praktiken, sondern eher auf ein „vor- bzw. außermoralisches“ Verstehen dessen, was im je untersuchten Feld geschieht, und darauf, das (mitunter befremdliche) soziale Geschehen auch für nicht daran Beteiligte verständlich(er) zu machen.

In dieser Forschungswerkstatt sollen nicht bereits erhobene Daten und/oder sonst wie bereits zuhandene Feldmaterialien ausgewertet, sondern die sozialwissenschaftliche Plausibilität bzw. Plausibilisierbarkeit von Designs bzw. Konzepten für geplante oder laufende ethnografische Studien diskutiert werden.

In der Forschungswerkstatt werden maximal drei von Teilnehmern und Teilnehmerinnen eingebrachte Anlagen ethnografischer Studien besprochen. Diese drei Designs bzw. Konzepte werden nach Sichtung der eingegangenen Bewerbungen von uns ausgewählt. Diese Sichtung erfolgt auf der Grundlage von Exposés, in denen Fragestellungen, Zielsetzung, methodische Anlage und theoretische Interessen der in Frage stehenden ethnografischen Studie klar ausgewiesen sein sollen. Diese Exposés sollen mindestens 10.000 und höchstens. 20.000 Zeichen umfassen.

Teilnehmende, die eigene Materialien in die Forschungswerkstatt einbringen möchten und sich als aktiv angemeldet haben, werden – nach Bestätigung der Teilnahme durch die Organisator*innen – aufgefordert, diese einzureichen. Die Materialien werden vom Organisationsteam gesammelt und an die Anbietenden der Forschungswerkstatt weitergeleitet.

Literatur

  • Breidenstein, Georg; Hirschauer, Stefan; Kalthoff, Herbert & Nieswand, Boris (2013). Ethnografie. Konstanz und München: UVK/UTB.
  • Dellwing, Michael & Prus, Robert (2012). Einführung in die interaktionistische Ethnografie. Wiesbaden: Springer VS.
  • Hitzler, Ronald (1999). Welten erkunden. Soziologie als (eine Art) Ethnologie der eigenen Gesellschaft. Soziale Welt, 50(4), 473-483.
  • Hitzler, Ronald & Eisewicht, Paul (2016). Lebensweltanalytische Ethnographie – im Anschluss an Anne Honer. Weinheim und Basel: Beltz Juventa.
  • Honer, Anne (2011). Das Perspektivenproblem in der Sozialforschung. In dieselbe: Kleine Leiblichkeiten. (S. 27-40). Wiesbaden: VS Verlag.
  • Pfadenhauer, Michaela (2017). Grenzziehungen, Grenzverläufe, GrenzgängerInnen. Zum kulturanalytischen Potenzial der Ethnografie [31 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 18(1), Art. 12, DOI: https://doi.org/10.17169/fqs-18.1.2782.

Forschungswerkstatt: Dokumentarische Methode

Prof. Dr. Aglaja Przyborski

Bertha von Suttner Privatuniversität, St. Pölten

Moritz Meister

Bertha von Suttner Privatuniversität, St. Pölten

Die dokumentarische Methode ist ein Verfahren der rekonstruktiven Sozialforschung und findet mittlerweile in vielfältigen Gegenstandsbereichen und zahlreichen Disziplinen Anwendung; zunehmend beweist sie in transdisziplinär ausgerichteten Forschungsprojekten ihre Stärken. Die Methode ist in der Arbeit mit Gruppendiskussionen, teilnehmender Beobachtung und narrativen Interviews entstanden, dann für weitere Textsorten und in den letzten Jahren für die Bild- und Videoanalyse weiterentwickelt worden.

Ziel der Forschungswerkstatt im Rahmen des Berliner Methodentreffen ist es, anhand konkreter, forschungspraktischer Beispiele aus dem Material der Teilnehmer*innen die grundlegenden Arbeitsschritte, Kristallisations- und Knackpunkte der dokumentarischen Methode erfahrbar zu machen.

Den methodischen Schwerpunkt soll die Arbeit mit Gruppendiskussionen und/oder Bildern bilden.

Wenn Sie interessiert sind, dass wir die Dokumentarische Methode entlang Ihres Forschungsvorhabens in der Forschungswerkstatt beleuchten, sind folgende Unterlagen als Materialgrundlage notwendig:

  • Projektplanung und Forschungsdesigns
  • Trankskripte von Gruppendiskussionen (oder anderen Gesprächsformaten) oder:
  • Bilder/Fotos
  • Interpretation (formulierende und/oder reflektierende Interpretation nach der Dokumentarischen Methode) zu Ihrem Ausgangsmaterial (Transkript und/oder Bild), die uns zur Verfügung gestellt wird 

Es können maximal zwei Vorlagen diskutiert werden.

Teilnehmende, die eigene Materialien in die Forschungswerkstatt einbringen möchten und sich als aktiv angemeldet haben, werden – nach der Bestätigung der Teilnahme durch die Organisator*innen – aufgefordert, diese einzureichen. Die Materialien werden vom Organisationsteam gesammelt und an die Anbietenden der Forschungswerkstätten weitergeleitet.

Literatur

  • Bohnsack, Ralf (2009). Qualitative Bild- und Videointerpretation. (2. Auflage) Opladen: Verlag Barbara Budrich.
  • Bohnsack, Ralf (2021). Rekonstruktive Sozialforschung. Einführung in qualitative Methoden (10. Auflage). Opladen: Verlag Barbara Budrich.
  • Loos, Peter; Nohl, Arnd-Michael; Przyborski, Aglaja & Schäffer, Burkhard (2013). Dokumentarische Methode. Grundlagen – Entwicklungen – Anwendungen. Opladen, Berlin, Toronto: Verlag Barbara Budrich.
  • Przyborski, Aglaja (2004). Gesprächsanalyse und dokumentarische Methode. Qualitative Auswertung von Gesprächen, Gruppendiskussionen und anderen Diskursen. Wiesbaden: VS Verlag.
  • Przyborski, Aglaja & Slunecko, Thomas (2020a). Dokumentarische Methode. In Mey Günter & Mruck Katja (Hrsg.), Handbuch Qualitative Forschung in der PsychologieBand 2: Designs und Verfahren (2., aktualisierte u. erweiterte Auflage; S. 537-554). Wiesbaden: Springer. DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-18387-5_45-2.
  • Przyborski, Aglaja & Slunecko, Thomas (2020b). Understanding Media Communication: On the Significance of Iconic Thinking for a Praxeological Model of Communication. Sage Open. DOI: https://doi.org/10.1177/2158244020952064.
  • Przyborski, Aglaja & Wohlrab-Sahr, Monika (2021). Qualitative Sozialforschung. Ein Arbeitsbuch (5. vollständig aktualisierte und erweiterte Auflage). München: Oldenbourg.

Forschungswerkstatt: Mixed Methods

Dr. Stefan Rädiker

Methoden-Expertise.de

Gründe für die Kombination qualitativer und quantitativer Methoden gibt es viele: ein umfassenderes Verständnis von sozialen Phänomenen, eine Erweiterung der (Analyse‑)Perspektiven und die Kontextualisierung von Ergebnissen. Daher wundert es nicht, dass in den letzten Jahren die planvolle Kombination von qualitativen und quantitativen Daten und Ergebnissen im Rahmen einer gemeinsamen Studie stetig an Bedeutung zunimmt.

Bei der Beschäftigung mit Mixed Methods steht nicht eine bestimmte Analysetechnik qualitativer Daten im Vordergrund, sondern die systematische Bearbeitung der Frage, wie sich qualitative und quantitative Forschung gewinnbringend verbinden lassen. Dementsprechend werden wir uns in der Forschungswerkstatt – am Beispiel von ausgewählten Projekten der Teilnehmenden – häufig gestellten Fragen der konkreten Forschungspraxis und Umsetzung widmen:

  • Wie sieht ein Mixed-Methods-Design aus?
  • An welchen Stellen ist „Mixing“ überhaupt möglich und sinnvoll (points of integration)?
  • Welcher Gewinn lässt sich durch die Verbindung qualitativer und quantitativer Samplings, Daten und Ergebnisse erzielen und welche Begründungen für die Durchführung einer Mixed-Methods-Studie können herangezogen werden?
  • Wie lassen sich qualitative und quantitative Daten aufeinander beziehen und welche Formen der Ergebnisdarstellung existieren? Welche Rolle können Joint Displays bei der Analyse und Präsentation übernehmen?

Teilnehmende, die ihr geplantes oder laufendes Mixed-Methods-Projekt in die Forschungswerkstatt einbringen möchten und sich als aktiv angemeldet haben, werden – nach der Bestätigung der Teilnahme durch die Organisator*innen – aufgefordert, diese einzureichen. Dafür ist eine Kurzskizze des Projekts zu erstellen, in der Sie auf folgende Punkte soweit bereits möglich eingehen sollten (2 bis 4 Seiten):

  • Fragestellungen
  • Qualitative und quantitative Daten sowie Stand und Art der vorgesehenen Analyse
  • Fragen, „Knackpunkte“ und Unsicherheiten, die Sie im Projekt beschäftigen
  • Punkte, zu denen Sie gerne eine Rückmeldung in der Forschungswerkstatt hätten

Die Materialien werden vom Organisationsteam gesammelt und an die Leitung der Forschungswerkstatt weitergeleitet.

Alle Teilnehmenden erhalten zudem vorab die Möglichkeit, ihre Fragen zum Thema einzubringen, sodass wir diese in der Forschungswerkstatt berücksichtigen können.

Literatur

  • Baur, Nina; Kelle, Udo & Kuckartz, Udo (2017) (Hrsg.). Mixed Methods. Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie Sonderhefte, Band 57.
  • Bazeley, Patricia (2018). Integrating analysis in mixed methods research. London: Sage.
  • Fetters, Michael D. (2020). The mixed methods research workbook: Activities for designing, implementing, and publishing projects. Thousand Oaks, London, New Delhi: Sage.
  • Kuckartz, Udo (2014). Mixed MethodsMethodologie, Forschungsdesigns und Analyseverfahren. Wiesbaden: Springer VS.

Forschungswerkstatt: Wissenssoziologische Hermeneutik

Prof. em. Dr. Jo Reichertz

Universität Duisburg-Essen, Campus Essen; FB 1 – Kommunikationswissenschaft

Diese Forschungswerkstatt bietet die Möglichkeit, forschungspraktisch mit der wissenssoziologischen Hermeneutik zu arbeiten. Dieses theoretischemethodologische und methodische Konzept hat zum Ziel, die gesellschaftliche Bedeutung jeder Form von Interaktion (sprachlicher wie nichtsprachlicher; face-to-face wie institutionell geformter) und aller Arten von Interaktionsprodukten (Kunst, Religion, Unterhaltung, Geschäftsordnungen etc.) zu (re-) konstruieren.

Untersucht wird, wie Handlungssubjekte – hineingestellt und sozialisiert in historisch und sozial entwickelte und abgesicherte Routinen und Deutungen des jeweiligen Handlungsfeldes – diese einerseits vorfinden und sich aneignen (müssen), andererseits diese immer wieder neu ausdeuten und damit auch „eigen-willig“ erfinden (müssen). Diese selbständigen Neuauslegungen des vorgefundenen Wissens werden (ebenfalls als Wissen) ihrerseits wieder in das gesellschaftliche Handlungsfeld eingespeist und verändern es.

Das Handeln der Akteure gilt in dieser Perspektive erst dann als verstanden, wenn der Interpret/die Interpretin in der Lage ist, es aufgrund der erhobenen Daten (Interviews, Beobachtungen, Dokumente etc.) in Bezug zu dem vorgegebenen und für die jeweilige Handlungspraxis relevanten Bezugsrahmen zu setzen und es in dieser Weise für diese Situation als eine (für die Akteure) sinn-machende (wenn auch nicht immer zweck-rationale) „Lösung“ nachzuzeichnen.

Schwerpunkt der Forschungswerkstatt soll die Organisationsanalyse (Arbeits- und Interessenorganisationen wie Unternehmen, Parteien, Verbände, Verwaltungen) sein. Erprobt werden soll, ob und wie sich mit der hermeneutischen Wissenssoziologie nicht nur die Besonderheit des Handelns einzelner Akteure ermitteln lässt, sondern wie dieses Handeln mit je spezifischen Strukturen der Organisation und/oder organisationstypischen Mustern der Wahrnehmung, Deutung und Entscheidung zusammenhängt.

Teilnehmende, die eigene Materialien in die Forschungswerkstatt einbringen möchten und sich als aktiv angemeldet haben, werden – nach der Bestätigung der Teilnahme durch die Organisator*innen – aufgefordert diese einzureichen. Die Materialien werden vom Organisationsteam gesammelt und an den Anbietenden der Forschungswerkstatt weitergeleitet.

Literatur

  • Hitzler, Ronald; Reichertz, Jo & Schröer, Norbert (Hrsg.) (1999). Hermeneutische Wissenssoziologie. Standpunkte zur Theorie der Interpretation. Konstanz: UVK.
  • Hitzler, Ronald; Reichertz, Jo & Schröer, Norbert (Hrsg.) (2019): Kritik der Hermeneutischen Wissenssoziologie. Wiesbaden: Juventa.
  • Keller, Reiner; Knoblauch, Hubert & Reichertz, Jo (Hrsg.) (2013). Kommunikativer Konstruktivismus. Wiesbaden: Springer VS.
  • Reichertz, Jo (2007). Hermeneutische Wissenssoziologie in der Marktforschung. In Renate Bubner & Hartmut Holzmüller (Hrsg.), Qualitative Marktforschung ( S. 111-127). Wiesbaden: Gabler.
  • Reichertz, Jo (2009). Kommunikationsmacht. Wiesbaden: VS Verlag.
  • Reichertz, Jo (2013). Gemeinsam interpretieren. Die Gruppeninterpretation als kommunikativer Prozess. Wiesbaden: Springer VS.
  • Reichertz, Jo (2016). Qualitative und interpretative Sozialforschung. Eine Einladung. Wiesbaden: Springer VS.
  • Reichertz, Jo & Tuma, René  (Hrsg.) (2017). Der Kommunikative Konstruktivismus bei der Arbeit. Weinheim: Beltz Juventa.
  • Soeffner, Hans-Georg (2004). Auslegung des Alltags – Der Alltag der Auslegung. Konstanz: UVK.
  • Wilz, Sylvia Marlene (2002). Organisation und Geschlecht. Opladen: Leske + Budrich.
  • Wilz, Sylvia Marlene (2010). Entscheidungsprozesse in Organisationen. Wiesbaden: VS Verlag.

Forschungswerkstatt: Fallauswahl

Prof. Dr. Margrit Schreier

Jacobs University Bremen, Arbeitsbereich Psychology and Methods

Dr. Nicole Weydmann

Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn

Beim Sampling in der quantitativen Forschung geht es oft darum, durch Zufallsauswahl eine repräsentative Stichprobe zu gewinnen, um von der Stichprobe auf eine Grundgesamtheit zu schließen. In der qualitativen Forschung stehen dagegen meist ganz andere Ziele im Vordergrund. Dabei wird eine begrenzte Anzahl von Fällen vertieft, differenziert untersucht und dargestellt. Wesentlich für die Auswahl der Fälle ist dabei meist nicht die Repräsentativität, sondern dass die Fälle im Hinblick auf die Fragestellung möglichst informationshaltig sind (sog. absichtsvolle Fallauswahl).

Was heißt „informationshaltig“ in der Praxis aber genau? Wie geht man bei der absichtsvollen Fallauswahl vor, und wie viele Fälle sind „genug“? Diesen Fragen gehen wir in der Forschungswerkstatt anhand von Untersuchungsbeispielen der Teilnehmer*innen nach. Es werden verschiedene Kriterien und Strategien der Fallauswahl beschrieben und erprobt. Diese Strategien und Kriterien stammen teilweise aus der qualitativ-sozialwissenschaftlichen Tradition (z.B. kriterienorientierte Fallauswahl, theoretisches Sampling, qualitative Stichprobenpläne, heterogene Stichprobenziehung), teilweise aus der Literatur zur Durchführung von Fallstudien (z.B. Auswahl von typischen Fällen, Extremfällen, abweichenden Fällen). Soweit noch Zeit ist und die Teilnehmenden dies möchten, sprechen wir auch über verschiedene Konzepte von Verallgemeinerung und wie diese mit Strategien der Fallauswahl zusammenhängen.

Die Forschungswerkstatt eignet sich für alle, die eine qualitative Studie planen und sich schon vorab über die Fallauswahl Gedanken machen. Sie soll auch denjenigen eine Hilfestellung an die Hand geben, die ihre Fallauswahl bereits abgeschlossen haben und sich nun fragen, was sie auf dieser Grundlage aussagen können.

Die Fallauswahl ist ein Teil des Untersuchungsdesigns und geht damit über die Anwendung einzelner Methoden hinaus. Neben der Beschreibung von Strategien sind daher auch methodologische Überlegungen zur Fallauswahl in der qualitativen und der quantitativen Forschung Bestandteile der Forschungswerkstatt.

Teilnehmende, die eigene Materialien in die Forschungswerkstatt einbringen möchten und sich als aktiv angemeldet haben, werden – nach der Bestätigung der Teilnahme durch die Organisator*innen – aufgefordert diese einzureichen. Die Materialien werden vom Organisationsteam gesammelt und an den Anbietenden der Forschungswerkstatt weitergeleitet.

Literatur

  • Gobo, Gampietro (2004). Sampling, representativeness, and generalizability. In Clive Seale,  Giampietro Gobo, Jaber F. Gubrium & David Silverman (Eds.), Qualitative research practice (pp. 435-456). London: Sage.
  • Mason, Mark (2010). Sample size and saturation in PhD studies using qualitative interviews [63 paragraphs]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 11(3), Art. 8, DOI: https://doi.org/10.17169/fqs-11.3.1428.
  • Schreier, Margrit (2020). Fallauswahl. In Günter Mey & Katja Mruck (Hrsg.), Handbuch Qualitative Forschung in der Psychologie. Springer Reference Psychologie. Wiesbaden: Springer. DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-18387-5_19-2.

Forschungswerkstatt: Partizipative Forschung

Prof. Dr. Hella von Unger

Ludwig-Maximilians-Universität, Institut für Soziologie

Prof. em. Dr. Jarg Bergold

Freie Universität Berlin, Fachbereich Erziehungswissenschaft und Psychologie

Partizipative Forschungsmethoden sind auf die Planung und Durchführung eines Untersuchungsprozesses gemeinsam mit jenen Menschen gerichtet, deren soziale Welt und sinnhaftes Handeln als lebensweltlich situierte Lebens- und Arbeitspraxis untersucht wird. Der Begriff der partizipativen Forschung umfasst verschiedene Varianten der kooperativen Forschung (z.B. Community-basierte partizipative Forschung, Aktionsforschung, transformative Forschung, etc.). Es handelt sich um einen wertebasierten Forschungsstil, der neben Erkenntniszielen immer auch Handlungsziele verfolgt (z.B. Verbesserung der Lebensbedingungen, Stärkung gesellschaftlicher Teilhabe, Gesundheitsförderung, etc.). Der Anspruch ist, alle Phasen des Forschungsprozesses, inklusive der Auswertung, gemeinsam mit Partner*innen aus der Praxis und den Lebenswelten zu gestalten. In den letzten Jahren lassen sich interessante Entwicklungen bei partizipativen Forschungsansätzen beobachten. Diese betreffen kreative, visuelle und performative Methoden (sog. „arts-based methods“) und auch digitale Methoden und den Einsatz sozialer Medien.

Ziel dieser Forschungswerkstatt ist es, partizipative Studiendesigns und forschungspraktische Erfahrungen in methodisch-methodologischer Hinsicht zu reflektieren.

Teilnehmende, die eigene Materialien in die Forschungswerkstatt einbringen möchten und sich als aktiv angemeldet haben, werden – nach der Bestätigung der Teilnahme durch die Organisator*innen – aufgefordert, diese einzureichen. Die Materialien werden vom Organisationsteam gesammelt und an den Anbietenden der Forschungswerkstatt weitergeleitet. Es können maximal zwei Teilnehmer*innen eigene Forschungsprojekte zur Diskussion stellen.

Es wird erwartet, dass die Teilnehmer*innen der Forschungswerkstatt sich bereits mit der Literatur zur partizipativen Forschung auseinandergesetzt haben. Ausgewählte Texte werden im Vorfeld zur Verfügung gestellt.

Literatur

  • Bergold, Jarg & Thomas, Stefan (2020). Partizipative Forschung. In Günter Mey & Katja Mruck (Hrsg.), Handbuch Qualitative Forschung in der PsychologieBand 2: Designs und Verfahren. (2., erweiterte und überarbeitete Auflage; S. 113-133). Wiesbaden: Springer. DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-18387-5_25-2.
  • Bergold, Jarg & Thomas, Stefan (Hrsg.) (2012). Partizipative qualitative Forschung. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 13(1), http://www.qualitative-research.net/index.php/fqs/issue/view/39.
  • von Unger, Hella (2014). Partizipative Forschung. Einführung in die Forschungspraxis. Wiesbaden: Springer VS.
  • von Unger, Hella (2018). Partizipative Forschung. In Knoblauch, Hubert; Akremi, Leila; Traue, Boris & Baur, Nina. (Hg.). Handbuch Interpretativ forschen (S. 161-182). Weinheim: Beltz.

Forschungswerkstatt: Objektive Hermeneutik

Prof. Dr. Andreas Wernet

Leibniz Universität Hannover, Institut für Erziehungswissenschaft

Dr. Thomas Wenzl

Europa-Universität Flensburg, Institut für Erziehungswissenschaften

Ziel der Forschungswerkstatt ist es, die Teilnehmer*innen mit dem Textinterpretationsverfahren der Objektiven Hermeneutik vertraut zu machen. Dazu gehört einerseits ein Einblick in das konkrete forschungspraktische Vorgehen – also in das Wie des interpretativen Vorgehens –, andererseits die methodologische Reflexion dieses Vorgehens, also die Klärung der Erkenntnispotenziale und Erkenntnisgrenzen der textinterpretativen Fallrekonstruktion. Die Forschungswerkstatt soll auch dazu dienen, Gemeinsamkeiten und Differenzen der Objektiven Hermeneutik zu unterschiedlichen qualitativen Forschungsansätzen (Biographieforschung, Dokumentarische Methode, Grounded Theory, Ethnographie, Qualitative Inhaltsanalyse) zu diskutieren.

Grundlage der gemeinsamen Interpretationen und Diskussionen sind Protokolle, die von den Teilnehmer*innen zur Verfügung gestellt werden. An diesem Material sollen die grundlegenden Operationen des Verfahrens und seine methodologischen Implikationen veranschaulicht und problematisiert werden.

Hinweis für aktive Teilnehmer*innen: Um die Interpretationen in dem zur Verfügung stehenden Zeitrahmen mit der für das Verfahren notwendigen Detailliertheit vornehmen zu können, müssen wir uns auf kurze Textsequenzen beschränken. Deshalb kann leider nur das Datenmaterial eines aktiven Teilnehmers/einer aktiven Teilnehmerin berücksichtigt werden. Die Protokolle sollten sozialisations- und erziehungstheoretischen, bildungswissenschaftlichen oder professionalisierungstheoretischen Kontexten entstammen.

Literatur