Closing Lecture 2017

Visualität in der qualitativen Forschung

Prof. Dr. Jürgen Raab

Universität Koblenz-Landau, Institut für Sozialwissenschaften

Die Ausrufung des sogenannten visual turn ließ die Sozialwissenschaften anfangs der 1990er Jahre nicht nur die Visualität und das Visuelle als eines ihrer zentralen theoretischen und empirischen Arbeitsgebiete wiederentdecken. Insbesondere innerhalb der qualitativen Sozial- und Medienforschung kam es zum Anstoß einer erneuten, nun aber erheblich intensivierten und bis heute überaus produktiven – weil nicht zuletzt durchaus kontrovers geführten – Auseinandersetzung über die visuellen Medien als „Instrumente“ der Datenproduktion und mit den visuellen Daten als „Gegenständen“ der methodisch kontrollierten Dateninterpretation. In der Folge wurde so gut wie jeder verfügbare Theorieansatz der Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften auf seine visuellen Themen, Perspektiven und Zugänge hin durchkämmt; ebenso wie fast jedes etablierte empirisch-analytische Verfahren auf dessen Übersetzbarkeit und mögliche Ergänzungsbedürftigkeit hinsichtlich der methodischen Auslegung visueller Daten befragt und überprüft wurde.

Der Schlussvortrag zum diesjährigen Berliner Methodentreffen greift die Gelegenheit zu einer Bestandsaufnahme der seit annähernd 25 Jahren ungebrochen fortdauernden Diskussionen und Entwicklungen auf, und fragt nach dem vermeintlich Unstrittigen wie auch dem vermeintlich Unüberbrückbaren und nicht zuletzt dem vermeintlich Uneinlösbaren in der qualitativen Erforschung visuellen Handelns und visuellen Wissens.